Protocol of the Session on April 6, 2001

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/4385

Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/4416

Der Antrag der CDU-Fraktion wird von Herrn Sommerfeld eingebracht. Bitte schön.

Verehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Im Titel „Forschung und sonstige Förderung“ war insbesondere die Förderung und Durchführung praxisorientierter Forschungs-, Entwicklungsund Modellvorhaben auf den Gebieten nachwachsende Rohstoffe, pflanzliche Erzeugnisse, Agrarökologie, Tierzuchtforschung, Betriebs- und Marktwirtschaft sowie Agrarpolitik enthalten. Es handelt sich hierbei ausschließlich um Projektförderung.

Während die finanziellen Mittel noch in den Jahren 1997 und 1998 je 1,5 Millionen DM betrugen, wurden sie

im Jahr 1999 um 400 000 DM gekürzt und im Haushalt 2000 auf Entscheidung der Landesregierung aus dem Kapitel 09 02 Titelgruppe 64 vollständig herausgenommen und in die Bereiche des Wirtschafts- und des Kultusministeriums verlagert, sodass eine Zuordnung heute nicht mehr eindeutig möglich ist.

Meine Damen und Herren! Die Situation der letzten Monate hat gezeigt, dass das für Forschungsgelder derzeit geforderte langfristige wissenschaftliche Evaluierungsverfahren unnötig wertvolle Zeit kostet. Kurzfristig zu erstellende Gutachten können so nicht finanziert werden.

Gerade die BSE-Krise und die Maul- und Klauenseuche haben in besonderer Weise deutlich gemacht, dass dem Verbraucherschutz ein hoher Stellenwert zukommt. Landwirtschaft und Verbraucherschutz sind Fachgebiete, in denen kurzfristig anstehende Entscheidungen zügig mit wissenschaftlicher Arbeit und Fachkenntnissen untermauert werden müssen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich vor zwei Wochen bei einem Besuch an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität über die bisherige Entwicklung und die Probleme des Agrarbereichs informiert. Dort wurde auch der Widerspruch aufgezeigt, dass zwar die Kapazitäten wie Personal und Ausstattung vorhanden sind, aber ein zeitaufwendiger Antragsprozess bei kleineren Projekten und Gutachten im Rahmen eines wissenschaftlichen Evaluierungsverfahrens durchzustehen ist. Dies hat sich seit der Verlagerung der Gelder aus dem Landwirtschafts- in das Wirtschafts- bzw. Kultusministerium verstärkt. Vorhandene Forschungskapazitäten werden so kaum ausgelastet und unnötig verschenkt.

Meine Damen und Herren! Ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit kurzfristig zu ermöglichender Forschungsprojekte ist der Wegfall wertvoller tierischer Eiweißressourcen als Nahrungsmittel im Rahmen der Tierernährung durch das vollständige Tiermehlverbot. Kurzfristig müssen nun andere hochwertige Eiweißfutterquellen erschlossen werden.

Der Anbau von Leguminosen und anderen eiweißhaltigen Pflanzen muss in verstärktem Maße erfolgen, das heißt auch hinsichtlich der Vorarbeit durch Forschung und Lehre; denn in den letzten Jahren wurden rund zwei Drittel des pflanzlichen Eiweißes in die EU importiert. Um künftig nicht weiter in eine solche Abhängigkeit zu geraten, ist eine flexible Agrarforschung unerlässlich.

Auf Nachfrage wurde uns von den Vertretern der Landwirtschaftlichen Fakultät erklärt, dass bei zwei vergleichbaren landwirtschaftlichen Projekten der Zeitraum zwischen der Beantragung beim Landwirtschaftsministerium und der Entscheidung etwa drei Monate umfasste, während durch das Auswahlverfahren im Kultusministerium rund elf Monate benötigt wurden, ehe es zur Bewilligung kam - ein Unterschied, der in der Forschungsarbeit zum Beispiel bei Freilandversuchen zu erheblichen Verzögerungen führen kann.

Meine Damen und Herren! Mit dem Vorschlag der CDU ist nicht die Forderung nach einer Aufstockung in diesem Jahr verbunden, sondern es ist nur eine Entscheidung der Landesregierung nach § 50 der Landeshaushaltsordnung erforderlich. Danach kann die Landesregierung Mittel und Planstellen umsetzen, wenn Aufgaben von einer Verwaltung auf eine andere Verwaltung übergehen. Eines Beschlusses des Landtages, wie von uns heute angeregt, bedürfte es eigentlich nicht, wenn sich

die Ministerien über diese Umsetzung der Finanzen einig sind.

Ob der bisherige Etat für Agrarforschung in diesem Bereich auf Dauer ausreichend ist, darüber soll heute nicht debattiert werden. Das müssen die aktuellen Situationen bzw. die Entwicklung im Agrarbereich und die Ansprüche der Verbraucher ergeben.

Verbesserung der Agrarforschung, Optimierung des Verwaltungshandelns, erhöhter Verbraucherschutz und eine Neuausrichtung der Landwirtschaft werden künftig nicht nur die Landwirte als Berufsstand, sondern auch die Landwirte im Parlament, die Wissenschaftler und die Finanzleute beschäftigen müssen. Das steht ohne Frage fest.

Meine Damen und Herren! Nun zu dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion. Unser Antrag wird durch den Punkt 1 des Änderungsantrags der PDS-Fraktion ergänzt. Sicherlich ist die Forderung der PDS-Fraktion zum Thema nachwachsende Rohstoffe in den Punkten 2 und 3 nicht unmittelbar mit dem Anliegen unseres Antrages hinsichtlich der landwirtschaftlichen Fakultäten verbunden. Es ist ein wichtiges Aufgabengebiet, das aber aus unserer Sicht mehrfach im Parlament behandelt wurde und im Agrarausschuss laufend weiter begleitet werden muss.

Zusammenfassend soll der Antrag der CDU-Fraktion die Möglichkeiten und Kapazitäten der landwirtschaftlichen Fakultäten im Bereich der Agrarforschung, insbesondere in den Bereichen Tiergesundheit und Verbraucherschutz, hervorheben und unterstützen. Diesbezüglich gibt es, meine Damen und Herren, noch einen sehr großen Diskussionsbedarf.

Ich beantrage deshalb die Überweisung unseres Antrages und des Änderungsantrages der PDS-Fraktion in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Vor der Debatte der Fraktionen in der Reihenfolge FDVP, PDS, DVU, SPD und CDU hat Minister Herr Keller um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab möchte ich für die Landesregierung bemerken, dass wir natürlich mit einer Überweisung beider Anträge in den Ausschuss einverstanden sind. Das Thema ist sicherlich auch im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen für das Jahr 2002 zu behandeln.

Meine Damen und Herren! Forschung und Innovation sind Grundlage für Fortschritt und Weiterentwicklung in allen gesellschaftlichen Bereichen und deshalb ein unverzichtbarer Bestandteil der Entwicklung. Wir haben gerade durch die Ereignisse im landwirtschaftlichen Bereich festgestellt, dass beispielsweise im Bereich der Tiergesundheit, aber auch im Bereich des Umgangs mit den Ressourcen erhöhter Forschungsbedarf besteht. Insofern, Herr Sommerfeld, sind wir uns im Hinblick auf die Zielrichtung des Antrags sicherlich einig, dass etwas getan werden muss.

Das Land hat in der Vergangenheit nicht nur Mittel bereitgestellt. Ich weise darauf hin, dass wir auch andere Leistungen in diesem Bereich der angewandten Forschung und bei der Umsetzung von Forschungsvorhaben in die Praxis erbringen, beispielsweise über die Lehr- und Versuchsanstalten, über die Lufa usw.

Wir sind dabei, diesen Vorgang durch die Zusammenfassung aller dieser Landeseinrichtungen in einer Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau zu optimieren. Ich denke, dies wird einen Fortschritt bringen, weil wir dann eine Institution haben, die insbesondere mit der Martin-Luther-Universität und der Fachhochschule Anhalt sehr gut zusammenarbeiten kann, und alle Einrichtungen sich gegenseitig ergänzen können.

Insofern kommt es für die Landesregierung auch darauf an, die ansonsten im Haushalt bereitgestellten Mittel für die Forschungsförderung zu optimieren. Wir haben angesichts der knappen Ressourcen, die das Land zur Verfügung hat - das ist allgemein bekannt -, für das Jahr 2000 erstmalig die Forschungstitel in den Einzelplänen des Kultusministeriums und des Wirtschaftsministeriums zusammengeführt, im Kultushaushalt unter dem Gesichtspunkt der wissenschaftlichen und der Grundlagenforschung und im Wirtschaftshaushalt unter dem Gesichtspunkt der angewandten Forschung.

Wenn man solche Dinge macht, dann lernt man auch immer etwas dabei. Wir haben festgestellt, dass die Verfahren zu optimieren sind. Daran arbeiten wir. Wir werden in diesem Zusammenhang mit den Kollegen aus den beiden Ministerien, aber auch auf Arbeitsebene entscheiden, ob wir in Zukunft bei diesem Verfahren bleiben oder ob wir eine Rückführung von Mitteln in den Landwirtschaftsbereich - aber das betrifft genauso den Umweltbereich; denn damals sind auch die Mittel aus dem Einzelplan 15 des Umweltministeriums in den Haushalt für Wirtschaft und in den Haushalt des Kultusministeriums überführt worden - vornehmen.

Ich plädiere prinzipiell für eine Zusammenführung, weil die Ressourcen dann einfach besser genutzt werden können. Entscheidend ist, dass die Belange der Umweltforschung, der Landwirtschaftsforschung und der Transformation der Wissenschaft in die Praxis nicht untergebuttert werden. Dabei kommt es darauf an, die Verfahren zu optimieren.

Lassen Sie uns in den Ausschüssen darüber reden. Ich denke, wir werden einen den Ressourcen des Landes angemessenen Weg finden.

Einen Punkt Ihrer Einbringungsrede, Herr Sommerfeld, möchte ich allerdings infrage stellen. Die Antragstellung ist nicht unmittelbar durch die Frage beeinflusst, wo die entsprechenden Mittel im Haushalt veranschlagt sind. Wir sind uns sicherlich alle darin einig, dass wir Forschungsanträge gründlich prüfen müssen, auch auf ihre Machbarkeit hin abklopfen müssen. Das bedarf eines sorgfältigen Verfahrens, einer sorgfältigen Antragstellung und einer besonderen Bewertung.

Ich denke, wir werden einen Weg finden, der den Problemen und den Möglichkeiten, die das Land leisten kann, angemessen ist. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die FDVP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Mertens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! BSE ist wieder auf dem Tagungstisch - dieses Mal nicht von uns, die CDU wagt sich heute an dieses heikle Thema.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Die Folgen der BSE-Krise für unsere Landwirte sind noch nicht einmal ansatzweise eingedämmt, da steht schon das nächste Problem vor der deutschen Haustür: MKS, die gefürchtete Maul- und Klauenseuche. Es geht Schlag auf Schlag. Unsere Landwirte können sich kaum erholen, da werden sie auch schon von der nächsten Krise überrollt.

Die Landwirtschaft liegt in Trümmern. Der Verbraucherschutz kämpft auf verlorenem Posten. Die Landesregierung ist nicht handlungswillig und die Forschung hat den Startschuss verpasst. So ist jedenfalls die Situation in Sachsen-Anhalt.

(Herr Steckel, SPD: Was?)

Die Forschung voranzubringen und finanzielle Mittel für entsprechende Projekte den Forschungsinstituten des Landes zur Verfügung zu stellen, liegt auch in unserem Interesse. Aber, meine Damen und Herren von der Fraktion der CDU, hätten Sie sich mit der Kleinen Anfrage in Drs. 3/4281 zum Thema BSE-Forschung im Land Sachsen-Anhalt des Abgeordneten Herrn Wolf und der Antwort der Landesregierung auseinander gesetzt, hätten Sie feststellen können, dass laut Dr. Gerd Harms bisher durch kein Forschungsinstitut und durch keinen Wissenschaftler des Landes Sachsen-Anhalt Forschungsmittel beantragt wurden.

Das trifft sowohl auf die Martin-Luther-Universität HalleWittenberg, Institut für medizinische Mikrobiologie,

(Unruhe bei der SPD)

als auch auf die Otto-von-Guericke-Universität, Institut für Neuropathologie, zu - kein Bedarf. Die Landesregierung hat nichts unternommen, um die Forschungsinstitute des Landes zu aktivieren.

Wir forderten bereits in unserem letzten Antrag die Vergabe von Forschungsaufträgen durch die Landesregierung. Bis heute gibt es seitens der Landesregierung keine Eigeninitiativen in diese Richtung. Das zeigt aber eindeutig den leichtfertigen Umgang mit der Seuche und mit den sich daraus ergebenden Problemen der Landwirte im Hinblick auf die Bekämpfung der Folgen in ihren Betrieben und Existenzen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte heute noch einmal auf unseren Antrag in der Drs. 3/4272 - Bewältigung der Folgen von BSE im Land Sachsen-Anhalt -, in dem sehr viele Forderungen mit dem Antrag der CDU-Fraktion übereinstimmen, hinweisen.

Ich frage daher die Fraktion der CDU: Warum haben Sie unseren Antrag abgelehnt, wenn Sie vier Wochen später mit Ihrer gekürzten Version des Antrages in die gleiche Richtung gehen? Bis jetzt kennen Sie solches Verhalten nur von der SPD.

(Zurufe)

Dass der Landwirtschaft sofort geholfen werden muss, schnelles Handeln erforderlich ist und Landesmittel vonnöten sind, wissen wir alle. Wenn unsere Landwirtschaft überleben soll, muss schnellstens gehandelt werden. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDVP)

Vielen Dank. - Für die PDS-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Krause.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Aus der von Kollegen Sommerfeld vorgetragenen Begründung zum vorliegenden Antrag konnte entnommen werden, dass es der CDU-Fraktion darum geht, dass die in den Haushalt eingestellten finanziellen Mittel zur Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Land-, Forstund Ernährungswirtschaft zielgerichteter und auch effektiver zur Lösung der aktuell anstehenden Probleme genutzt werden. Insofern kann diesem Antrag zugestimmt werden. Dennoch stellt sich die Frage, ob dieser Forderung Rechnung getragen wird, wenn man dies nur haushaltssystematisch betrachtet; der Minister verwies bereits darauf.

Die Ursachen sind vielmehr in ungenügender interministerieller Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu suchen. In den zurückliegenden Jahren fehlte es an einer Zusammenarbeit bzw. war die konstruktive Zusammenarbeit einfach ungenügend. Landwirtschaftsministerium, Forschungseinrichtungen und landwirtschaftliche Betriebe sowie zum Teil auch die restriktive Haushaltsführung und die fehlende Zusammenarbeit der soeben Genannten haben dazu geführt, dass selbst die in den Landwirtschaftshaushalt eingestellten Mittel in den vergangenen Jahren nicht vollständig abgeflossen sind.