Protocol of the Session on April 5, 2001

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/4351

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/4406

Der Antrag der CDU-Fraktion wird eingebracht vom Abgeordneten Herrn Remmers. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit den Erfahrungen unserer Bürger mit dem Gesetz über die Bürgerbeteiligung. Ich denke, wir sollten uns auch damit befassen, welche Erfahrungen wir selbst mit unserem Gesetz, mit dessen Auslegung und Anwendung, gemacht haben.

Der Anlass ist sicherlich das im zweiten Anlauf gescheiterte Bemühen der Volksinitiative „Für die Zukunft unserer Kinder“. Aber die eigentlichen Gründe dafür, weshalb diese Angelegenheit unserer Meinung nach insbesondere im Ausschuss für Recht und Verfassung noch einmal erörtert werden sollte, liegen tiefer.

Die Bemühungen der Volksinitiative, zunächst über eine Initiative und dann über ein Volksbegehren den Landtag mit einem Gesetz zu befassen, sind unserer Meinung nach nämlich nicht an den Quoren gescheitert. Die jetzt ausgebrochene Diskussion darüber verschleiert die Ursache des Scheiterns. Ich sage an dieser Stelle freimütig: Die Ursache des Scheiterns haben wir im Landtag durch mangelnde Aufmerksamkeit selbst geschaffen. Wir haben uns später an das einmal gegebene Wort auch nicht mehr so gern erinnert.

(Beifall bei der CDU)

Ich will das noch einmal deutlich machen. Wir möchten dafür bitten wir um Ihre Zustimmung -, dass die Anwendung und die Auswirkung des Gesetzes durch einen Bericht der Landesregierung und durch eine Anhörung der Betreiber der Volksinitiative so untermauert wird, dass derartige Vorgänge in Zukunft ausgeschlossen sind.

Wir möchten wissen, wie die Kommunal- und die Landesverwaltung mit den Vertretern der Bürgerinitiative umgegangen sind. Was ist den Beteiligten tatsächlich widerfahren? Gibt es möglicherweise Zusammenhänge zwischen dem Inhalt des Antrages und dem Umgang der Behörden mit den Antragstellern?

(Beifall bei der CDU)

Wir möchten das gern in aller Sachlichkeit, sozusagen auf die Zukunft gerichtet, erörtern. Ich meine, es gibt diesbezüglich tatsächlich Erörterungsbedarf. Ich möchte das im Einzelnen kurz begründen.

Zunächst eine Vorbemerkung. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die mit großer Begeisterung immer wieder die unmittelbare Demokratie predigen. Ich bin aber ein Überzeugungstäter, wenn es darum geht, inwieweit wir die Gesetze, die wir selbst verabschiedet haben, ernst nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Es geht ferner um die Frage, ob wir die Aussagen, die im Landtag einstimmig getroffen wurden, hinterher ernst nehmen.

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU, und von Herrn Scharf, CDU)

Dazu muss man sich die Vorgänge genau ansehen. Die Prinzipienreiterei führt zunächst einmal zu der Frage, ob wir mit offenem Visier und fair mit den Bürgen verhandelt haben. - Ich meine, nein.

Wenn wir ehrlich miteinander umgehen, dann muss man feststellen, dass wir, die Mitglieder dieses Landtages, den Bürgerinnen und Bürgern, die sich in der Initiative „Für die Zukunft unserer Kinder“ zusammengeschlossen haben, übel mitgespielt haben. Heute versuchen Sie, Herr Bullerjahn, und andere, dies mit einer Quorendiskussion zuzudecken. Aber Sie verschweigen, dass es aufgrund eines Fehlverhaltens dieses Hauses so gekommen ist.

Wir - ich sage bewusst „wir“ - haben das Gesetz am Anfang nicht sorgfältig genug beraten. Ich sehe Herrn Quien hier sitzen. Herr Quien hat damals im Auftrag des Ausschusses vorgetragen, dass bei einer Volksinitiative gesetzförmig, wie die Geschäftsordnung es vorsieht, zu beraten ist. Anschließend haben Sie sich herausgehangelt und gesagt, das wollten Sie nicht mehr. Sie haben mit Ihrer Klage vor dem Verfassungsgericht Recht bekommen.

(Herr Bischoff, SPD: Das müssen Sie auch res- pektieren!)

Aber als die Bürger die Unterschriften gesammelt haben und weit über das für ein Volksbegehren notwendige Quorum von 250 000 Stimmen gekommen sind, konnten die Initiatoren nicht ahnen, dass Sie ihnen hinterher den Stuhl wegziehen, den ihnen dieser Landtag, ausführlich begründet von Herrn Quien in der Berichterstattung, hingestellt hatte.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Was ist denn passiert?

(Herr Bischoff, SPD: Jetzt kommt das! Ein hal- bes Jahr später! Sie wollten nie über die Inhalte reden! Sie versuchten ständig, vom Inhalt abzu- lenken! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Herr Bischoff, ich freue mich immer, wenn Sie dazwischenrufen, weil ich dann einen Gradmesser habe. Wenn Sie dazwischenrufen, wird es unangenehm für Sie.

(Heiterkeit bei der CDU - Herr Bischoff, SPD: Richtig! Da kann man auch unruhig werden!)

Deshalb ist es ein gutes Zeichen, wenn Sie sich zu Wort melden und dazwischenunken.

Bleiben wir beim Thema. Das heute von Ihnen infrage gestellte Quorum ist von der Bürgerinitiative im ersten Anlauf erreicht worden. Was haben wir, insbesondere Sie, getan? - Wir haben zugesehen, wie sich die Men

schen verkämpft, ihre Energie und ihre finanziellen Mittel eingesetzt haben. Als sie das Quorum erreicht hatten, haben Sie sie in ein Wiederholungsspiel geschickt.

(Herr Bullerjahn, SPD: Herr Remmers, hören Sie doch auf mit dem Märchen!)

Jetzt beklagen Sie in großen Quorendiskussionen, dass die armen Kerle das Quorum nicht zweimal hintereinander in der gleichen Angelegenheit erreicht haben. Das ist kein fairer Umgang.

(Beifall bei der CDU - Herr Bischoff, SPD: Jetzt wollen Sie sich herausmogeln!)

Ich will an dieser Stelle auch betonen, dass es allein damit nicht getan ist. Es war abzusehen, dass die Bürgerinitiative das Quorum nicht erreichen würde.

(Herr Bischoff, SPD: Woher wussten Sie das?)

Eine mit einem so hohen Elan betriebene Aktion wiederholt man nicht, wenn man einmal das Ergebnis weggenommen bekommt.

Die zweite Unterschriftensammlung war auf ein Volksbegehren ausgerichtet. In Artikel 77 unserer Verfassung heißt es, dass Gesetze von der Regierung, aus der Mitte des Landtages oder durch ein Volksbegehren eingebracht werden können. Das bedeutet, eine Initiative, die ein Volksbegehren einbringen möchte, befindet sich praktisch an der Eingangstür zur Gesetzgebung.

Sie befürworten ständig die unmittelbare Demokratie und predigen die Hochachtung vor dem Bürgerwillen. Was ist aber den Initiatoren geschehen? - Die Behörden und Kommunen, an der Spitze auch der Oberbürgermeister der schönen Stadt Magdeburg, verbieten denjenigen, die das in der Verfassung verbriefte Recht, für ein Volksbegehren Unterschriften zu sammeln, verwirklichen wollen, das Auslegen der Unterschriftenlisten.

(Herr Hoffmann, Magdeburg, SPD: Rechtmäßig! - Frau Lindemann, SPD: Sie konnten doch Unter- schriften sammeln!)

Sie wurden behandelt, als seien sie Vertreter einer nicht genehmigten Straßensammlung. Meine Damen und Herren! Das ist eine Gleichstellung die nicht zulässig ist.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDVP - Herr Hoffmann, Magdeburg, SPD: Das ist ver- fassungsmäßig rechtmäßig gewesen!)

Ich meine, diesbezüglich müssen wir noch einmal nachhaken.

(Herr Hoffmann, Magdeburg, SPD: Das sind öf- fentliche Einrichtungen! - Herr Oleikiewitz, SPD: Das hätten Sie doch genauso gemacht, Herr Remmers!)

Die Schaffung der Voraussetzungen für ein Landesgesetz halte ich, auch mit der dahinter stehenden Ermächtigung nach Artikel 77 der Landesverfassung, für eine wichtige staatsbürgerliche Angelegenheit, die die Unterstützung aller Behörden verdient hätte und die nicht behindert werden muss.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der SPD: Wie es Ihnen jeweils passt!)

Ich möchte in einer Anhörung im Rechtsausschuss erfahren, was die Initiatoren der Volksinitiative bei den Behörden erlebt haben, bis hin zum Innenminister.

(Unruhe bei der SPD)

Der Innenminister hat, als es um die Abgabe der ausgefüllten Unterschriftenlisten ging,

(Herr Bischoff, SPD: Genauso hätten Sie es ge- macht! - Zuruf von Herrn Bullerjahn, SPD)

gegen den Landeswahlleiter entschieden. Der Pressesprecher hat in der Presseerklärung im Auftrag des Ministers erklärt, der Landeswahlleiter sei sicherlich aus gutem Willen etwas weit vorgeprescht.

(Minister Herr Dr. Püchel: Quatsch!)

Aber der Begriff „unmittelbar“, wie er im Gesetz vorgeschrieben sei, decke sich nicht mit einer Frist von drei Wochen, sagte Schuppe. Nun sage ich: Wenn das Wort „unmittelbar“ in diesem Zusammenhang auch mit einer zeitlichen Interpretation im Gesetz stünde,

(Herr Kühn, SPD: Hier fehlt ein richtiger Anwalt!)