Protocol of the Session on January 26, 2001

Am Schluss beantworte ich gern Fragen. - Das ist der eine Punkt, der mir dabei auffällt.

Der andere Punkt. Herr Bergner sagte vorhin, Herr Hänsch hätte sich so kritisch geäußert. Herr Hänsch hat in der vergangenen Woche - ich habe mit ihm am Freitag letzter Woche gesprochen - eindeutig gesagt, er wird dem Vertrag trotz aller Kritik und trotz aller Schwierigkeiten zustimmen und wird dafür werben, dass auch andere Sozialdemokraten im Europaparlament diesem Vertragswerk zustimmen. Auch er ist zu der Einschätzung gekommen, dass wir die wenigen positiven Ergebnisse nicht für Ziele aufs Spiel setzen sollten, die derzeit in Europa vermutlich nicht zu erreichen sind.

Nun noch einige Bemerkungen zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion. Ich denke, es ist tatsächlich eine Überweisung der Anträge in den Ausschuss notwendig, auch wenn ich anfangs gehofft hatte, wir könnten vielleicht einen Konsens finden.

Der Änderungsantrag scheint einiges zu verwechseln. Möglicherweise wurde er von der Bundesebene abgeschrieben und man hat lediglich das Wort „Bundesregierung“ durch das Wort „Landesregierung“ ersetzt; denn er geht einfach von unterschiedlichen Kompetenzen aus.

Ich will es nur beispielhaft erläutern. Erstens ist der Vertrag von Nizza kein notwendiger Beitrag für die Erweiterung, sondern er ist die Voraussetzung. Das ist ein durchaus nicht unwichtiger Unterschied.

Zweitens ist die Frage der Grundrechtecharta doch etwas anders zu bewerten, als es in dem Antrag und in einigen Redebeiträgen geschehen ist. Die Grundrechtscharta ist eine proklamierte Charta, die somit gewisse Selbstbindungskräfte für die unterzeichnenden Organe entfaltet. Das ist auch bei der Menschenrechtskonvention und bei anderen Erklärungen so, die keine Vertrags- oder Gesetzestexte darstellen, aber auch eine gewisse Selbstbindung entfalten. Wir werben dafür und treten dafür ein, dass die Grundrechtscharta in die europäischen Verträge überführt wird.

Zu der Forderung in einem weiteren Punkt, es sei die Aufgabe des Parlaments und der Landesregierung, eine konstruktive und sachliche Debatte darüber zu führen. Diesbezüglich muss man fragen, wer an welcher Stelle wofür zuständig ist. Der Landtag und auch die Landesregierung sollten diesen Prozess natürlich begleiten. Aber von der Formulierung her lässt das sehr zu wünschen übrig und ist so nicht zustimmungsfähig.

Ich weiß nicht, was die Frage der Gewaltenteilung - ich habe noch einmal nachgelesen - in diesem Zusammenhang soll. Dieser Begriff taucht weder in den Verträgen von Nizza noch in irgendeinem anderen Dokument auf. Das hat überhaupt keinen Bezug zum Vertrag von Nizza.

Unabhängig davon ist die Landesregierung kein Vertragspartner. Die von Ihnen gewählte Formulierung lässt den Schluss zu, Sie meinten, die Landesregierung wäre Vertragspartner.

(Herr Gürth, CDU: Aber sie soll unsere Interes- sen vertreten!)

Demzufolge ist auch der Landtag für viele Bereiche einfach nicht zuständig, die Sie in dem Änderungsantrag ansprechen.

Genauso sind die Fragen der europäischen Verteidigung nicht Gegenstand des Vertragswerkes von Nizza. Darüber ist zwar auf dem Gipfeltreffen verhandelt worden, aber sie sind nicht Gegenstand des Vertragswerkes.

(Zuruf von Herrn Dr. Sobetzko, CDU)

Auch deswegen scheint dieser Antrag etwas von Unkenntnis geprägt zu sein.

Ich stimme Ihnen allerdings darin zu und auch wir als Sozialdemokraten werben dafür, dass das Konventmodell, das sich bei der Grundrechtscharta bewährt hat, auch für die Vorbereitung der Regierungskonferenz angewendet wird. In dieser Hinsicht besteht natürlich ein Widerspruch. Die Regierungen sehen das anders als die Parlamente und die regionale Ebene sieht das anders als die nationale Ebene oder die europäische Parlamentsebene. Wir als SPD im Lande werben dafür, das Konventmodell einzusetzen.

Es ist allerdings eine Illusion zu glauben, dass wir bereits im Jahr 2001 damit beginnen könnten. Der Fahrplan ist festgeschrieben. Die deutschen Bundesländer können froh darüber sein und es ist ein Erfolg, dass es überhaupt zu dieser Erklärung der Regierungschefs gekommen ist. Noch eine Woche zuvor war nicht abzusehen, dass die anderen Mitgliedstaaten dieser Erklärung auch nur ansatzweise zustimmen würden.

Über die Form der Berichterstattung sollten wir im Zusammenhang mit der Arbeit des Ausschusses insgesamt diskutieren. Ich weiß nicht, ob es hilfreich ist, der Landesregierung vierteljährlich einen schriftlichen Bericht abzuverlangen. Ich hatte bisher den Eindruck, dass die verschiedenen Berichte von den Abgeordneten weder gelesen noch ausgewertet wurden.

Ich halte es für sinnvoller, wie bisher intensiv über die Themen zu diskutieren, ohne dabei ständig auf die Uhr zu schauen oder an den nächsten Termin zu denken. Wir sollten im Ausschuss darüber reden. Deshalb beantrage ich im Namen der SPD-Fraktion die Überweisung beider Anträge in den Ausschuss. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Tögel, Herr Gürth hat eine Frage.

(Herr Gürth, CDU: Ach, lassen Sie!)

- Herr Gürth verzichtet auf die Frage.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Es wurde von zwei Fraktionen beantragt, beide Anträge in den Ausschuss für Wirtschaft,

Technologie und Europaangelegenheiten zu überweisen. Wer sich diesen Anträgen anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei zwei Enthaltungen sind die Anträge in den Ausschuss überwiesen worden.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 9:

Beratung

Information über Landesinitiativen

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/4023

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Metke. Es folgt eine Fünfminutendebatte. Nach der Einbringung wird zunächst der Wirtschaftsminister Herr Gabriel das Wort ergreifen. Bitte, Herr Metke, Sie haben das Wort.

Danke sehr. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gewissermaßen als Vorbemerkung möchte ich darauf hinweisen, dass sich der Wirtschaftsausschuss bereits Anfang des Jahres 1999 auf eine Initiative der SPDFraktion mit der Neuordnung der EU-Strukturfonds für den Förderzeitraum 2000 bis 2006 befasst hat. Mit einer Beschlussempfehlung, die der Landtag in seiner Sitzung am 17. Juni 1999 verabschiedet hat, wurde zum einen die von der EU-Kommission geforderte parlamentarische Begleitung umgesetzt; zum anderen wurden aber entscheidende inhaltliche Anforderungen für das operationelle Programm festgeschrieben.

Ich will an dieser Stelle nicht auf alle Einzelheiten der Beschlussempfehlung eingehen, sondern lediglich die Teile herausgreifen, die im Zusammenhang mit den zwischenzeitlich von der Landesregierung auf den Weg gebrachten Landesinitiativen eine Rolle spielen.

Vorrangig zu nennen ist hier die Festlegung, dass die Fonds nicht wie in der zurückliegenden Förderperiode getrennt voneinander eingesetzt werden, sondern ein integrativer Einsatz der Fördermittel sichergestellt werden muss. Dazu ist eine fonds- und ressortübergreifende Bündelung von Einzelvorhaben notwenig.

(Herr Becker, CDU: Das klingt alles so schön!)

- Ja, wir können gleich darüber debattieren.

Dieser Punkt ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil die durch das Bundeswirtschaftsministerium vorgegebenen Förderschwerpunkte für das operationelle Programm leider entgegen der Forderung nach einem integrativen Ansatz wiederum getrennt nach EFRE, ESF und EAGFL bzw. Fischereifonds vorgegeben wurden. Genau diesen Mangel gleichen die Landesinitiativen aus, sodass die auf EU-Ebene zuständige Direktorin für die operationellen Programme, Frau Elisabeth Slavkoff, in einer Veranstaltung am 20. November 2000 eindeutig erklärte, dass der Weg Sachsen-Anhalts, den integrativen Fördermitteleinsatz durch die fünf Landesinitiativen umzusetzen, ausgesprochen innovativ ist, Herr Becker.

(Herr Becker, CDU: Die war noch nie in Sachsen- Anhalt! Die kennt das Land nicht!)

In der Tat ist Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland, das insgesamt 20 % seiner EU-Strukturfondsmittel verbindlich für gesondert konzipierte Landesinitiativen festgelegt hat.

Damit stehen für die Landesinitiative „Lokale“ gezielt Fördermittel für Projekte zur Entwicklung des ländlichen Raumes zur Verfügung. Mit „Regio“ soll die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen verbessert werden. Die Initiative „Urban“ fördert die Stadt- und Stadtteilentwicklung. Die Initiative „Pakte“ unterstützt Handlungskonzepte für lokale Beschäftigungsinitiativen.

Die Landesinitiative „List“ schließlich führt die Landesinnovationsstrategien RIS und RAHM zusammen und ermöglicht die Einbeziehung der Projekte, die bei dem Innoregio-Wettbewerb nicht zu den Preisträgern gehörten. Dies ist zumindest die politische Zielsetzung. Die Richtlinien dafür sind noch nicht verabschiedet.

Meine Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle nicht auf den jeweiligen Sachstand der einzelnen Landesini- tiativen eingehen.

(Frau Wernicke, CDU: Das wäre aber mal wich- tig!)

Dies ist Sache der Landesregierung. Wir müssen schon zwischen Legislative und Exekutive unterscheiden, Frau Wernicke. Genau deshalb fordern wir in unserem Antrag eine kontinuierliche Berichterstattung in den zuständigen Fachausschüssen.

Ich möchte aber gern noch einmal auf die eingangs angesprochene Beschlussempfehlung zurückkommen, in der wir unter anderem die Landesregierung aufgefordert haben, gezielt Prioritäten für den Einsatz der Strukturfondsmittel festzulegen.

Dabei geht es erstens um die vorrangige Förderung von produktiven Investitionen zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, die Förderung von Existenzgründungen sowie um direkte Investitionsförderungen zur Weiterentwicklung des Angebots von betrieblichen Ausbildungsplätzen; ich betone das ausdrücklich.

Zweitens sollen durch die Förderung bei Markterschließungen, bei Unternehmenskooperationen und Netzwerken sowie durch die Förderung der Unternehmensberatung und Qualifizierung gezielt kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden.

In einem dritten Punkt geht es um den Ausbau der Infrastruktur mit den Schwerpunkten wirtschaftsnahe Infrastruktur, Infrastruktur im ländlichen Raum, lokale Infrastruktur sowie die Förderung von Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien.

(Unruhe bei der CDU)

- Herr Gürth, ich erläutere hier die Beschlussempfehlung, über die wir gemeinsam im Ausschuss beraten haben, wobei es von Ihnen überhaupt keinen Widerspruch gab. Deshalb verstehe ich Ihre Aufregung an der Stelle gar nicht.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Er hat doch gar nichts gesagt!)

Ergänzend ist auch der Ausbau der sozialen Infrastruktur besonders in städtischen Problembereichen und -gebieten zu nennen.

(Zuruf von Herrn Webel, CDU)