Das Zusammenlegen von Klassen erscheint nicht nur aus pädagogischer Sicht problematisch, sondern auch im Hinblick auf die räumlichen Voraussetzungen. Die Anzahl der Räume, die über den eigentlichen Unterricht hinaus kaum Spielräume zulassen, reicht nicht aus. Die Kapazität des Klassenraumes selbst bietet häufig nur 24 Schülern Platz.
Die längeren Anfahrtswege bedeuten eine größere zeitliche Belastung für die Schüler. Es wird zu Einschränkungen in der Persönlichkeitsentwicklung kommen. Auch das familiäre Leben wird weiter eingeschränkt. Es gibt weniger Freizeit und weniger Möglichkeiten, an außerschulischen Veranstaltungen teilzunehmen oder sich auf die Schule vorzubereiten.
Da wir im Plenum nicht die Zeit haben, über diese Dinge ausreichend zu diskutieren und die damit verbundenen Fragen näher zu beleuchten, bitte ich um Überweisung unseres Antrages an den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft sowie an den Innenausschuss. Ich bitte darum, den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft mit der Federführung zu beauftragen. - Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist zu diesem Tagesordnungspunkt eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Vorher möchte jedoch Herr Minister Dr. Harms das Wort ergreifen. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Feußner, ich will zunächst signa
lisieren, dass die Landesregierung überhaupt keine Einwände dagegen hat, dass diese Fragen im Ausschuss besprochen werden. Im Gegenteil: Ich glaube, diese Fragen müssen im Ausschuss behandelt werden. Es geht in der Tat um eine Aufgabe und eine Entwicklung im Land, die derartig bedeutsam ist, dass der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft gar nicht daran vorbei- gehen kann.
Herr Professor Böhmer, Sie hatten vorhin gesagt, dass das, was die Landesregierung zusammenhält, der Wille zur Macht ist. Ganz im Gegenteil: Was die Landesregierung zusammenhält, ist der Wille zur Gestaltung dieses Landes. Das haben wir auch an dieser Stelle deutlich gemacht.
Ich will jetzt nicht über den inneren Zustand der CDUFraktion reden. Dort gibt es auch viele Beispiele.
- Nein, das ist überhaupt nicht das Thema, aber wenn es gerade auf der Schippe liegt, dann kann man dazu einmal etwas sagen.
Zur Sache: Wir haben einen Antrag vor uns, der eher den Charakter einer Kleinen Anfrage trägt. Politische Initiativen sind zunächst nicht erkennbar. Man will Informationen. Dazu möchte ich sagen: Es gibt das Selbstbefassungsrecht der Ausschüsse. Augenscheinlich geht es um das Signal: Wir tun hiermit etwas für die Betroffenen und bei uns wäre das alles ganz anders gewesen.
- Ja, ja. - Meine Damen und Herren! Ich sage nur: Schaut nach Sachsen und schaut euch an, welche Parameter dort gelten. Dagegen sind wir relativ freundlich.
Meine Damen und Herren! Die mittelfristige Schulentwicklungsplanung in Sachsen-Anhalt war nötig. Sie war richtig. Sie war nötig, weil der dramatische Geburtenrückgang sie erforderte, und sie war richtig, weil sie durch verantwortliches Handeln, und zwar bei den meisten kommunalen Gebietskörperschaften, den Weg zu einer zukunftsträchtigen Schullandschaft eröffnet.
Dieser Schritt war, auch wenn es schwer fällt, die Wahrheit zu akzeptieren und darauf zuzugehen, ohne Alternative, weil wir für die Kinder und Jugendlichen im Land auf Dauer und flächendeckend gut ausgestattete Schulen, kompetente Schulen brauchen und wollen. Das wollen auch die kommunalen Träger, die diesen Weg in der Regel mitgegangen sind. Es geht also um Qualität von Bildung und um vorausschauende Planung.
Wir alle wissen, dass der Geburtenrückgang in unserem Land und in allen Ländern im Osten Deutschlands - das ist kein Jammern, sondern eine Feststellung der Realität - die Situation erheblich verändern wird. Diese Veränderung begann in den Krippen in den Jahren 1990/91. Wir haben die Entwicklung in den Kindergärten gehabt, in den Grundschulen und jetzt gehen die geburtenschwachen Jahrgänge auf die weiterführenden Schulen über.
Die Auswirkungen auf andere Bereiche - das ist meines Erachtens auch ein ressortübergreifendes Thema - lassen sich im Moment nur ahnen. Aber die Folgen für die Wohnungswirtschaft, in Bezug auf den Fachkräfte
mangel und für die Struktur des Landes generell müssen meines Erachtens weiterhin diskutiert werden.
Vor diesem Hintergrund begrüße ich den Antrag in dem Sinne, dass eine sachliche Diskussion im Ausschuss notwendig ist. Notwendig ist es vor allem, über die mittelfristigen Folgen zu reden.
Dabei, Frau Feußner, sollten wir solche populistischen Argumente wie die Kostenfrage nicht in den Vordergrund stellen. Was wäre denn, wenn die Landesregierung sagen würde, jetzt müssen wir die Kommunalzuweisungen überprüfen, weil sich die Schülerzahlen halbieren? Das ist doch auch Quatsch. Es geht um einen Bereich der kommunalen Selbstverwaltung, in dem die Kommunen in eigener Zuständigkeit und in eigener Kompetenz handeln.
- Hören Sie mir zu. Das ist wirklich wichtig. - An der Stelle kann man nicht beckmesserisch sagen, weil es 50 000 Schüler weniger sind, reduzieren wir die Zuwendungen bzw. aufgrund einer Änderung der Beförderungsstrecken muss ein Kostenausgleich erfolgen.
Dieser Bereich - das ist unser Staatsaufbau - wird von den Kommunen selbständig verantwortet. Deshalb finde ich auch die Hinweise auf zwangsläufig höhere Klassenzahlen oder auf zwangsläufig fehlende Raumkapazitäten verfehlt. Es ist Aufgabe der kommunalen Träger, die Schule so zu planen, dass sie fachgerecht umgesetzt werden kann.
In 19 Kreisen und kreisfreien Städten dieses Landes ist dieses verantwortlich passiert. Es gibt einige Kreise, in denen das nicht geschehen ist. Ich möchte an dieser Stelle nicht parteipolitisch darüber diskutieren, an welchen Stellen es außerordentlich schwierig gewesen ist und aus welchen Gründen welche Personen - einige sind im Saal anwesend - in diesem Zusammenhang gehandelt haben.
Ich möchte nur feststellen: Bei 19 Trägern liegt die Schulentwicklungsplanung vor. Die ersten Genehmigungen werden in der kommenden Woche erfolgen etwa in der Größenordnung von 14 bis 16 Schulentwicklungsplanungen, die nach überschlägiger Diskussion mit den staatlichen Schulämtern so genehmigungsfähig sind. Dann wird es in die Einzeldiskussion gehen, auch mit denjenigen, bei denen derzeit eine Beschlussfassung noch schwierig ist.
Die Frage nach den über die Verordnung hinausgehenden Ausnahmen kann ich mit einem klaren Nein beantworten. Wir leben in einem Rechtsstaat. Es gibt rechtliche Grundsätze. Deshalb müssen wir über Ausnahmen danach entscheiden, ob sie im Rahmen der Verordnung möglich sind. Es gibt Ausnahmemöglichkeiten. Diese werden wir sehr sorgfältig und gemeinsam mit den kommunalen Schulträgern prüfen.
Die von Ihnen verlangte Abfrage von Daten bedarf eines Kommentars. Den möchte ich auch geben. Es handelt sich hierbei um Aufgaben im eigenen Wirkungskreis der Kommunen. Das heißt, auch die Beantwortung dieser Fragen ist freiwillig. Die Landesregierung kann die Kommunen nicht dazu zwingen, den Investitionsbedarf für jede Schule hochzurechnen. Im Übrigen haben die Damen und Herren im Moment auch anderes zu tun.
Aber wir werden, soweit die Kommunen uns die Daten zur Verfügung stellen, gern im Ausschuss darüber berichten.
Substanzielle Schlussfolgerungen sind jedoch erst nach der Feststellung der gesamten mittelfristigen Schulentwicklungsplanung aller Planungsträger und nach der Genehmigung durch die staatlichen Schulämter möglich. Ich schätze, dass dies im zweiten Quartal 2001 abschließend möglich sein wird. Dann freue ich mich auf eine engagierte, in der beliebten Art und Weise, die wir an uns haben, geführte Diskussion mit Ihnen. - Herzlichen Dank.
Herr Minister, jetzt hätten Sie die Freude, noch zwei Fragen zu beantworten, wenn Sie möchten. - Die erste stellt Herr Dr. Bergner.
Herr Minister, Sie haben mit Ihrem Ausruf „schaut nach Sachsen“ den Eindruck zu erwecken versucht, als ob die Verhältnisse hinsichtlich der Umsetzung der Schulentwicklungsplanung gewissermaßen parteiunabhängig in Sachsen-Anhalt und in Sachsen gleich wären. Sind Sie bereit zuzugestehen, dass es an einem für die kommunalen Verantwortungsträger entscheidenden Punkt einen gravierenden Unterschied gibt, nämlich bei der Höhe der Schulbauförderung?
Ich habe mit großem Interesse die Schulbauförderrichtlinie in Sachsen gelesen, die für die bestätigten Schulstandorte und die erforderlichen Maßnahmen bis zu 50 % Schulbauförderung vorsieht. Gestehen Sie zu, dass gemessen daran das, was Sachsen-Anhalt tut, ausgesprochen jämmerlich ist?
Herr Dr. Bergner, ich gestehe Ihnen nicht zu, dass das ausgesprochen jämmerlich ist, was wir machen. Ich möchte Sie aber darauf aufmerksam machen, dass Ihre Messlatte schief liegt. Wenn wir über diese Aufgaben im eigenen Wirkungskreis der Kommunen reden, muss man die gesamte Finanzausstattung der Kommunen betrachten.
- Nein, Sie wissen, dass das so ist. - Man muss sich sämtliche Zuweisungen anschauen. Dann muss sich auch der Landtag darüber im Klaren sein, dass das Land Sachsen-Anhalt, und zwar mit Unterstützung aller Fraktionen, eine völlig andere Linie fährt.
Ich habe bis vor zwei Jahren in einem Land gearbeitet, das Sonderzuweisungen im Sinne eines vertikalen Schullastenausgleichs kannte. Das Land Sachsen-Anhalt hat eine andere Form der Gemeindefinanzierung und will die kommunale Selbständigkeit dadurch stärken, dass möglichst alle Finanzierungen pauschal erfolgen und dass keine gesonderte Finanzierung, wie der Ausgleich für Theater oder der vertikale Schullastenausgleich usw., vorgesehen wird. Das lässt sich über alle Geschäftsbereiche fortsetzen.
Diese Philosophie wird in der Gemeindefinanzierung des Landes weitgehend konsequent durchgehalten mit Ihrer aller Unterstützung. Wenn das so ist, dann spielen die Sonderzuweisungen in der Tat eine besondere Rolle.
Ich habe auf das Land Sachsen hingewiesen, weil das Land Sachsen erstens gerade erst mit der mittelfristigen Schulentwicklungsplanung beginnt. Zweitens verlangen die Parameter, die das Land Sachsen für weiterführende Schulen setzt, größere Schülerzahlen als in SachsenAnhalt. Diesen Vergleich wollte ich ansprechen.
Entschuldigung, die Fraktion hat noch die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. - Die nächste Frage stellt die Abgeordnete Frau Schnirch. Bitte.
Am Sonnabend tagte der Landeselternrat. Das zentrale Thema war die Schulentwicklungsplanung. Es wurde die Frage gestellt, was mit den Kreisen passiert, die diese Schulentwicklungsplanung nicht beschließen. Es sind wohl sieben Kreise, die sich aus diesem Thema heraushalten.
Diese Kreise halten sich nicht heraus. Frau Schnirch, das sind doch gesetzestreue kommunale Gebietskörperschaften.
Gestern haben die Landkreise Wernigerode und Aschersleben-Staßfurt ihre Schulentwicklungsplanung beschlossen, sodass es nunmehr fünf Kreise gibt, von denen noch kein Beschluss vorliegt. Bei diesen Kreisen steht die Schulentwicklungsplanung auch weiterhin auf der Tagesordnung. Das heißt, es wird weitere Kreistagsbefassungen geben. Es gibt einige Kreise, in denen sich Beschlüsse abzeichnen. Es gibt Kreise, in denen die Mehrheiten fragwürdig sind. Wir werden diese Kreise auffordern, tätig zu werden.
Von Frau Feußner ist auf die Nähe zur Landratswahl hingewiesen worden. Ich nehme als ein praktisch denkender Mensch an, dass sich diese Fragen auf den Juni oder Juli dieses Jahres verschieben werden. Aber ich erwarte, dass die Beschlussvorlagen von den Verwaltungen eingebracht und die Beschlüsse gefasst werden.
Ich sagen Ihnen, beispielsweise in Wernigerode - Herr Schomburg ist im Saal - hat man sich die Entscheidung keineswegs leicht gemacht. Es gab erhebliche Auseinandersetzungen. Ich habe an Diskussionen vor Ort teilgenommen. Man ist dann verantwortlich zu einem Ergebnis gekommen.