Protocol of the Session on November 9, 2000

Sie ist schon deshalb unglaubwürdig, weil diese Landesregierung mit Linksextremisten zusammenarbeitet und sie beschützt.

(Frau Lindemann, SPD: Unverschämtheit!)

Die PDS hat einerseits eine Vorsitzende mit rechtsradikalem Gedankengut, andererseits linke Schlägerbanden.

(Frau Bull, PDS: Was?)

Karl Meier bezeichnet die jetzige Politik der rot-roten Landesregierung - gemeint ist das Handlungskonzept für Weltoffenheit, Toleranz und Solidarität - als „eine Art umgekehrter Rassismus, Rassismus gegen die Deutschen in Deutschland“.

(Frau Bull, PDS, lacht)

Das Kuriose ist eigentlich die Pressemitteilung des „ND“ vom 3. November 2000, in der sich Herr Gärtner dahin gehend äußert, dass es inhaltlicher und finanzieller Konzepte bedarf, um die rechtsextremistische Alltagskultur zurückzudrängen. Dieser - ich zitiere Herrn Meier - „Volksverräter und Hetzer“ will wieder einmal vom extremistischen Charakter der PDS ablenken. Im rechtsextremistischen Lager gibt es Einzeltäter, die Gewalt ausüben, bei der PDS ist es eine ganze Partei.

(Frau Bull, PDS, lacht)

Sie ist die Partei der Mauermörder.

(Oh! bei der PDS)

Eines muss noch gesagt werden: Wer das Verbot der NPD fordert, der muss auch gleichzeitig das Verbot der PDS fordern. Meine Damen und Herren! Wer so vehement für die Ächtung von Rechtsextremismus und rechtsextremistischen Straftaten eintritt, hat wohlwissent

lich etwas zu verbergen, nämlich seinen eigenen Extremismus, besser gesagt: seinen Linksextremismus.

Meine Damen und Herren! Für uns ist dieser Antrag noch nicht erledigt. Der Punkt, dass Ausländer Arbeitsplätze schaffen, ist für uns eine offene Frage geblieben.

Auch in Sachen Toleranz bleibt noch immenser Handlungsbedarf, für Weltoffenheit, Toleranz und Solidarität bis zur Grenze der Selbstaufgabe. Das beste Beispiel ist die Intoleranz eines Naumburger Bürgermeisters aus den Reihen der CDU.

Noch eines muss gesagt werden: Für die CDU ist die deutsche Leitkultur auch weiterhin die verstärkte Amerikanisierung der Deutschen, die Zerstörung der deutschen Sprache und die Vernichtung des politischen Standorts Deutschland. - Danke.

(Beifall bei der FDVP - Herr Schulze, CDU, lacht)

Herr Abgeordneter Weich, Sie haben ständig zitiert, ohne meine Genehmigung einzuholen. Ich möchte das für das Protokoll festhalten. Vielleicht können Sie aber den Abgeordneten einmal mitteilen, wer Herr Meier ist, um das auch im Protokoll festzuhalten.

(Frau Wiedemann, SPD: Das weiß er nicht! Er hat doch die Rede nicht selbst geschrieben! - Weitere Zurufe von der SPD und von der PDS - Unruhe)

Meine Damen und Herren! Für die PDS-Fraktion erteile ich jetzt der Abgeordneten Frau Ferchland das Wort. Bitte, Frau Ferchland.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Sommer dieses Jahres diskutierte

(Unruhe)

- psst! -

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU - Herr Sachse, SPD: Richtig!)

die Öffentlichkeit über Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Doch auch wenn fremdenfeindliche Straftaten nun plötzlich zu Schlagzeilen überregionaler Medien aufgestiegen waren, kann es nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Diskurs über die Fragestellung von Demokratieentwicklung und Weltoffenheit im Sommer dieses Jahres einiges hat vermissen lassen.

Bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass die gesellschaftliche Atmosphäre vor drei Monaten genauso war wie zum Zeitpunkt der Sommerdebatte und sich auch in drei Monaten nicht wesentlich geändert hat. Hierzu mögen einige Stichworte genügen.

Auch wenn die Zahl fremdenfeindlicher Straftaten sinkt, hat in den 90er-Jahren eine Verselbständigung völkischer Ideologieversatzstücke stattgefunden, wie gerade gehört. Beileibe nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene aus fast allen sozialen Schichten bezeichnen sich zum Beispiel in Umfragen als unpolitisch, um anschließend ihre mehr oder minder starken Ressentiments gegenüber Ausländern und anderen Lebensformen zu artikulieren. So ist das Problem Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes in der Mitte der Gesellschaft anzutreffen,

nämlich im Supermarkt, in der Straßenbahn oder bei Kneipengesprächen.

Das einzige Ergebnis der Sommerdebatte scheint zu sein, dass eine breite Öffentlichkeit für die Problemstellung sensibilisiert scheint und endlich auch Opfer fremdenfeindlicher und rechter Gewalt in eine Sichtperspektive genommen werden. Dies kann als Teilerfolg bezeichnet werden, der jedoch verpuffen wird, wenn nicht eine breite gesellschaftliche Debatte darüber stattfindet, welche konkreten Formen Demokratie und das Zusammenleben mit Ausländerinnen und Ausländern haben soll.

Deshalb unter anderem hat die Landesregierung von Sachsen-Anhalt im Jahr 1999 ein Handlungskonzept für ein weltoffenes, tolerantes Sachsen-Anhalt entwickelt. Erkennbar ist der Versuch der Landesregierung, mit breiten gesellschaftlichen Schichten in einen Dialog über die aktive Ausgestaltung der Demokratie und die Möglichkeiten des Bürgerengagements zu treten.

An insgesamt sieben regionalen runden Tischen versuchte die Landesregierung einen Erfahrungsaustausch zivilgesellschaftlicher Gruppen mit dem Ziel zu organisieren, ein authentisches positives Leitbild für SachsenAnhalt zu entwickeln. Dieser Versuch ist jedoch nur zum Teil gelungen. Allzu oft wurden die runden Tische zu Podien regierungsamtlicher Verlautbarungen, die nur wenige konkrete Ergebnisse zeigten.

Dennoch sind aus den Gesprächen an den runden Tischen dank des Engagements von Bürgerinnen und Bürgern Ergebnisse hervorgegangen, die sich sehen lassen können. Zu verweisen wäre hier auf das multikulturelle Fest am 1. September in Quedlinburg und auch auf die ermutigende Unterstützung, die das seit Jahren in Dessau existierende Bündnis gegen Rechtsextremismus erfuhr.

Ohne Zweifel, die Landesregierung hat sich in der Auseinandersetzung mit Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus engagiert gezeigt. Dennoch wäre ein tiefer gehendes Engagement wünschenswert.

So fordern seit Jahren Experten in den neuen Bundesländern, Beratungsstellen für Opfer von fremdenfeindlicher und rechter Gewalt einzurichten. Der Opferfonds des Vereins „Miteinander“ ist ein erster Schritt. Dennoch sollte die Landesregierung überlegen, auf welche Weise die Rechte von Opfern fremdenfeindlicher und rechter Gewalt gestärkt werden können; denn diese unterliegen ohnehin schon oft einer gesellschaftlichen Ausgrenzung, nämlich als Obdachlose, als Flüchtlinge oder als alternativ lebende Jugendliche.

Dass sich die Gesellschaft und auch die Landesregierung vor diese Opfer stellt, ist die eine Sache, Impulse und die Schaffung von Strukturen, die den Opfern dann Unterstützung geben, eine andere.

Die Bundesregierung hat nach den letzten antisemitischen Straftaten zu einem Aufstand der Anständigen aufgerufen. Gerade jetzt in diesem Moment findet in Berlin eine von einem breiten Spektrum fast aller Par-teien getragene Demonstration für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit statt. Herr Dr. Fikentscher hat schon darauf hingewiesen. Das ist gut so.

Besser wäre es allerdings, wenn die Politikerinnen und Politiker, die heute für Weltoffenheit und Toleranz auf die Straße gehen, auch morgen noch aktiv für die Rechte

von Asylsuchenden und von rechter Gewalt bedrohten Minderheiten eintreten würden.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Zur Anständigkeit würde es aber auch gehören, die Abschiebeknäste, in denen unschuldige Menschen nach Angaben von Amnesty International unter unwürdigen Bedingungen untergebracht sind, abzuschaffen.

(Zustimmung bei der PDS)

In der Tat, dieses Land braucht eine Ausländerdebatte, eine Debatte darüber, wie wir in einer globalisierten Welt zwischen Identität und Verständigung mit anderen Kulturen leben. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Land braucht keine Debatte über nützliche und unnütz- liche Ausländer.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Herrn Bi- schoff, SPD)

Täuschen wir uns nicht, die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Erscheinungsformen von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus braucht Zeit. Demokratieentwicklung und Bürgerengagement, Selbstverständigung über die eigene Identität, dies alles braucht Zeit, viel Zeit.

Es wäre ein fataler Irrtum zu glauben, die Gefahr von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sinke mit der Zahl fremdenfeindlicher Straftaten. Bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus kann es eben nicht um Feuerwehrpolitik gehen. Vielmehr müssten möglichst viele Menschen mittun, wenn es um die Brandvorbeugung geht.

Es bleibt zu hoffen, dass die Mittel, die die Landesregierung und auch die Bundesregierung in hohem Maße eingestellt haben, zukünftig nicht nur für Plakataktionen ausgegeben werden,

Kommen Sie bitte zum Schluss. Sie haben überzogen.

- sofort - sondern auch für die langfristige und schwere, nicht immer an Erfolgen abrechenbare Arbeit von Bürgerinitiativen, Schülergruppen und Einzelpersonen.

Das wäre ein gutes Schlusswort.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Bergner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem in der Überschrift zum Ausdruck kommenden Anliegen haben wir uns gemeinsam, auch mit wortgleichen Anträgen, bekannt. Über den Weg gibt es nach wie vor Differenzen. Wenn Sie jetzt das Anliegen als erledigt betrachten, werden wir uns der Stimme enthalten.