Einbringer ist der Kultusminister Herr Dr. Harms. Es ist eine Fünfminutendebatte vorgesehen in der Reihenfolge CDU, FDVP, SPD und PDS. Die DVU-FL verzichtet. - Bitte, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Umgestaltung der Seminarlandschaft in Sachsen-Anhalt ist ein wichtiger Schritt sowohl hinsichtlich des inhaltlichen Profils der Lehrerbildung im Land als auch hinsichtlich der Entwicklung regionaler Strukturen in der Landesverwaltung, also ein Teil der Verwaltungsreform.
Die Überführung der staatlichen Schulaufsicht in einen zweistufigen Aufbau vor drei Jahren hat insgesamt positive Auswirkungen gezeigt. Die Dienstwege sind kürzer, die Verantwortlichkeiten klar geregelt und die Schulämter in der Regel immer noch nah genug vor Ort, um mit den einzelnen Schulen Kontakt zu halten. In dieser Struktur wollen wir in Zukunft auch die Ausbildungs- seminare für Lehrämter in Sachsen-Anhalt organisieren.
Durch die Zusammenlegung der Ausbildungs- und der Studienseminare soll in jedem Schulamtsbereich ein staatliches Seminar für Lehrämter vorgehalten werden. Ausbildungsgänge für das Lehramt in Sonderschulen werden in Halle und Magdeburg vorgehalten. Das Studienseminar für das Lehramt an berufsbildenden Schulen soll als staatliches Seminar in Magdeburg ebenfalls eigenständig bleiben.
In dieser Zusammenfassung spielt es sicherlich eine nicht unerhebliche Rolle, dass die Zahl der Absolventinnen und Absolventen der Lehramtsstudiengänge, die nach dem ersten Staatsexamen in den Seminaren ausgebildet werden, in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Die Absenkung der Ausbildungsstellen von 1 000 auf knapp 700 und die damit einhergehende Stellenrückführung an den Seminaren war richtig und notwendig.
Trotz der Absenkung können wir weiterhin ein sehr attraktives Angebot an Ausbildungsorten im ganzen Land gewährleisten und die Attraktivität noch erhöhen. Dem Anspruch Sachsen-Anhalts als Ausbildungsland werden wir auch in der Lehrerbildung gerecht. Die Erhöhung der Attraktivität wird auch nötig sein, um den bald wieder steigenden Bedarf an qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern steuern zu können. Die Seminare werden auch zukünftig allen Lehrerinnen und Lehrern, die sich in der Ausbildung befinden, einen Platz offen halten.
Einen ganz wesentlichen Impuls wird es durch die Umstrukturierung der Seminarlandschaft für die regionale Fortbildung gemäß § 30 a des Schulgesetzes und die dezentrale Weiterbildung durch die Seminare in der dritten Phase der Lehrerbildung geben. Die Verschränkung der zweiten Phase der Lehrerbildung, also der Arbeit in den Seminaren, mit der in vielen Ländern nicht hinreichend beachteten dritten Phase der Fort- und Weiterbildung ist ein Gebot der Stunde. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass in einer modernen Welt, in der sich Wissensbestände immer schneller verbreitern und vergrößern, ein Studienabschluss oder eine Berufsqualifikation für ein ganzes Berufsleben ausreicht. Das gilt generell. Es gilt aber in besonderem Maße natürlich für den Lehrerberuf. Wir alle sind in Zukunft auf regelmäßige Fortbildungen und damit auf lebenslanges Lernen angewiesen.
Umso energischer betreibe ich diese Reform, weil auf diesem Wege die Aufgaben der Fort- und Weiterbildung direkt mit der eigentlichen Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern verschränkt und systematisch betrieben werden können. Wir gewinnen damit für die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern die Kompetenz derjenigen, die im direkten Kontakt zur universitären Ausbildung stehen. Das Verhältnis von Schule und Wissenschaft wird hierbei ganz erheblich verbessert.
Das ist, wie ich meine, ein ganz erheblicher Fortschritt, der auch berufsbegleitend für eine weitere Steigerung der Kompetenzen unserer Lehrerinnen und Lehrer zugunsten eines guten Unterrichts sorgen wird.
Dass diese Aufgabe nunmehr auch in enger Abstimmung mit dem Landesinstitut in Halle institutionell regionalisiert wird, halte ich für einen weiteren erheblichen Fortschritt. Ich habe bereits vor der Umstrukturierung durchgesetzt, dass viele Angebote der Fort- und Weiterbildung im Lehrerbereich dezentral gemacht werden, um die hohe Fortbildungsbereitschaft von Kolleginnen und Kollegen, die nicht das Glück haben, die großen Städte schnell und zügig erreichen zu können, zu nutzen.
Ein weiterer Aspekt ist von großer Bedeutung. Durch die enge Verzahnung der Arbeit der Staatlichen Schulämter und der staatlichen Seminare für Lehrämter, wie sie dann heißen sollen, werden auch erhebliche Qualitätsgewinne hinsichtlich der Unterstützungs- und Beratungskompetenz für die Schulen erreicht. Diese wird in Zukunft vor dem Hintergrund zunehmend selbständiger agierender Schulen immer stärker erforderlich sein; denn es gibt ein Verhältnis von Selbständigkeit und Rechenschaft und auch von Selbstständigkeit in den Schulen und Unterstützungsnotwendigkeiten seitens des Staates.
Deshalb sehe ich auch hierin einen ganz entscheidenden positiven Effekt auf die schulische Arbeit, ebenso wie in dem gezielten Einsatz von Fachmoderatorinnen und Fachmoderatoren. Unseren Schulen steht zukünftig ein regionales System einer Fort- und Weiterbildung auf Abruf zur Verfügung, bei dem sie ihre Bedarfe gezielt anmelden können und wo die Bedarfe regionalspezifisch befriedigt werden können.
Mit der Zusammenführung von Ausbildungs- und Studienseminaren zu staatlichen Seminaren für Lehrämter verringert sich die Anzahl der Seminare von derzeit 19 auf zehn. Damit ergeben sich Effizienzgewinne sowohl in den Ausbildungsgängen zwischen den jeweiligen Lehrämtern als auch in der Verwaltung und hinsichtlich der effizienten Auslastung der Seminare, also der materiell-technischen Ausstattung, der Nutzung der Bibliotheken, der technischen Geräte, der Räume usw.
Für die Bündelung der Lehramtsausbildung des gehobenen und des höheren Dienstes in einem Seminar gibt es bundesweit kaum vergleichbare Modelle. Die Lehrämter werden in anderen Bundesländern in der Regel in separierten Seminaren ausgebildet. In Stellungnahmen der Kultusministerien der Länder wird das vorgesehene Ausbildungsmodell mehrheitlich positiv bewertet. Insbesondere das Kultusministerium des Landes NordrheinWestfalen begrüßt das Ausbildungsmodell und hält die neue Seminarstruktur für geeignet, die traditionelle Monostruktur der Studienseminare zugunsten lehramtsübergreifender Strukturen aufzulösen.
Ich sehe hierin auch einen guten Ansatz, weil sachlich und inhaltlich begründete Überschneidungen genutzt werden können, ohne aufgrund lediglich formaler Kriterien des Besoldungsrechts auf getrennten Ämtern zu bestehen.
All diese Entwicklungen sind der Hintergrund für die in dem Ihnen vorliegenden Artikelgesetz vorgesehenen Änderungen im Landesbesoldungsgesetz und im Landespersonalvertretungsgesetz.
Es werden in Artikel 1 die Vorbemerkungen zu den Besoldungsgruppen A und B verändert, um die Besoldung von Leitungsämtern an Schulverbünden klarzustellen sowie die Maßzahlen für Schulgrößen eindeutig zu regeln. Dies haben wir in einem Artikelgesetz mit transportiert, um Unklarheiten in der Praxis zu vermeiden.
Es werden Leitungsfunktionen für beide Laufbahngruppen in den Seminaren für Lehrämter eröffnet, es gibt die Änderung der Bezeichnung in „Staatliches Seminar für Lehrämter“ im Landesbesoldungsgesetz und im Personalvertretungsgesetz und es gibt eine Übergangsregelung für die ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten.
Meine Damen und Herren! Diese Reform der Lehrerbildung schafft die Voraussetzungen dafür, Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung von Lehrerinnen und Leh
rern beispielhaft zu organisieren, um das Qualifikationsniveau an unseren Schulen dauerhaft den Anforderungen eines modernen Schulwesens anzupassen. Lebenslanges Lernen ist eine Herausforderung für alle Menschen in der modernen Gesellschaft. Sie ist natürlich eine Herausforderung in erster Linie für diejenigen, die unsere Kinder unterrichten. Dafür legt diese Reform die Grundlage. Ich bitte dafür um Ihre Unterstützung. - Danke sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mit mir selbst ein bisschen gewettet, um es etwas salopp zu sagen, ob der Herr Minister dieses Projekt kühn als eines der großen Reformprojekte vorstellen würde oder nicht.
Ich muss sagen, es spricht für ihn, dass er es nicht getan hat, sondern sich bemüht hat, in sachlicher Weise zu diesem Gesetzentwurf mit dem kühnen Titel „Umgestaltung der Seminarlandschaft“ etwas zu sagen. Damit hat er mir natürlich ein ganzes Stück Wind aus den Segeln genommen. Das muss ich hier einräumen.
Trotzdem wird es Sie nicht wundern, dass wir all diese Auffassungen nicht ganz uneingeschränkt teilen.
Auch die CDU-Fraktion hält Lehrerausbildung im Land Sachsen-Anhalt für notwendig und richtig und wichtig und dazu brauchen wir auch diese Seminare. Das ist erst einmal unstrittig.
Aber der dramatische Rückgang der Schülerzahl und ein Blick auf das Tarifsystem für Lehrer macht jungen Leuten nicht unbedingt Mut, ausgerechnet in SachsenAnhalt den Lehrerberuf anzustreben. Das ist ein Fakt und dem muss man natürlich Rechnung tragen, weil sich das automatisch auch in einer Veränderung der Seminarlandschaft widerspiegeln wird.
Wenn es im Jahr 1995 noch 981 Personen im Referendariat gab, waren es im vergangenen Schuljahr nur noch 406. Nach unseren Kenntnissen sind es im Moment noch 360. Woher die Zahl 700 kam, weiß ich nicht, dass sollten wir hier auch nicht vertiefen. Jedenfalls müssen Veränderungen kommen.
Wenn man die Auslastung der Seminare sieht, dann wird das noch dramatischer. Diese knapp 190 künftigen Grundschul-, Sekundarschul- und Gymnasiallehrer verteilen sich im Moment auf 17 Seminarstandorte. Ich habe bewusst die Berufsschul- und Sonderschullehrer herausgenommen, weil das noch eine verhältnismäßig große Gruppe ist, die im Moment eigentlich von einem einzigen Seminar betreut wird, was zeigt, dass das auch ganz anders geht. Damit deute ich die Richtung an, die wir in der Diskussion verfolgen.
Ich hoffe, wir werden im Ausschuss hinreichend offen sein, bei dem Gesetzentwurf auch die Zahl zu diskutieren. Denn es gibt genügend fachliche Bedenken dage
gen, einfach zu sagen, ein möglichst breit gefächertes Angebot an Seminaren verbessert die Qualität. Die Frage, ob es bei relativ wenigen Referendaren Sinn macht, diese auf möglichst viele Seminare und damit immer kleinteiliger zu streuen und damit auch den internen Austausch immer weiter einzuschränken, denke ich, sollte Anlass sein, einmal darüber nachzudenken.
In der Zeitschrift des Philologenverbandes wird in Ausgabe 3/2000 ebenfalls ausführlich Stellung genommen. Die Philologen gehen noch weiter als wir und sagen: Eigentlich sollten die Ausbildungsseminare universitätsnah vorgehalten werden. Das würde im Klartext bedeuten, dass es nur noch zwei im Land Sachsen-Anhalt gäbe.
Ich denke, wir sollten mit der hinreichenden Offenheit herangehen. Denn es gibt jetzt Seminare, die, wenn ich es als mathematisch Gebildeter sagen soll, uneigentliche Seminare sind, weil die Teilnehmerzahl Null ist. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen. Selbst das gibt es.
Wenn man auf den Gesetzentwurf sieht, erschließt sich Nichtfachleuten erst auf den zweiten Blick, dass es tatsächlich um die Umgestaltung der Seminarlandschaft geht. Auf den ersten Blick könnte man den Eindruck gewinnen, es gehe um besoldungs- und personalrechtliche Fragen.
Dass im Hintergrund Seminare, die ohnehin schon körperlich an einem Ort stattfinden, nunmehr gewissermaßen unter einem Dach zusammengefasst werden, ist eigentlich das, was dann die Umgestaltung der Seminarlandschaft ist, aber im Grunde doch mehr oder weniger ein Festschreiben des Status quo darstellt.
Ich denke, wir haben genügend Bedarf für die Diskussion im Ausschuss. Ich bitte die Landesregierung bereits an dieser Stelle, vielleicht im Ausschuss etwas detaillierter auszuführen - in Ihrer Rede, Herr Minister klang es an -, welche Nebenwirkungen man sich davon verspricht. Es wäre hilfreich, wenn ein Konzept erkennbar würde, wie man die verschiedenen Formen der Lehreraus- und -fortbildung tatsächlich gemeinsam gestalten will. Aus dem Gesetz und seiner Begründung geht das nicht hervor. Das würde die Ausschussdiskussion befruchten und in diesem Sinne sollten wir, denke ich, in die Diskussion einsteigen.
Danke sehr. - Für die Fraktion der FDVP erteile ich dem Abgeordneten Herrn Wolf das Wort. Bitte, Herr Wolf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Inhalte bleiben, die Formen werden geändert. So stellt sich das Gesetz zur Umgestaltung der Seminarlandschaft dar. Angekündigt werden Reformen, praktiziert werden hauptsächlich redaktionelle Änderungen.
Im Zuge der Ergänzung der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B hätte es sich angeboten, ohne Regel-Ausnahme-Prinzip den Beamtinnen die Amtsbezeichnung in weiblicher Form doch freundlich zuzuordnen. Nach alter Rechtslage und nach geltendem Recht erhalten die Beamtinnen aber die Amtsbezeichnung nur grundsätzlich in der weiblichen Form. Die For
mulierung „grundsätzlich“ ist damit ersatzlos zu streichen. Damit wäre ein Stück faktischer Diskriminierung der Frauen beseitigt.
Nr. 2 der Vorbemerkungen dient nach dem Bekunden der Landesregierung der Klarstellung. Alles, was der Klarstellung dient, ist eine Form der Auslegung. Auf Klarstellungen kann verzichtet werden; sie werden im Zuge von Auslegungen ohnehin ermittelt.
Wenn überhaupt Klarstellungen vorgenommen werden, so bietet es sich an, Klarstellungen dort zu formulieren, wo sie hingehören, und zwar in die Beschreibung des Funktions- und sachlichen Planstellenkegels.
Der Feststellungszeitraum ist nicht zu beanstanden. Er ist nach dem Bekunden der Landesregierung innerhalb von einem bis zu drei Jahren möglich. Wenn die Landesregierung sich auf einen Dreijahreszeitraum festgelegt hat, kann man die Entscheidung teilen oder eben auch nicht. Letztlich ist die Festlegung nicht sachbezogen, sondern bleibt willkürlich.
Der gerechteste Zeitraum für die Einstufung von Ämtern erscheint nach diesseitiger Betrachtung immer noch der kürzeste Zeitraum zu sein; denn nach ihm ist ein Höchstmaß an Einzelfallgerechtigkeit gesichert oder gegeben. Eine mittelfristige Schulentwicklungsplanung scheitert bestimmt nicht daran.
Die Vorbemerkung unter der Nr. 3 wäre nicht erforderlich, wenn sich die Landesregierung endlich dazu durchringen könnte, ein - es wurde schon an anderer Stelle gesagt - Landesorganisationsgesetz einzubringen. Es bedürfte dann nicht immer wieder spezialgesetzlicher Organisationsermächtigungen.
Letztlich ist aber die Vorbemerkung unter Nr. 3 entbehrlich, da sie ohnehin nur das wiedergibt, was in § 13 Abs. 1 des Schulgesetzes vorgesehen ist. Hiernach können die Schulträger mit Genehmigung der obersten Schulbehörde organisatorisch zusammenfassen und fertig.