Wenn jetzt Kolleginnen oder Kollegen in diesem Hohen Haus oder Mitarbeiter im Landtag noch nicht von der Effizienz und der Qualität unserer Feuerwehren überzeugt sind, empfehle ich die gemeinsame Teilnahme an einer Brandschutz- und Evakuierungsübung, die vorzugsweise während der zweiten Lesung dieses Gesetzes im Landtag stattfinden sollte.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass die wenigen noch offenen Fragen zu diesem Gesetzentwurf im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zufrieden stellend beantwortet werden können, damit das Gesetz eine möglichst breite Mehrheit in diesem Hohen Hause findet. Der Antrag auf Überweisung in den Innenausschuss ist bereits gestellt worden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand wird ernsthaft die Verbesserung des Brandschutzes infrage stellen. Selbst Goethe nahm sich bereits der Feuerwehr an und forderte: „allen Gewalten zum Trutz“ erhalten. Die Kennung an den Fahrzeugen der Feuerwehren „Löschen, Retten, Bergen“ ist nicht eine Erfindung der Neuzeit, sondern Wachstum der Geschichte.
Im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Brandschutzgesetzes geht es in weiten Bereichen um Klarstellungen und um redaktionelle Änderungen. Auf diese möchte ich nicht eingehen. Inhaltlich geht es unter anderem um Zuständigkeiten, um Haftungsfragen und um Ausrüstungsgegebenheiten der Feuerwehren.
Meine Damen und Herren! Der Streit entzündete sich zunächst an § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 und 4. Auch das wurde schon erwähnt. Es standen offenkundig unüberbrückbare Gegensätze zwischen dem mit der Sache betrauten Innenministerium und dem Landkreistag. Nunmehr ist argumentative und inhaltliche Sicherheit eingetreten, sodass die konträren Auffassungen des Landkreistages nicht mehr zum Zuge kommen können, da in den genannten Vorschriften inhaltliche Klarstellungen ausgesprochen worden sind.
Darüber hinaus wurde mit Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe b ein weitgehendes Rechtsproblem einer Klärung zugeführt. Nach den Vorgaben der Landesregierung sollen die Feuerwehren so organisiert werden, dass sie in der Regel zu jeder Zeit und an jedem Ort ihres Zuständigkeitsbereiches, der über öffentliche Verkehrsflächen zu erreichen ist, unter gewöhnlichen Bedingungen innerhalb von zwölf Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort eintreffen.
In dieser Regelung ist deshalb so viel Sprengstoff, weil die Vorschrift dadurch zur Hülse degradiert wird, dass nach Satz 3 Rechtsansprüche einzelner Personen durch die vorstehende Bestimmung nicht begründet werden sollen. Die Beurteilung des Zeitelementes ist nicht neu. In den alten Bundesländern ist dieses Problem ausdiskutiert und weitgehend mit den Vorgaben der Landesregierung identisch. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob nun als Richtwert zwölf Minuten gelten sollen oder, wie vom Städte- und Gemeindebund des Landes Sachsen-Anhalt gefordert, 15 Minuten.
Dass sich die Landesregierung zur Vorgabe von zwölf Minuten entschlossen hat, ist zu begrüßen. Der Zeitwert ist aber nicht als ausreichend zu erachten, da in Anlehnung an die Erreichbarkeit der Einsatzorte durch die Polizei von einem Richtwert von fünf Minuten ausgegangen wird. Berücksichtigt man diese Tatsache unter Einbeziehung der personellen und sächlichen Ausstattung der Polizei mit einem hälftigen Umrechnungsfaktor bei der Feuerwehr, so ist die Erreichbarkeit des Einsatzortes mit einer Vorgabezeit von zehn Minuten zu bemessen.
Dagegen sprechen auch nicht die Ausführungen des Städte- und Gemeindebundes des Landes SachsenAnhalt, indem unter Bezugnahme auf die Gegebenheiten in den westlichen Bundesländern gefolgert wird, dass man auch ohne eine gesetzlich fixierte Hilfsfrist im Brandschutzgesetz auskommen könne. Die Forderung ist vordergründig und durchsichtig. Im Übrigen würde sich aus Vergleichen mit den westlichen Bundesländern ergeben, dass zwischen der Alarmierung und dem Eintreffen am Einsatzort sowohl für die Polizeikräfte als auch für die Feuerwehren in den mittleren Städten und in den Großstädten der westdeutschen Länder eine Zeitdifferenz von fünf Minuten liegt.
Den sehr kleingliedrigen Strukturen der freiwilligen Feuerwehren wird nach dem Willen der Landesregierung in der Weise Rechnung getragen, dass für die zugrunde gelegte Zeitberechnung von zwölf Minuten die gewöhnlichen Bedingungen zu berücksichtigen sind, und zwar die geografischen Verhältnisse, die Verkehrsverhältnisse, die Witterungsbedingungen, die Tageszeit sowie der verfügbare Einsatz und die Führungsmittel.
Dem Städte- und Gemeindebund geht es doch nur darum, dem Fristengebot deshalb entgegenzuwirken, weil man einer möglichen Haftung nach Artikel 34 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 839 BGB entgehen will. Letztlich hat sich die Landesregierung dem Begehren des Städte- und Gemeindebundes untergeordnet und in Anlehnung an das Feuerwehrgesetz des Landes Baden-Württemberg quasi einen Haftungsausschluss in der Norm verankert. Ob nun die Norm formuliert wird - Rechtsansprüche einzelner Personen werden durch die vorstehenden Bestimmungen nicht begründet - oder modifiziert vorgetragen wird, macht einen graduellen Unterschied.
Für beide Fälle ist jedoch zu bedenken, dass unter Zugrundelegung der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und der Verwaltungsgerichtshöfe zum Polizei- und Ordnungsrecht - meine Damen und Herren, das Brandschutzrecht ist ein Teil des Polizei- und Ordnungsrechts - ein Anspruch der Betroffenen auf Einschreiten in angemessener Zeit besteht. Im Regelfall wird nicht nur ein Anspruch auf Einschreiten bestehen, sondern es wird von einer Pflicht zum Einschreiten in angemessener Zeit auszugehen sein. Diese Zeit ist aus einer Einzelfallbeurteilung heraus zu ermitteln und dürfte je nach öffentlichen Verhältnissen im Extremfall bei vier
Schließlich ist die Sorge der Landesregierung und des Städte- und Gemeindebundes nicht nachvollziehbar, da der mögliche Anspruchsteller die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haftung aus Amtspflichtverletzung darzulegen und zu beweisen hat.
Jawohl, Herr Präsident. - Die Fraktion der FDVP kann dem Gesetzentwurf in dieser Fassung nicht zustimmen. Einer Ausschussüberweisung stimmen wir aber zu. Wir sind mit dem Scheinhaftungsausschluss - hier werden die Rechte der betroffenen Bürger tangiert - nicht ganz einverstanden. - Ich bedanke mich.
Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Jüngling hatte zwar vorgeschlagen, dass hierzu noch Herr Becker redet; aber ich gehe davon aus, dass der Abgeordnete Herr Webel die Meinung der CDU-Fraktion vorträgt. Bitte, Herr Webel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Innenminister, wir hatten uns vor drei Jahren verständigt, dass wir dieses Gesetz nach dem Jahr 1998 wieder in den Innenausschuss einbringen wollen. Weshalb es aber so lange gedauert hat, bis Sie den Gesetzentwurf vorlegen, ist uns schleierhaft. Damals wie heute enthält der Gesetzentwurf relativ wenige substanzielle Änderungen. Es geht überwiegend um Klarstellungen, die in der Sache kaum etwas verändern. Der Brandschutz eignet sich ohnehin nicht - das ist des Öfteren gesagt worden - für politische Auseinandersetzungen.
Insofern bin ich zuversichtlich, dass sich in den Beratungen des Innenausschusses ein sachorientierter Konsens erzielen lässt.
Herr Innenminister, wenn Sie vernünftige Gesetzentwürfe in den Landtag einbringen, wird die CDU, wie immer, zur Mitarbeit bereit sein
Lassen Sie mich einige Anmerkungen zu wenigen substanziellen Änderungen machen, die der Gesetzentwurf enthält bzw. die aus der Sicht der CDU-Frak- tion noch Eingang finden sollten.
Da ist zunächst die neue Verpflichtung der Gemeinden, ihre Feuerwehren so zu organisieren, dass die Feuerwehr gewöhnlich innerhalb von zwölf Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort eintreffen kann. Die CDUFraktion begrüßt zunächst, dass diese Vorschrift nicht als Hilfsfrist gefasst wurde, sondern als Zeitkriterium für die Organisation der Feuerwehren.
Im Referentenentwurf der Landesregierung war jedoch noch von 15 Minuten die Rede. Je enger ich diesen Zeit
rahmen setze, desto höher werden auch die Anforderungen an die Fahrzeuge und die Gerätschaften, die natürlich von den Kommunen angeschafft werden müssen. Nicht umsonst ist bereits im Vorblatt zum Gesetzentwurf die Rede davon, dass dieses Zeitkriterium für die Gemeinden eine Planungsgrundlage für die Ausstattung ihrer Feuerwehren darstellt.
Es stimmt also gerade nicht, wie es in der Begründung zu dem Gesetzentwurf heißt, dass durch die Änderung keine zusätzlichen Kostenbelastungen entstehen.
Wenn das Zeitkriterium auf nur zwölf Minuten begrenzt wird, so ergibt sich daraus zwangläufig ein immenser Investitionsbedarf. Wenn das tatsächlich von der Landesregierung so gewollt ist, kann sie nicht gleichzeitig die Fördermittel kürzen, wie sie es im Haushaltsplanentwurf 2001 vorgesehen hat, sondern diese Mittel müssen erheblich aufgestockt werden. Auch der Hinweis von Ihnen, Herr Innenminister, auf mögliche zusätzliche Mittel aus der Feuerschutzsteuer kann den zusätzlichen Investitionsbedarf nicht ausgleichen. Wer a sagt, muss auch b sagen
und darf nicht wie die Landesregierung den Eindruck erwecken, als fiele ein höherer Standard vom Himmel herunter.
Deshalb bin ich besonders den Abgeordneten im Innenausschuss, aber auch den Mitgliedern des Finanzausschusses dankbar, dass sie dem von der CDU-Frak- tion eingebrachten Änderungsantrag - Herr Jüngling erwähnte es schon - zur Erhöhung der Investitionsmittel zugestimmt haben.
Herr Jüngling, vielleicht noch eine kleine Anmerkung zum Finanzausschuss: Es war nicht der Innenminister, der den Vorschlag unterbreitet hat, diese Mittel bereitzustellen. Er hat sie für die Jugendfeuerwehr gefordert. Das stimmt. Aber er wollte sie aus den Investitionsmitteln für die Feuerwehren herausnehmen. Der Käpten - heute nicht anwesend - und der Abgeordnete Gallert haben den Vorschlag gemacht, eine andere Deckungsquelle zu suchen und die Investitionsmittel in dieser Höhe zu belassen.
Wenig Einfühlungsvermögen - Herr Innenminister, das muss ich auch kritisieren - zeigen Sie allerdings bei den Regelungen über die Berufung von Wehrleitern. Weshalb bei den Verwaltungsgemeinschaften, die die Aufgabe des Brandschutzes erfüllen, die Mitgliedsgemeinden nicht mehr Gemeindefeuerwehren, sondern lediglich Ortsfeuerwehren der VG werden, die dazu noch einem Wehrleiter in der Verwaltungsgemeinschaft unterstellt werden, bleibt das Geheimnis der Landesregierung. Die CDU-Fraktion sieht für diesen Eingriff in das bisherige Recht der Mitgliedsgemeinden keinerlei Veranlassung.
Im Übrigen gibt es eine Reihe von wichtigen Punkten, die wir in diesem Gesetzentwurf noch vermissen. Ein wichtiges Thema ist beispielsweise, inwieweit die sehr unterschiedlichen Gefahrenpotenziale in den Zuständigkeiten der Gemeinden und Landkreise Berücksichtigung im Brandschutzgesetz finden müssen. Ich denke insbesondere an die Schwierigkeiten, die beim abwehrenden Brandschutz und bei der Hilfeleistung auf besonders gefahrenträchtigen Verkehrswegen wie Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Schienen- und Wasserwegen auftreten.
Die bisherige starre Zuständigkeitsregelung, die an Gemeindegrenzen Halt macht, hat in der Vergangenheit zu unbilligen Ergebnissen geführt. Aus der Sicht der CDU muss deshalb darüber nachgedacht werden, ob für besondere Gefahrenbereiche besondere Zuständigkeiten begründet werden und die davon betroffenen Kommunen in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben wahrzunehmen. Dazu gibt es praktikable Lösungsvorschläge in Brandschutzgesetzen anderer Bundesländer.
Noch ein letzter Punkt. Im Wassergesetz gibt es eine Bestimmung, die in bestimmten Fällen Gemeinden zur Errichtung einer Wasserwehr verpflichtet. Dort sollte aus der Sicht der CDU-Fraktion eine Klarstellung erfolgen, dass diese Aufgabe auch von den gemeindlichen Feuerwehren wahrgenommen werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich auf eine intensive Beratung im Innenausschuss, die durch eine Anhörung der betroffenen Verbände begleitet werden sollte. Weil die rote Lampe leuchtet, möchte ich mit dem Feuerwehrgruß schließen: Gut Wehr! - Herz- lichen Dank.
Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Der Innenminister hat vorgeschlagen, den Gesetzentwurf in den Innenausschuss zu überweisen. Wenn wir ihm den Gefallen tun wollen, bitte ich um das Zeichen mit der weißen Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Herr Innenminister, Sie haben gewonnen, einstimmig in den Innenausschuss überwiesen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 9 erledigt.