Protocol of the Session on October 13, 2000

Wir sind uns sicherlich darin einig, dass die externen Rahmenbedingungen bei der energetischen Nutzung von Biomasse eine gravierende Rolle spielten. Insofern werden Sie nicht umhin kommen zuzugeben, dass mit der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ein gewaltiger Schritt zur Förderung nachwachsender Rohstoffe getan wurde. Es ist nun an uns, den Prozess der Umsetzung auf Landesebene logistisch bestmöglich zu begleiten. Die Gewährung von Fördergeldern ist das eine, das Schaffen von optimalen Voraussetzungen für Investoren das andere.

In diesem Sinne geht es uns mit unserem Antrag nicht in erster Linie um die Bereitstellung von Fördermitteln. Viel wichtiger erscheint es mir, das aufgebaute Know-how entsprechend zu konzentrieren, um damit potenziellen Investoren gute Standortbedingungen zu bieten. Eine Möglichkeit sehe ich dabei im Ausbau des Bisnarossa zu einem Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe. Über die Beratungs- und Informationsdienstleistung hinaus sollte dabei auch die Begleitung von Projekten durch Managementangebote erfolgen.

In diesem Sinne sind die vom Bauernverband in der vorletzten Sitzung des Agrarausschusses unterbreiteten Vorschläge, welche sich im Wesentlichen ja auch im Änderungsantrag der CDU wiederfinden, sicherlich hilfreich. Ich denke, wir sollten uns über den Antrag und über den Änderungsantrag der CDU im Ausschuss verständigen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, von Frau Bull, PDS, und von Herrn Czeke, PDS)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren, wir haben neue Gäste. Wir begrüßen Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Förderstedt.

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Minister Keller, Sie haben jetzt das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße, dass das Thema nachwachsende Rohstoffe erneut auf der Tagesordnung der heutigen Landtagssitzung steht. Damit wird einerseits deutlich, welcher Stellenwert diesem innovativen und zukunftsweisenden Bereich seitens des Parlaments eingeräumt wird; andererseits sehe ich hierin auch eine Unterstützung der Landesregierung in ihrem Bemühen, die Entwicklung der nachwachsenden Rohstoffe voranzubringen.

Von 1991 bis 1999 hat die Landesregierung mehr als 35 Millionen DM an EU-, Bundes- und Landesmitteln für die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie von Pilot- und Investitionsvorhaben im Bereich der nachwachsende Rohstoffe einschließlich der Projekte zur energetischen Biomassenutzung ausgereicht. Damit konnten wesentliche Entwicklungen vorangebracht und der Aufbau von Produktlinien befördert werden.

Ich denke beispielsweise an die Etablierung der Faseraufbereitung in der Altmark - das wurde eben erwähnt -, an die Pflanzenöltechnologie mit Zentrum in Magdeburg, an die Verarbeitung von Getreidemehlen zu Verpackungsmaterialien und als Rohstoff für die Papierindustrie, an die Pflanzenbiotechnologie und an den Bereich der Arzneipflanzen. Die Aufzählung könnte fortgeführt werden.

In der vergangenen Woche wurden vier Firmennetz- werke aus Sachsen-Anhalt im Rahmen des InnoregioWettbewerbs des BMBF prämiert. Drei dieser Firmennetzwerke beschäftigen sich mit einer der vorgenann- ten Produktlinien. Die Firmen wurden aus ursprünglich 444 Bewerbungen ausgewählt und erhalten Förderungen in einer Höhe von insgesamt 102 Millionen DM. Damit fließt ein Viertel der vergebenen Fördermittel nach Sachsen-Anhalt. Dies, meine Damen und Herren, ist eine durchaus erfolgreiche Bilanz, die zukunftsfähige Arbeitsplätze in unserem Lande schafft.

Seit 1998 wird auch der Aufbau eines Beratungs- und Informationszentrums für nachwachsende Rohstoffe aus Mitteln der Regionalentwicklung gefördert. Projektträger ist der Verein „Beratungs- und Informationsservice für nachwachsende Rohstoffe e. V.“, der von Wirtschaftsunternehmen getragen wird.

In Verbindung mit dem Innovations- und Gründerzentrum für nachwachsende Rohstoffe in Magdeburg ist hiermit ein Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe geschaffen worden, das es auszubauen gilt.

Ich befürworte die im Änderungsantrag der CDU-Fraktion vorgesehene und von der Landesregierung schon praktizierte Unterstützung der Messe für nachwachsende Rohstoffe in Magdeburg.

Ich habe mich in diesem Zusammenhang mit der Bitte um Unterstützung an das Bundeslandwirtschaftsministerium und an die Agentur für nachwachsende Rohstoffe gewandt, damit wir wirklich eine konkrete und zukunftsfähige Fachmesse in Magdeburg und in Sachsen-Anhalt als Mittelpunkt für nachwachsende Rohstoffe präsentieren können.

Um zukünftige Entscheidungen vorbereiten zu können, ist eine detaillierte Analyse der derzeitigen Situation nach meiner Einschätzung nur von begrenztem Nutzen; denn bei innovativen Geschäftsfeldern wandeln sich die Rahmenbedingungen sehr schnell. Vielmehr ist flexibles

Handeln aller Beteiligten erforderlich, der Wirtschaft, der Politik und der Verwaltung.

Ich erinnere daran, dass die Rahmenbedingungen für nachwachsende Rohstoffe von der EU-Agrarförderpolitik abhängig sind. In diesem Zusammenhang hat sich der Landtag parteiübergreifend beispielsweise für eine Veränderung der von der Kommission vorgeschlagenen Marktordnung für Hanf und Flachs eingesetzt. Uns ist es gerade in diesem Bereich gelungen, Veränderungen herbeizuführen. Daran sieht man, dass wir ein konzertiertes Zusammengehen brauchen, um die Marktbedingungen und die Rahmenbedingungen zu definieren und zu beeinflussen. Ein flexibles Handeln von Wirtschaft, Politik und Verwaltung ist also erforderlich.

Ich verweise darauf, dass der Landtag in seiner 79. Sitzung am 6. März 1998 die Landesregierung beauftragt hat, im Rahmen des nach dem Landwirtschaftsgesetz Sachsen-Anhalts zu erstellenden Agrarberichts in einem gesonderten Kapitel über die Produktion, Vermarktung, Verarbeitung und Verwertung nachwachsender Rohstoffe und Energieträger in Sachsen-Anhalt zu berichten. Diesem Auftrag kommt die Landesregierung nach.

Eine Situationsbeschreibung zur Nutzung regenerativer Energien ist im Landesenergiebericht des Wirtschaftsministeriums enthalten. Dessen aktualisierte Fassung wird in Kürze veröffentlicht.

Die Landesregierung hat im Jahr 1998 unter Mitwir- kung des Fachbeirates „Nachwachsende Rohstoffe“ bei meinem Ministerium das Förderkonzept „Nachwachsende Rohstoffe für Sachsen-Anhalt“ herausgegeben. Im Jahr 1999 ist eine zweite, aktualisierte Ausgabe erschienen. Das Förderkonzept beinhaltet unter anderem eine Situationsanalyse, Ziele, Schwerpunkte der Förderung und Aussagen zu Handlungsfeldern zur Unterstützung der Nutzung nachwachsender Rohstoffe.

Das Konzept ist in seiner Grundausrichtung nach wie vor gültig. Es engt hinsichtlich der Förderschwerpunkte ganz bewusst nicht ein, damit neue und zukunftsträchtige Entwicklungen auf dem Gebiet der nachwachsenden Rohstoffe nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Über das Förderkonzept wurde unter anderem auch in den Ausschüssen des Landtages diskutiert.

Meine Damen und Herren! Die energetische Verwertung von Biomasse gehört in den Bereich der nachwachsenden Rohstoffe. Der Begriff „regenerative Energien“ geht natürlich weit darüber hinaus.

Zweifelsfrei gewinnen die regenerativen Energieträger zunehmend an Bedeutung. Dies geht einher mit der Behandlung der Klimaschutzproblematik, einer nachhaltigen Entwicklung und nicht zuletzt mit der Ressourcenschonung bei den fossilen Energieträgern. Es beginnt sich ein Markt für regenerative Energieträger und entsprechende Umwandlungstechnologien zu entwickeln, auch dank der Förderbedingungen, die nun durch den Bundestag hierzu verabschiedet worden sind.

Ich möchte den Zwischenruf von Herrn Dr. Bergner aufgreifen, dass es sich hierbei nicht um eine zukunftsorientierte Energiepolitik handle. Ich frage mich, was sie dann ist.

Eine zukunftsorientierte Energiepolitik ist sicherlich nicht das, was Sie fordern, nämlich dafür zu sorgen, dass die fossilen Energieträger wieder billiger werden; denn gerade aus der Nutzung der fossilen Energieträger müssen wir - das weiß jedermann - auf Dauer aussteigen. Insofern müssen wir uns alternativen Technologien widmen,

und in dieser Hinsicht hat das Land Sachsen-Anhalt in der Vergangenheit eine ganze Menge getan.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die konzentrierte Förderung der Windenergie, die für jedermann hier im Lande sichtbar ist. Sie hat einerseits zu Potenzialen geführt, andererseits auch zu Arbeitsplätzen hier im Lande. Ein Beispiel dafür ist Sket.

Im Übrigen hat die Landesregierung als Kompetenzzentrum die Energieagentur Sachsen-Anhalt gegründet, über deren Fortentwicklung wir uns momentan weiter unterhalten. Auch hierbei sehe ich durchaus Chancen, dass der Dialog, der zwischen der Energiewirtschaft und der Politik geführt werden muss, sich in diesem Rahmen abspielt.

Es ist natürlich in diesem Zusammenhang notwendig, die Fördermittel des Landes auf diese Bereiche und auf der Grundlage der Evaluierung der bisherigen Förderprogramme zu konzentrieren. Daran sind wir.

Insofern, meine Damen und Herren, bedanke ich mich für die Unterstützung. Ich glaube, in beiden Anträgen stecken gute Ansätze, sodass ich der Auffassung bin, dass wir darüber in den zuständigen Ausschüssen des Landtages diskutieren sollten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Bull, PDS, und von Herrn Gallert, PDS)

Danke sehr. - Für die Fraktion der PDS erteile ich Herrn Professor Dr. Trepte das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Keller, Ihre positive Wertung der Dinge kann ich natürlich nicht teilen. Es ist üblich, meine Damen und Herren, dass die die Landesregierung tragende Fraktion derartige Anträge stellt, damit sich die Regierung positiv produzieren kann und damit die Landesregierung die Regierungsarbeit in der Öffentlichkeit positiv präsentieren kann. Dann aber sollte der Gegenstand einiges mehr hergeben, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Herrn Wolf, FDVP)

Das, was Sie uns hier als Antrag präsentieren, ist auf dem Gebiet der regenerativen Energien ein Eigentor - ein fatales Eigentor sogar -; denn es gibt wenig Positives zu berichten. Im Gegenteil, es gibt Rückschläge, es gibt Versäumnisse in Größenordnungen. Mit diesem Antrag, den wir natürlich unterstützen, bereiten Sie für die Landesregierung eine Schlappe vor. Ich denke, die ist auch notwendig.

Zum Beratungsgegenstand „regenerative Energien“ möchte ich an dieser Stelle zwei Tatsachen schon vorab zur Diskussion und Beratung in den Ausschüssen sagen.

Erstens. Es geht um die Titelgruppe 77 in Kapitel 08 02. Die Bezeichnung der Titelgruppe heißt „Energietechnologien“. Mit den darin enthaltenen Geldern wird unter anderem die Nutzung regenerativer Energien gefördert.

Zum Haushaltsplan 2000 hatte die PDS-Fraktion eine im Haushaltsplanentwurf vorgesehene radikale Kür- zung partiell rückgängig machen können. Die für das Jahr 2000 eingestellten nunmehr 9 Millionen DM wurden aufgrund der Deckungsfähigkeit mit Titelgruppe 72 bei

Kapitel 08 02 zum großen Teil in diese umgewidmet. Anträge zum Thema „Thermische Nutzung der Sonnenenergie“ konnten in Größenordnungen nicht bewilligt werden. Sie liegen praktisch auf Halde.

Im Haushaltsplanentwurf 2001 - das wird noch interessanter - wird der Ansatz bei Titelgruppe 77 abermals von 9 Millionen DM im Jahre 2000 auf 1,8 Millionen DM zurückgeführt. So sieht bei Ihnen die Förderung regenerativer Energien aus.

Weitere offene Fragen: Trotz Energieeinspeisungsgesetz verschleppen die Regionalversorger die Abnahme regenerativ gewonnener Energie. Was tut die Landesregierung? Wie unterstützt die Landesregierung die ins Stocken geratene Nutzung der Geothermie? - Doch genug davon. Dazu mehr im Ausschuss.

Zur zweiten Tatsache. Die Landesregierung verzögert, ja sie verschleppt seit geraumer Zeit die Erarbeitung, die Fertigstellung des Landesenergiekonzeptes. Mit dem Landesenergiekonzept sollen energiepolitische Weichenstellungen erfolgen. Es soll den politischen Willen der Landesregierung und des Landtages zur Beförderung der regenerativen Energien, von Technologien zur Energieeinsparung und für ein umfassendes Energiemanagement festschreiben.

Auf eine Kleine Anfrage in der Drs. 3/2888 zur Fertigstellung des Landesenergiekonzeptes erhielt ich eine ausweichende, unzureichende Antwort. Das Konzept ist bis heute nicht fertig gestellt. Ich frage abermals: Wann wird es dieses energiepolitische Grundsatzdokument für Sachsen-Anhalt geben?

Noch ein Wort zur Problematik der nachwachsenden Rohstoffe. Auf dem Gebiet der nachwachsenden Rohstoffe gibt es im Bereich der Landwirtschaft in SachsenAnhalt sicherlich eine Menge guter Ansätze. Darüber wird - das haben wir heute gehört - die Landesregierung trotz eines nur geringen eigenen Anteils mit sehr viel Stolz berichten.

(Zustimmung von Herrn Czeke, PDS)

Doch das wird uns nicht ausreichen. Es sind mittelfristige Zielgrößen - das betone ich - für das vernetzte Forschen, für das vernetzte Entwickeln, für den vernetzten Anbau, die Vermarktung, Anwendung und Verwendung nachwachsender Rohstoffe zu bestimmen. Diese Zielgrößen müssen, das ist unser Wille, als politisches Bekenntnis der Landesregierung auf diesem Gebiet in eine mittelfristige Konzeption zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe ebenfalls münden. Dieses Konzept ist dem Landtag vorzulegen.

(Zustimmung von Herrn Czeke, PDS, und von Herrn Krause, PDS)

Bei Erarbeitung dieser mittelfristigen Konzeption muss die Landesregierung die Kompetenzträger auf dem Gebiet nachwachsender Rohstoffe unbedingt einbeziehen. Vertretungen der Landwirte, der Universitäten und Institute und einer Reihe von Unternehmen, die auf diesem Gebiet erfolgreich arbeiten, wie Vernaro GmbH Gardelegen, Cobbelsdorfer Naturstoff GmbH und andere sind dabei zu berücksichtigen. Ohne die Einbeziehung dieser Kompetenzträger wird das Konzept nicht die erforderliche Qualität und Akzeptanz erreichen.

Der Ausbau eines Kompetenzzentrums für nachwachsende Rohstoffe scheint auch uns eine richtige Forderung zu sein. Jedoch auch dies bedarf der abschließenden Beratung in den zuständigen Ausschüssen.

Der CDU-Änderungsantrag fordert, zeitgleich mit dem Bericht ein Entwicklungskonzept vorzulegen. Ich muss Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, sagen, das würde die Beratung in den Ausschüssen weiter verzögern, weil beide Konzepte noch nicht vor-liegen. Deshalb empfehle ich, lassen Sie uns im Ausschuss möglichst rasch über den Bericht der Landes-regierung beraten und Beschlüsse zu Terminen und Inhalten des Landesenergiekonzeptes sowie des Konzeptes für nachwachsende Rohstoffe fassen und diese dem Landtag vorlegen. Nur aus diesem Grund würde ich empfehlen, Ihren Änderungsantrag abzulehnen. - Danke schön.