Protocol of the Session on October 12, 2000

Der OSGV, also der Ostdeutsche Sparkassen- und Giroverband, ist im Unterschied zu den Verbänden in den alten Bundesländern ein Verbandsorgan, das durch vier neue Bundesländer, also außer Thüringen, im Jahre 1990 gebildet wurde. Er hat die Aufgabe, das Sparkassenwesen zu fördern, es auch gegenüber der EU wettbewerbsrechtlich zu vertreten - das will ich an dieser Stelle ergänzen -, er soll die Gewährträger in allen Fragen des Sparkassenwesens unterstützen und beraten. Er erfüllte bisher als Pflichtaufgabe - das ist wichtig - die Anforderungen eines Prüfungsmonopols gegenüber den Sparkassen.

Seine Organe sind die Verbandsversammlung und der Verbandsvorstand. In jedem der vier Vertragsländer unterhält der OSGV einen Landesbeirat.

In all diesen Gremien sind die Gewährträger, also die Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte, sowie Vertreter der Vorstände der Sparkassen vertreten. Der Verband unterliegt der Rechtsaufsicht der Vertragsländer. In Sachsen-Anhalt ist dies das für die Aufsicht über das Sparkassenwesen zuständige Landesministerium, also das Ministerium der Finanzen. - So viel musste ich zur Vorrede sagen.

Nach der Kündigung des Staatsvertrages zum OSGV, beginnend durch den Freistaat Sachsen und schließlich auch durch unser Bundesland, ist eine Neufassung bzw. Änderung und Ratifizierung des Vertrages bis zum Jahresende, Herr Minister, notwendig geworden.

Im Grunde war für Sachsen - das hat der Minister gesagt - die Kündigung des Staatsvertrages und dessen Neufassung mit der Bildung des Sächsischen Finanzverbundes unumgänglich geworden.

Die Chance der Änderung des Staatsvertrages wurde nachfolgend auch durch das Land Sachsen-Anhalt mit anderen, weiterreichenden Zielstellungen untersetzt. So sollen nach Auffassung der Landesregierung Aspekte der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit in der Tätig

keit des OSGV stärker zum Tragen kommen. Das Prüfungsmonopol gegenüber den Sparkassen soll aufgehoben werden. Die Rechte der Länder und die Rechte der Landesrechnungshöfe gegenüber dem OSGV sollen gestärkt werden.

Auf den ersten Blick sind das alles gute und nachvollziehbare Absichten. Die von der Gesetzesnovelle Betroffenen - deshalb meine Einführung; das sind nämlich insbesondere die Vertreter der Kommunen und die Vertreter der Sparkassen in den Gremien des OSGV - haben zur Neufassung des Staatsvertrages bislang teilweise andere Positionen vertreten.

So wird die Aufrechterhaltung des Prüfungsmonopols des OSGV gegenüber den Sparkassen als notwendige Voraussetzung der Unabhängigkeit der Prüfungsbehörde betrachtet. Auch gibt es nach Auffassung des Verbandes keinen Anlass, an der Einhaltung der Prinzipien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Rahmen der Verbandsarbeit zu zweifeln.

Die Stärkung der Zuständigkeiten der Rechtsaufsichtsbehörde, also des Ministeriums der Finanzen, und des Landesrechnungshofes und die damit verbundene stärkere Regelungsdichte in dieser Hinsicht im Gesetzentwurf wirkt - an dieser Stelle darf ich mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, die „Börsenzeitung“ vom 19. Juli zitieren - auf einen Beobachter wie ein „gesetzlich fixiertes Misstrauensvotum“ gegenüber dem OSGV.

Schließlich wird geschlussfolgert, dass insbesondere die Stärkung der Aufsichtsbehörde gegenüber dem OSGV eine Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung - so wird das wörtlich gesagt - auf dem Gebiet des Sparkassenwesens darstelle. Dies ist aus unserer Sicht schon ein schwerwiegender Vorwurf.

Es gilt also, meine Damen und Herren, sich zu beraten und sich vor allem beraten zu lassen. Es gilt genau zu prüfen, genau abzuwägen und schließlich richtig zu entscheiden.

Wir stimmen der Ausschussüberweisung zu. Wir empfehlen, den Gesetzentwurf, da die Betroffenen auch die Sparkassen und die Kommunen sind, im Innenausschuss mitberatend zu behandeln. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank. - Die DVU-FL-Fraktion hat ihren Redebeitrag zurückgezogen und verzichtet. Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Scharf.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sollten doch mit einigen Sätzen bei diesem Staatsvertragssystem verweilen.

Als Erstes möchte ich darauf hinweisen, dass nach Auffassung der CDU-Fraktion die Neufassung des Staatsvertrages im Zusammenhang mit der Novellierung des Sparkassengesetzes zu sehen ist. Ich glaube, einiges erklärt sich nur aus der zukünftigen Entwicklung der Sparkassen, das heißt aus Ereignissen, die wir demnächst in diesem Haus beraten werden.

Da das Sparkassengesetz aber längst das Kabinett passiert hat, finden wir es verwunderlich, dass wir nicht beide Gesetze gleichzeitig zugewiesen bekommen haben. Wir könnten sie dann auch im Zusammenhang beraten. Es gibt dort offensichtlich einige Querverbindungen.

Ich will mich im Folgenden hauptsächlich mit dem Verfahren und mit Formfragen befassen. Die detaillierte inhaltliche Beratung können wir gewiss sehr genau im Finanzausschuss durchführen. Diesbezüglich stimme ich Herrn Professor Trepte zu.

Es ist verwunderlich, wie Kommunen und Landesregierung bei der Behandlung dieses Staatsvertrages miteinander umgegangen sind. Die Anschlusskündigung des Landes Sachsen-Anhalt erfolgte ohne Beteiligung der Kommunen. Die Kommunen sahen daher zwischenzeitlich das Vertrauensverhältnis zur Landesregierung durchaus gestört.

Ich will den ehemaligen Oberbürgermeister Herrn Rauen zitieren. Er äußerte, der bisher gegangene Weg und die Umgangsweise seien nicht akzeptabel; die Anschlusskündigung ohne Beteiligung der Kommunen auszusprechen bewirke keine Vertrauensbasis zwischen Land und Kommunen. Wenn das Land Interesse an einem freundschaftlichen Umgang habe, müssten andere Umgangsformen gefunden werden.

Herr Finanzminister, Sie sind wahrscheinlich gut beraten, mit Vertretern des OSGV einen anderen Umgangston zu pflegen, als er im Parlament manchmal von Ihnen gepflegt wird, denn der OSGV ist keine feindliche Institution. Wir müssen schon überlegen, wie wir insgesamt zu einem vernünftigen neuen Miteinander kommen. Der Staatsvertrag soll dieses neue Miteinander begründen, aber die Form, wie wir zu diesem neuen Staatsvertrag kommen, möchte ich zumindest in der Verfahrensweise schon als ausgesprochen ruppig beschreiben. Und das war offensichtlich nicht notwendig.

Wir haben auch ein klein wenig den Verdacht - er wäre im Ausschuss auszuräumen -, dass die Kündigung des Staatsvertrages indirekt ein Mittel sein sollte, um sich bessere Verhandlungspositionen hinsichtlich der Novellierung des Sparkassengesetzes zu verschaffen. Wenn dem so sein sollte, müssen wir bei der Beratung dieses Staatsvertrages noch einmal ganz genau aufpassen.

Zusammengefasst möchte ich sagen: Mir ist nicht ganz klar, dass man diesen Staatsvertrag überhaupt hätte kündigen müssen. Das ist nun passiert. Inzwischen liegt uns der Entwurf eines neuen Staatsvertrages vor. Das ist gut so, da wir so nicht in einen vertragslosen Zustand hineingeraten. Dies wäre in der Tat katastrophal. Darin gebe ich Ihnen Recht.

Wir sollten im Finanzausschuss und begleitend auch im Innenausschuss die Einzelheiten beraten. Die CDU sagt dabei eine konstruktive Mitarbeit zu. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Bevor ich den nächsten Redner nach vorn bitte, möchte ich Schülerinnen und Schüler der Schule des zweiten Bildungsweges aus Magdeburg und Schülerinnen und Schüler des Siemens-Gymnasiums aus Magdeburg unter uns begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Für die SPD-Fraktion bitte ich Herrn Dr. Rehhahn nach vorn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute in erster Lesung den Gesetzentwurf der Lan

desregierung zur Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband.

Herr Scharf, ich muss schon sagen, ich bin etwas erstaunt, dass Sie heute Dinge anbringen, die mehrfach im Ausschuss diskutiert worden sind und die, meine ich, auch der Vergangenheit angehören, die relativ weit zurückliegen.

Wir merken es auch. Wir im Parlament sind ja nicht irgendwo im luftleeren Raum, sondern wir sind in den Kommunen, in den Kreistagen, in den Stadtparlamenten vertreten oder haben wenigstens Informationen von dort. Die Diskussion, die Sie heute noch einmal anzufachen versucht haben, ist Monate alt und im Wesentlichen, glaube ich, auch ausgeräumt. Ansonsten wäre wahrscheinlich auch das Interesse des Parlaments an diesem Thema wesentlich größer.

Wie gesagt, die Diskussionen zu diesem Thema reichen bis in den Juni des vergangenen Jahres zurück. Nachdem der Freistaat Sachsen im Zusammenhang mit der angestrebten Neuordnung der Sparkassenlandschaft eine Kündigung des Staatsvertrages über den OSGV vorgenommen hatte, sprach die Landesregierung am 22. Juni 1999 ihrerseits die Anschlusskündigung aus.

Der Minister der Finanzen hat die Gründe für diesen Schritt in seiner Rede bereits umfassend erläutert. Ich brauche deshalb nicht noch einmal darauf einzugehen.

Der Finanzausschuss hat sich nach dem Bekanntwerden des Sachverhalts sowohl auf Bitte der CDU als auch im Rahmen der Selbstbefassung mehrfach mit diesem Thema beschäftigt. Der Finanzminister hat in regelmäßigen Abständen im Ausschuss für Finanzen über den Stand der Verhandlungen mit dem OSGV sowie über den Stand der Verhandlungen mit den anderen beteiligten Bundesländern berichtet. Das, was uns heute zur ersten Beratung vorliegt, ist das Ergebnis dieser Verhandlungen.

Der Finanzausschuss wird sich mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung im Einzelnen in den kommenden Wochen beschäftigen. Die Fraktion der SPD unterstützt das Ziel des Finanzministers, diese Beratung bis zur Landtagssitzung im Dezember, das heißt bis spätestens zum Abschluss des Haushalts 2001, abzuschließen.

Ich bitte um Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung an den Innenausschuss sowie um zügige Behandlung. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die FDVP-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Wiechmann. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Verständnis der Fraktion der FDVP bedarf es keines Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband; denn es besteht unseres Erachtens keine Notwendigkeit, den Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts einen Dachverband aufzusetzen, der zum Altersruhesitz von ausgedienten Parteigenossen und abgedienten Politikern wird.

(Lachen bei der SPD - Frau Lindemann, SPD: Oh!)

Er soll doch, meine Damen und Herren, in der Konsequenz nur dazu dienen, über die Besetzung Pfründe bis zur Verrentung zu sichern. Nicht zuletzt deshalb hat das Land Thüringen davon Abstand genommen, sich diesem Mammutorgan zu unterstellen.

(Herr Felke, SPD: Setzen! Sechs! - Zustimmung von Frau Krause, PDS)

Ich will nur auf einzelne Teile dieses Entwurfs eingehen. Schon in Artikel 1 § 1 des Entwurfs des Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages wird den elementaren Regeln der Gesetzgebungstechnik widersprochen. Die Überschrift lautet „Rechtsnatur, Sitz und Organe“. Daraus sollte man folgern, dass die nachfolgenden Absätze des § 1 sich an der Systematik der Überschrift orientieren, doch das ist weit gefehlt. Die Rechtsnatur ist in § 1 Abs. 2 des Entwurfs ausgewiesen als Verband, der eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, und nicht in § 1 Abs. 1, wohin dies gehört.

Darüber hinaus mag man einmal dem unbeteiligten Dritten klar machen, warum bei dem Vorhaben des Sparkassen- und Giroverbandes die Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts gewählt wurde und nicht die Anstalt des öffentlichen Rechts; denn zwischen beiden besteht doch heute faktisch nur noch ein gradueller Unterschied, der weitgehend willkürlich gesetzt wurde. Ich frage Sie, meine Damen und Herren, ob es nicht redlicher gewesen wäre, in Anlehnung an die Gewährträger die Anstalt des öffentlichen Rechts für den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband zu wählen.

Dem Vorhaben der Landesregierung kann man darüber hinaus nicht zustimmen, weil in Artikel 1 § 1 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs die Rechtsverhältnisse des Verbands durch Satzung geregelt werden sollen und die Satzung im Amtsblatt des Landes Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht werden soll.

Jetzt muss ich einmal eine Frage stellen, Herr Präsident. Die Lampe für meine Redezeit leuchtet hier, aber ich habe eigentlich gerade erst angefangen.

Es ist immer erstaunlich, wie schnell die Uhr läuft, wenn man so engagiert spricht.

Das, glaube ich, kann nicht sein. Irgendetwas ist hier schief gegangen.

(Unruhe bei der SPD)