Protocol of the Session on October 12, 2000

Konkret geht es zum Beispiel um die Eingemeindung von Rothenburg nach Könnern, konkret wird in Havelberg diskutiert. Die Havelberger haben mich schon angesprochen, sie wollen so schnell wie möglich zu einer größeren Einheitsgemeinde kommen.

Heute waren Vertreter einer Verwaltungsgemeinschaft bei mir, die fragten, wie schnell man es machen kann, wie schnell man diesen Prozess durchführen kann, um bei den Bürgermeisterwahlen auch gleich in den neuen Strukturen zu zählen.

Herr Kollege Becker stellt jetzt monatlich Kleine Anfragen. Vielleicht sollten Sie, Herr Dr. Daehre, einmal die Antworten verfolgen. Das ist schließlich ein Prozess, der gerade abläuft. Dann werden Sie sehen, wie die Entwicklung vorangeht.

(Herr Webel, CDU: Da steht ja nichts drin!)

Ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie mich in den letzten Monaten so unterstützt haben, dass es das Sülze

tal so weit bringen konnte, mir am Montag seine Vereinbarung zu überreichen.

(Zuruf von Herrn Oleikiewitz, SPD)

Daran haben Sie Ihren Anteil. Ich finde es wunderbar - auch von Herrn Oleikiewitz; ich spreche aber gerade mit Herrn Dr. Daehre -, dass es auch in Ihrer Fraktion Unterstützung für mein Modell gibt.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Minister, das ist eben eine demokratische Partei. In der gibt es auch unterschiedliche Meinungen.

Aber zu der eigentlichen Frage: Sind Sie der Meinung, dass die Bildung der Einheitsgemeinde Sülzetal daraus entstanden ist, dass das Innenministerium Aktivitäten hinsichtlich der Kommunalreform auf den Weg gebracht hat?

(Herr Becker, CDU: Eine sehr entscheidende Frage!)

Das Sülzetal hat zu einem Zeitpunkt mit mir geredet, als ich mich bereits mit meinem Leitbild befasste. Das Leitbild war noch nicht veröffentlicht. Das passte aber genau in meine Strukturplanungen. Deshalb habe ich dieses Vorhaben von Anfang an unterstützt.

Sie haben also von uns abgeschrieben. - Vielen Dank.

Wir haben uns abgestimmt. Genau so ist es. Das ist doch okay.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Minister. - Meine Damen und Herren. Für die FDVP-Fraktion würde jetzt der Abgeordnete Herr Wiechmann sprechen. Herr Wiechmann hat mir allerdings mitgeteilt, dass er seine Rede gern zu Protokoll geben würde. Würde das auf Widerspruch stoßen? - Nein. Dann gebe ich Ihre Rede hiermit zu Protokoll, Herr Wiechmann.

(Zu Protokoll:)

Auch die Beschlussempfehlung des zeitweiligen Ausschusses Funktional- und Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform vermag die Bedenken der Fraktion der FDVP nicht zu zerstreuen, die bei der ersten Lesung des Entwurfes eines Ersten Vorschaltgesetzes zur Kommunalreform geltend gemacht wurden.

Normenwahrheit und Normenklarheit verbieten die Bezeichnung „Vorschaltgesetz“. Denn Vorschaltgesetz erinnert an Ermächtigungsgesetz, an ein Gesetz, das die Befugnis zu einem bislang nicht zulässigen Verhalten erteilt. Rechtsgeschichtlich muss man nicht weit zurückgehen, um diese Form von Gesetz einordnen zu können, und es spricht nicht für die Sensibilität der Landesregierung, die Inhalte eines so genannten Vorschalt-gesetzes in den Bereich eines Ermächtigungsgesetzes zu verbringen.

Die Landesregierung würde dem Vorschaltgesetz die Krone aufsetzen, wenn dieses Gesetz auch noch zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen würde; denn spätestens dann hätte man den Kreis geschlossen. Die Instinktlosigkeit der Exekutive würde dann, wie auch im Verbund mit den Dienstwagenaffären, nicht mehr zu überbieten sein.

Als Vorschaltgesetz wird gelegentlich die Norm bezeichnet, die in den beabsichtigten Verwaltungsnormenverfahren vorangehen muss. Von alledem kann hier aber keine Rede sein; denn es besteht keine Abhängigkeit zwischen den zu regelnden Normenmechanismen und dem beabsichtigten Verfahren.

Mit etwas weniger und aus Gründen der Klarheit so- wie der Verständlichkeit der Sprache hätte man das Begehren der Landesregierung auch Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt, das Gesetz zur Förderung der kommunalen Mandatstätigkeit, der Landkreisordnung und des Kommunalwahlgesetzes nennen können.

Vier Bereiche will die Landesregierung geändert wissen. Der erste Bereich bezieht sich auf teilweise Gegebenheiten der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt.

Bezogen auf die zu ändernden Inhalte der Gemeindeordnung ergeht sich die Landesregierung in Gemeinplätzen. Von einer Reform kann ernsthaft nicht die Rede sein. Denn wie ausgeprägt sind die Inhalte, die einer Umgestaltung unterworfen werden sollen?

Die Landesregierung antwortet wie immer selbst, stellt die Durchführung einer Kommunalreform in Aussicht und wird nach ihrer Neigung wie gehabt im Vorfeld experimentieren. Maßgabe, Zielrichtung und Regelungsbedarf werden nicht fixiert. Was bleibt dann aber noch an Vorgaben? Die Fragezeichen werden immer Fragezeichen bleiben und größer werden.

Eine Reform wird der anderen Reform folgen, aus den Reformen werden Reformen, die wiederum reformiert werden.

Das, was die Landesregierung nunmehr geregelt wissen will, hätte sich nicht in einer Zwischenreform, sondern im Rahmen einer echten Reform gestalten können.

Entschließt sie sich aber zu einem anderen Vorhaben, bedürfen redaktionelle Änderungen von Normen keines Vorschaltgesetzes. Inhaltliche Veränderungen sind aber in diesem so genannten Vorschaltgesetz kaum enthalten - auch nicht nach der Beschlussempfehlung des zeitweiligen Ausschusses Funktional- und Verwaltungsreform/ Kommunale Gebietsreform.

Auch tangiert die beabsichtigte Änderung der Landkreisordnung nach wie vor Artikel 31 des Grundgesetzes und lädt geradezu ein, den Gang zum Verfassungsgericht zu machen.

Die Landesregierung erkennt zwar das Problem, doch sie trägt nicht zur Lösung des Problems bei. Sie mag daher zunächst Klarheit über die künftige Landesorganisation und Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen schaffen, bevor sie in die Autonomie der Gemeinden eingreift und künstliche Gebilde schafft, die nicht von Bestand sein können.

Leitbilder, Programme, Modernisierung - all das sind Gemeinplätze, die überall und nirgends hinpassen. Nur lösen sie kein Problem. Damit schlägt die Landesregierung den Esel und meint den Kutscher.

Auch die Beschlussempfehlung des zeitweiligen Ausschusses Funktional- und Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform findet nicht die Zustimmung der Frak- tion der FDVP.

Für die PDS-Fraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau Theil.

Verehrte Präsidentin! Werte Damen und Herren Mitglieder des Landtages! Die Verabschiedung des Ersten Vorschaltgesetzes zur Kommunalreform ist nach der Vorstellung des Leitbildes zur Funktional- und Verwaltungsreform durch unseren Innenminister zum jetzigen Zeitpunkt unabdingbare Voraussetzung in Vorbereitung der Bürgermeister- und Landratswahlen im nächsten Jahr. Meine Formulierung schließt die Kandidatur von Frauen für diese Ämter selbstverständlich mit ein.

(Zustimmung bei der PDS)

Dass wir für die parlamentarische Beratung dieses Gesetzentwurfs sehr wenig Zeit zur Verfügung hatten, bedeutet jedoch nicht, dass die Mitglieder des Landtages nicht Gelegenheit hatten, sich mit dem Inhalt aktiv auseinander zu setzen.

Zwei Themenkomplexe standen für die PDS-Fraktion während der Beratung im Vordergrund: erstens die weitere Ausgestaltung der Ortsschaftsverfassung sowie zweitens die klare Entscheidung zur Neubildung von Landkreisen und zur Änderung von Kreisgrenzen.

Zur Ortsschaftsverfassung vertreten wir die Auffassung, dass dieses Instrument, welches in hohem Maße den Ortschaftsräten Mitwirkungs- und Mitspracherechte für eigene Angelegenheiten einräumt, den Entscheidungsträgern in dieser Reform mehr Gestaltungsmöglichkeiten in die Hand gibt und ihnen gesetzlich verbriefte Entscheidungsspielräume garantiert.

Je besser das Ortsschaftsrecht ausgestaltet ist, umso eher sind selbstständige Gemeinden bereit, Zusammenschlüsse vorzubereiten und einzugehen. Mit dem Wegfall des pflichtigen Bürgerentscheides erachten wir es als notwendig, die Zweidrittelmehrheit der Gemeinderäte zur Beschlussfassung über eine Gebietsänderung festzuschreiben.

Im ersten Moment der Betrachtung mag das von einigen als Hemmschuh für eine Entscheidung zu einer Reform ausgelegt werden. Im Umkehrschluss erweist sich diese Festlegung zur deutlichen Mehrheitsbildung im Gemeinderat für die im Gesetz festgeschriebene Bürgeranhörung als vorteilhaft, da sie die Verantwortung auf breite Schultern verteilen kann.

Die erste Erfolgsmeldung eines Zusammenschlusses ist in dieser Woche bereits durch die Medien gegangen. Herr Dr. Püchel, ich lese mit Erstaunen in der „Volksstimme“ vom 10. Oktober, dass die Einheitsgemeinde im Leitbild das Prä für Sie hat.

Ich möchte Sie an das Protokoll über die Ergebnisse einer Beratung am 28. August dieses Jahres erinnern. Dazu gab es eine Erklärung vor den Medien. Das Leitbild wird durch die Gesetze ausgestaltet, welche im Landtag zu beschließen sind.

Für eine solche Entscheidung ist jedoch die Verabschiedung des Zweiten Vorschaltgesetzes wichtig; denn erst

darin reden wir von Gemeinde- und Kreisgrößen sowie von Größen zukünftiger Verwaltungsgemeinschaften.

Erheblicher Bearbeitungs- und Beratungsbedarf ist festzustellen. Denn wenn wir von Chancengleichheit zweier Modelle in der unteren Verwaltungsebene reden, müssen wir für die freiwillige Phase auch für das Modell „qualifizierte Verwaltungsgemeinschaft“ im Zweiten Vorschaltgesetz klare Aussagen treffen.

(Zuruf von Herrn Hoffmann, Magdeburg, SPD)

- Sie sind nicht der Meinung, Herr Hoffmann?

Zu empfehlen ist, in allen Gemeinden unseres Landes die freiwillige Phase zu nutzen, um in die Vereinbarungen und Eingemeindungsverträge alle Vorstellungen für ein zukünftig gut funktionierendes Verwaltungsmodell einzubringen. Diese Vereinbarungen sind rechtlich und juristisch sauber und somit unantastbar miteinander zu beschließen.

In Bezug auf das Ortschaftsrecht sind die Fragen der unterschiedlichen Hebesätze der Gemeinden für die Erhebung der Grundsteuern A und B und der Gewerbesteuer offen geblieben. Die Klärung der Problematik „Straßenausbaubeitragssatzung - wiederkehrende und Einmalbeiträge“ sowie der dazu von den Gemeinden unterschiedlich festgelegten prozentualen Beteiligung der Grundstückseigentümer ist ebenfalls offen geblieben.

Hierzu gibt es eine Erklärung des Innenministeriums, welche protokollarisch festgehalten ist und die Aussage trifft, dass beide Probleme einer Verordnung der Landesregierung bedürfen und diese durch das Innenministerium erarbeitet wird.