(Frau Dr. Sitte, PDS: Wir haben auch Bürger- meister; die kommen nicht zu den gleichen Schlußfolgerungen!)
In diesem Zusammenhang verweise ich auf die interessante „MZ“-Umfrage vom 3. März 2000, die deutlich macht, daß die Bürger, auch wenn sie PDS wählen, keine Polizei wollen, die sich lediglich als zahnloser Tiger mit der Kriminalitätsbekämpfung befassen kann,
auch PDS-Wähler nicht, Frau Dr. Sitte. Dort hinten sitzt die Bürgermeisterin aus Droyßig. Fragen Sie sie einmal. Sie wird Sie schon darüber belehren, wie es draußen aussieht, selbst auf dem Land, im Altkreis Zeitz.
Nun möchte ich auf Sie, Herr Gärtner, zu sprechen kommen. Es ist, möchte ich sagen, schon eine Ironie des Schicksals, daß Sie sich jetzt zum Gralshüter unserer Grundrechte aufschwingen.
Es ist aber geschickt gewählt, daß man Sie als jungen Knaben, der damals, als die DDR ins Grab schied, noch Pampers umhatte,
jetzt in die Schlacht geworfen hat. Denn sonst wären diese Äußerungen unverantwortlich gewesen, sage ich Ihnen.
Denn Sie sind es ja und Ihre Vorgänger, die den Rechtsstaat mit Füßen getreten haben und jetzt sagen: Wir bewegen uns auf einem Grat zwischen Sicherheit und dem Grundrecht. Das kann man gar nicht anhören. Bei Ihnen habe ich es noch angehört, weil es eigentlich Ihrer Jugend nachzusehen ist.
Spätestens nämlich - das werden Sie zugeben, Herr Gärtner - mit dem Wegfall der Grenzkontrollen, Ihrer eigenen Kontrollen, besteht in Europa dringender Handlungsbedarf für eine Anpassung der polizeilichen Befugnisse an die veränderten Sicherheitserfordernisse im Lande. Wir können eben nicht mehr mit den polizeistrategischen Rechtsvorschriften des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts, die vom „Zustandsstörer“ und „Handlungsstörer“ sprechen, diese organisierte, über Länder hinwegbrausende Kriminalität bekämpfen. Das sollten Sie endlich einmal begreifen.
Es geht doch nicht darum - insoweit haben Sie recht, Herr Gärtner; das haben heute auch schon andere gesagt, der Minister hat darauf hingewiesen -, daß die Kriminalität zurückgegangen ist. Dies hängt zum Großteil mit dem Rückgang der Diebstahlkriminalität zusammen. Und das wiederum ist eine Folge der verbesserten elektronischen Sicherheitseinrichtungen vor allen Dingen bei Kraftfahrzeugen. Das begrüßen wir.
Aber das, was uns bewegt, ist doch etwas ganz anderes. Das ist diese organisierte, von uns nicht mehr beherrschbare Kriminalität. Es reicht eben nicht mehr, daß der Ortsschulze durch die Gassen geht und nach rechts und nach links schaut, ob alles in Ordnung ist. Es ist doch jetzt viel mehr, was uns quält. Es ist die ganze organisierte Kriminalität, es ist die Rauschgiftkriminalität, es ist das überproportionale Anwachsen der extremistischen Straftaten.
Es bekümmert uns doch, wenn wir feststellen müssen, daß Halle und Magdeburg nach wie vor zu den in der Bundesrepublik Deutschland am meisten von Kriminalität bedrohten Großstädten gehören. Das bekümmert uns doch. Darüber können wir doch nicht einfach hinwegschauen.
Genau deshalb richten sich die von der CDU geforderten verbesserten polizeilichen Befugnisse nicht gegen den Eierdieb. Der ist vielleicht sogar ein ganz netter Mensch. Die Vorschläge dienen vielmehr einer verbesserten Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität, der, wie ich schon sagte, organisierten Kriminalität, der Drogenkriminalität und des Extremismus.
Nahezu alle Länder - der Minister hat darauf hingewiesen - haben bereits vergleichbare Regelungen in das Polizeirecht eingefügt, unabhängig übrigens von dem Parteibuch, das die Minister in ihrer Tasche tragen. Um so bedauerlicher ist es, daß die Novelle des Polizeirechtes in unserem Lande infolge des Tolerierungs-modells
Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, wenn Sie die Sicherheit auf dem Altar des politischen Machterhaltes opfern wollen, dann, muß ich sagen, gehen Sie einen sehr gefährlichen Weg.
Ich erinnere daran, daß die SPD-Fraktion bereits im September 1999 die Eckpunkte mit großer Mehrheit beschlossen hat. Dennoch äußerten Sie, Herr Bullerjahn, damals öffentlich, ob es in dieser Legislaturperiode überhaupt zu einer Änderung des Polizeirechts komme, stehe dahin. Und Sie, Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Fikentscher, haben gesagt: Wir sind doch nicht so naiv zu glauben, daß zu Weihnachten der Haushalt mit der PDS und zu Ostern das Polizeigesetz mit den Stimmen der CDU beschlossen wird.
- Darum geht es doch gar nicht. Wir wollen es doch. Sie nehmen die Sache nicht ernst. Das muß ich Ihnen zum Vorwurf machen. Sie nehmen sie einfach nicht ernst.
Ich erinnere an die Umfrage der „MZ“ vom 3. März. Daraus geht hervor: Es gibt PDS-Wähler, die wollen sogar noch mehr als die CDU. Das haben Sie offensichtlich noch gar nicht gelesen, Herr Gallert.
Der Herr Ministerpräsident hat sich erst, nachdem der Herr Innenminister schließlich, geradlinig wie er ist, mit seinem Rücktritt drohte, voll hinter seinen Innenminister gestellt. Was für ein Glück, kann ich nur sagen, daß der Innenminister so hart geblieben ist.
Dieses politische Ränkespiel hat den Änderungen unseres Polizeigesetzes alles andere als gutgetan. Vergleichen wir nämlich die Forderung der SPD-Fraktion vom September 1999, die damals beschlossen wurde, mit dem, was im Februar in der „Volksstimme“ stand, und mit dem, was uns jetzt schließlich mit dem Gesetzentwurf vorgelegt wurde, dann müssen wir bedauerlicherweise feststellen, daß die gegen die Kriminalität gerichteten Vorschläge im Laufe der Zeit zu stumpfen Schwertern geworden sind, allein durch dieses politische Pokerspiel.
Herr Ministerpräsident - Sie sind gerade beim Schreiben, aber ich möchte es Ihnen trotzdem sagen -, insofern war es auch nicht sehr gut, daß Sie erklärt haben: Änderungsanträge zum Regierungsentwurf werden grundsätzlich abgelehnt. Sie haben schon einmal bei der Debatte zur Verwaltungsreform gesagt: Was wollt ihr
Ich meine einfach, es gehört etwas mehr Sensibilität hierher. So springt man mit der Opposition nicht um; denn die Opposition, Herr Ministerpräsident, macht sich auch ihre Gedanken und steht auch, wie die Regierung, auf dem Boden des Rechtsstaates.
Es bleibt festzuhalten, daß sowohl der Gesetzentwurf der CDU als auch der jetzt von der Landesregierung eingebrachte Gesetzentwurf dieselbe Zielrichtung verfolgen. Die Lösungen für die gemeinsamen Zielstellungen sind jedoch von unterschiedlichen Philosophien getragen.
Während im Regierungsentwurf ein gewisses Mißtrauen gegenüber polizeilichen Eingriffsmaßnahmen zu verspüren ist, räumt die CDU in ihrem Entwurf der Polizei sehr viel weitergehende Handlungsermächtigungen ein. Aber beide Entwürfe, die dem Parlament jetzt vorliegen, dienen dem nämlichen Ziel; das ist entscheidend.
So braucht beispielsweise die Polizei gerade zur Bekämpfung der Schwerkriminalität umfassende Befugnisse für verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollen; der Herr Innenminister hat schon davon gesprochen. Daß derartige Kontrollbefugnisse nicht zur Verfolgung jeglicher Straftaten mißbraucht werden dürfen, ergibt sich doch schon - Herr Gärtner, nun komme ich noch einmal auf Sie zu sprechen - aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Jeder kleine Polizeischüler weiß, was darunter zu verstehen ist. Danach müssen nämlich die Polizei- und Ordnungsbehörden von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen Maßnahmen treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
Es ist deshalb aus der Sicht der CDU beispielsweise nicht richtig, lagebildabhängige Kontrollen von vornherein nur auf Bundesstraßen zu beschränken und Landstraßen davon gänzlich auszunehmen. Wir befürchten dadurch eine Verdrängung auf andere Verkehrswege.