Weder qualitativ noch quantitativ handelt es um eine Randgruppe, sondern um eine tief in der Gesellschaft verwurzelte Szene, die aus einer breiten Jugendkultur besteht und die, insbesondere wenn sie die Dominanz in einem Stadtteil oder einem Ort hat, nur bekämpft werden kann, wenn insgesamt das gesellschaftliche Klima auf kommunaler Ebene verändert wird. Nicht nur in Wurzen sehen wir, wie schwer dieses Unterfangen ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Akzeptierende Jugendarbeit leistet rechten Tendenzen in der Gesellschaft Vorschub. Der gesellschaftlich akzeptierte und rassistisch geförderte Konsens wird nicht problematisiert. Das Problem des Rechtsextremismus wird zu einem Problem der Auffälligkeit. Für die Sozialarbeit ist der einzelne auffällige Jugendliche problematisch, aber nicht dessen rechte Auffassungen.
Ebenso hat die pädagogische Fachöffentlichkeit kaum je auf Grenzen von Jugendarbeit hingewiesen, was suggeriert, daß die rechte Orientierung von Jugendlichen ein mit Mitteln der Pädagogik lösbares Problem sei. Damit tritt Sozialarbeit an die Stelle der Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen fördert die gesellschaftliche Akzeptanz gewaltbereiter, rechter, sexistischer und rassistischer Orientierungen; sie verhilft ihnen zum Normalfall. - Es blinkt leider schon.
(Herr Büchner, DVU-FL: Ihr Kommunisten seid es, die für Gewalt sind! Es muß nicht jeder Kom- munist sein!)
- Alles klar. - Herr Scharf, ich möchte noch einmal ganz kurz darauf hinweisen, daß im Verfassungsschutzbericht der „Brunnen“ erwähnt und ausgeführt wurde, daß rechte Bands wie „Elbsturm“ oder die „Deutschen Patrioten“ - -
(Herr Dr. Bergner, CDU: Wenn Sie nachfragen, wer da alles erwähnt wird, kommen uns noch ganz andere Institutionen in den Blick!)
- Herr Dr. Bergner, ich habe gerade mit Ihrem Kollegen Herrn Scharf gesprochen, weil wir auch auf Magdeburger Ebene miteinander zu tun haben
Im „Brunnen“ haben jahrelang die rechten Bands „Elbsturm“ und die „Deutschen Patrioten“ Proben durch- geführt, ohne daß jemand eingeschritten ist.
Die PDS-Fraktion lehnt die Diskussion um den „Brunnen“ mittlerweile ab. Ich finde es richtig, daß er geschlossen wurde. Wir werden dem Antrag und auch dem Änderungsantrag nicht zustimmen. - Danke.
Meine Damen und Herren! Wegen der vielen Zwischenrufe frage ich, bevor die Einbringerin noch einmal das Wort erhält, ob es weitere Diskussionsbeiträge gibt. - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann hat Frau Wiechmann für die einbringende Fraktion noch einmal das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz kurz vorab. Es ist fast überhaupt nicht der Mühe wert, auf Ihre Beiträge, Herr Bischoff und Frau Ferchland, einzugehen.
Bloß an Sie gerichtet, Herr Bischoff, das eine: Es geht um unsere Jugendlichen - Herr Scharf hat es auch noch einmal deutlich gesagt -, und es geht tatsächlich um Ausgrenzung. Sie haben den „Knast“ erwähnt, Sie haben die Autonomen erwähnt. Ich persönlich fühle mich manchmal auf der Straße von Autonomen auch bedroht.
Es geht um die Einbeziehung der Jugendlichen in unsere Gesellschaft und um nichts anderes. Das sollten Sie, wenn Sie das alles einmal nachlesen oder recherchieren, vielleicht auch begreifen.
Frau Ferchland, eines habe ich sehr wohl von Ihnen vernommen - ich weiß, daß Sie im Verfassungsschutzbericht auch erwähnt sind, nicht Sie persönlich, aber Ihre Partei -: Diese Gruppe muß bekämpft werden.
Das haben Sie zwar nicht wörtlich gesagt, aber Sie haben davon gesprochen, diese Gruppe zu bekämpfen. Das habe ich schon sehr deutlich aufgenommen. Das entspricht genau der Intention Ihrer Partei: Alles, was nicht Ihrer Meinung ist, muß bekämpft werden oder umgedreht werden, oder Meinungen müssen aufoktroyiert werden.
(Beifall bei der FDVP - Frau Ferchland, PDS: Faschistische Ideologie muß bekämpft werden, Frau Wiechmann!)
Dagegen wenden wir uns ganz entschieden. Deswegen sind wir gegen die Ausgrenzung von Leuten, die eben zum Beispiel nicht so denken wie Sie. Wir beziehen Sie doch auch in diese Gesellschaft ein, Frau Ferchland, obwohl wir anders denken.
Trotzdem noch einmal, meine Damen und Herren: Wenn von Linksextremismus oder von Rechtsextremismus die Rede ist, dann spielt dabei immer Gewalt eine Schlüsselrolle. Ich will das ganz kurz begründen.
Die damalige CDU-Bundesregierung unter Helmut Kohl hat deshalb eine Offensive gegen Gewalt und jede Form
von Extremismus beschlossen. Da die Bundesregierung im Kampf gegen Extremismus und Gewalt aber nur beschränkte Möglichkeiten hat, wurde beschlossen, die Bundesländer aktiv in diese Anti-Gewalt-Kampagne einzubeziehen.
Wir als Freiheitliche Deutsche Volkspartei - das will ich ausdrücklich noch einmal betonen; hören Sie gut zu, Frau Ferchland - distanzieren uns ausdrücklich von Gewalt und von jeglicher Form von Extremismus. - Herr Bischoff, Sie sollten auch noch einmal ganz genau zu- hören, bevor Sie wieder etwas anderes behaupten.
Wir begrüßen daher natürlich auch die Anti-GewaltOffensive, ausgehend von der damaligen Bundesregierung, die in dieser Form, zumindest bis zum Jahr 1996, in einer Berichterstattung über die landeseigenen Maßnahmen an die Bundesregierung und vor allem auch an die Länderregierungen fortgeschrieben wurde.
Unter der damaligen Federführung der CDU hat sich die Landesregierung nicht nur zum Agag, zum Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt des damaligen Bundesministeriums für Frauen und Jugend, bekannt, sondern darüber hinaus ein eigenes Landesprogramm „Jugend und Gewalt“ aufgelegt. Zitieren wir ganz kurz vielleicht noch die damalige CDU-Fraktion:
„In Sachsen-Anhalt wurden jeweils Projekte für rechts- und linksorientierte Jugendliche aufgebaut. Es zeigte sich, daß viele Jugendliche nur deshalb auffällig wurden, weil häufig selbst ein- fache jugendgemäße Treffpunkte fehlten.“
„Es konnten jugendgemäße Treffpunkte eingerichtet werden, die dazu beigetragen haben, daß junge Menschen eben wieder eine Orien- tierung finden.“
In Magdeburg wurden die gemeinsamen Bemühungen von Kirche, Politikern und Stadt hinsichtlich der Bereitstellung von Räumlichkeiten für links- und rechtsorientierte Jugendliche - Sie nannten den „Knast“ und den „Brunnen“ - und insbesondere der soziale Einsatz der dort beschäftigten Streetworker entsprechend gewürdigt.
Damit, meine Damen und Herren, - Sie haben es selber noch einmal gesagt, Herr Scharf - hat sich die CDU eindeutig hinter dieses Jugendprojekt „Brunnen“ gestellt. Wir gehen deshalb auch heute davon aus und hoffen auf eine Zustimmung seitens der CDU-Fraktion zu unserem Antrag.
Trotz der fortgeschrittenen Zeit wollte ich eigentlich noch kurz das Innenministerium zitieren; es ist mir leider nicht möglich. Aber ich will Ihnen ganz kurz sagen, daß auch das Innenministerium und die Konferenz der Innenminister und Innensenatoren sich für diese Präventivmaßnahmen eingesetzt haben.
Meine Damen und Herren! An die von der Schließung ihrer Begegnungsstätte in Magdeburg-Nord betroffenen 50 Jugendlichen wie auch an viele andere betroffene Jugendliche in unserem Bundesland möchte ich trotz dieser merkwürdigen Diskussionsbeiträge noch einmal den Appell richten - ich möchte den Appell auch an alle Jugendlichen richten -, trotz berechtigter Wut auf jegliche Gewaltanwendung zu verzichten. Ich sage es einfach mal so: Laßt euch nicht provozieren; denn das ist vielleicht sogar gewollt.
Wir werden uns weiter für alle, insbesondere natürlich auch für die rechtsorientierten Jugendlichen in unserem Lande einsetzen und uns in dieser Sache, als Fraktion auch öffentlich protestierend, direkt an die Bundesregierung wenden.
Wir haben ferner - das möchte ich Ihnen hiermit mitteilen - eine Unterschriftensammlung für die Wiedereröffnung dieses Jugendzentrums initiiert. Ich möchte dieses Podium dazu nutzen - die Jugendlichen haben weit über 400 Unterschriften für den Erhalt dieses Zentrums gesammelt -, diesen Jugendlichen unseren herzlichsten Dank für genau diese friedliche und höchst demokratische Aktion auszusprechen.
Ihnen darf ich natürlich sagen, daß das an dieser Stelle nur der Anfang ist. Ich möchte dem Herrn Ministerpräsidenten im Anschluß an meinen Beitrag diese Unterschriftensammlung überreichen.
Ganz kurz noch zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion. Unser Antrag reibt sich nicht am Antrag der CDUFraktion, Herr Scharf, da das Anliegen und das Ziel gleich sind. Die Formulierungen sind eher Nebensache, denke ich; die Initiative der FDVP zu den Bemühungen um den Erhalt dieses Jugendclubs kann auch damit unterstützt werden. - Ich danke Ihnen.
Herr Ministerpräsident, ich möchte Ihnen im Namen der Jugendlichen diese Unterschriftenliste überreichen.
(Beifall bei der FDVP - Die Abgeordnete über- reicht Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner ein Schriftstück)
Meine Damen und Herren! Damit ist die Debatte abgeschlossen, und wir kommen zum Abstimmungsverfahren.
Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion in der Drs. 3/2963 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt worden.
Wir stimmen dann ab über den ursprünglichen Antrag der FDVP - - Entschuldigung. Bitte, Frau Wiechmann.