Protocol of the Session on April 6, 2000

Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich die Leute, die zum Beispiel im Wirtschaftsministerium täglich mit dem Förderfonds arbeiten, nicht ab und zu verdutzt die Augen gerieben und gefragt haben: Was steht denn hier drin?

Herr Scharf, kommen Sie bitte zum Ende.

Ja, ich beende jetzt meine Rede. - Ich kann mir nicht vorstellen, daß angesichts so vieler Landesbediensteter dieses Wissen bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Landesrechnungshof dies gemerkt hat, nicht präsent gewesen sein soll, dies keinem aufgefallen sein soll. Darüber werden wir uns im Ausschuß noch sehr detailliert unterhalten müssen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der DVU-FL)

Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht Herr Dr. Fikentscher.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn irgendwo ein Fehler geschieht, der als schwerwiegend angesehen werden kann, dann ist das kritikwürdig, und dieser Kritik schließen wir uns an. Das hat auch der Herr Finanzminister selbst gesagt.

Wir begrüßen es, daß die erste Gelegenheit, die sich heute, allerdings mehr durch Zufall, ergeben hat, genutzt worden ist, um vor dem Hohen Hause zu erläutern, wie es dazu gekommen ist, und eine Erklärung dazu abgegeben wurde; denn das Budgetrecht ist schließlich - ich darf daran erinnern - das erste und vornehmste Recht dieses Hauses. Also geht das auch das ganze Haus an.

Über die Einzelheiten wird ohne Zweifel im Finanzausschuß noch zu beraten sein, und das ist auch gut so.

Ich glaube aber, man muß von vornherein zwischen einem Fehler und einer Fälschung, die unterstellt worden ist, unterscheiden. Bei einer Fälschung setzt man voraus, daß es ein absichtlicher Fehler ist, um ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Ich glaube nicht, daß es möglich ist, 100 Millionen DM in diesen Haushalt einfach hineinzuschmuggeln und davon auszugehen, daß das niemandem und nirgends und zu keiner Zeit auffällt.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank - Herr Remmers, CDU: Das ist aber aufgefallen!)

Ich glaube also, daß dies keine weitreichende Absicht gewesen sein kann; denn niemand ist so naiv, zu meinen, 100 Millionen DM würden plötzlich irgendwo herkommen und das würde, bei welcher Prüfung auch immer, durchgehen.

Insofern ist es auch verwunderlich, daß das so lange nicht aufgefallen ist. Wer zuerst einen Fehler bemerkt, der sollte es sagen. Und wenn dieser Fehler zu beseitigen ist, dann muß man ihn gleich beseitigen. Wenn schon eine Öffentlichkeit hergestellt ist, muß man dies auch in der Öffentlichkeit diskutieren. Insofern ist das völlig in Ordnung.

Was mich allerdings etwas verwundert - vielleicht wird das im Finanzausschuß zu klären sein -, ist folgendes: Im Brief des Landesrechnungshofes heißt es: „Der Landesrechnungshof erwartet, daß das Ministerium der Finanzen die im Endausdruck des Haushaltsplanes 2000 vorgenommene Darstellung korrigiert.“ - Zu dieser Korrektur hätte man das Finanzministerium sicherlich sehr schnell veranlassen können.

Dann kommt aber der zweite Satz: „Alternativ“ - also wenn die das nicht können oder nicht wollen oder wie auch immer - „könnte ein entsprechender Beschluß des für den Haushalt zuständigen Ausschusses des Land- tages herbeigeführt werden.“

Ich frage mich also, warum nicht der Versuch unternommen worden ist, die erste angebotene Alternative in die Tat umzusetzen, und warum man gleichzeitig eine zweite Alternative anbietet und das Ganze nebeneinander in die Öffentlichkeit trägt.

(Herr Gürth, CDU: Das ist die Methode „Haltet den Dieb“!)

Vielleicht kann über diese Frage im Finanzausschuß auch noch einmal gesprochen werden. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Fikentscher, der Abgeordnete Herr Remmers hat eine Frage. Sind Sie bereit, diese zu beantworten?

Bitte, Herr Remmers.

Herr Kollege Fikentscher, nur eine Frage, weil ich mich als Strafverteidiger gelegentlich auch mit dem Problem des Dolus directus auseinandersetzen muß, nämlich mit der Frage, ob etwas mit direktem Vorsatz geschehen ist.

Würden Sie mir zustimmen, daß es so gut wie ausgeschlossen ist, daß es sich hier um einen Druckfehler oder um etwas Ähnliches handeln kann, wenn auf der Seite 4, auf der Seite 5 und auf der Seite 8, auf unterschiedlichen Seiten, ein in sich stringentes Modell - 100 Millionen DM vorn mit Begründung, auf der nächsten Seite als Randvermerk und auf der letzten Seite mit Tilgungssystem - aufgetragen wird? Ich würde mich jedenfalls außerstande sehen, einem Gericht klarzu- machen, daß dies nicht vorsätzlich geschehen sei.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDVP und bei der DVU-FL - Frau Stange, CDU: Ge- nau!)

Ein Druckfehler in dem herkömmlichen Sinn, daß jemand zwei Wörter verwechselt oder einen Dreher auf der Schreibmaschine hat, kann das natürlich nicht sein. Das steht fest.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Danke!)

Wie das aber im einzelnen hineingekommen ist, muß mit denjenigen, die dafür letztlich auf der Arbeitsebene verantwortlich sind, geklärt werden.

(Zuruf von Herrn Remmers, CDU)

Ich kann nur wiederholen: Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, ich halte es sogar für ausgeschlossen, daß auf der politisch verantwortlichen Ebene jemand gemeint hat, auf diese Weise irgendwo 100 Millio- nen DM unterbringen zu können, ohne daß das auffällt.

(Zustimmung bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Dies halte ich für ausgeschlossen. Das würde ja heißen, daß man allen, die sich mit den Finanzen beschäftigen, einschließlich der Kontrollbehörden, zutraut, daß sie sich mit dem Haushalt, nachdem er gedruckt ist, nie wieder beschäftigen. Das zu unterstellen, glaube ich, wäre naiv. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank)

Danke sehr. - Für die Fraktion der FDVP spricht die Abgeordnete Frau Wiechmann. Bitte, Frau Wiechmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion hat von diesem Vorfall heute früh aus der Zeitung erfahren. Das muß ich so sagen. Ein Brief liegt mir momentan noch nicht vor. Vielleicht ist er auf der Post irgendwo hängen geblieben, so daß ich ihn nicht habe. Das kann ja sein.

Nichtsdestotrotz ist es ein ungeheuerlicher Vorfall, wenn ich nach den Zeitungsmeldungen gehe. Wir wissen aber alle, daß das, was in der Zeitung steht, nicht unbedingt stimmen muß. Deswegen ist es auch für uns äußerst wichtig, daß im Finanzausschuß über diese Dinge beraten wird.

Ich habe natürlich Ihre Äußerungen, Herr Minister Gerhards, gehört. Nach dieser Zeitungsmeldung und nach dem, was ich bis jetzt gehört habe, ist es für mich so gut wie ausgeschlossen, daß es sich hier wirklich nur um einen Druckfehler und um einen Fehler

Ihrerseits handeln kann. Ich meine, eine Ausweisung mit Titel, mit Erläuterungen und mit allem, was dazu gehört, und das auch noch auf verschiedenen Seiten, wie ich gehört habe, dürfte schwerlich - aber das sind alles nur Vermutungen - auf einen Druckfehler zurückzuführen sein.

Ich denke, der Finanzausschuß wird in der Mittagspause das erstemal darüber beraten. Das wird nicht das letzte Mal sein. Sollte sich herausstellen, daß es sich hierbei tatsächlich nicht um einen Druckfehler, sondern möglicherweise sogar um Vorsatz handelt, sollte nicht nur über persönliche Konsequenzen des Finanzministers nachgedacht werden, sondern über mehr. Es könnte diesbezüglich sicherlich auch eine Strafanzeige oder ähnliches geben. - Danke sehr.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Die Fraktion der PDS hat auf einen Beitrag verzichtet. Oder?

(Frau Dr. Sitte, PDS: Kein Bedarf!)

Bitte, Herr Professor Dr. Trepte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Förderfonds Sachsen-Anhalt ist schon immer eine sensible Angelegenheit gewesen. Wir bedauern, daß diese Debatte stattfindet, bevor im Finanzausschuß detaillierte Fragen gestellt und Antworten gegeben werden konnten. Danach werden wir uns ein Urteil bilden. An dieser Debatte beteiligen wir uns nicht.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Danke sehr. - Eine Frage an die Fraktion der DVU-FL: Herr Kannegießer, möchten Sie sprechen? - Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie so viele habe ich erst heute morgen diesen Artikel bzw. die Information vom Landesrechnungshof bekommen. Es steht mir oder uns als Fraktion nicht zu, ein Urteil zu fällen, wenn nicht alle Parteien einschließlich des Landesrechnungshofes gehört worden sind. Deshalb würde ich mir erst nach der Mittagspause, wenn der Finanzausschuß getagt haben wird, meine Meinung bilden. - Danke.

(Beifall bei der DVU-FL)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Der Minister möchte noch einmal Stellung nehmen. Bitte, Herr Minister Gerhards.

Es tut mir leid, meine Damen und Herren, ich kann Ihnen das nicht ersparen.

Erstens. Was hier stattfindet, ist ein Fabulieren aus der Zeitung, ohne sich Argumente anzuhören. Ich bin Herrn

Trepte sehr dankbar, daß er gesagt hat, wir machen uns erst schlau, bevor wir etwas sagen.