Anmeldung Sachsen-Anhalts zum 29. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“
Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten - Drs. 3/2653
Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau Budde. Eine Debatte ist nicht vorgesehen. Bitte, Frau Budde, Sie haben das Wort.
Danke schön. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Ausschuß lagen der Antrag der PDS-Fraktion
und der Änderungsantrag der SPD-Fraktion, auf denen der Beschluß des Landtages beruhte, zur Beratung vor. Am 16. November 1999 hat die Landesregierung dem Landtag die Anmeldung zum 29. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe zur Beratung zugeleitet, so daß wir auch diese zur Grundlage der Beratung im Ausschuß gemacht haben.
Die vorläufige Beschlußempfehlung wurde vom Ausschuß für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten im November 1999 an die mitberatenden Ausschüsse weitergeleitet. Im Januar 2000 lag dem Ausschuß zu seiner zweiten Beratung allerdings nur die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft vor. Die Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport und des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales haben zu diesem Zeitpunkt gefehlt.
Trotzdem entschloß sich der Wirtschaftsausschuß einmütig, die endgültige Beschlußempfehlung abzugeben, auch deshalb, weil wir ansonsten gar keine Beschlußempfehlung mehr hätten abzugeben brauchen, da die Anmeldungen zum 29. Rahmenplan schon im vergangenen Jahr endgültig gelaufen sind und wir nicht noch weiter hinterherhinken wollten.
Die Vorsitzende des Ausschusses für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport hat mich daraufhin angeschrieben und gebeten, daß wir als Wirtschaftsausschuß beim nächstenmal auf die Dringlichkeit hinweisen mögen, damit die anderen Ausschüsse auch mitberaten können. Wir werden das in Zukunft tun, und ich hoffe, daß damit zumindest dieser Punkt ausgeräumt ist.
Neben den inhaltlichen Punkten, wie die Förderung von Forschung und Entwicklung aus der Gemeinschaftsaufgabe, die vorrangige Förderung der Revitalisierung von altindustriellen Flächen, die Eröffnung der Möglichkeit der Förderung des Erwerbs von gebrauchten Wirtschaftsgütern, die Förderung lohnkostenbezogener Zuschüsse und die Beschäftigungswirksamkeit der Förderung insgesamt, war ein Thema, daß die Landesregierung aufgefordert worden ist - dies finden Sie in der Beschlußempfehlung neben den inhaltlichen Aspekten wieder -, künftig frühzeitig dem Ausschuß die Beratungsunterlagen zuzuleiten und dies möglichst auch ohne Aufforderung, so daß der Ausschuß sein Recht auf Beratung ausüben kann.
Danke sehr. - Eine Debatte ist nicht vorgesehen worden. Ich frage trotzdem nach Wortmeldungen. - Herr Dr. Süß, ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stimmen der Beschlußempfehlung zu, wenngleich wir unsere Forderung nach Schaffung von mehr Arbeitsplätzen mit den sehr umfangreichen Mitteln der Wirtschaftsförderung nach wie vor nur ansatzweise erfüllt sehen.
Dennoch unterstützen wir insbesondere die unter Abschnitt II der Beschlußempfehlung benannten Neuregelungen zur Förderung durch Bezuschussung auf Lohnkostenbasis oder der Humankapitalbildung bei kleinen
und mittelständischen Unternehmen. Wir erwarten, daß das Wirtschaftsministerium die Veränderungen in klare und wirksame Regelungen des Landes zum 29. Rahmenplan umsetzt.
Erneut mache ich darauf aufmerksam, daß nach unserer Auffassung der Grundansatz der Gemeinschaftsaufgabe von Ländern und dem Bund zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur von der realen Entwicklung der Gesellschaft überholt ist und daher im Sinne von mehr Beschäftigungswirkung verändert werden muß.
Nach wie vor wird auch im 29. Rahmenplan von der Annahme ausgegangen, daß sich mit der Schaffung neuer wettbewerbsfähiger Dauerarbeitsplätze oder der dauerhaften Sicherung bestehender Arbeitsplätze durch die Wirtschaftsförderung nach der GA der Bedarf am Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumentarien verringert und daß Arbeitsmarktpolitik die Zeitspanne zwischen dem Zusammenbruch alter und dem Aufbau neuer wettbewerbsfähiger Strukturen überbrückt.
Die Beschäftigungskonzepte setzen somit weiter auf Wirtschaftswachstum zur Sicherung von Beschäftigung. Dies funktioniert seit Jahren nicht mehr. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland hat sich bei steigender Tendenz bei 4 Millionen verfestigt, ebenso die Zahl von 300 000 arbeitsuchenden Menschen in Sachsen-Anhalt, trotz des Einsatzes immens hoher finanzieller Mittel im Rahmen der Wirtschaftsförderung.
Real ist die Beschäftigungslücke weit größer; in Deutsch-land sind knapp 7 Millionen Personen, in Sachsen-An-halt ca. 450 000 Personen arbeitslos.
Offenkundig bewirkt die derzeitige Förderpraxis, nach der die Höhe der Fördermittel als Anteil von der Investitionssumme bestimmt wird, daß Kapitaleinsatz den Arbeitseinsatz verdrängt.
In diesem Zusammenhang darf ich auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion zu Beschäftigungseffekten der Wirtschaftsförderung verweisen. In ihrer Antwort darauf hat die Landesregierung seinerzeit dargestellt, daß im Jahr 1992 für die Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes 38 000 DM Fördermittel aufgewendet wurden; im Jahr 1996 waren es bereits 162 000 DM. Die Großinvestitionen in der Chemie und in anderen Bereichen in den letzten fünf Jahren haben diese Werte weiter anwachsen lassen.
Deshalb haben wir am 22. November des vergangenen Jahres im Wirtschaftsausschuß Forderungen und Vorschläge unterbreitet, die mehr Beschäftigung durch Wirtschaftsförderung, die eine stärkere Förderung von Vorhaben zur Schaffung regionaler Wirtschaftskreisläufe und die eine stärkere Förderung von Arbeitsplätzen für Frauen und von Ausbildungsplätzen für Jugendliche zum Ziel haben.
Es war wiederum dem Umstand geschuldet, daß die Landesregierung dem Landtag ihre Anmeldung zum 29. Rahmenplan erst vorlegte, nachdem diese bereits dem Planungsausschuß von Ländern und Bund übergeben worden war, daß die Anmeldung unter dem Zeitdruck und der Notwendigkeit einer Abstimmung mit anderen Ländern nun nicht mehr umfassend erörtert werden konnte. Gleichermaßen hatten die mitberatenden Ausschüsse nur wenig Möglichkeiten, ihre Vorschläge zu diskutieren und einzubringen.
Wir werden unsere Vorschläge dem Wirtschaftsministerium zuleiten, um eine sachbezogene Diskussion füh
ren zu können, und werden weitere Überlegungen zur Flexibilisierung der Förderpraxis, zum Beispiel in Richtung der Unterstützung innovativer Unternehmen, unterbreiten.
Wir erwarten, daß die Landesregierung gemäß Abschnitt I der Beschlußempfehlung den betreffenden Ausschüssen rechtzeitig ihre Anmeldung zum nächsten Rahmenplan vorlegt, daß sie dem Bund-Länder-Planungsausschuß die nunmehr notwendigen Veränderungen zum 29. Rahmenplan tatsächlich mitteilt und daß diese Empfehlungen dort auch Berücksichtigung finden. - Ich danke Ihnen.
Danke sehr. - Ich frage, ob noch jemand das Wort wünscht. - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren. Wir stimmen über die Beschlußempfehlung in der Drs. 3/2653 ab. Wer sich dieser Beschlußempfehlung anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Damit ist diese Beschlußempfehlung einstimmig angenommen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 4 abgearbeitet.
Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Helmecke. Es ist eine Fünfminutendebatte vorgesehen worden. Nach der Abgeordneten Frau Helmecke wird zunächst die Landesregierung das Wort ergreifen. Ich bitte Frau Helmekke an das Podium. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Forderung nach der stufenweisen Anhebung des Kindererziehungsgeldes möchte ich mit einer kurzen Bevölkerungsprognose beginnen.
Alle demographischen Untersuchungen enden in der Feststellung, daß einerseits die Weltbevölkerung jährlich um 80 Millionen Menschen wachsen und sich andererseits die Einwohnerzahl in Deutschland von derzeit 82 Millionen auf 63 Millionen verringern wird.
Die Zahl der Älteren und Rentner steigt. Dies ist Ausdruck einer höheren Lebenserwartung, die nach Ansicht der Bundesärztekammer in diesem Jahrhundert in Deutschland auf 100 Jahre steigen soll.
Meine Damen und Herren! Wenn das Statistische Landesamt feststellt, daß in Sachsen-Anhalt weniger Menschen geboren werden als sterben - auf zehn Geburten 17 Sterbefälle -, besagt dies auch, daß eine spürbare Geburtensteigerung nicht ausreichend begünstigt wurde. Dies betrifft nicht nur Sachsen-Anhalt, sondern alle Bundesländer.
Der Bevölkerungsrückgang und alle damit verbundenen Probleme, wie zum Beispiel die Preisgabe des Generationenvertrags, setzen Politiker und Gesellschaft unter Handlungszwang, wenn wir nicht wollen, daß die Bevölkerung in nur 40 Jahren um 18,5 Millionen auf 63 Mil
Die Geburtenentwicklung in Europa und insbesondere in Deutschland schreitet im Vergleich zu anderen Staaten mit negativem Beispiel voran. Mit einer Zahl von 1,4 Kindern pro Frau, wobei zu beachten ist, daß die Kinderlosigkeit zunimmt, ist der Generationenersatz schon jetzt um ein Drittel unterschritten. Im Vergleich hierzu hat die amerikanische Durchschnittsfamilie drei Kinder. Dies basiert auf einer größeren gesellschaftlichen Akzeptanz, nicht auf höheren Kindertransferleistungen.
Meine Damen und Herren! Jeder von uns weiß, daß hinter einer wirtschaftlichen Großmacht auch eine demographische Potenz steht. Eben diese droht Deutschland verlorenzugehen. Sozialwissenschaftler diagnostizieren daraus einen Bedeutungsverlust Deutschlands, gemessen am Weltmaßstab.
Nach sozialwissenschaftlichen Studien kann der Bevölkerungsrückgang und der Alterungsprozeß der Bevölkerung selbst mit höheren Wanderungsgewinnen nicht aufgehalten werden. Schon deswegen bekommt die Forderung nach Geburtenzunahme eine wichtige Funktion hinsichtlich der Ausgewogenheit zwischen jungen und alten Menschen.
Wie kann dies erreicht werden? - Ausgehend vom verfassungsmäßig verankerten Schutz in Artikel 9 des Grundgesetzes und von den unterschiedlichen Soziallagen der Familien ist auf Länder- und Bundesebene eine signifikante materielle, ideelle sowie soziokulturelle Aufwertung der Erziehungsleistungen von Frauen und Männern, die Kinder selbständig und verantwortungsbewußt erziehen, vorzunehmen.
Deshalb ist es notwendig, daß sich die Landesregierung in Abstimmung mit den anderen Bundesländern bei der Bundesregierung auf der Grundlage des Bundeserziehungsgeldgesetzes dafür einsetzt, daß das substituierbare Kindererziehungsgeld auf eine Höhe von 800 DM monatlich pro Kind bis zum fünften Lebensjahr und auf 1 000 DM monatlich pro Kind bis zum siebenten Lebensjahr schrittweise bis zum Jahr 2002 angehoben wird.
Um einen Ausgleich zwischen den finanziellen Belastungen und dem Nutzen, den Kinder der Gesellschaft bringen, zu schaffen, soll die Forderung von 1 000 DM monatlich ein Baustein unserer Familienförderungspolitik mit gerechterem Lastenausgleich für Erziehungs- und Betreuungsarbeit sein.
Sie folgt damit der jüngsten familienpolitischen Diskussion, nach der eine Gleichbewertung von Erziehungsund Erwerbsarbeit zur Förderung und Eröffnung kindorientierter Handlungsmöglichkeiten notwendig ist. Wir knüpfen hiermit an einer Stelle der CDU-Familienpolitik an, nach welcher derzeit 600 DM Kindererziehungsgeld bis zum zweiten Lebensjahr gezahlt werden sollen.
Dabei haben wir vor Augen, daß die Unterhaltskosten für Kinder, die sich am Existenzminimum orientieren, von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr bereits vor einigen Jahren auf durchschnittlich 300 000 DM pro Kind geschätzt wurden und sich auch bei weiteren Kindern nur geringfügig ändern. Deshalb ist eine kategorische Umleitung von Ressourcen für junge Familien dringend notwendig. Dies haben wir bereits in der Debatte über die Volksinitiative „Für die Zukunft unserer Kinder“ deutlich gemacht.