Claudia Wiechmann

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Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 hat unsere Fraktion einen zusätzlichen Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Debatte mit dem Thema „Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt - Bleibt SachsenAnhalt ein Land ohne Zukunft?“ beim Landtagspräsidenten beantragt. Der Präsident des Landtages hat die Bitte unserer Fraktion, heute zusätzlich über dieses Thema aktuell zu debattieren, wegen Verfristung abgelehnt.
Der Antrag auf Durchführung dieser Aktuellen Debatte, meine sehr verehrten Damen und Herren, rechtfertigt sich unseres Erachtens aus den erst gestern bekannt gewordenen aktuellen Arbeitsmarktzahlen für das Land Sachsen-Anhalt. Wir konnten die Aktuelle Debatte also denklogisch nur verfristet beantragen. Aber unserer Ansicht nach besteht dringender Bedarf für diese Aktuelle Debatte. Wir halten sie für geboten, um den arbeitslosen Menschen ein Zeichen zu setzen, daß endlich der Landtag reagiert und der Landesregierung mit aller Deutlichkeit in der Aktuellen Debatte klarmacht, daß die Politik endlich Zeichen setzen muß, diesen unhaltbaren Zustand der höchsten Arbeitslosigkeit, nämlich 21,8 %, in Sachsen-Anhalt nicht mehr hinzunehmen.
Die Menschen in Sachsen-Anhalt fragen sich zu Recht, meine Damen und Herren: Was muß eigentlich noch geschehen? Muß die Arbeitslosenquote erst auf 25 oder 30 % ansteigen, wohlgemerkt die offizielle, ehe politisch gehandelt wird?
Ich bitte deshalb an dieser Stelle alle Fraktionen dieses Landtages, auf der Grundlage des § 92 der Geschäftsordnung des Landtages unserem Antrag zu entsprechen, diese Aktuelle Debatte zusätzlich auf die Tagesordnung zu nehmen.
Unsere Fraktion wäre bereit, dieses aktuelle Thema auch im Verlauf der Sitzung, also beispielsweise nach der Mittagspause, zu debattieren, damit allen Fraktionen ausreichend Gelegenheit für eine Vorbereitung gegeben werden kann.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie aufgrund der Dringlichkeit, die sicherlich besteht - Sie alle kennen den aktuellen Zustand, was den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt betrifft -, unserem Antrag zuzustimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:
1. Sind die Polizeivollzugsbeamten des Objektschutzes des Landtages mit Schutzwesten oder mit körperangepaßten Schutzwesten einschließlich Halsschutz ausgerüstet, oder ist eine Ausstattung geplant?
2. Welche Fabrikate werden verwendet oder sollen verwendet werden?
Herr Minister, Sie haben eben bei der Beantwortung der Frage 1 von einer ausreichenden Ausstattung, also von einer ausreichenden Anzahl gesprochen. Das hätte ich gern von Ihnen etwas näher definiert; das ist mir jetzt nicht ausreichend.
Das heißt, Herr Minister, jeder Polizeibeamte hat so eine Schutzweste?
Herr Präsident, wenn ich mich hier umschaue, dann sehe ich, daß sehr wenige Abgeordnete da sind. Ich möchte gern die Beschlußfähigkeit feststellen lassen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie wir nachher einen Beschluß fassen sollen, wenn Abgeordnete bei der Beratung dieses Punktes gar nicht anwesend sind, also im Prinzip nicht
wissen können, worum es geht. Ich beuge mich natürlich der Geschäftsordnung und hoffe, daß die Abgeordneten wenigstens zur Beschlußfassung in der erforderlichen Anzahl im Plenarsaal vertreten sein werden.
Meine Damen und Herren! In der letzten Plenarsitzung bin ich in meiner Rede zur gesetzlichen Einführung einer landesweiten Wohnungsnotfallstatistik ausführlich auf die prekäre, ja lebensbedrohliche Situation der Obdachlosen und speziell auf die der Randschicht der Wohnungslosen eingegangen. Über Begrifflichkeit, IstZustand, Ursachen und Wirkung der unzureichenden Regierungspolitik auf die Ärmsten unserer Gesellschaft kann man in den entsprechenden Protokollen des Landtages ausführlich nachlesen. Ich will daher und weil seit der Plenartagung erst drei Wochen vergangen sind, nicht noch einmal ausführlich auf die bestehende Situation eingehen.
Soviel doch zur Erinnerung: Man muß heute davon ausgehen, daß in Sachsen-Anhalt gut und gern 15 000 Menschen auf der Straße, in Parks und auf öffentlichen Plätzen in absoluter Armut leben. Ich betone es noch einmal: Es handelt sich hierbei um Frauen, Kinder und Männer, alle deutsche Staatsbürger.
Meine Damen und Herren! In den privaten Fernsehsendern werden von Zeit zu Zeit Menschenschicksale vorgeführt. Es handelt sich dabei durchaus auch um Rechtsanwälte und Zahnärzte - um renommierte Berufsgruppen aufzuzählen -, die einmal gutgehende Kanzleien und Praxen betrieben. Doch sie sind gefallen, erst langsam, dann schneller und tiefer.
Ich will damit sagen, daß das schätzungsweise 690 000fache Schicksal, das Menschen in Deutschland derzeit erleiden, jedem von uns widerfahren kann. Wie viele verdienen heute noch gut und sehr gut, verschulden sich oder übernehmen sich morgen finanziell, und schon stehen sie vor dem Abgrund der Wohnungslosigkeit. Meine Damen und Herren! Glaubt man der Boulevardpresse, dann soll das Straßenleben schon pleite gegangene Millionäre ereilt haben.
Wir haben das Thema Obdachlosigkeit von Anfang an Sie wissen das - zu unserem parlamentarischen Auftrag erklärt und es immer und immer wieder angeschnitten und angeschoben, von wiederholten Kleinen Anfragen bis hin zu eingebrachten Anträgen. Das ist das alte.
Das neue jedoch, meine Damen und Herren, sind die Antworten der Landesregierung, die eine gewisse Entwicklung des Problembewußtseins - das gebe ich zu erkennen lassen. Auf diese möchte ich an dieser Stelle etwas näher eingehen.
Am Standpunkt der CDU hat sich leider - jedenfalls bis zur letzten Debatte - nicht sehr viel geändert. Die Obdach- und Wohnungslosen könnten ja zu den Sozialämtern oder, wie Frau Liebrecht einst sagte, zu hilfsbereiten Verwandten und Bekannten gehen und dort um Unterschlupf und Verpflegung betteln. Es gebe genügend leerstehende und bezahlbare Wohnungen. Überhaupt seien die Kommunen für die Bekämpfung der Obdach- und Wohnungslosigkeit zuständig. Darüber hinaus handele es sich in den meisten Fällen um alleinstehende Personen ohne Bindung an Familien, die sich selbst ausgegrenzt hätten.
Wenn man hierbei von der Mehrzahl der Menschen spricht, die sich freiwillig ausgrenzen, dann meint man wohl nicht, meine Damen und Herren von der CDU,
690 000 Menschen in Deutschland oder 15 000 Menschen in Sachsen-Anhalt. Ich denke, so leicht wie Sie, Herr Dr. Daehre, es sich in der letzten Debatte hier gemacht haben, darf man es sich als christlich motivierter Politiker nicht machen. Gerade von Ihnen und von Ihrer Partei hätte ich mir mehr Unterstützung für eine gesetzliche Dokumentation des geschilderten Problems erhofft.
Leider habe ich aber feststellen müssen, daß auch Sie das aber nicht zu Unrecht - sich eines Problems wie der Volksinitiative für die Zukunft unserer Kinder erst dann annehmen, wenn es auf ehernen gesetzlichen Grundlagen steht, nicht vorher. Darum verstehe ich nicht, daß Sie unserem Antrag auf Schaffung der landesgesetzlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Wohnungslosenstatistik nicht zustimmen können.
Wenn Sie, Herr Dr. Daehre, sagen, daß die Statistik überhaupt nichts an den Problemen ändert, dann haben Sie mir entweder in der letzten Sitzung nicht richtig zugehört oder Sie verstehen das Problem nicht richtig. Ich denke aber, daß Sie, Herr Dr. Daehre, vielleicht auch es sind ja immerhin drei Wochen verga ngen
selbstkritisch in sich gegangen sind und daß vielleicht doch ein kleiner Umdenkungsprozeß erfolgt ist.
Freilich - darin stimme ich Ihnen zu - ändert eine Arbeitslosenstatistik oder eine Sozialhilfestatistik oder eben eine Wohnungsnotfallstatistik noch nichts an der Armutsproblematik. Letztere muß aber als gesetzlich verankerte Hilfswissenschaft Aufschluß über das tatsächliche Ausmaß der Wohnungslosigkeit geben, damit alle anderen Hilfsmaßnahmen genau geplant, kalkuliert und wirkungsvoll eingeleitet werden können.
Wie soll der Staat - die Kommunen sind seine Arme, Herr Dr. Daehre - das Problem überhaupt in den Griff bekommen und bekämpfen, wenn er nicht zuverlässige und gesetzlich geschützte Daten über die jeweiligen Problemfelder zur Verfügung hat?
Meine Damen und Herren! Wenn es im Landtag nicht eine gesetzliche Regelung über die Diäten gäbe, dann würde die eine Partei mehr in die Kasse greifen als die andere, und eine dritte bekäme möglicherweise gar nichts.
Wenn schon der gesetzlich wichtige Schutz von Minderheiten, dann bitte auch von Tausenden ohne Wohnung.
Sehr verehrter Herr Dr. Daehre, appellieren Sie nicht an andere, sondern appellieren Sie einfach an Ihr Herz.
Aber zum Glück haben wir in der Sache der Obdachund Wohnungslosen einen echten Verbündeten in diesem Hohen Hause - die PDS.
Es ist zwar sehr bedauerlich, daß Sie sich in der letzten Debatte nicht zur Problematik der Ärmsten äußern wollten. Vielleicht war es Ihnen auch ein bißchen peinlich.
Aber, meine Damen und Herren von der PDS, zieht man einmal die linksextremen Forderungen nach Veränderung unserer demokratischen Gesellschaftsord
nung ab, dann bleibt die Forderung der PDS nach - ich zitiere - „Aufnahme des Rechts auf Wohnen als Verfassungsgrundsatz in das Grundgesetz“ übrig. Nun wollen wir zwar nicht gleich das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ändern - ganz im Gegenteil. Wir wären schon zufrieden, wenn das im kleineren Maßstab, sprich auf Landesebene, geschehen würde.
Wir befinden uns ausnahmsweise, wenn es um die Bekämpfung der Obdach- und Wohnungslosigkeit von abertausenden Frauen, Kindern und Männern geht, mit der PDS-Fraktion im Konsens. Hierbei geht es um die Sache für die Menschen dort draußen in diesem Land Sachsen-Anhalt.
Meine Damen und Herren! Wenn es gelänge, Obdachund Wohnungslose wieder einzugliedern und mit einem polizeilich gemeldeten Wohnsitz zu versehen, dann könnten sich eventuell sogar Linke und Rechte diese 15 000 Wählerstimmen teilen.
Meine Damen und Herren! Noch eines an dieser Stelle klar und deutlich: Wir sind der PDS-Fraktion keineswegs böse, daß sie auf Landes- und Bundesebene schon vor uns Aktivitäten und Initiativen bezüglich der Situation der Obdachlosen und Wohnungslosen gestartet hat. Ganz im Gegenteil, denn das heißt, daß Sie heute unserem Antrag ganz sicher zustimmen werden.
Die weitreichendste Bewußtseinsbildung oder nennen wir es Bewußtseinswandlung hat unseres Erachtens die SPD-Landesregierung vollzogen. Meldete sie sich, als wir unseren Antrag erstmals einbrachten, gar nicht zu Wort, so hat sie letztens ihre Position zur Problematik der Obdach- und Wohnungslosen zu Protokoll gegeben. Dies tat sie sicherlich deshalb, weil die Zeit vor drei Wochen schon recht weit fortgeschritten war.
Wie bereits im Arbeitsmarkt- und Sozialbericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Stand vom Juni 1999 - wir konnten es nachlesen - verweist Ministerin Frau Dr. Kuppe auf die GISS-Studie, mit der zum erstenmal Umfang und Struktur von Wohnungslosigkeit in einem ostdeutschen Bundesland und Strategien zu ihrer Vermeidung und Behebung dargestellt werden. Allein daß eine derartige Arbeit in Angriff genommen wurde, ist unseres Erachtens schon positiv zu bewerten.
Im selben Bericht ist nachzulesen, daß die Arbeitsgruppe „Armut“ bereits über Möglichkeiten einer landesbezogenen Armutberichterstattung diskutiert. Auch das, meine Damen und Herren, werten wir als positiv, denn nichts anderes als eine landesbezogene Armutberichterstattung wollen wir. Das soll selbstverständlich, um mit den Worten der CDU-Fraktion zu argumentieren, auf strenger gesetzlicher Grundlage geschehen.
Die bemerkenswerteste Aussage im Redeprotokoll von Ministerin Frau Dr. Kuppe ist für uns jedoch der Hinweis, daß zwar eine Wohnungsnotfallstatistik eingeführt werden soll, daß aber aufgrund der hohen Kosten und des hohen Aufwandes das Vorhaben derzeit noch nicht bewerkstelligt werden könne. Man höre und staune.
Auf der Grundlage dieses Erreichten - wir sind mit Ihnen, Frau Ministerin Dr. Kuppe, einer Meinung - fordern wir von der Landesregierung ein Notprogramm zur sofortigen Bekämpfung der Wohnungslosigkeit im Land Sachsen-Anhalt.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, bitte verstehen Sie mich nicht wieder falsch. Wir wollen keine
zusätzlichen Wohnungen bauen, denn Wohnungen gibt es möglicherweise genug. Das wissen wir. Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, daß Menschen darin auch Aufenthalt finden können und nicht mehr länger unter der Brücke schlafen müssen.
Die Bedingung für das alles ist aber die gesetzliche Grundlage, auf welcher das genaue, das tatsächliche Ausmaß von Obdach- und Wohnungslosigkeit statistisch analysiert werden kann. Darauf aufbauend soll die Landesregierung mit einem Notprogramm zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit tätig werden.
Daß wir von der Landesregierung, meine Damen und Herren, Aufschluß darüber fordern, was die Einführung der Wohnungslosenstatistik kosten würde, könnten wir unserem Antrag heute anfügen. Aber ich denke, das könnten wir auch in einer zusätzlichen Anfrage tun. Ich gehe davon aus, Frau Ministerin Kuppe wird ausführlich an unsere Fraktion darauf antworten, ehe wir Haushaltsmittel dafür umlenken. Wir hätten auch schon Ideen, woher das Geld kommen könnte.
Nur auf der Grundlage einer gesetzlich verankerten Wohnungsnotfallstatistik können eine nachhaltige Wohnungspolitik, das heißt bedarfsgerechte Wohnungsplanung, Sozialarbeit und wissenschaftliche Ursachenforschung betrieben, können wirtschaftspolitische Konzepte zur dauerhaften sozialverträglichen Wohnungsversorgung erarbeitet werden. Demographische Grunddaten, wie Haushaltsgröße, Alter, Geschlecht, die für eine strenge statistische Repräsentativität Voraussetzung sind, aber auch Angaben über den Umfang und die soziale Zusammensetzung der Wohnungslosen würden dann einbezogen werden können.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren aller Fraktionen, besonders der Fraktion der PDS, aber auch der Fraktion der SPD - wir hatten festgestellt, daß wir Übereinstimmung haben -, um Ihre Zustimmung zur Überweisung unseres Antrages in die Ausschüsse für Finanzen, für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sowie für Arbeit, Gesundheit und Soziales.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Schluß noch einen kleinen Hinweis, vielleicht zur Erinnerung, auf unsere Landesverfassung. In Artikel 40 Abs. 1 heißt es: Förderung menschenwürdigen Wohnraums zu angemessenen Bedingungen - Herr Dr. Daehre - für alle. In Absatz 2 heißt es: Niemand darf obdachlos werden.
Ferner hat die verfassunggebende Versammlung niemals davon gesprochen, daß die Wohnungs- und Obdachlosigkeit ein rein kommunales Problem sei oder in der originären Zuständigkeit der Kommunen liege. Sie spricht vielmehr davon, daß das Land und die Kommunen in die Pflicht genommen sind.
Deshalb richte ich den Appell an die Landesregierung und an Sie alle in diesem Hohen Haus. Ich denke, daß das der richtige Weg ist. In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Daehre, jetzt habe ich das von Ihnen Gesagte verfolgt, und es klingt genau wieder so, wie beim letztenmal - das habe ich so herausgehört -: Sie sind ja alle selber schuld, wenn sie sich nicht bemüht haben. Jetzt soll einmal aufgezählt werden, wer sich denn vergeblich um Hilfe bemüht hat. - Jetzt komme ich wieder auf die Statistik zurück. Genau das könnten wir erforschen und wissenschaftlich nachweisen, wenn wir eine solche Statistik hätten.
Einen Satz will ich noch zu Frau Ministerin Kuppe sagen. Sie hat gesagt: Ihr Standpunkt hat sich seit der letzten Sitzung nicht geändert. Ich habe in meinem ersten Redebeitrag auch kurz dazu Stellung genommen, weil ich das beim letztenmal nicht gehört habe, weil Sie die Rede zu Protokoll gegeben haben und ich es erst nachlesen mußte. Da habe ich gelesen, daß bereits eine Arbeitsgruppe „Armut“ über solche Möglichkeiten einer Armutsberichterstattung diskutiert und über andere Dinge. Jetzt frage ich mich: Warum will eigentlich die SPD den Antrag ablehnen, oder warum sind Sie dagegen? Das müßte doch nun in unser aller Interesse sein.
Wenn Sie diese Situation, die sich da in Halle abspielt ich habe das in der Zeitung gelesen -, die Sache mit dem Iraner, den wohl eine Wohnungsgesellschaft dort nicht wohnen lassen wollte, anbringen, dann ist das sicherlich nicht schön und ich mißbillige das auch. Aber ich vermisse, Frau Ministerin Kuppe, Ihre Betroffenheit
an dieser Stelle, wenn Menschen in Deutschland unter Brücken schlafen. Das verstehe ich nicht, und darüber habe ich heute kein einziges Wort von Ihnen g ehört.
- Frau Lindemann, hören Sie mir einfach zu.
Eigentlich berufe ich mich nicht so gern auf Zeitungsartikel, meine Damen und Herren, schon gar nicht aus der „Mitteldeutschen Zeitung“.
Aber dennoch zitiert sie am 7. Februar 2000 - das ist interessant, meine Damen und Herren - Experten des Deutschen Kinderschutzbundes. Diese erklärten, daß sich bereits 1,1 Millionen Minderjährige unter den insgesamt 2,73 Millionen Sozialhilfeempfängern befinden. Die Tendenz sei steigend, so der Präsident Heinz Hilgers. In Deutschland gebe es bis zu 100 000 Kinder, die auf der Straße lebten, und ihre Zahl dürfte weiter wachsen. Sie finanzierten sich durch Betteln, Drogenhandel und Prostitution.
Auch in Sachsen-Anhalt seien die Jüngsten überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen. Es gebe etwa 24 000 sozialhilfeabhängige Kinder und Jugendliche in Sachsen-Anhalt, und damit sei unser Bundesland wieder einmal - man höre und staune, so neu ist das aber nicht - Negativrekordhalter.
Die Zahlen sind erschreckend, heißt es dort weiter. Niemals zuvor waren in Deutschland mehr Kinder und Jugendliche arm. Niemals zuvor mußten mehr Schülerinnen und Schüler ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, mehr Halbwüchsige ihre Tage auf der Straße ohne Wohnung verbringen.
Jung sein, meine sehr verehrten Damen und Herren, in einem der reichsten Länder der Welt und sich darüber Gedanken machen müssen, wo die nächste warme Mahlzeit herkommt. Leider ist das der eklatanteste Ausdruck verfehlter Sozialpolitik. Da können die PDS-Fraktion und die rot-rote Landesregierung und die sie unterstützende SPD-Fraktion in diesem Hohen Hause noch so schön oder auch gar nicht reden: Es bleibt eine Schande der Gegenwart in Deutschland.
Vielleicht sollten Sie sich, liebe Abgeordnete von der SPD-Fraktion, und Ihre Verbündeten, Ihre De-factoKoalitionspartner von der PDS, - ich mache einmal einen Vorschlag - nicht Pastor Tschiches Verein gegen Rechts für sage und schreibe 1,7 Millionen DM leisten, sondern mit diesen Steuergeldern lieber unseren Straßenkindern eine Zeitlang täglich eine warme Mahlzeit oder vielleicht ein Dach über dem Kopf oder beides geben.
An dieser Stelle - damit möchte ich meinen Beitrag abschließen - möchte ich Sie alle noch einmal um Zustimmung zur Überweisung dieses Antrages in die genannten Ausschüsse bitten. Aber ich sage es trotzdem noch einmal: Danke, Herr Ministerpräsident Dr. Höppner, danke und nochmals danke für die Unterstützung unseres Notprogramms zur sofortigen Bekämpfung der Armut in Sachsen-Anhalt. - Ich danke Ihnen.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich unsere Forderung nach Beschaffung von körperangepaßten Schutzwesten für alle Polizeibeamten des Landes Sachsen-Anhalt mit den nachfolgenden Gedanken von jungen Beamten der Bereitschaftspolizei aus dem Saarland beginnen und einleiten:
Irgendwann hat man uns als Bullen beschimpft und tut es heute noch, irgendwann hat man uns bespuckt und tut es heute noch, irgendwann hat man die ersten Stei
ne gegen uns geworfen und tut es heute noch, irgendwann hat man mit Latten und Eisenstangen auf uns eingeschlagen und tut es heute noch, irgendwann hat man uns mit Mollis beworfen und tut es heute noch, irgendwann hat man mit Zwillenstahlkugeln auf uns geschossen und tut es heute noch, irgendwann hat man dies alles immer wieder getan und vermummte sich dabei und tut es heute noch; dann haben vermummte Mörder im Verband Polizeibeamte meuchlings erschossen, und so geht es weiter. Gewalt gegen Sachen wurde hoffähig gemacht. Gegen Polizeibeamte ist ohnehin jedes Mittel recht.
Die Sicherheitslage in Deutschland ist geprägt von sehr ernst zu nehmenden Bedrohungstatbeständen, meine Damen und Herren, und zwar von einer fortschreitenden Internationalisierung der Kriminalität, von deutlichen Qualitätssprüngen zu Verflechtungen im Sinne organisierter Kriminalität, insbesondere der Rauschgiftkriminalität mit rapide steigenden Opferzahlen, von einer anhaltenden, auch aktuellen Bedrohung durch nationalen und internationalen Terrorismus, von einer besorgniserregenden Neigung zu eruptiven Gewaltausbrüchen bei Veranstaltungen jeder Art, von einer Steigerung illegaler Grenzübertritte mit kriminellem Gefahrenpotential usw.
Das Gefahrenpotential durch Straftäter und andere Störer wird unter anderem durch sichergestellte bzw. beschlagnahmte Gegenstände verdeutlicht. Aus den täglichen Lageberichten zur inneren Sicherheit und zu terroristischen Gewalttaten sowie aus aktuellen Anlässen kann man auf ein beunruhigendes Arsenal von gefährlichen Gegenständen bis hin zu hochentwickelten militärischen Waffen beim polizeilichen Gegenüber schließen. Selbstverständliche polizeiliche Routinemaßnahmen wie die Aufnahme eines Verkehrsunfalls werden zu einem risikoreichen und lebensbedrohenden Vorgang, da von der Gefahreneinschätzung keine Bedrohung durch die angeblich Hilfesuchenden ableitbar ist.
Unsere Polizeibeamten im täglichen Polizeivollzugsdienst zumindest vor den prognostizierbaren Gefahren für Leib und Leben besser zu schützen ist daher, meine Damen und Herren, heute eine wichtige und herausfordernde Aufgabe der für technische Führungs- und Einsatzmittel zuständigen Gremien und Verantwortlichen.
Trotz der Erkenntnis, daß es längst nicht gegen alle Gefährdungen des Polizeidienstes geeignete Sicherheitsmaßnahmen geben kann, müssen wir alles Erdenkliche und Mögliche tun, um zu vermeiden, daß Polizeivollzugsbeamte mit Angstgefühlen in Einsätze gehen. Andererseits ist es genauso unsere Aufgabe, deutlich zu machen, daß auch die beste Schutzausrüstung nur eine prozentuale, wenn auch möglichst hohe Sicherheit garantieren kann.
Meine Damen und Herren! Was erwarten Polizeibeamte von Schutzwesten? Der Dienstherr wünscht eine kostengünstige Schutzweste, die ihm Haftpflichtauseinandersetzungen wegen getöteter oder verletzter Polizeibeamter erspart, eine Weste, die seine Beamten bei jeder Gelegenheit tragen können und auch tragen wollen, eine Weste mit maximaler Schutzwirkung und minimalen Hygiene-, Gesundheits- und Wartungsproblemen, eine Weste schließlich, die das Image seiner Beamten in der Öffentlichkeit auch nicht nachteilig beeinflußt.
Der Polizeibeamte im besonderen Einsatz wünscht eine Schutzweste, die der speziellen Bedrohung in seinem Dienstzweig angepaßt ist. In diesem Bereich sind im Lande keine Defizite festzustellen, so daß auf die Einsatz- und Ausrüstungsmodalitäten der Sondereinsatz
und Mobilen Einsatzkommandos nicht gesondert eingegangen werden muß.
Der Schutzpolizeibeamte im Streifendienst wünscht eine Schutzweste, die ihn vor einem überraschenden Angriff durch einen gewalttätigen Geistesgestörten ebenso schützt wie vor dem Angriff eines Gewaltverbrechers oder auch eines Terroristen. Der Angreifer kann mit allem möglichen bewaffnet sein: von einer Flasche oder einem Messer über eine Axt oder ein Schwert bis hin zu einer Schußwaffe oder Armbrust.
Daraus folgt: Die von uns geforderte Schutzweste muß bequem genug sein, damit sie bis zu zehn Stunden täglich und sechs Tage in der Woche getragen werden kann. Sie muß aber auch so unauffällig sein, daß sie einerseits das Bild vom freundlichen und hilfsbereiten Polizeibeamten unterstützt und andererseits einen möglichst geringen Wartungsaufwand benötigt.
Die Erwartungen an Schutzwesten vom Standpunkt des Streifenbeamten und vom Standpunkt der Öffentlichkeit aus gehen aber innerhalb Europas auseinander, meine Damen und Herren. Zur Zeit besteht in Deutschland ein lebhaftes Interesse daran, eine schuß- und stichfeste Weste gegen die wachsende Zahl von Messerüberfällen und Schußwaffeneinsätzen gegen Polizeibeamte zu finden.
Es ist leicht einzusehen - wir wissen das auch -, daß Polizeichefs und Polizeibehörden einige Probleme haben werden, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Beamten im besonderen Einsatz zu erfüllen, deren Bedarf im besonderen Fall zu ermitteln, zumal sich der Bedarf mit dem Auftreten neuer Bedrohungen auch immer wieder ändert.
Diese Probleme, meine Damen und Herren, sind jedoch gering, wenn man sie mit dem komplexen Bedarfsspektrum der Streifenbeamten vergleicht, die unter den Polizeikräften die Mehrheit stellen und sowohl im Hinblick auf die Gefahrenabwehr als auch im Bild der Öffentlichkeit an vorderster Front stehen.
Warum aber, meine Damen und Herren, ist dieses Spektrum so komplex? Da die Beamten im Streifendienst die zahlenmäßig größere Gruppe stellen, sind auch mehr Schutzwesten erforderlich. Angestrebt werden sollte, daß jede Funkstreifenbesatzung mit körperangepaßten Schutzwesten ausgestattet ist. Das Ausmaß der Gefährdung läßt sich aber praktisch nicht voraussagen. Statistische Durchschnittswerte mögen jedermann hilfreich sein, nur nicht - darin werden Sie mir zustimmen - demjenigen, dessen Tod oder dessen schwere Verletzung in die Statistik eingeht.
Die Korrelation zwischen Schutzwirkung und Tragekomfort ist im aktiven Streifendienst von überragender Bedeutung. Wenn eine Schutzweste nicht bequem ist, wird sie nämlich auch nicht getragen, mögen noch so viele Anordnungen zur Tragepflicht im Raum stehen. Eine Ausbildung im sorgfältigen Umgang mit der Weste und in der Wartungsdisziplin ist besonders kritisch, auch hier wieder wegen der größeren Zahl der betroffenen Beamten. Disziplin und Ausbildung müssen daher dafür sorgen, daß die Regeln für einen sorgfältigen Umgang eingehalten werden, daß die Weste nicht im Büro oder im Fahrzeug liegengelassen wird.
Meine Damen und Herren! Streifenbeamte formen das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit. Die Schutzweste muß zu einem positiven öffentlichen Image beitragen, entweder durch Unauffälligkeit beim Tragen unter der Uniform oder durch vernünftiges, ansprechendes Aus
sehen, wenn sie darüber getragen wird. Entwurf und Zuschnitt sind teuer, und für die zahlreichen weiblichen Beamtinnen sind auch abweichende Entwürfe notwendig.
Herr Präsident, ich kann mich so nicht mehr verständlich machen. Es tut mir leid.
Zur Situation in Deutschland und im Lande: In Deutschland wird heute nicht zum erstenmal über die Frage der umfassenden Ausstattung von Polizeibeamten mit Schutzwesten debattiert, nachdem einige ungeschützte Polizeibeamte auf verbrecherische Weise getötet worden sind. Beispielhaft genannt seien der Polizeihauptkommissar Klaus Eichhöfer, der eine Frau und zwei Kinder hinterläßt, der Polizeihauptwachtmeister Torsten Schwalm, der ebenfalls eine Familie zurückgelassen hat, sowie der Polizeihauptwachtmeister Pauli und viele andere. Etwa 2 000 tote Polizeibeamte sind zu beklagen, 2 000 Mütter, Väter, Frauen und Kinder sind betroffen. Wer nimmt sich ihres Leides und ihrer Tränen an?
Meine Damen und Herren! Ein Blick in das europäische Ausland: Die meisten anderen europäischen Länder haben bereits alle Funkstreifenwagenbesatzungen und Polizeivollzugsbeamten des Einzeldienstes mit Schutzwesten ausgerüstet.
Wenn die Ausgabe von Schutzwesten an Polizeibeamte Leben retten kann, dann sind der Dienstherr und die Polizeibehörden doch sicher juristisch aus Fürsorgegründen und darüber hinaus auch moralisch dazu verpflichtet. Wenn das bedeutet, meine sehr verehrten Damen und Herren, jeden Polizeibeamten in Deutschland und vielleicht auch anderswo mit einer Schutzweste auszurüsten, frage ich Sie: Warum denn dann nicht?
Zumindest würde das den Polizeibeamten und ihren Familien das Gefühl geben, daß ihr Wohlergehen auch von den jeweils Verantwortlichen ernst und wichtig genommen wird. Schließlich würde damit auch der unzweckmäßigen und weitgehend unkontrollierten individuellen Beschaffung von Schutzwesten aus unterschiedlichen Quellen ein Ende gesetzt, wie sie heute noch in vielen Bereichen anzutreffen ist.
Wenn Polizeibeamte in Gegenden oder Lagen eingesetzt werden, wo sie Leben und Gesundheit riskieren, müssen sich die verantwortlichen Polizeibehörden ständig fragen, ob sie ihren Pflichten gegenüber diesen Beamten nachkommen, und zwar in ausreichendem Maße, oder ob sie das nicht tun. Das ist nicht mehr, als wenn der Geschäftsführer einer Firma die Ausgabe von Schutzkleidung verlangt, wenn Maschinen oder Produkte eine potentielle Gefahr für die Mitarbeiter darstellen.
Wenn die Erfüllung dieser Sicherheitsvorschriften, meine Damen und Herren, teuer und schwierig ist, dann sei
es drum, dann ist das ein Teil der Kosten für dieses Produkt.
Ich frage Sie: Welches wichtigere Produkt kann es geben als Ruhe und Frieden auf unseren Straßen? Wenn die Kosten für dieses Produkt der Schutz der Beamten sind, die dazu beitragen, dann sei es drum nach unserer Auffassung.
Aus der Sicherheitslage folgt: Alle Polizeivollzugsbeamten des Landes Sachsen-Anhalt sind mit Schutzwesten auszurüsten. Die Kosten können und dürfen an dieser Stelle keine Rolle spielen. Nur über zynische Hochrechnungen gelangt man in eine Kostendiskussion.
Die 5 500 uniformierten Beamten und die 600 Kriminalbeamten haben aus Gründen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn einen Anspruch auf die Ausstattung mit körperangepaßten Schutzwesten; denn der Dienstherr hat nach § 79 des Beamtengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten zu so rgen.
Aus der Fürsorgepflicht ergibt sich für den Dienstherrn ferner die Pflicht, die betroffenen und gefährdeten Beamten anzuweisen, körperangepaßte Schutzwesten während des Dienstes zu tragen. Die betroffenen Beamten wären im Rahmen der Gehorsamspflicht nach § 55 Satz 2 des Beamtengesetzes für das Land SachsenAnhalt gehalten, die vom Dienstherrn erlassenen Anordnungen auszuführen und die allgemeinen Richtlinien zu beachten.
Die Anordnung der Tragepflicht könnte ministeriell vorgenommen werden. Es wäre aber auch unbedenklich, den Polizeidirektionen oder den Polizeieinrichtungen ein solches Anordnungsrecht einzuräumen. - Ich danke Ihnen.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst zu Herrn Becker; denn sein Beitrag ist mir gerade noch frisch in Erinnerung. Wenn Sie uns Populismus vorwerfen, dann darf ich Sie einmal an den Ursprung dieses Wortes erinnern. „Populistisch“ kommt von „Populus“; das heißt „Volk“. Martin Luther hätte gesagt: dem Volk aufs Maul schauen, und hierbei meine ich: auch einmal den Polizisten aufs Maul schauen.
Man kann eine solche Forderung nicht als populistisch abtun.
Wenn Sie, Herr Becker, sagen, außerhalb der Haushaltsberatungen habe das keinen Sinn: Sie haben ja eben von der Niederstimmung Ihrer Anträge gesprochen. Sie glauben doch wohl nicht allen Ernstes, daß bei der nächsten Haushaltsberatung eine andere Abstimmung erfolgen wird, solange diese Regierung mit diesen Mehrheitsverhältnissen so besteht. Davon gehe ich nicht aus. Ich müßte Sie als sehr naiv einschätzen das sind Sie, glaube ich, nicht -, daß Sie das denken könnten.
Jetzt noch ein paar Worte zu Herrn Minister Püchel. Sie haben ein paar interessante Sachen gesagt, auch zu meiner Frage, die ich Ihnen heute früh gestellt habe. Das hängt ja nun ganz eng zusammen, auch wenn es nur - das Wort „nur“ möchte ich mit Anführungsstrichen versehen - den Objektschutz dieses Landtages betrifft. Sie haben gesagt, hier im Landtag stünden dem Objektschutz ausreichend Westen zur Verfügung. Sie seien beim zentralen Einsatzdienst eingelagert. Das heißt doch: Dem Objektschutz stehen sie nicht zur Verfügung.
Denn auf meine Nachfrage haben Sie weiter gesagt, im Bedarfsfall müßten sie für einen bestimmten Einsatz angefordert werden und stünden dann auch zur Verfügung. Jetzt stelle ich an Sie, Herr Minister Püchel, einfach einmal die Frage: Was machen denn die Beamten hier? Sind die nicht im Einsatz?
Die gehen über den Domplatz, die beschützen das Objekt, die schließen abends die Türen zu. Da ist es teilweise schon ziemlich dunkel, da ist es teilweise mitten in der Nacht.
Jetzt nehme ich einfach einmal das Beispiel aus Bad Hersfeld. Da wird eine Verkehrskontrolle gemacht, und da kommt einfach einer daher, und der Polizist wird mit Herzschuß getötet. Hätte er eine Schutzweste angehabt, wäre er heute noch am Leben. Wenn Sie dann sagen, Herr Minister Püchel, man müsse die Akzeptanz prüfen: Glauben Sie denn allen Ernstes, die Polizisten würden eine Schutzweste nicht akzeptieren? Diese Schutzweste rettet ihnen möglicherweise Leib und Leben. Diese Äußerung entzieht sich, wie gesagt, meiner Logik.
Dann führen Sie noch eines an: Sie führen psychologisch-taktische Gründe an, die man bedenken müsse. Taktische Gründe für das Leben eines Polizisten, und das von einem Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt, das finde ich absolut unglaublich.
Wenn Sie dann noch behaupten, Herr Minister Püchel, die Polizisten wären in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt und würden martialisch aussehen, dann scheinen Sie nicht darüber unterrichtet zu sein, was für Westen es mittlerweile gibt. Es gibt die sogenannten Unterziehwesten. - Eigentlich haben Sie es heute früh schon gesagt. - Diese würden - ich habe auch in meinem Antrag gesagt, daß das zu berücksichtigen ist wirklich kein martialisches Aussehen verursachen. Und selbst wenn ein martialisches Aussehen damit hervor
gerufen würde - wenn es das Leben des Polizisten retten kann, dann muß man selbst das in Kauf nehmen.
Dann haben Sie - jetzt komme ich noch einmal darauf zu sprechen und stelle das in den Zusammenhang mit meiner Frage von heute früh - noch einmal gesagt: sofortiger Zugriff durch die Dienststelle; jederzeit könnten die Polizisten in Gefahrensituationen darauf zurückgreifen. Ja, wann denn, Herr Minister Püchel, weiß der Polizist, wann ihm eine Gefahrensituation bevorsteht? Wenn er das wüßte, wäre es ja schön. Dann könnte er vorher zu der entsprechenden Stelle fahren und könnte sich die Schutzweste holen. Aber leider ist es ja nicht so, daß er das weiß.
Ich möchte aber trotzdem, um das Ganze noch ein bißchen zu unterstreichen, ein paar Beispiele nennen, daß Schutzwesten Polizisten das Leben gerettet haben.
Am 26. Juni 1990 wurde ein Polizeibeamter im RheinMain-Gebiet durch die angelegte Schutzweste vor einem lebensbedrohenden Projektil geschützt. Das Geschoß aus einem selbstgefertigten Revolver, Kaliber 38, wurde aus nächster Nähe auf den Beamten abgeschossen und blieb dann in der Halskrause stecken.
Bereits im Jahr 1989 wurde ein Fall in Europa bekannt, bei dem ein Polizeibeamter aufgrund des Tragens einer Schutzweste einen Pistolenschuß aus nächster Nähe überlebte.
Ich könnte das Ganze noch beliebig lange fortsetzen, aber ich sehe, daß meine Redezeit abgelaufen ist.
Deswegen möchte ich an dieser Stelle nur noch eine kleine Bemerkung zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion machen. Auf den ersten Blick wäre er fast eine Erweiterung unseres Antrags. Aber nur auf den ersten Blick; denn in ihm geht es um die Ausrüstung neben Schutzwesten - Herr Becker, Sie haben es gesagt - mit Waffen, Fahrzeugen, Schlipsen mit Gummizug usw.
Herr Becker, auf den zweiten Blick ist es aber keine Erweiterung; denn es wird nur ein Bericht gefordert. Das heißt, ich verlange von der Landesregierung einen Bericht und vielleicht später noch einen. Jetzt muß ich fragen, wie viele Polizeibeamte sollen Ihres Erachtens vielleicht in der nächsten Zeit während der nächsten und übernächsten Berichterstattung ums Leben kommen, und wer will dafür die Verantwortung übernehmen? - Ich bin dazu nicht bereit.
Herr Scharf, wenn wir nach diesem Grundsatz verfahren würden, den Sie dargelegt haben und den Sie bei allen Anträgen unterstellen, dann können wir uns in Zukunft sämtliche Anträge in diesem Landtag sparen, denn es wird immer wieder dazu führen -
Meine Damen und Herren von der SPD! Dabei gehe ich nicht nur von mir oder von meiner Fraktion aus, sondern von allen Fraktionen; denn ich lese Ihre Anträge auch sehr genau. Dann können wir uns die Anträge sparen und brauchen auch den Finanzausschuß nicht damit zu belasten, weil damit immer wieder Mehrkosten verbunden sind, die nicht in den Haushalt eingestellt waren.
Dann müssen wir jetzt Möglichkeiten finden. Ich denke, daß bei dieser Thematik Zeitnot besteht. Die Vorfälle der letzten Zeit haben das gezeigt. Die Landesregierung sollte Möglichkeiten finden, das Geld durch Umschichtungen im Haushalt bereitzustellen. Mit etwas gutem Willen - ich habe auch einen Vorschlag gemacht - wäre das möglich.
Ich würde die Verantwortung nicht gern übernehmen wollen, der Ehefrau und den Kindern erklären zu müssen, daß der Mann erschossen wurde, weil wir bis zu den Haushaltsberatungen warten mußten und nur deshalb kein Geld für eine Schutzweste zur Verfügung stand. Es tut mir leid, aber anders kann ich das nicht beantworten.
Ich beantrage eine Beratung in den Ausschüssen. Das habe ich vergessen. Ich würde den Innenausschuß und den Finanzausschuß vorschlagen. Aber in den Finanzausschuß geht der Antrag ja automatisch.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gleich vorweg: Beide Varianten des Antrages der Fraktion der CDU finden unter rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten unsere volle Zustimmung. Vor der Befassung des Parlaments mit dem regierungsinternen Konzept zur Reform der Landesverwaltung sollte sich in jedem Fall der Ausschuß für Funktionalund Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform mit den Einzelheiten auseinandersetzen und seine Empfehlungen abgeben.
Da bin ich ein wenig anderer Meinung als Sie, Herr Ministerpräsident, auch wenn Sie sicherlich rechtliche Gründe auf Ihrer Seite haben. Aber es ist, denke ich, auch ein Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, an diesem Punkt anders zu handeln und das Parlament nicht zu übergehen.
Bei der Beratung dieser Vorlage im Ausschuß hätte die Regierung hinreichend Gelegenheit, sich zu den Inhalten der beabsichtigten Reform der Landesverwaltung zu äußern und die Argumente und auch die Gegenargumente der Betroffenen in die Bewertung einzubeziehen sowie die finanziellen Risiken und Lasten, aus berufenem Munde dargelegt, zu berücksichtigen. Denn es bestehen unseres Erachtens nirgendwo Zweifel an der Kompetenz des Landesrechnungshofes sowie des Steuerzahlerbundes.
Das Vorlagebegehren der Fraktion der CDU wird nicht als Vorlagepflicht des Innenministeriums gegenüber dem Ausschuß zu qualifizieren sein - das haben Sie eben auch gesagt -, da weder verfassungsrechtliche
noch einfachgesetzliche Vorlageregelungen vorhanden sind. Da sich das Konzept inhaltlich aber in einem völlig anderen Stadium als dem der arbeitsmäßigen Strukturierung befindet, dürfte mehr für die Vorlagepflicht gegenüber dem Ausschuß als dagegen sprechen. Auf ein Zurückhaltungsrecht kann sich das Innenministerium nicht berufen, weil die Arbeiten im Rahmen der Organisationsgewalt zwischenzeitlich ein Stadium erreicht haben, das erhebliche Auswirkungen zeitigt.
Entsprechend der Bindung der Exekutive an Recht und Gesetz und damit ihrer Bindung an das Rechtsstaatsprinzip ist das Konzept dem installierten Fachausschuß auch aus rechtlichen Gründen ohne schuldhafte Verzögerung vorzulegen.
Für eine Vorlagepflicht sprechen darüber hinaus tatsächliche Gesichtspunkte. Nach dem Gebot der Logik muß vor einer kommunalen Gebietsreform deutlich und relativ klar nachvollziehbar die Reform der Landesverwaltung stehen. Diesbezüglich kann man zwar unterschiedlicher Meinung sein, aber das ist eben auch die unsere.
In diesem Bereich bewegt sich seitens der Landesregierung seit Jahren überhaupt nichts. Der Stillstand scheint, soweit man Presseberichten folgen kann und darf, nunmehr aber - man höre und staune! - überwunden. Es gibt dieses berühmte Tresorpapier. Allerdings ist offen, welches Arbeitspapier einschlägig sein soll, welches andere Arbeitspapier aufgehoben wird, welche Strukturen der Landesverwaltung einschlägig sein sollen und wie der Umbau der Landesverwaltung gestaltet werden soll.
Es ist also ein klares Wort des Ministerpräsidenten gefordert, und das, Herr Ministerpräsident Dr. Höppner, habe ich eben von Ihnen in dieser Form nicht gehört. Denn die Bevölkerung hat als Drittbetroffener einen Anspruch auf Klarheit. Die in der Landesverwaltung tätigen Amtsträger sollten aus Fürsorgegründen wissen, wie sich ihr weiterer dienstlicher Werdegang und auch der räumliche Einsatz gestalten.
Das Schweigen und Unterlassen der Landesregierung führt dazu, daß sich viele Ämter mit sich selbst beschäftigen, daß sie mit Gutachten und Zusatzgutachten die eigene Existenz rechtfertigen, daß sie meinen, Offensivkonzepte einbringen zu müssen, um nicht unterzugehen, daß sie also eine Blockadehaltung einnehmen, die die Vorhaben der Landesregierung auf der Grundlage der Organisationsgewalt unterläuft.
Rechtliche Gegenmaßnahmen werden erwogen. Der einstweilige Rechtsschutz soll ausgeschöpft werden. Abordnung, Versetzung, Umsetzung von Beamten könnten das inoffizielle Regierungsvorhaben rechtlich unterlaufen.
Die Landesregierung muß sich darüber klar werden, daß auch im Rahmen der Organisationsgewalt nicht befohlen und gehorcht wird. Viele Vorgaben, mögen sie auch noch so gut sein und sich förmlich aufdrängen, können durch die Rechtsweggarantie ad absurdum geführt werden.
Hieraus folgt für uns: Die Reform der Landesverwaltung ist mehr ein tatsächliches als ein rechtliches Problem. Auf alle Eventualitäten bereitet sich doch nur derjenige vor, der eine Lage nicht beurteilen kann. Die Landesregierung sollte daher im Interesse aller Betroffenen für Klarheit und vor allen Dingen auch für Wahrheit sorgen. Reformen sind zuallererst den Betroffenen nahezubringen, zu erläutern und zu vermitteln. Sobald diese Auf
arbeitung geleistet ist, können Reformen auch vollzogen werden. Rechtlicher Widerstand und rechtliche Blockaden, Herr Ministerpräsident, wären dann die Ausnahme.
Daher lautet unsere Forderung an die Landesregierung: Schaffen Sie zunächst Klarheit bei der Reform der Landesverwaltung und tätigen Sie anschließend eine kommunale Gebietsreform, beziehen Sie aber in alle Vorhaben die Arbeiter, Angestellten und Beamten sowie bei der Gebietsreform die öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein.
Ich unterstütze nochmals den Antrag der CDU-Fraktion. Legen Sie unverzüglich das sogenannte Tresorpapier dem Ausschuß zur Mitberatung vor. Dann kann man das, denke ich, auch der Öffentlichkeit nahebringen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, wenn Sie einverstanden sind, würden wir das gern zu Protokoll geben.
Das bewegte und zum Teil steile Relief im Gipskarst hat Ackerbau oder Besiedlung vielerorts nicht zugelassen. Viele der hier typischen Buchenwälder sind daher naturbelassen und extrem reich an Tier- und Pflanzenarten. Über 400 Pilzarten, davon einzelne mit einzigem Vorkommen in Deutschland konnten nachgewiesen werden.
Seit Jahrhunderten wurden hier flachgründige Böden auf Gips und Dolomit mit Ziegen oder Schafen abgehütet. So konnten sich Pflanzen- und mit ihnen Tierarten der südosteuropäischen Steppen ausbreiten. Alles in allem hat sich hier eine Ökologie über viele Jahrhunderte oder Jahrtausende hinweg behauptet, die es zu bewahren gilt.
Das Gipskarstgebiet des Südharzes und des Kyffhäusers in seiner gesamten, immerhin die drei Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schneidenden Ausdehnung als „Biosphärenreservat“ zu sichern heißt, diese Landschaft in die UNESCO-Liste der weltweit wertvollen Naturschutzgebiete eintragen zu lassen.
Damit ist die Landesregierung von Sachsen-Anhalt aufgefordert, ein Naturschutzkonzept zu erarbeiten, um die Flächenbilanz - hier Naturschutz, dort Rohstoffabbau im Rahmen der Raumordnung zugunsten der Natur zu verbessern.
Wir lehnen es ab, einen Erwerb von potentiellen Kerngebietsflächen im zukünftigen Biosphärenreservat Gipskarstlandschaft Südharz zuzulassen; denn „Erwerb“ bedeutet nichts anderes als Privatisierung von Flächen in Naturschutzgebieten im Land Sachsen-Anhalt, und daran ist ein Raubbau an der historisch gewachsenen Natur gekoppelt.
Trotz eindeutiger Beschlüsse der Umweltministerkonferenzen, die in der Verfügungsgewalt der BVVG stehenden Flächen in Naturschutzgebieten nicht zu privatisieren, deuten jüngste Verhandlungen des Bundesfinanzund des Bundesumweltministeriums auf das Gegenteil hin. Nur bereits ausgewiesene Kerngebietsflächen, sogenannte Totalreservate, in Großschutzgebieten sollen den Ländern kostenfrei übertragen werden.
Das Biosphärenreservat Gipskarstlandschaft Südharz würde aber als zukünftige Schutzzone 2 ausgewiesen, fällt also nicht unter die Schutzzone 1, also Totalreservat. Damit wäre dieses Naturschutzgebiet vor einem Verkauf nicht geschützt. Ein Totalschutz wäre nur gegeben, wenn sich diese Flächen in Landeseigentum befinden würden. Deshalb muß das Land Sachsen-Anhalt
rechtzeitig seine Ansprüche bei der BVVG anmelden und Flächenkäufe vorbereiten.
Hier verzahnt sich mein Redebeitrag mit dem Tagesordnungspunkt 20 - Verordnung für das Biosphärenreservat Flußlandschaft Elbe -, weil ich meine, daß hier die Dinge ebenso gelagert sind.
Das Biosphärenreservat Flußlandschaft Elbe gehört zu den ältesten - seit 1979 - von der UNESCO anerkannten Gebieten in Deutschland. Hier befinden sich vor allem zwischen Mulde- und Saalemündung die größten zusammenhängenden Auenwaldkomplexe Mitteleuropas.
Somit ist das Biosphärenreservat Elbe mit einer Fläche von 110 000 ha das bisher einzige Schutzgebiet dieser Art in Sachsen-Anhalt. Hier muß auch die Gipskarstlandschaft Südharz wie bereits das Biosphärenreservat Elbe zur Schutzzone 1, also zum Totalreservat, erhoben werden, was jedoch eine Kaufabsicht durch die Landesregierung voraussetzt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Antrag zielt darauf ab - Sie können sich das denken -, der Gebührenschraube für den öffentlichrechtlichen Rundfunk Einhalt zu gebieten. Die ab 1. Januar 2001 bis zum Jahre 2004 anvisierte Erhöhung von 28,25 DM auf 31,58 DM, also um 3,33 DM, entspricht einer Erhöhung um 12,5 %.
Ob das nach den Worten von Hessens Ministerpräsident Roland Koch ein Hammer ist oder, mit Otto Normalverbraucher gesprochen, eine große Unverschämtheit, das will ich hier nicht werten, aber verblüffend und keineswegs verwunderlich ist die Tatsache, daß hier unverhüllt und schamlos zugeschlagen wird.
Vertreter von Bundesländern erheben bereits jetzt Bedenken gegen ein derartiges Vorgehen. Aber ob genügend Festigkeit jetziger Einsprüche gegeben ist oder das übliche Umknicken in der Politik zu verzeichnen sein wird, wird sich noch erweisen, denke ich.
Bekanntlich habe - so Ministerpräsident Erwin Teufel die geplante Erhöhung in Stuttgart gar keine Freude ausgelöst, zumal - laut Teufel - öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht auf mehr Betätigungsfelder ausufern sollte. Gewiß ist der Einwand nicht nur darauf zurückzuführen, daß den Schwaben sprichwörtliche Sparsamkeit nachgesagt wird und sie die sogenannten Schotten der Bundesrepublik sind.
Auch die Einwände, die Edmund Stoiber vorbringt, sind nicht von der Hand zu weisen. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sollten einen harten Sparkurs fahren und nicht im Wettbewerb mit den privaten Sendern um jeden Preis bei Sportrechten mitbieten, damit sie nicht in einen uferlosen Wettlauf um die Zahlung immer höherer Stargagen eintreten.
In diesem Sinne ist es doch fraglich, meine Damen und Herren, ob es im Versorgungsauftrag der öffentlichrechtlichen Anstalten liegt, daß zu horrenden Gagen die mit künstlicher Oberweite agierende Pamela Anderson im ZDF einen Trabi säubert, oder ob man vielmehr die Gage im Privatsender über die Werbung von Meister Propper bezahlt.
Meine Damen und Herren! So führt der „Spiegel“ in seiner Ausgabe 3/2000 an, daß im ZDF viele Entscheidungen immer noch ein Ausdruck öffentlich-rechtlicher Versorgungsmentalität sind. So darf der Berufsjugendliche und ständig seine Lockenpracht schüttelnde Michael Steinbrecher mit der Drohung eines Wechsels zum Kanal tm 3 nun ab März eine eigene Talkshow am Freitagabend in einem extra dafür gebauten Studio am Flughafen Frankfurt abhalten. Vielleicht empfängt er ja dann die Trabiwäscherin Pamela bereits auf der Gangway des Flughafens.
Wir sehen, meine Damen und Herren, die Gebührenerhöhung und -eintreibung ersetzen eigene Gelddruckereien entsprechend der politisch bestimmten Selbst
bedienung aus den Taschen der Bürger und sind unseres Erachtens so nicht mehr länger hinzunehmen.
Meine Damen und Herren! Wenn die „Woche“ vom 28. Januar 2000 über die Gebührenerhöhung schreibt:
„Es hat sich durchgesetzt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (das Fernsehen gehört dazu) als nützlich zu empfinden und vergleichsweise üppig auszustatten. Der Protest bleibt lau. Und die KEF - die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten - hat es wieder verstanden, der rein politischen Gebührenfestsetzung den Schein mathematischer Präzision zu verleihen. Tabellen, Prognosen, Kosten und Bewertungen. So liest sich auch ihr aktueller Bericht, der zwölfte.“
Die Zeitung „Die Woche“ schreibt weiter:
„Augenmerk verdienen nur zwei Tatbestände.
Erstens. Die 15 Landesmedienanstalten, die im vordigitalen Zeitalter machtvoll waren, weil sie die Frequenzen zu vergeben hatten, inzwischen aber zu regionalen Standortpropagandisten mutiert sind, profitieren geradlinig von den Gebührenerhöhungen. Jeder von uns zahlt in Zukunft monatlich 63 Pfennig allein für diese weitgehend überlebten föderalen Institutionen, die schon jetzt nicht wissen, wohin mit dem Geld, und der ARD jährlich rund 60 Millionen DM überweisen. Das soll bis 2004 so weitergehen, es sei denn, die Länder verändern in diesem Punkt endlich den Rundfunkstaatsvertrag.
Zweitens. Die KEF hat ermittelt, wieviel jeder von uns mehr zahlen müßte, wenn das leidige Sponsoring in ARD und ZDF wegfallen sollte. Mit ganzen 18 Pfennig Mehraufwand könnten wir die häßlichen Programmankündigungen von Krombacher, Obi oder ‘TV Spielfilm’ stoppen.“
Soweit das Zitat.
Vielleicht einen nicht ganz ernst zu nehmenden, aber erschreckenden Ausblick gestattet sich der „Spiegel“ Nr. 52/99 auf das Fernsehen im nächsten Jahrtausend:
„Im Jahre 2020 heißt die Losung: ‘Rettet die Vollprogramme’. Besonders ältere Menschen, die vor der Jahrtausendwende geboren sind, tun sich schwer mit dem Vordringen der Sparten-kanäle. So ist eine mächtige Bürgerbewegung entstanden, die die Rückkehr der alten Vollprogramme fordert unter dem Motto ‘Mein geregelter Tagesablauf mit der guten alten ARD’. Der Markt reagiert sofort. Ein neuer Spartenkanal bietet die Simulation des historischen Vollfernsehens an.“
Soweit der „Spiegel“.
Ganz aus der Luft gegriffen ist eine solche Entwicklung nun einmal nicht, zumal die öffentlich-rechtlichen Anstalten, meine Damen und Herren, eine Erweiterung der Kanäle machtvoll anstreben. Die Teletubbies des Kinderkanals bereiten vielleicht den Weg für einen Spartenkanal der Kukis, wie die über 50jährigen zynisch genannt werden, die der nunmehr auch alternde Fred Kogel von Sat 1 als unerwünscht betrachtet.
Ihrer Phantasie sollten keine Grenzen gesetzt werden, in welche Richtung und in welcher Weise die öffentlichrechtlichen Anstalten Kanäle ausdehnen.
Meine Damen und Herren! Sichtbar wird das bei den dritten Programmen auch ganz genau. Ein Gutachten über diese Programme sagt dazu laut „Medienkatalog“ 12/99, daß sich die dritten Programme zunehmend zu Vollprogrammen entwickeln, die alle gängigen Realitätsdarstellungen, wie Nachrichten, Magazine, Dokumentationen, Reportagen bis hin zu Bildung, Beratung, Unterhaltung und Fiktion, abdecken. Die Bereiche Aktuelles und Nachrichten nehmen am Gesamtprogramm zu, aber Kunst und Kultur sowie Wissenschaft und Technik nehmen ab. Diese Programme beschäftigen sich wirklich seltener mit Kirche und Religion, von Alibisendungen einmal abgesehen.
Die Entwicklung hin zu Vollprogrammen wird ebenfalls von einer Reduzierung der Formate und Themen, die sich an spezifische Zielgruppen, zum Beispiel Familien, Kinder und Jugendliche, Frauen, Ausländer usw., richten, begleitet.
In diesen Rahmen paßt es auch, daß eine Medienstudie des DGB für die Jahre 1997 und 1998 ergab, daß die ARD und das ZDF nur unzureichend über die neuen Bundesländer informierten, und wenn, dann nur mit abgeklapperten Themen und einer Unterrepräsentanz der bewegenden sozialen Programmfelder.
Meine Damen und Herren! Die dritten Programme waren einst angetreten, um Minderheiten und bestimmte Zielgruppen anzusprechen. Doch diese Zielstellung ist bei allen regionalen Berichterstattungen weit zurückgestellt. Hinzu kommt, daß insgesamt nur etwas mehr als die Hälfte der bei der ARD ausgestrahlten Sendungen Erstsendungen sind. Ansonsten füllen ständige Wiederholungen aufgrund des Wunsches vielleicht einer einsamen Dame oder eines einsamen Herren und Übernahmen die verbleibende Gesamtsendezeit. Mehr als 75 % aller Wiederholungen erfolgen innerhalb der ersten Woche nach der Erstsendung.
Fest steht, daß ARD und ZDF zu viele und zu teure Programme produzieren. Wer das überprüfen will, sollte sich im jährlichen ARD-Jahrbuch davon überzeugen, wie die Programminutenkosten auf und davon eilen. So kostete im Jahr 1999 eine Hörfunkprogramminute im Durchschnitt 85 DM. Sie erreichte bei leichter Musik 23 DM und bei Hörspielen 520 DM.
Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, selbst Rundfunk hört, weiß auch, daß bis auf Klassikradio, MDR Kultur, die privaten Dudelsender und die öffentlichrechtlichen Dudelsender den Kampf gegen den guten Geschmack, über den sich ja trefflich streiten läßt, schon längst aufgenommen haben.
Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kostet eine Programminute durchschnittlich - so die Angaben für 1999 immerhin 6 200 DM. Die Kosten reichen von Sonstiges mit 1 038 DM bis zum Fernsehspiel mit 20 407 DM. Aber wo und zu welcher Tageszeit werden überhaupt Fernsehspiele gesendet?
Meine Damen und Herren! Sie werden mich hoffentlich nicht der Ostalgie bezichtigen, wenn ich voll Wehmut an jene Fernsehsendungen erinnere, die einst aus dem Deutschen Theater Berlin und aus den Studios mit einem Fernsehensemble gesendet wurden. Unsere Qualitätsansprüche sind begründet.
Meine Damen und Herren! Wohlgemerkt, ich führe hier keine Diskussion zu Inhalten, sondern vermerke, daß es kaum Gründe gibt, mittels steigender Gebühren die öffentlich-rechtlichen Anstalten weiterhin unbeschwert aus dem vollen schöpfen zu lassen.
Professor Hartwig von der Universität München führt an, daß diese Anstalten immer mehr unter Zugzwang geraten, und begründet das wie folgt:
„Über die Jahre betrachtet wird schnell klar, daß die einschneidendsten Veränderungen für die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht durch direkten politischen Druck oder durch Zuschauerprotest eingetreten sind, sondern indirekt durch das Zulassen von Wettbewerb im Fernsehmarkt. Konkurrenz auf der Angebotsseite wie auch die Erfindung der Fernbedienung machen es möglich, daß Zuschauer von nicht gewünschten Programmen zu attraktiveren Angeboten umschalten.“
Der in der Bundesrepublik Deutschland mehr verwünschte als gepriesene ehemalige EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert brachte es für den europäischen Medienwettbewerb auf den Punkt, indem er vorschlug, den Anstalten eine Finanzierung über Zwangsgebühren nur dort zuzugestehen, wo sie Leistungen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse erbringen.
ARD und ZDF empörten sich natürlich lautstark, aber in der Sache doch schwach; denn die öffentlich-rechtlichen Sender besitzen ein reichhaltig ausgestattetes Instrumentarium, das es ihnen erlaubt, die Aufgaben unabhängig von den Wünschen der Zuschauer und weitgehend unkontrolliert von Politik und Zahlern selbst festzulegen, um danach der Zwangsgemeinschaft aus Apparatebesitzern die unverschämten Rechnungen zu präsentieren.
Ein jüngstes Beispiel gefällig? - Die „Leipziger Volkszeitung“ berichtete am 5. Februar von der Media-City in Leipzig. Das 106-Millionen-DM-Projekt einer Film- und Fernsehstadt, gefördert mit 70 Millionen DM vom Land, sollte vielen freien Film- und Fernsehproduzenten den Einstieg ermöglichen, auch um einer Konzentration vorzubeugen.
Doch es zeigt sich, daß diese Medienstadt eine Mogelpackung ist, die aufgrund großer Räume und hoher Mieten für die kleineren Produktionsfirmen und vor allem für Existenzgründer keine Heimat bietet.
Um künftig die Brosamen des MDR zu erhalten, wird nur hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen, daß allein mehr als ein Drittel der über 18 000 m² Mietfläche von fünf Tochterfirmen unter dem Schirm der Drefa, der öffentlich-rechtlichen Anstalt, genutzt werden. Die „Leipziger Volkszeitung“ kommentierte dazu nüchtern:
„Die Kritik der ortsansässigen TV-Firmen ist berechtigt.“
Wenn Fördermittel in Höhe von 70 Millionen DM fließen, hätten einige Tropfen des warmen Regens ruhig dort niedergehen können, wo die Vision Medienstadt mit viel Fleiß und hohem Risiko jahrelang am Leben erhalten wurde. Statt dessen zählen fünf Tochterfirmen des MDR zu den Mietern. Meine Damen und Herren, ein HappyEnd ist das nicht.
Aus meinen Darlegungen können Sie selbst Schlußfolgerungen dahin gehend ziehen, ob diese Art der Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen nicht eher einem Dukatenscheißer ähnelt als dem bundesverfassungsgerichtlich festgelegten Grundsatz, wie er in der achten Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, veröffentlicht in den Entscheidungen, Band 90, Seite 60, enthalten ist. Darin heißt es:
„Die Überprüfung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten darf sich nur darauf beziehen, ob
sie ihre Programmentscheidungen im Rahmen des rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrages halten und ob der aus ihnen abgeleitete Finanzbedarf zutreffend und im Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermittelt worden ist.“
Meine Damen und Herren! Obwohl ich Rundfunk höre, Fernsehen schaue, viele Dinge aus eigener Anschauung und vom eigenen Hören her bewerte, nenne ich mich nicht, wie Herr Gärtner von der PDS, medienpolitischer Sprecher. Ich will es ihm aber gar nicht absprechen. Aber ich bin schon darauf gespannt, wie die PDS ihre großmundig verkündete Gebührenablehnung im Landtag vollziehen will.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der PDS, verbissen und mit gewohnter demagogischer Doppelzüngigkeit unseren Antrag ablehnen, dann sind wir so gespannt wie bei „Wetten daß?“, wie Sie Ihre parlamentarische Saalwette in diesem Hohen Hause umsetzen wollen. Wir freuen uns sehr darauf, wie Sie es verwirklichen wollen, Ihrem Duldungspartner SPD beizubringen, daß er gegen die Gebührenerhebung stimmen soll.
Ich habe das in der Zeitung nachgelesen. Sie haben in einem Interview mit Ihrem speziellen Mitteilungsblatt, dem „Neuen Deutschland“, vom 20. Januar 2000 zur Lage der Welt und gegen die Videoüberwachung in Halle Ihre Kampfeslust bekundet, Sie hätten die Gebührenerhöhung abgelehnt und
wollten dagegen Initiativen starten.
Auf den Hinweis auf einen möglichen Koalitionskrach in Mecklenburg-Vorpommern erklären Sie in bezug auf Ihr Verhalten in Sachsen-Anhalt: Auch wir werden die Gebührenerhöhung ablehnen.
Herr Gärtner, Sie sehen zwar Spielräume für die Höhe der Rundfunkgebühren. Aber wetten, daß Sie und Ihre Fraktion die gleiche Standhaftigkeit wie bei der Ablehnung des KiBeG vorweisen werden, nämlich Ihre 1-AUmfallerqualität? Ich hoffe, daß ich diese Wette heute verliere.
Noch ein Hinweis, ausdrücklich an die Fraktion der PDS gerichtet, sei gestattet: Die Agentur dpa meldete unlängst, daß einige Landesmedienanstalten einen Teil der Gebührenmittel für andere Zwecke abführen müßten. Zum Beispiel würden in Nordrhein-Westfalen 45 % der Gelder aus den Rundfunkgebühren für Aufgaben der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen vorweg abgeführt. - Soweit die dpa-Meldung.
Meine Damen und Herren! Oberhausen in NordrheinWestfalen ist nicht nur die Heimat der wunderbaren Frauen des Kabaretts „Die Mißfits“; Oberhausen ist auch die Stadt der Mißwirtschaft; denn die SPD-Landesregierung unter Ministerpräsident Clement förderte jahrelang mit Millionenbeträgen ein Faß ohne Boden, nämlich das Oberhausener Trickfilmzentrum, in dem die Fördermittel spurlos verschwanden.
Nun zu Ihnen, meine Damen und Herren von der PDS. Die Millionen versickerten in einem sogenannten Zentrum, das mit Geldern aus zweifelhaften Quellen und von mehr als zwielichtigen Geschäftsführern von der Stasi in den formalen Ruin geführt wurde. Das sind die einzigen Tricks, die dieses Trickfilmstudio kennzeichneten. Die Liebesflüge des Herrn Schleußer waren Margi
nalien gegen dieses ominöse Filmzentrum. - Soweit zu Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.
Meine Damen und Herren! Damit will ich zum Schluß kommen.
Bedenken Sie bitte, daß der Griff in die Taschen der Gebührenzahler nicht nur aufgrund der angeführten Argumente schamlos ist, sondern weil auch und insbesondere in diesem Land eine wirtschaftliche und soziale Situation herrscht, die eine Gebührenerhöhung einfach unmoralisch erscheinen läßt.