Protocol of the Session on February 1, 2024

Es gibt noch Redebedarf von der CDU-Fraktion. Herr von Breitenbuch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Lebensmitteleinzelhandel: Im Volkswirtschaftsstudium habe ich gelernt, dass ein Oligopol das Effizienteste ist, das man sich vorstellen kann. Dann gibt es wenige, die um diese Märkte ringen. Wir haben genau diese drei, vier, fünf Großen. Damit gibt es dort einen Vorteil.

Wir sind zwar in einer Agrardebatte, aber wir dürfen den Verbraucher nicht außen vor lassen. Die Verbraucher haben den Vorteil, jeden Tag preiswerte und qualitativ vernünftige Lebensmittel einkaufen zu können. Dieser Vorteil ist in der politischen Situation selbstverständlich der weiße Elefant.

(Zuruf der Abg. Antonia Mertsching, DIE LINKE)

Wenn die Bauern mehr Geld erhalten, haben alle Verbraucher letztendlich weniger und können sich weniger leisten. Das ist genau die Situation, die ich ganz offen ansprechen möchte; denn sie gehört zu einer differenzierten Diskussion.

Bei der AfD, Herr Dornau, meinte ich nicht Ihre Inhalte. Dabei sind wir gar nicht so weit auseinander, was Themen der aktuellen Landwirtschaftspolitik angeht. Ich meinte die Art und Weise, wie Sie hier auftreten, und das, was letztendlich auf dieses Land zukäme, wenn Sie hier irgendwann Verantwortung hätten.

(Zuruf von der AfD: Da wird es besser! – Antonia Mertsching, DIE LINKE: Auf keinen Fall!)

Das will ich deutlich sagen. Diese Art und Weise, denke ich, sollten wir ablehnen und uns dagegen wenden. Darum ging es.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sie haben anscheinend unsere Koalitionsarbeit nach viereinhalb Jahren immer noch nicht verstanden. Wir tragen hier eine Regierung in schwierigen Zeiten. Dabei muss man um Mehrheiten ringen. Das wird uns dann mit dem Pflanzenschutzantrag gelingen. Bei vielen anderen Themen sind wir verschiedener Meinung. Das gehört dazu. Wir halten das aus; denn für uns ist es der Inbegriff von Demokratie, so hier in diesem Land zu streiten, auch wenn man unterschiedlicher Meinung ist, und damit offensiv und offen umzugehen. Anscheinend haben Sie es bis jetzt nicht verstanden.

Noch einmal zum Thema Aufstand der Anständigen. Ich sehe auch, dass dieses Land zu behäbig ist, zu umständlich ist, dass wir eine Zeitenwende brauchen. Ich würde mir diese Zeitenwende von der Ampel ganz anders wünschen. Ich denke, es gibt eine Offenheit im Land, die Dinge nicht niederzureißen, sondern letztendlich vernünftig zu gestalten. Das sollten Menschen machen, die mit Sachverstand und einer gewissen Ruhe und nicht mit Hitzigkeit und Polemik an die Themen herangehen. Das bringt uns nicht weiter. Es sind schwierige Probleme zu lösen, die wir vor uns haben, national, international, global. Wir sind wirklich in schwierigen Zeiten. Wir sind als Generation verpflichtet, unseren Beitrag zu leisten.

Ich habe das Vertrauen, dass wir aus einer vielfältigen Gesellschaft heraus die besseren Lösungen finden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, den BÜNDNISGRÜNEN und der SPD)

Frau

Mertsching möchte Ihre Zeit noch nutzen.

Antonia Mertsching, DIE LIKE: Gern, wenn wir jetzt endlich zur inhaltlichen Auseinandersetzung kommen.

Herr von Breitenbuch, Sie haben es gesagt: günstige Verbraucher(innen)preise.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Ich habe Verbraucherpreise gesagt!)

Genau deshalb hat die Zukunftskommission Landwirtschaft in ihren Empfehlungen angesprochen, dass die Lebensmittelpreise zu niedrig sind und dass die Bauern und Bäuerinnen mehr davon haben sollten. Ich zitiere: „Nachhaltig produzierte Lebensmittel verlangen nach höheren Preisen. Dabei ist eine entsprechende finanzielle Abfederung für einkommensschwache Verbrauchergruppen in Form einer umfassenden flankierenden Sozialpolitik erfor

derlich.“ Denn, es sind nämlich nicht die zu niedrigen Verbraucherendpreise, sondern es sind die Taschen der Milliardäre von ALDI, LIDL und Co.,

(Oh-Rufe von der AfD)

die sich die ganze Zeit auf Kosten der Bauern und Bäuerinnen füllen. Über die Marktmacht dieser Konzerne sprechen wir aber nicht.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Zum Thema Agrarstrukturgesetz, Herr Dornau, würde ich mich wirklich freuen, wenn von Ihrer Seite dazu ein Lösungsvorschlag käme. Die Sachverständigen, die hier gesessen haben, haben bestätigt, dass der vorliegende Gesetzvorschlag verfassungskonform ist und eine Möglichkeit wäre, die Flächenkonzentration zu stoppen, und dass die Deckelung der Pacht und Kaufpreise dazu beitragen würde, dass Landwirte wieder Zugang zum Land bekommen. Es geht nicht nur darum, dass Energie auf der Fläche produziert wird, sondern es ist schon seit 15 Jahren ein Problem, dass die Preise steigen. Bei der Energieproduktion ist es erst seit Kurzem so, dass diese –

Bitte kommen Sie zum Ende.

– massiv zugenommen hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Gibt es jetzt noch Redebedarf bei der AfD oder bei der CDU? – Das sieht nicht so aus. Dann spricht jetzt Herr Minister Günther.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal an die Einbringer dieser Aktuellen Debatte: Die, für die Sie denken, hier sprechen zu wollen, wollen nicht, dass sie von Ihnen missbraucht werden.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Lachen bei der AfD – Jan-Oliver Zwerg, AfD: Danke für die Werbung, Herr Minister!)

Gerade im Zuge der Bauernproteste, für die es viele gute Gründe gegeben hat, war besonders eindrucksvoll, wie der Berufsstand deutlich gemacht, dass er mit Ihnen nichts zu tun haben will. Das ging bis dahin, dass die Ordner geschult wurden, Ihre Symbole zu erkennen und dafür zu sorgen, dass Sie genau dort nicht aufkreuzen, dass Ihre Sachen dort nicht gezeigt werden. Der Berufsstand möchte mit Ihnen nichts zu tun haben.

(Zurufe von der AfD)

Das ist sehr gut.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN und den LINKEN – Jan-Oliver Zwerg, AfD: Wir haben uns gestern erst mit ihnen getroffen, aber das ist egal!)

Die Art und Weise, wie Sie hier diese Debatte führen, wie Sie hier einfach nur herumbrüllen, wie Sie mit Schlagworten kommen, wie Sie mit einer Gewalt in der Sprache über andere Menschen sprechen, das sagt ganz viel über Sie aus, aber nichts über die Leute, über die Sie sprechen.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN und den LINKEN – Jörg Dornau, AfD: Wer hat denn in Leipzig die Antifa gelobt? Das waren genau Ihre Worte!)

Wir wollen nun zur Landwirtschaft kommen, weil sie es einfach verdient hat, dass man über sie spricht und dass sie nicht für Ihre rechten Umsturzfantasien missbraucht wird.

Die Landwirtschaft steckt in einer Krise. Das treibt die Bäuerinnen und Bauern auf die Straßen, und zwar völlig zu Recht. Das hat etwas damit zu tun, dass sehr viele notwendige Prozesse und Reformen über Jahre und Jahrzehnte nicht in Angriff genommen worden sind, und jetzt kommt alles auf einen Schlag.

Was ist das Problem mit der Vergangenheit gewesen?

(Jan-Oliver Zwerg, AfD: Sie sind das Problem!)

Man hat ganz viele Einzelthemen, aber man hat sie nie zusammengefasst. Man kann keine gute Landwirtschaftspolitik machen, wenn man nicht die Folgen des Klimawandels integriert und wenn man nicht eine konsequente Klimaschutzpolitik einbezieht. Eine solche Landwirtschaftspolitik wird keine Zukunft haben. Das wurde in der Vergangenheit nicht konsequent betrachtet.

(Jan-Oliver Zwerg, AfD: Das stimmt nicht!)

Genauso wird man keine erfolgreiche Landwirtschaftspolitik machen können, wenn man nicht die Herausforderungen des Artensterbens und die Biodiversitätskrise ernst nimmt und integriert. Genauso kann man keine erfolgreiche Landwirtschaftspolitik machen, wenn man nicht die Strukturfragen – darauf wurde eingegangen – klärt. Bei der Produktion von Lebensmitteln stehen die Landwirtinnen und Landwirte am Anfang der Kette. Sie sind die Urproduzenten – und das mit einem Job an 365 Tagen im Jahr und 24 Stunden an 7 Tagen pro Woche. Wenn man Tiere versorgen muss, gibt es keine festen Arbeitszeiten. Genauso muss man Wind und Wetter beachten, um zu entscheiden, wann man etwas macht. Man kann nicht nur nach seinem Kalender gehen, sondern man muss jederzeit im Einsatz sein. Genau bei denen, die ganz am Anfang der Kette arbeiten, kommt am Ende der gesamten Kette der Wertschöpfung – in der Geld über die Weiterverarbeitung bis hin zum Vertrieb, auch im Lebensmitteleinzelhandel, verdient wird – viel zu wenig an. Eine ordentliche Landwirtschaftspolitik, die die Probleme dieser Betriebe lösen will, muss das in den Blick nehmen. Das ist in der Vergangenheit nicht ausreichend gelungen.

(Vereinzelt Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

All diese Anforderungen, die selbstverständlich sind – etwa klimaschutzpolitisch –, sind das Hauptproblem; denn die Landwirtschaft ist am meisten von lang anhaltenden Dürren, Starkregenereignissen, Stürmen und vielen Unsicherheiten – was überhaupt noch angebaut werden kann und wie das alles funktioniert – betroffen.

(Zuruf des Abg. Thomas Thumm, AfD)

Sie ist stark betroffen; deshalb muss man klimagemäße Landwirtschaft immer so gestalten, dass es sich am Ende rechnet. Es ist ein Wirtschaftszweig.

(Zuruf des Abg. Thomas Thumm, AfD)

Betriebswirtschaftlich muss es für die einzelnen Betriebe funktionieren und die Branche muss volkswirtschaftlich funktionieren.