Protocol of the Session on September 21, 2023

Da stehen 100 000 Arbeitsplätze auf der Kippe; und zwar in Sachsen. Auf diesen Antrag bzw. dieses Thema möchte ich gern noch einmal eingehen. Die Kolleginnen und Kollegen in Zwickau, in Chemnitz und in Dresden brauchen Sicherheit. Sie brauchen Sicherheit für Ihre Perspektive. Das sollte das Thema sein, mit dem wir uns heute auseinandersetzen.

(Beifall bei der SPD, den BÜNDNISGRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Thomas Thumm, AfD: Sie müssen Bedingungen dafür schaffen!)

Die Kolleginnen und Kollegen sind stolz auf das, was sie machen, und nicht auf das, was Sie, Herr Hütter, da von sich geben: dass sie keine Qualität geliefert hätten.

(Zuruf des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Der Modus „Wir wollen den Trabbi wieder!“ ist in Ihrer Rede mitgeschwungen.

(Carsten Hütter, AfD: Wir haben Autos produziert, die werden nach sechs Jahren durchgerostet sein! Erzählen Sie keinen Unsinn hier!)

Das ist einfach eine Frechheit gegenüber diesen Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Die Kolleginnen und Kollegen haben in Zwickau sechs Modellanläufe vorbildhaft auf den Weg gebracht und wir als Freistaat Sachsen haben genau das unterstützt. Dazu sollten wir stehen und dieses Zugeständnis, diese Aussage brauchen die Kolleginnen und Kollegen von uns hier und heute. Es sind 7 500 Kollegen, die dort fest beschäftigt sind. 3 000 Kollegen haben befristete Arbeitsverträge;

diese sind in großer Unsicherheit. Wir sollten sie mit aller Kraft, die wir haben, unterstützen.

Nicht nur das. Es besteht auch eine große Unruhe bei den Kolleginnen und Kollegen, die in der Zulieferbranche beschäftigt sind. Das ist jeder Dritte; ein Arbeitsplatz bei VW hat umgerechnet drei Arbeitsplätze in der Zulieferung. Deshalb ist es mir so wichtig, genau über dieses Thema zu sprechen, wie wir unseren Kollegen in Sachsen wirkliche Sicherheit vermitteln.

Dazu brauchen die Kolleginnen und Kollegen Ausbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten, die wir erweitern müssen. Sie brauchen selbstverständlich eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur. Sie brauchen natürlich in der Logistik auch die Automatisierung, von der heute schon gesprochen wurde. Und wir müssen überlegen, mit dem Bund darüber ins Gespräch zu kommen, dass bestimmte Unterstützungsmaßnahmen verlängert werden. Auch das braucht es. Es gibt noch keinen Gebrauchtwagenmarkt in dem Bereich der E-Autos, weil die Förderung sehr kurzfristig ausgelaufen ist.

Wir haben heute viel darüber gesprochen, dass wir keine Planwirtschaft wollen – wir sind aber mit der Planwirtschaft anderer Länder konfrontiert, zum Beispiel in China, die große Subventionen in die E-Mobilität eingeben. Dem müssen wir doch Rechnung tragen. Ja, chinesische Fahrzeuge sind billiger. Deshalb brauchen wir ein Programm, mit dem wir gegensteuern können, damit wir in diesem Bereich konkurrenzfähig sind.

Letzte Woche gab es in Zwickau eine Betriebsversammlung, heute wird sie in Dresden stattfinden. Auch Dresden macht sich auf den Weg, um Zukunftskonzepte zu erarbeiten, so wie Chemnitz. Dort brauchen sie unsere Unterstützung, vorbehaltlos, damit sie wissen, dass wir uns um sie und ihre Arbeitsplätze kümmern.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, was passiert, wenn Arbeitsplätze abgebaut werden, auch bei VW in

Zwickau. Das bedeutet im Rahmen des demografischen Wandels – und wir reden hier alle über wirklich fehlende Arbeitsplätze –, dass sich wertvolle, qualifizierte Menschen vielleicht in anderen Branchen niederlassen und in der Zukunft nicht zur Verfügung stehen, wenn wir diese Durststrecke überstanden haben. Deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt um die Arbeitsplätze kämpfen.

Wichtig ist auch – das ist heute auch schon gesagt worden –, dass es eine Förderung bzw. eine Investition von 1,2 Milliarden Euro für VW gegeben hat. Das kann man doch nicht einfach in den Sand setzen und so tun, als ob uns das nicht interessiert und man zurückwill zu alten Technologien.

(Thomas Thumm, AfD: Technologieoffenheit!)

Das ist auch gegeben. Es ist heute ausführlichst besprochen worden, was Technologieoffenheit betrifft.

(Zuruf des Abg. Thomas Thumm, AfD)

Mir geht es tatsächlich darum, dass wir uns vielleicht auch mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen zusammentun und gemeinsam – Sachsen und Niedersachsen – noch einmal einen Vorstoß in Richtung Bund unternehmen, um die Arbeitsplätze für Sachsen zu sichern. Das muss unsere oberste Priorität haben.

Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das war Frau Staatsministerin Köpping. Sie sprach für die Staatsregierung. Gibt es jetzt weiteren Redebedarf in dieser Ersten Aktuellen Debatte? – Das kann ich nicht feststellen. Damit ist die Erste Aktuelle Debatte abgeschlossen.

Wir kommen nun zur Zweiten Aktuellen Debatte, beantragt von der Fraktion BÜNDNISGRÜNE. Ich rufe auf:

Zweite Aktuelle Debatte

Gartenland Sachsen – gemeinsame Verantwortung

für unsere grünen Schätze in Zeiten des Wandels

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion BÜNDNISGRÜNE das Wort. Das Wort ergreift für die einbringende Fraktion Herr Kollege Löser.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sechs von neun Belastungsgrenzen unseres Planeten sind überschritten. Dies meldete letzte Woche das Fachmagazin „Science Advances“. Ich möchte diese sechs Überlastungsgrenzen aufzählen – vor allen Dingen für die Kollegen der AfD. Sie fragen sich die ganze Zeit, warum wir eigentlich grüne Politik machen?

Ich möchte es Ihnen noch einmal sagen: Sechs von neun Überlastungsgrenzen des Planeten sind überschritten: Das ist die Entwaldung, die Belastung der Stickstoffkreisläufe, der Verbrauch von Süßwasser, die Unversehrtheit der Biosphäre – also alle Bereiche mit Lebewesen –, Schadstoffeintrag, den wir in die Umwelt bringen. Das sind Mikroplastik, Pestizide und der Atommüll. Derzeit sicher ist die Erde noch bei drei Bereichen: Das ist die Partikelverschmutzung der Atmosphäre, die Ozeanversauerung und die Ozonschicht.

Die Überschreitung der planetaren Grenzen markiert eine kritische Schwelle für erheblich steigende Risiken. Die Au

toren der Studie sprechen von einem Weckruf. Sie formulieren wie folgt: Die Erde ist ein Patient, dem es nicht gutgeht.

Meine Damen und Herren! Diese Botschaften sind nicht neu. Wir kennen sie seit dem berühmten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ aus dem Jahr 1972 des „Club of Rome“.

Wir haben uns leider daran gewöhnt. Wie ist es oft mit schlechten Nachrichten, an die man sich gewöhnt? Man zuckt irgendwann mit den Schultern und hofft, so schlimm wird es schon nicht werden. Meine Damen und Herren! Genau das beschreibt unser psychologisches Dilemma, aus dem wir dringend herauskommen müssen.

Wer die Klimakrise heute noch leugnet, beleidigt seinen eigenen Verstand und steckt den Kopf in den Sand. Im schlimmsten Fall nimmt er ihn kurz aus dem Sand, um diejenigen, die auf die Gefahren hinweisen, als Verrückte zu brandmarken. Das kann man machen. Das wird sich aber historisch als falsch erweisen. Es trägt vor allen Dingen nichts zur Lösung der Probleme bei, außer man will natürlich Probleme verschärfen.

Die AfD leugnet bis heute – wir haben es auch vorhin wieder in der Debatte gehört, sehr ausführlich – den vom Menschen gemachten Klimawandel. Die AfD träumt davon, die Macht in Deutschland zu übernehmen. Ich frage mich dann: Wie wollen Sie eigentlich die Klimakrise lösen? Verbieten Sie dann die Waldbrände? Verbieten Sie dann die Klimaerwärmung? Erfinden Sie Thermometer, die immer 10 Grad Celsius weniger anzeigen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen ist ein Teil dieser Welt. In Sachsen spielen sich auch all diese dramatischen Vorgänge ab. Denken wir an den Zustand der sächsischen Wälder, an das Thema Dürre, den verheerenden Waldbrand im Nationalpark Sächsische Schweiz im Sommer des letzten Jahres und an trocken gefallene Brunnendörfer.

Wir haben es aber – das ist die gute Nachricht – auch hier in Sachsen in der Hand, auf den Klimawandel zu reagieren. Das ist die nächste gute Nachricht: Tausende Menschen in Sachsen tun dies bereits Tag für Tag.

Sachsen ist mit 28 % Waldfläche ein waldreiches Land. Sachsen ist aber auch ein Gartenland. Allein der Staatsbetrieb Sächsische Schlösser und Gärten pflegt unsere grünen Schätze in über 50 Parkanlagen. In 34 Kleingartenverbänden in Sachsen gibt es insgesamt 184 000 Mitglieder. Allein 250 Unternehmen sind in dem Verband des sächsischen Garten- und Landschaftsbaus organisiert.

Folgendes sollten wir nicht vergessen: In Sachsen wurde durch den Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz vor 300 Jahren der Begriff Nachhaltigkeit geprägt.

Am 1. September dieses Jahres versammelten sich sieben sächsische Verbände, darunter Gartenbauerinnen und -bauer, Floristinnen und Floristen und Landschaftsarchitektinnen und -architekten zu ihrem ersten Sommerfest der grünen Berufe in Bischofswerda. Neben Staatsminister

Wolfram Günther und Franziska Schubert von den GRÜNEN war auch Herr Kollege Georg Ludwig von Breitenbuch von der CDU vor Ort. Unser Ministerpräsident ließ ein Grußwort ausrichten.

Im Zentrum der Veranstaltung stand die Entwicklung Sachsens zu einem klimaresilienten und nachhaltigen Bundesland. Es wurden vor allen Dingen die Chancen von Landes- und Bundesgartenschauen als Mittel erfolgreicher regionaler Entwicklungen hervorgehoben.

Wie sicherlich bekannt ist, bewirbt sich gerade die Landeshauptstadt Dresden um die Bundesgartenschau BUGA 2033. Sachsen hat seit dem Geburtsjahr der Bundesgartenschauen im Jahr 1951 noch nie eine BUGA ausgerichtet. Wir als Landtagsfraktion BÜNDNISGRÜNE unterstützen diese Bewerbung ausdrücklich. Eine BUGA kann kraftvolle Impulse in die Region senden, viele Menschen begeistern und Umsetzungsprozesse angedachter Projekte beschleunigen. Momentan läuft unter Einbindung und großer Zustimmung des Stadtrates Dresden die Konzept- und Bewerbungsphase.

Klar ist, dass eine BUGA große Potenziale bietet, aber auch finanziert werden muss. Sowohl die Landeshauptstadt Dresden, der Bund als auch das Land Sachsen werden sich einbringen müssen, wie es beispielsweise bei der Bewerbung der Stadt Chemnitz als Kulturhauptstadt durch eine gemeinsame Finanzierungsvereinbarung der Fall ist. Es wäre eine große Chance für Sachsen und eine wunderbare Gelegenheit für Dresden und die gesamte Region, die erste sächsische BUGA 2033 auszurichten.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN und des Staatsministers Wolfram Günther)

Meine Damen und Herren! Sachsen braucht solche positiven Herausforderungen. Es wird Zeit, gute Nachrichten nach vorn zu stellen und zu zeigen, dass wir die Klimakrise auch in Sachsen ernst nehmen und uns gemeinsam auf den Weg machen, um unsere grünen Schätze für die Zukunft zu bewahren.

Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. Mein Kollege Volkmar Zschocke wird in der zweiten Runde hier anknüpfen.

(Beifall bei den BÜNDNISGRÜNEN und des Staatsministers Wolfram Günther)