Zu Herrn Beger und Herrn Nowak: Sie haben mir vorgeworfen, dass ich jetzt nur noch Leute in Bussen und Bahnen oder auf dem Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen sehen will. Das habe ich nie gesagt. Ich streite natürlich für bessere Bedingungen für Radverkehr oder Radverkehrsinfrastruktur, ich streite auch für bessere Bus- und Bahnverbindungen.
Ich streite auch für sichere Fußwege usw. Aber ich habe nie einem Autofahrer im Vogtland, wie Sie es gerade beschrieben haben, oder im Erzgebirge verboten, mit dem Auto zu fahren. Ich möchte nur seine Alternativen stärken, damit er das nicht mehr ausschließlich machen muss. Dass er keine Wahl hat, darum geht es.
(Andreas Nowak, CDU: Deutlich forciert gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern! Sie wollen etwas abschaffen!)
Ja, im Landesverkehrsplan, weil das bisher nie passiert ist, weil wir in Sachsen ein Straßen- und Autoland sind. Ich habe nie verboten, das zu nutzen.
Herr Baum, Sie haben gesagt, dass das Thema Barrierefreiheit auch im Abschlussbericht steht. Dass das erst 2030 umsetzbar ist, das habe ich natürlich auch mitbekommen und habe auch darüber gesprochen, darüber geschimpft. Ich weiß auch, dass die Verbände das am Ende unterstützt haben. Aber dieser ÖPNV-Abschlussbericht ist nicht das Parlament. Die Gesetzgeberin sind wir hier alle. Wir müssen uns also nicht einseitig an den Empfehlungen der Strategiekommission orientieren.
Wir können natürlich auch darüber hinausgehen, noch weitergreifende Forderungen stellen und sagen, dass wir gern das Personenbeförderungsgesetz umsetzen wollen. Hätten wir damit schon vor fünf Jahren, am Anfang der Legislaturperiode, angefangen – wir brauchen ja den Bericht nicht dafür, um das umzusetzen –, dann hätten wir sieben Jahre mehr Zeit gehabt als jetzt, wenn es nur noch zweieinhalb Jahre sind. Aber zumindest das Ziel formulieren und dafür einzustehen, dass wir das wollen, das sollten wir meiner Meinung nach als Parlament schon tun.
Zum Thema Landesverkehrsgesellschaft hat Verkehrsminister Dulig in der letzten Woche bei der VVO-Jahrestagung, bei der Sie alle gar nicht waren, noch einmal gesagt, dass es eine Landesverkehrsgesellschaft geben wird. Das erkenne ich an und freue mich auch, dass er das so fordert. Die Frage ist nur, wann. Es wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr passieren; denn dazu müssten wir das Gesetz ändern. Es liegt kein Entwurf einer Gesetzesänderung vor. Also wird das in dieser Legislaturperiode auch nicht mehr kommen. Ob dieser Verkehrsminister in der nächsten Legislaturperiode noch Verkehrsminister ist, ist ja vollkommen fragwürdig. Auch hier frage ich mich: Warum haben Sie fünf Jahre lang geschlafen und das nicht umgesetzt? Seit 2017 liegt der Abschlussbericht der ÖPNV-Strategiekommission vor. Wenigstens seitdem hätten Sie handeln können.
Das ist auch das Grundproblem dieser Regierung oder dieser Koalition: Sie kündigen nur an, setzen aber nichts um. Das wollen wir mit diesem Antrag ändern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Meier, ich darf wieder einmal zum ÖPNV sprechen, was ich auch gerne mache.
Das mache ich auch deshalb gerne, weil mir das Thema sehr am Herzen liegt, ich denke, genauso wie Martin Dulig.
Liebe Kollegen von den LINKEN, das, was als Antrag vorgelegt wurde – sorry, ich verstehe nicht so sehr viel davon –, ist ein Wunschkatalog. Ich habe einmal nachgesehen: Die LINKEN regieren mit in Berlin, in Brandenburg und in Thüringen. Sie regieren mit, genau so wie wir mitregieren. Schauen Sie sich bitte einmal den ÖPNV in diesen drei Ländern an, wo Sie seit Längerem mitregieren!
Sie haben einen ganzen Katalog aufgeschrieben. So viel nur dazu: Es ist ein Wunschkatalog. Aber ich will auf die Details eingehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der sächsische ÖPNV muss sich nicht verstecken, und er ist auch in dieser Legislaturperiode gut weiterentwickelt worden. Vor fünf Jahren gab es keine Strategiekommission, und deswegen konnten auch keine Ergebnisse einer Strategiekommission vor fünf Jahren umgesetzt werden, sondern frühestens seitdem diese Ergebnisse 2017 vorlagen.
Wenn wir uns darauf verständigen, gestatten Sie mir einige Fakten zu nennen, die teilweise schon vom Kollegen Nowak oder vom Kollegen Baum angesprochen wurden. Der beste Erfolgsbeleg ist ja immer wieder das Votum der Kunden des ÖPNV. Ich verfolge natürlich mit großem Interesse, was der Dresdner ÖPNV an Kundenumfragen hat, und diese sind durchweg positiv.
Aber schauen wir uns die Einzelheiten an. Von 2014 bis 2017 ist die Zahl der Fahrgäste im sächsischen SPNV um 14 % gestiegen. Die Zahlen von 2018 liegen noch nicht vor, aber sie sind mit Sicherheit nicht zurückgegangen. Die entsprechenden Zugkilometerangebote stiegen im gleichen Zeitraum um insgesamt 8,6 %.
Bei den Leipziger Verkehrsbetrieben wuchsen die Fahrgastzahlen so dynamisch, dass sie vergleichbar sind mit dynamischen Großstädten in China. In Dresden war das Wachstum nicht ganz so steil; da ist auch das Bevölkerungswachstum nicht mehr ganz so stark, aber sehr kontinuierlich. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Wachstum ist die kontinuierliche Förderung des Freistaates Sachsen für die ÖPNV-Investitionen, speziell für die Infrastruktur, aber auch für Fahrzeuge.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich gut erinnern, dass wir in
der letzten Legislaturperiode Gespräche mit Vertretern des ÖPNV hatten, die sehr beklagt haben, dass die Investitionen zurückgegangen sind und sie zum Beispiel in der Stadt Dresden keine neuen Busse mehr anschaffen konnten. Genau dort hat es eine Trendumkehr gegeben.
Wir haben uns in dieser Legislaturperiode aber auch das Ziel gesetzt, etwas für die Alltagsmobilität jenseits der Großstädte zu tun. Nach gründlicher Evaluierung im Rahmen der Arbeit der ÖPNV-Strategiekommission und einer zugegebenermaßen etwas langen Diskussionsphase haben wir uns im Februar mit der kommunalen Ebene auf verschiedene Maßnahmen einigen können. Dazu gehören unter anderem die Etablierung und der dauerhafte Betrieb eines landesweiten Busgrundnetzes aus Plusbus- und Taktbuslinien. Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Situation.
Ich danke Ihnen auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass im Rahmen des Doppelhaushalts 2019/2020 der hierfür erforderliche finanzielle Rahmen geschaffen werden konnte; denn dafür mussten ja extra Landesmittel in die Hand genommen werden. Wir gehen davon aus, dass durch die Etablierung dieses Netzes sehr viele Menschen, die weit überwiegend im ländlichen Raum leben, erstmals wieder in den Genuss alltagstauglicher ÖPNV-Angebote kommen werden.
Wir konnten in dieser Legislaturperiode aber auch dadurch positive Rahmenbedingungen für den gesamten ÖPNV schaffen, dass wir die den Zweckverbünden übertragenen Mittel gleich zweimal deutlich aufgestockt haben. Von Leistungskürzungen oder gar Streckenstilllegungen spricht zurzeit niemand mehr, und das bleibt hoffentlich auch so. Ganz im Gegenteil, im sächsischen ÖPNV hat in den letzten Jahren, angestoßen durch die Staatsregierung, ein grundlegender Paradigmenwechsel stattgefunden. Die kommunalen Aufgabenträger verfügen über eine langfristige Planungs- und Finanzierungssicherheit auf einem solch hohen Niveau, wie es das vorher noch nie gab. Thomas Baum hat das sehr deutlich gemacht. Mit einer kleinen Korrektur: Bis 2024 haben auch unsere Hochschulen Sicherheit – wenn ich das noch sagen darf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich auf den Antrag zurückkommen. Im vorliegenden Antrag wird die Forderung erhoben, den Zweckverbünden 100 % der Regionalisierungsmittel für den ÖPNV zu übertragen. Bei einer Gesamtschau hätten Sie eigentlich als Einreicher bemerken können, dass wir in der Praxis bereits deutlich mehr Finanzmittel für den ÖPNV zur Verfügung stellen als nur die Regionalisierungsmittel. Zunächst erhalten die ÖPNV-Zweckverbände in diesem Jahr mit insgesamt 467,2 Millionen Euro stolze 18,9 % mehr Mittel als 2014, also vor Beginn dieser Legislaturperiode. Die ländlich geprägten Zweckverbände der Nahverkehrsräume Oberlausitz-Niederschlesien und Vogtland profitieren von diesem Zuwachs sogar überproportional. Natürlich kommen ausnahmslos alle Regionalisierungsmittel dem ÖPNV direkt zugute –
zum Beispiel im Rahmen der bereits erwähnten ÖPNVInvestitionsförderung, die in diesem Jahr erneut auf sehr hohem Niveau ausgereicht wird. In diesem Doppelhaushalt stehen darüber hinaus noch einmal 75 Millionen Euro zusätzliche Landesmittel zur Verfügung. Diese werden für die Umsetzung der bereits angedeuteten Vorhaben der ÖPNV-Strategiekommission verwendet. Das ist ja angefangen, das heißt, sie können auch noch 2019 und 2020 zum Einsatz kommen.
Gemeinsam mit der kommunalen Ebene werden wir deswegen grundlegende Angebotsverbesserungen durch die konsequente Einführung von Plus- und Taktbussen bewerkstelligen.
Unter fachlicher und organisatorischer Federführung des VVO werden wir einen Sachsentarif etablieren. Zur Ehrlichkeit dem Bürger gegenüber gehört jedoch die Feststellung, dass ein derart komplexes und in sehr vielen Verkehrsverträgen verankertes Tarifprodukt nicht von heute auf morgen vom Himmel fällt.
Liebe Kollegen von den LINKEN, vielleicht wäre es hilfreich, wenn Sie einmal mit in der Regierung tätig wären. Dann würden Sie merken, wo die Grenzen der Landesregierung liegen, weil Sie dann schlicht und ergreifend solche Vorschläge auch nicht ohne Weiteres verhandeln können.
Hierbei gibt es nun einmal Grenzen mit Blick auf die Möglichkeiten, die der Landesregierung und dem Landtag zur Verfügung stehen.
Bereits ab dem Sommer dieses Jahres wird das Bildungsticket für alle Auszubildenden für 48 Euro und ein Schülerfreizeitticket für alle Schülerinnen und Schüler angeboten. Martin Dulig hatte es heute früh noch einmal gesagt: Das Bildungsticket ist noch nicht umgesetzt worden und bleibt auf der Agenda stehen. Mit den Strukturen des ÖPNV im Freistaat Sachsen beschäftigt sich das SMWA derzeit auch sehr intensiv.
Ich nehme Bezug auf einen weiteren Punkt Ihres Antrags. Dort geht es um die Forderung nach der Umsetzung flächendeckender Barrierefreiheit bis zum Jahr 2020. Hierbei darf ich ab und zu meinen Kollegen vertreten. Sie wissen, dass mir das ein ganz besonderes Anliegen ist, der SPD insgesamt. Dazu möchte ich in diesem Fall konkret sagen, dass dort ambitionierte Ergebnisse und Übereinkünfte im Rahmen der Arbeit der ÖPNV-Strategie enthalten sind. Diese Ergebnisse sind gemeinsam mit den Behindertenverbänden und allen anderen relevanten Akteuren erarbeitet worden. Durch unsere kontinuierliche ÖPNV-Investitionsförderung sind wir auf diesem Gebiet ebenfalls bereits sehr weit vorangeschritten. Ich weiß, dass die regionalen Verkehrsverbünde hoch sensibilisiert sind. In der Tat ist aber dort noch viel zu tun. Es ist kein
Geheimnis, dass auch solche Maßnahmen einen finanziellen Rahmen benötigen und in den meisten Fällen auch Dritte eingebunden werden müssen. Wir haben es hierbei mit einer Aufgabe auch in den nächsten Jahren zu tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Legislaturperiode, da bin ich mit meinem Kollegen Martin Dulig sehr einig, ist für den ÖPNV im Freistaat Sachsen eine sehr erfolgreiche Legislaturperiode gewesen. Vor allen Dingen fand ein Paradigmenwechsel in die richtige Richtung statt. Wir haben gemeinsame Beschlüsse gefasst, die weiter über diese Legislaturperiode hinausreichen werden. Ich möchte sie kurz anreißen: das landesweite Busgrundnetz, die Digitalisierung des Vertriebs, den Sachsentarif, das Azubi- und Schülerticket. Am Bildungsticket halten wir auch fest, das ist mehrfach betont worden. Die Zukunft des ÖPNV hat damit gerade erst richtig begonnen.
Ich möchte abschließend an alle beteiligten Akteure appellieren, diesen gemeinsam vereinbarten Weg auch gemeinsam weiterzugehen. Der ÖPNV lebt von langfristigen Planungen, von Verlässlichkeit und Kontinuität. Alle Schnellschüsse und Träume, die wir manchmal haben, lassen sich mitunter nicht so einfach umsetzen. Es sind scheinbar einfache Lösungen. Man sollte dem Bürger reinen Wein einschenken, dass man für manche Dinge auch andere Partner und längere Zeiträume benötigt. Der ÖPNV ist jetzt auf dem richtigen Weg, auch dank der Strategiekommission, dank der Entscheidung der Landesregierung und des Parlaments im Haushalt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich noch einmal etwas zur Debatte über die Pönalen, Strafzahlungen, sagen. Die Verkehrsunternehmen müssen diese schon heute zahlen. Das ist schon heute so. Wir fordern nichts Neues. Wenn der Leipzig-Chemnitz-Mittelalterexpress wieder ausfällt oder zu spät kommt, dann muss dieser an den ZVNL oder den VMS eine Strafe zahlen. Das ist bereits heute so. Wir fordern, dass die Strafe an die Kunden weitergegeben wird, damit diese entschädigt werden, wenn der Zug ausgefallen ist. Somit kämen diese in den Genuss des Fahrgastrechts. Es geht um die Finanzierung, das möchte ich noch einmal zur Klarstellung sagen.
Frau Stange, Sie haben im Namen von Herrn Dulig gesprochen. Sie sagten, dass andere Länder, in denen die LINKEN regieren würden, auch nicht viel weiter wären. Dazu muss ich Ihnen Folgendes sagen: In Berlin, wo die LINKEN nicht so lange wie Sie und auch nur als Juniorpartner regieren, gibt es ein kostenfreies Schülerticket für alle Schülerinnen und Schüler. Es gibt einen landesweiten Verkehrsverbund mit Brandenburg. Es gibt einen massi
ven Aufbau bzw. eine starke Erhöhung der Takte, gerade im S-Bahnverkehr. Es gibt wieder Nachtverbindungen usw. Das ist natürlich erst einmal nur ein Anfang.