Zuerst sprechen die einreichenden Fraktionen CDU und SPD, danach folgen DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun Herrn Abg. Fritzsche das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Über das Thema Wohnen wird aktuell sehr intensiv berichtet: Bestandsmiete, Angebotsmiete, Vergleichsmiete, angespannte Wohnungsmärkte, sozialer Wohnungsbau,
bezahlbarer Wohnraum, Gentrifizierung, Mietpreisbremse, Kappungsgrenze, Milieuschutzsatzung, München, Hamburg, Berlin, Leipzig, Dresden – alles in einem Atemzug genannt, einmal durchgerührt, und heraus kommt ein neuer Bericht zum Mietenwahnsinn. Doch man muss dies differenziert betrachten.
Wie sieht es in unserem Freistaat denn nun wirklich aus? In Sachsen finden wir sogenannte angespannte Wohnungsmärkte allenfalls in Leipzig, Dresden und einigen Gemeinden des unmittelbaren Speckgürtels – und auch
dort nicht überall, sondern in bestimmten Stadtvierteln und Quartieren, die besonders nachgefragt sind, und bei bestimmten Wohnungsgrößen. Kleine Wohnungen sowie große Wohnungen für Familien sind mancherorts sehr schwer zu finden, ebenso Wohnungen in bestimmten Qualitäten – Teppichböden, Erdgeschoss, oder frei nach Tucholsky: „vorne die Ostsee und hinten die Friedrichstraße“.
Keine Frage, die Mieten sind gestiegen, aber im Hinblick auf den gesamten Freistaat auf ein moderates Niveau, an mancher Stelle nach wie vor nicht auskömmlich. Der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften hat in seiner aktuellen Untersuchung zur Bezahlbarkeit des Wohnens in Sachsen klar ermittelt, dass im Freistaat kein Mietenproblem vorliegt, sondern – wenn – ein Einkommensproblem.
Vor diesem Hintergrund ist es für uns als CDU-Fraktion besonders wichtig, die soziale Wohnraumförderung nicht nur verengt als Thema der großen Städte zu betrachten, sondern auch den ländlichen Raum im Blick zu behalten.
Mit Augenmaß fördern wir den Sozialwohnungsbau in Leipzig und in Dresden. Wir unterstützen aber auch die Eigentumsbildung sowie den Erhalt und den Umbau – insbesondere den altersgerechten Umbau – von Wohneigentum im ländlichen Raum. Seit diesem Jahr tun wir das mit der Richtlinie zur Förderung des Wohneigentums im Ländlichen Raum und reichen ein staatlich gefördertes Darlehen für die Schaffung, Erweiterung oder Sanierung von selbstgenutztem Wohneigentum aus. Hierfür stehen 40 Millionen Euro bereit.
Mit dieser Förderrichtlinie werden insbesondere für junge Familien attraktive Lebensperspektiven im ländlichen Raum eröffnet. Es sollen sowohl junge Menschen unterstützt werden, die im ländlichen Raum Wohneigentum erwerben oder errichten wollen, als auch ältere Menschen, die ihr Wohneigentum sanieren oder altersgerecht umbauen wollen. Wohneigentum ist darüber hinaus die beste Altersvorsorge.
Wir brauchen einen ehrlichen Umgang in der Diskussion über Schrumpfung und Wachstum der einzelnen Regionen. Das Umland und der ländliche Raum können einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der großen Städte leisten.
Natürlich kommt diese Debatte nicht an der aktuellen Gretchenfrage der Wohnungspolitik vorbei: „Nun sag, wie hast du‘s mit der Enteignung von Wohnungsunternehmen?“ DIE LINKE ist dabei geradezu euphorisch. Die GRÜNEN mit Robert Habeck an der Spitze haben ebenfalls Zustimmung signalisiert und beginnen nun gerade – nachdem der eine oder andere Vernunftbegabte in den Reihen der GRÜNEN, zum Beispiel Winfried Kretschmann, sich kritisch geäußert hat –, fieberhaft nach Auswegen zu suchen und zurückzurudern:
Die SPD ist sich uneins. Es gibt Befürworter und Gegner. Eine abschließende, verbindliche Positionierung wäre gut und hilfreich.
Durch eine Enteignung von Wohnungsunternehmen entsteht keine einzige neue Wohnung. Schon solche Überlegungen sorgen dafür, dass sich potenzielle Investoren drei Mal überlegen, ob sie sich dieser drohenden Enteignungsgefahr aussetzen wollen – alles in allem ein fatales Signal an den Wohnungsmarkt, und das zur Unzeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit. Jeder Mensch hat das Recht, angemessen und sicher zu wohnen. Zu dieser Betrachtung gehören auch die Wohnungskosten.
Wir wissen aus der eben schon zitierten Studie des Wohnungsgenossenschaftsverbands in Sachsen, dass immer mehr Menschen mehr als 30 % oder bis zu 50 % ihres Einkommens für Wohnkosten aufbringen müssen. Betroffen sind vor allem kleine Haushalte, Alleinverdiener, Alleinerziehende, junge Menschen und Rentner. Das ist ein erhebliches Armutsrisiko.
Die SPD will, dass die Menschen in Sachsen zukünftig nicht mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Warmmiete aufbringen müssen. Das ist für die Mehrheit der Menschen in Sachsen eine wichtige Frage. Bei einer Eigentumsquote von gerade einmal 33 % sind wir ein Mieterland. Das betrifft sowohl die Ballungsräume als auch die ländlichen Räume.
Aber die Entwicklung – darin muss ich Ihnen absolut recht geben – ist sehr unterschiedlich. Wir erleben die Folgen des demografischen Wandels. Wir haben Wanderungsprozesse, die zum Wachstum der Ballungsräume und zur Schrumpfung in anderen Kommunen führen. Dies führt auch zu einer zwar unterschiedlich ausgeprägten, aber kontinuierlichen Überalterung der Bevölkerung.
Wir haben in den Ballungsräumen eine steigende Wohnungsknappheit, obwohl sich dort das Hauptbaugeschehen abspielt. Die Bautätigkeit reicht nicht, und dadurch steigen die Mieten. In der Fläche haben wir zwar noch einen recht hohen Leerstand, aber noch vergleichsweise günstige Mieten. Diese Wohnungen müssen aber auch saniert werden, und das wiederum hätte auch im ländlichen Raum Mietenanstieg zur Folge. Wir brauchen passende Lösungen für die unterschiedlichen Wohnungsmärkte.
Als SPD konnten wir in der Koalition in den letzten Jahren bereits einiges erreichen. So sind wir endlich in Sachsen wieder in die Zuschussförderung des sozialen Wohnungsbaus eingestiegen. Seit 2017 stellen wir jährlich 40 Millionen Euro bereit, die momentan nach Dresden und Leipzig gehen. Dort läuft der soziale Wohnungsbau langsam an. Zur Wahrheit gehört aber auch, Herr Böhme, dass in den Jahren 2017 und 2018 nicht das gesamte Geld verbaut wurde, sondern nur ungefähr die Hälfte; der Rest musste zurückgegeben werden.
Das gehört zur Ehrlichkeit dazu. 2019 stellen wir wieder 40 Millionen Euro bereit und 2020 sogar 50 Millionen Euro. Langfristig wird es noch mehr werden müssen, wenn die Bautätigkeit in den beiden großen Städten und vielleicht sogar in noch weiteren Kommunen endlich gut funktioniert. Wir müssen diesen sozialen Wohnungsbau langfristig absichern und diese Förderung auch für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen öffnen, die an diesen Mietwohnmärkten mittlerweile ebenfalls Probleme haben.
Wir tun noch mehr und erfüllen weitere soziale Zwecke im Bereich der Wohnbauförderung. Ich erwähne nur die Wohnraumanpassung und das Seniorenwohnen mit barrierearmen Wohnungen, das Familienwohnen und die Unterstützung der Eigentumsbildung bei jungen Familien.
Damit bin ich beim ländlichen Raum. Wir haben hierbei zwei Hauptaufgaben zu erfüllen, wobei es vor allem um Haltefaktoren geht. Wir können mit der neuen Förderrichtlinie „Wohnen im ländlichen Raum“ einen ersten Schritt leisten, der aber auch nur Eigentumsbildung beinhaltet. Das Zweite ist, dass wir auch für die Mieterinnen und Mieter etwas tun müssen. Das hat zur Folge, dass wir in Zukunft zwingend für den Bereich der kommunalen und genossenschaftlichen Unternehmen einen Weg finden müssen, wie wir Sanierungstätigkeit unterstützen, ohne dass die Mieten auch im ländlichen Raum auf exorbitante Höhen ansteigen. Wir brauchen also einen Pakt für gutes und bezahlbares Wohnen im ländlichen Raum zwischen dem Freistaat, den Unternehmen und den Mieterinnen und Mietern.
Meine Damen und Herren, auch in Sachsen finden sich Mieterinitiativen zusammen, die am letzten Wochenende unter dem Stichwort „Mietenwahnsinn stoppen“ demonstriert haben. Ich finde das nachvollziehbar, weil im Verhältnis zur Einkommenssituation die Mieten gerade in
den beiden großen Städten davongaloppieren. Deshalb müssen wir das Thema Mieten auch in den Griff bekommen, meine Damen und Herren! Ich appelliere daher von der SPD-Fraktion als Allererstes dafür, dass wir endlich auch in Sachsen die Mietpreisbremse an den beiden Wohnungsmärkten Dresden und Leipzig einführen.
Die SPD will auch nicht länger akzeptieren, dass Mieten durch Zweckentfremdung und Spekulation mit Wohnimmobilien zusätzlich steigen, gerade weil wir in ostdeutschen Großstädten keine Verhältnisse wie in München, Hamburg oder Berlin wollen. Wir brauchen mehr Kontrolle über Grund und Boden.
Gerade weil Eigentum verpflichtet, meine Damen und Herren, empfinde ich – damit spreche ich für die SPD – das Instrument der Enteignung zumindest als letztes Mittel als gerechtfertigt.
Wir müssen zuvor alle anderen Instrumente ausreizen: Wohnungsbau, Baupflicht durchsetzen usw. Aber als letztes Mittel – da können Sie als Konservative oder Neoliberale schimpfen, wie Sie wollen – besteht dieses Instrument im deutschen Recht. Also lassen Sie es uns auch nutzen, genauso wie wir es beim Straßenbau, beim Bau von Energietrassen und in anderen Bereichen längst tun. Warum nicht für bezahlbares Wohnen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am vergangenen Wochenende haben Zehntausende Mieterinnen und Mieter gegen explodierende Mieten demonstriert. Viele Menschen sind in großer Sorge, ob sie sich in Zukunft noch ihre Wohnungen werden leisten können. Sie leiden darunter, dass mit ihren Wohnungen Monopoly gespielt wird, weil internationale Finanzspekulanten den Wohnungsmarkt als Spielcasino für sich entdeckt haben.
Durch die Mietenentwicklung wurde und wird die soziale Ungleichheit verschärft und die soziale Spaltung in unserem Lande vertieft. Inzwischen macht die Miete über eine Million Haushalte in den Großstädten so arm, dass sie sogar weniger Geld zur Verfügung haben als jene Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind.
Meine Damen und Herren, seitdem Deutschland von der GroKo regiert wird, sind die Mieten in 79 von 80 Großstädten gestiegen, in vielen davon sogar drastisch. Es ist also kein Wunder, dass die Wählerinnen und Wähler vor CDU und SPD in Scharen davonlaufen.
Nehmen Sie es mir nicht übel: Ich kann diese Krokodilstränen, die die SPD hier vergießt, wirklich nicht mehr ertragen. Sie halten hier große Reden, dabei sitzen Sie doch selbst mit in der Bundesregierung, und Sie sitzen auch in der Staatsregierung – warum setzen Sie denn das nicht durch, was Sie hier verkünden?