Jetzt noch ein ernstes Wort zum Ende. Das sage ich wirklich mit großem Ernst: Ich komme aus einer Vita, einer Biografie, die mir Herr Schreiber, mit allem, was er davon weiß, immer wieder zuruft und in der ich Anteil an einer falschen Sicherheitspolitik hatte. Ich habe einen lang andauernden und quälenden Prozess durchlebt, in dem ich das alles aufzuarbeiten hatte. Ich sage Ihnen, ich habe nie gedacht, dass ich 28 Jahre später wieder in einem Parlament stehe, das klipp und klar beschließen will, dass die Sicherheitsinteressen, die Sicherheitspolitik, die Sicherheitsgefühle, die Sicherheitslage vor den Grundrechten stehen.
(Beifall bei den LINKEN – Dr. Stephan Meyer, CDU: Unglaublich! – Carsten Hütter, AfD: Sie haben überhaupt nichts verstanden!)
Genau diese Umkehrung, das weiß mein Kollege Schiemann, das weiß Kollege Colditz, das, was Sie hier machen,
was Sie hier veranstalten, hätten Sie 1993, 1994 und 1997 unter dem Eindruck der Wende und der Versprechen vor der Wende nie machen können.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Meine Fraktion und ich haben jetzt in aller geduldigen Ruhe die Ausführungen von Herrn Bartl genossen. Das sei ihm gegönnt. Er scheidet aus dem Parlament aus. Insoweit konnte er jetzt auch gern Ausführungen machen, denen in weiten Teilen nur noch er selbst gefolgt ist. Wenn es der Aufarbeitung seiner Vergangenheit dient, sei es ihm gegönnt.
Eine Stelle aber weise ich von mir und weise sie auch im Namen meiner Fraktion von uns: Wir haben es uns mit diesem Polizeigesetz nicht leicht gemacht. Es ist eine Abwägung von Freiheitsrechten in Verbindung mit Sicherheitsabwägungen. Genau um diesen Ausgleich ging es. Ich lasse mir von Ihnen, Herr Bartl, nicht unterstellen, dass wir die Freiheitsrechte einschränken würden und das mit einem Gleichnis zu Ihrer Vergangenheit verbinden. Wenn Sie Ihre Aufarbeitung so betreiben, dann betreiben Sie die bitte außerhalb dieses Hauses.
Hier geht es um ein verantwortungsvolles Polizeirecht. Seien Sie sich sicher, dass Ihre Rechtsauffassung genau wie viele andere gehört und respektiert wird. Aber unterstellen Sie uns nicht, dass wir blind zu einer Rechtslage nicht ebenfalls Abwägungen zum vorliegenden Entwurf vorgenommen haben.
Ich komme aus einer Entwicklung, Herr Kollege, die damals als Mitarbeiter der ersten frei gewählten Volkskammer begonnen hat, als es darum ging, dass man sich coram publico im Parlament bekennt, die Wahrheit sagt und Ähnliches mehr. Deshalb habe ich immer noch die Auffassung, dass das ins Parlament gehört. Hier habe ich aufzuarbeiten. – Das ist Punkt 1.
Punkt 2. Ich sage Ihnen einmal, was mir unter die Haut ging. Ich habe vorhin Frau Dr. Leiterer, die diese Promotionsarbeit geschrieben hat, nur kurz zitieren können. Sie hat in dieser Arbeit ihre große Sorge geäußert, dass es in
der Tendenz klare Absagen an das deutsche Rechtssystem gibt, wenn man zum Beispiel nach dem Law-and-OrderSystem der USA schaut. Dabei nimmt sie einen Bezug auf den Vorsitzenden des Landesverbandes der DPolG und zitiert eine Äußerung aus dem Jahr 2007: „Deutsche Polizeigesetze behindern die vorbeugende Verbrechensbekämpfung. Immer muss erst die berühmte unmittelbare Gefahr bevorstehen oder eingetreten sein, bevor die Polizei tätig werden kann. Die sogenannten Freiheitsrechte der Bürger werden höher bewertet als der Schutz vor Kriminalität. Individualrechte Einzelner und soziale Bedürfnisse kleiner Gruppen finden mehr Beachtung als die Sorgen und Nöte der Bevölkerung.“ Dazu hat die Doktorandin gesagt: Wenn das in der Republik mehrheitsfähig wird, dann haben wir eine andere Republik.
Indem Sie das tun, machen wir einen Paradigmenwechsel, den die Frau Dr. Leiterer 2007 überhaupt nicht vorgesehen hat; denn sie redet immer noch von konkreten Gefahren, die die Polizei abwehren müssen. Sie hätte mit Sicherheit damals darauf geschworen, dass im Jahr 2019 nirgendwo in der Bundesrepublik, auch nicht in Sachsen, ein Gesetz, das genau der Denkweise folgt, mehrheitsfähig wird. Das ist das Drama.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Problem bei der Polemik und der Ideologie ist ja, dass immer alles von den anderen kommt. Das beschreibt ein bisschen, wie ich die Debatte hier wahrnehme. Ich bedaure das zutiefst.
Beginnen möchte ich ganz kurz mit dem Beitrag von Herrn Wippel und eine Sache ansprechen, die ich interessant finde: Sie versuchen immer darzustellen, dass alle bei Ihnen nur abschreiben. Sie hätten die Ideen zuerst gehabt usw. Sie haben das auch vorhin versucht und auf entsprechende Gesetzentwürfe und Anträge hingewiesen, die Sie im Sächsischen Landtag eingereicht haben und die wir zu Recht abgelehnt haben.
Der Unterschied zwischen Ihren Initiativen und dem hier vorliegenden Gesetzentwurf ist ganz einfach: Bei Ihnen geht es durchgängig darum,
in der Bevölkerung die Befürchtungen und die Angst vor bestimmten Gruppierungen und Entwicklungen zu schüren und immer wieder den Finger darauf zu legen.
Das können Sie so machen. Aber dass eine Koalition und auch andere Fraktionen hier im Sächsischen Landtag nicht so vorgehen, ist, glaube ich, ganz gut so.
Der Unterschied bei uns ist, dass den Entscheidungen, hier neue Befugnisse aufzunehmen, die sich mit dem Phänomen der politisch und religiös motivierten Kriminalität und dem Terrorismus beschäftigen, mehrere Empfehlungen der Innenministerkonferenz zugrunde liegen, die dem Ziel dienen, das möglichst harmonisch in die Polizeigesetze der Länder und des Bundes aufzunehmen. Das haben Sie bisher nie beachtet. Sie schwingen immer die Keule der Angst. Aber trotzdem müssen wir einen Weg finden, mit diesem Phänomen umzugehen.
Zweitens. Wir haben von der Fraktion DIE LINKE jetzt einiges erlebt. Wir haben ihre Theatervorführung hier erlebt. Ich frage mich aber die ganze Zeit, ob das für Sie als größte Oppositionsfraktion Ihre Vorstellung von Verantwortung für dieses Land und für dieses Thema ist.
vermisse ich gerade von Ihnen eine Antwort darauf, wie Sie mit dem neuen Kriminalitätsphänomen umgehen wollen. Kein Ton dazu, null! Stattdessen Zahlenspielereien, statistische Tricks von Kollegen Stange, die uns dabei überhaupt nicht weiterhelfen. Das, was fehlt, ist eine konkrete Abarbeitung der konkreten Punkte, die hier vorliegen.
Es kam ein kleiner Beitrag zur Bodycam von Kollegen Stange, der sich darauf bezog, dass keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zu deren Wirkung vorliegen. Jetzt kann man von dem Abschlussbericht halten, was man will. Aber mich wundert dann schon, dass DIE LINKE im benachbarten Bundesland Brandenburg, die dort auch mitregiert, die Bodycam im Polizeigesetz mit einführt.
Herr Bartl, ich habe großen Respekt vor der Öffnung Ihrer persönlichen Historie und Ihrer Entwicklung in den letzten Jahrzehnten. Ich bin eine andere Generation und kann mit diesem Thema anders umgehen, aber ich spüre, dass es für Sie wichtig ist. Das nehme ich sehr ernst, und ich finde es auch gut und der Würde des Hauses angemessen. Aber ich bedaure sehr, dass Sie hier, an diesem Pult, mit Halbwahrheiten arbeiten, dass Sie Unterstellungen machen, wir würden als Koalitionsfraktionen in die Richtung eines Unrechtssystems gehen, wie es die DDR einmal war. Das haben Sie mit Ihrem letzten Beitrag unterstellt. Das geht einfach nicht, Herr Bartl.
(Beifall bei der SPD, der CDU und des Abg. Carsten Hütter, AfD – Klaus Bartl, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)