Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn dem so ist, dass es ein gemeinsames Ziel gibt, dann sollten wir durchaus den Anstand haben, fair miteinander umzugehen. Deshalb will ich noch einmal auf die letzten Wochen und auf das, was ich an öffentlichen Äußerungen – gerade von Ihnen, Frau Kollegin Jähnigen – gehört habe, eingehen. Ich finde, Sie brauchen nicht ständig über den Sachsentakt zu reden, wenn Sie sich selbst taktlos verhalten.
(Beifall bei der SPD und der CDU – Heiterkeit des Abg. Frank Heidan, CDU – Ines Springer, CDU: Das ist aber nicht neu!)
Das ist auch eine Stilfrage. Wenn ich mir einige Ihrer Pressemitteilungen vergegenwärtige, in denen Sie mit Halbwahrheiten und Unterstellungen arbeiten, dann finde ich das nicht fair, und das tut der Sache nicht gut.
Besonders sensibel bin ich bei der Frage, wie wir zurzeit mit unseren polnischen Partnern umgehen; denn das Interesse, dass die Strecke nach Wrocław durchgängig befahren wird, ist ein gemeinsames Interesse. Die Strecke nach Polen ist nicht einfach nur eine Strecke, sondern sie verbindet Länder und Menschen. Wir haben doch ein Interesse, dass, wenn Wrocław/Breslau Kulturhauptstadt ist, auch wir in diese Stadt fahren können, und am besten direkt.
Sie wissen aber auch, dass diese Verbindung bisher aufgrund eines Nahverkehrskonzeptes funktionierte und nicht aufgrund eines Fernverkehrskonzeptes. Deshalb ist es die Aufgabe der Zweckverbände gewesen, diese Strecke zu bestellen. Wir waren überrascht, dass die polnische Seite kurzfristig mitgeteilt hat, diese Strecke nicht mehr zu bedienen.
Ich weiß nicht, ob Sie eine Glaskugel in Ihrem Büro haben und es schon vorher wussten, aber bei den Vorwürfen, dass wir nicht reagiert oder es nicht gewusst hätten und dass hier die Landespolitik doch endlich mal stärker agieren sollte, finde ich, da haben Sie sich etwas im Ton vergriffen, weil wir die polnische Seite als Partner brauchen. Hier sollte man vielleicht auf den Dialog setzen. Den chauvinistischen Unterton, der mitschwang, habe ich von Ihnen nicht erwartet.
Deshalb sollten Sie gerade in dieser Frage stärker auf den Stil achten. Inwieweit es Ihnen um eine konstruktive Verkehrspolitik geht, das können Sie ja jetzt bei der Mitarbeit in der Strategiekommission beweisen, zu der ich Sie noch einmal ganz herzlich einlade. Diese Kommission ist für mich nicht irgendeine Beschäftigungstherapie, nicht irgendein Instrument, um auf Zeit zu spielen, sondern sie ist für mich ein ganz zentrales politisches Instrument, um die Weichen zu stellen für die nächsten Jahre für den ÖPNV hier in Sachsen, und das wollen wir gemeinsam tun. Dazu lade ich Sie herzlich ein.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie erwartet, war es eine lebhafte Debatte um die Zukunft des ÖPNV in Sachsen. Das freut mich, denn es zeigt, wie wichtig uns allen der öffentliche Nahverkehr in diesem Land ist. Was wir brauchen – ich glaube, das ist heute klar geworden –, sind keine großen Versprechungen mehr, sondern wir müssen ehrlich zueinander sein; ehrlich in dem Sinne, wie es Staatsminister Dulig eben gesagt hat: dass wir nicht Dinge versprechen, die wir am Ende nicht bezahlen können – vor allem, weil die Mittelzuteilung des Bundes für den ÖPNV alles andere als geklärt ist –; ehrlich aber auch mit den Dingen, die für uns unverzichtbar sind. Diese haben wir in unserem Antrag formuliert.
Manche werden sich fragen, wo in unserem Antrag das Bildungsticket abgeblieben ist. Haben wir es vergessen? Ist es uns nicht mehr wichtig? Ganz klar: nein; das Gegenteil ist der Fall: Das Bildungsticket ist für uns sehr bedeutend – so bedeutend, dass wir es gesondert diskutieren müssen und werden. Klar ist aber auch, dass die Neugestaltung der Schülerbeförderung nur im Zusammenspiel mit dem Gesamt-ÖPNV gelingen kann. Vor allem im ländlichen Raum stellen die Schülerverkehre das Rückgrat für den ÖPNV dar.
Gleichzeitig ist das Thema Schülerbeförderung so komplex, dass wir die Debatte über die Strategiekommission nicht zusätzlich belasten wollten. Neben der Ausgestaltung des Bildungstickets wird uns mit hoher Sicherheit vor allem die Frage der Finanzierung vor große Herausforderungen stellen. Wie wir uns ein solches Ticket vorstellen, haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart. Es soll sachsenweit für alle Schülerinnen und Schüler gelten, und zwar nicht nur für den Weg von und zur Schule.
Unser Ziel ist es, dort ebenfalls mit den Experten und Fachleuten vor Ort in den Dialog zu treten und gemeinsam einen Vorschlag zu erarbeiten, wie ein solches Ticket konkret aussehen soll und wie es am Ende auch bezahlt werden kann.
Sicherlich macht es Sinn, diese Bestrebungen eng mit der Strategiekommission zu verknüpfen; denn dort werden ohnehin bereits die Verantwortlichen aus den Städten und Landkreisen vertreten sein und es wird sich in diesem Gremium bestimmt eine Art Arbeitsgruppe oder Ähnliches bilden, die sich um das Bildungsticket kümmern wird. Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns dies gelingen wird. Doch zunächst müssen wir die Strategiekommission auf den Weg bringen. Dies wollen und sollten wir heute tun und dafür bitte ich um Ihre Unterstützung.
Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Abstimmung kommen, steht noch der Antrag von der Fraktion GRÜNE auf Überweisung des Antrages an den Wirtschaftsausschuss. Habe ich das so richtig formuliert?
Somit würde ich darüber abstimmen lassen. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer sehr großen Anzahl von Stimmen dagegen und wenigen Stimmen dafür ist dem Antrag nicht zugestimmt worden.
Meine Damen und Herren, damit behandeln wir jetzt die Änderungsanträge. Ich beginne mit dem Antrag der Fraktion GRÜNE in der Drucksache 6/1124 und bitte Frau Abg. Jähnigen um Einbringung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Dulig, herzlichen Dank für die Einladung. Ich habe es jetzt so verstanden, dass der Antrag modifiziert ist und alle Fraktionen vertreten sind; Sie können es noch schriftlich zu Protokoll geben, damit der Status geklärt ist. Ich nehme die Einladung für die GRÜNE-Fraktion gern an und stelle Ihnen gern zur Verfügung, was wir bisher in der Sache gutachterlich in Auftrag gegeben haben, damit das mit ausgewertet werden kann. Ich gehe davon aus, dass die Kurzfassungen der Studien bekannt sind.
Aber eines möchte ich zurückweisen: dass der Antrag zu kurzfristig werden muss – praktisch innerhalb einer Woche im Parlament; so gut das ist, dass er überhaupt ins Parlament kommt. Dafür können wir nichts, wir haben das Thema schon im Dezember angeschnitten. Vielleicht wäre es auch einen interfraktionellen Antrag wert gewesen, das haben Sie anders entschieden, aber an uns liegt die Knappheit des Zeitplanes nicht.
Die Finanzprobleme bei der Linie Dresden – Wrocław auf Zweckverbandsebene waren bekannt. Wir haben immer darauf hingewiesen, dass der Freistaat gerade bei den überregionalen Verkehren eine Koordinationsfunktion hat. Es steht ja auch so im ÖPNV-Gesetz und das ist noch aus Zeiten Ihres sozialdemokratischen Vorgängers Jurk. Wenn
Sie das wahrgenommen hätten, wenn Sie sich regelmäßig mit den Geschäftsführern der Zweckverbände zusammengesetzt hätten, dann hätten Sie von ihnen gehört, dass bei den Polen die Situation akut am Kippen ist, und sie haben gesagt, dass sie alleingelassen worden sind von der Regierung.
Das hat nun mit zwei oder drei Monaten im Amt, die man wirklich berücksichtigen muss, nichts zu tun, sondern es hat etwas damit zu tun, ob die ganze Regierung Tillich jetzt endlich bereit ist, diese Verantwortung mit den Zweckverbänden wahrzunehmen. Es ist eben richtig, dass das nicht nur auf der regionalen Ebene, sondern auch auf Regierungsebene verhandelt wird, und das ist erst hinterher geschehen; das habe ich kritisiert. – Womit allerdings der Vorwurf des Chauvinismus begründet ist, den mir noch nie jemand im Leben gemacht hat, Herr Kollege, das können Sie mir einmal beim Bier erzählen.
Jetzt zum Änderungsantrag. Wir sagen eben nicht, dass wir die Ergebnisse kennen, sondern wir wollen Finanzierungsszenarien für ein Grundangebot. Wir wollen Angebote machen, um Fahrgäste zu gewinnen – das ist etwas anderes als Grundversorgung –, und wir wollen dann Ausbauszenarien berechnen. Das haben übrigens auch die Gutachter gemacht, die für uns den Sachsentakt begutachtet haben. Die Grundidee des Integralen Taktfahrplanes ist ja, dass man die vorhandene Infrastruktur – also Gleise und Fahrzeuge – besser auslasten kann und dann nicht noch einmal die Infrastrukturkosten hat, sondern „nur“ – was auch nicht wenig ist – Verschleiß- und Personalkosten. Das muss man rechnen. 80 % Weiterleitung der Regionalisierungsmittel reicht da nicht aus – auch nicht für ein Bildungsticket, das sich im jetzigen Haushaltsplan noch nicht findet.
Wir wollen, dass die Situation im ländlichen Raum besonders beleuchtet wird: Wege in die Grundzentren, –
– ich komme zum Schluss –, alternative Bedienformen, kreisübergreifende Angebote als Zubringer zur Bahn. Und nicht zuletzt wollen wir eine jährliche Berichterstattung im Landtag. Bis Ende dieses Jahres werden nur die ersten Fragen diskutiert worden sein.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte vorhin schon in meiner Rede zu unserem Antrag zur Bildung einer Strategiekommission und der erfolgreichen Arbeit dieser Strategiekommission hier gesagt: Ich halte Ihren Antrag für überflüssig. Es ist ein Schaufensterantrag, der sehr viel Aktivität vortäuschen soll; und außerdem ist er nicht stimmig, Frau Jähnigen. Sie führen zum Beispiel in der Begründung aus – ich lese es wörtlich vor, den ersten Satz: „Für den ländlichen Raum in dieser Situation lediglich eine Grundversorgung mit ÖPNV/SPNV sicherzustellen, reicht nicht aus.“
Damit sagen Sie ja, das System funktioniert, das kritisieren Sie aber politisch, und in Ihrem Änderungsantrag zum Beispiel im ersten Punkt fordern Sie die Ermittlung des Finanzbedarfs für eine Angebotssicherung mit ÖPNV/SPNV-Leistungen usw. durch ein garantiertes Grundangebot. Das wollen Sie ermitteln. Ich habe es vorhin schon gesagt: Das ist ein Widerspruch in sich, und deswegen können wir Ihrem Antrag in keiner Weise zustimmen.
Das ist ein Sammelsurium von schnell zusammengeschusterten Dingen, womit Sie eigentlich die Arbeit der Strategiekommission behindern wollen. Wir wollen, dass sie jetzt schnell arbeitet und zu einem Ergebnis kommt. Am Ende des Jahres werden wir uns auch mit dem Bericht auseinandersetzen und ihn dann auch umsetzen. Das ist ja das Wichtigste. Deswegen werden wir den Antrag ablehnen.
Wer möchte noch zum Änderungsantrag sprechen? – Wenn das nicht der Fall ist, dann lasse ich jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN abstimmen. Wer stimmt zu? – Die Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Änderungsantrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Ich rufe den zweiten Änderungsantrag von der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 6/1126 auf. Ich bitte um die Einbringung des Änderungsantrags.
Frau Präsidentin! Ich habe den Änderungsantrag in meiner Rede vorhin schon mehr oder weniger eingebracht. Ich möchte mich jetzt aber noch bei Herrn Dulig dafür bedanken, dass zumindest der letzte Teil berücksichtigt wurde, dass mehrere Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen an der Strategiekommission teilnehmen können.
Wir haben in dem Änderungsantrag aber noch weitere Vertreterinnen und Vertreter aufgeführt, bei denen wir es für wichtig erachten, dass sie Mitglied in der Strategiekommission sind. Das sind zum einen Umwelt- und
Verkehrsverbände. Die Gründe dafür habe ich vorhin genannt. Es geht darum, den Horizont der Debatte noch etwas zu erweitern. Zum anderen sollen je zwei Verbandsräte aus den Zweckverbänden berücksichtigt werden, damit auch Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die sich in den Zweckverbänden engagieren, in der Strategiekommission vertreten sind, weil sie erstens in der Strategiekommission demokratisch legitimiert wären und zweitens von vor Ort kommen und den Blick der Kommission verbessern könnten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nur sagen: Der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist grundsätzlich abzulehnen. Die Strategiekommission – das war Ziel dieses Antrages – sollte in erster Linie aus Fachleuten bestehen, die fachliche Arbeit leisten sollen. Die politische Diskussion über die Ergebnisse erfolgt dann natürlich hier im Landtag, wenn diese Ergebnisse vorliegen. Politisch motiviertes Geplänkel innerhalb der Strategiekommission ist nach meiner Einschätzung wenig zielführend.