Protocol of the Session on March 11, 2015

Beide Gesetze sehen zwar die Möglichkeit einer Auskunftssperre vor. Danach hat die Meldebehörde auf Antrag oder von Amts wegen eine Auskunftssperre im Melderegister einzutragen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass dem Betroffenen oder einer anderen betroffenen Person durch die Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann. Die meisten unserer Polizisten, die alltäglich im Streifendienst bei der Bereitschaftspolizei oder bei der Kriminalpolizei Dienst tun, kommen gegenwärtig aber nicht in den Genuss dieser Auskunftssperre. Von Amts wegen ist gegenwärtig allein zum Schutz von Mitgliedern bestimmter Spezialeinheiten und spezieller Ermittlungsgruppen eine Auskunftssperre im Melderegister veranlasst.

Alle anderen Polizisten können jeder für sich bei der Meldebehörde eine Auskunftssperre beantragen. Dabei müssen sie aber darlegen, dass konkret in ihrem jeweiligen Fall Tatsachen vorliegen, welche die Annahme einer Gefahr durch eine Melderegisterauskunft rechtfertigen.

Liebe Kollegen Landtagsabgeordneten! Das ist unzumutbar. Der Innenminister wird damit seiner Fürsorgepflicht für die Polizeibeamten in unserem Land nicht gerecht. Wie die Deutsche Polizeigewerkschaft Sachsen in ihrem offenen Brief richtig schreibt, ist gerade der einfache Beamte auf der Straße gefährdet. Seine Gefährdungslage ergibt sich allgemein aus den Entscheidungen für unangenehme Maßnahmen, die er bei verschiedenen Gelegenheiten vor Ort treffen muss. Sie ergibt sich daraus, dass er nicht selten vor Gericht als Zeuge aussagen muss.

Des Weiteren fordern wir als AfD-Fraktion die Sächsische Staatsregierung und speziell Sie, Herr Staatsminister Ulbig, auf, eine generelle melderechtliche Auskunftssperre von Amts wegen für alle im Außendienst tätigen Polizeibeamten zu veranlassen.

(Sabine Friedel, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Die Familien unserer Polizeibeamten werden es Ihnen hoch anrechnen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Ich bitte Sie, mir zu antworten, wenn ich Sie frage.

Verzeihung, ich habe Sie nicht verstanden.

Jetzt kommt die Fraktion der GRÜNEN zu Wort; Herr Abg. Lippmann.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne kurz mit der AfD. Ich finde, die Debatte zu der Ausformung des zukünftigen § 51 Bundesmeldegesetz und der Frage der Schutzwürdigkeit und der Melderegistersperren ist zu kompliziert, als dass man das hier anführt, ohne mit einem eigenen Änderungsantrag – das hätte man machen können – klarzustellen, wohin man will. Wenn man das Problem aufmacht, ist das längst nicht nur ein Problem der Polizei. Das trifft genauso für Gerichtsvollzieher und andere betroffene Berufsgruppen zu. Warum Sie das hier so einseitig debattieren, verstehe ich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich brauche nichts weiter hinzuzufügen, was die Ausformung des Ausführungsgesetzes angeht. Dazu ist bereits viel gesagt worden. In der Sache gibt es im Vergleich zum letzten Jahr nichts Neues außer dem Nachvollzug der Anpassungen, die wir in Bezug auf das Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes vorzunehmen haben.

Damit komme ich bereits im Vorgriff zum Änderungsantrag, zu dem, was Sie nicht regeln wollen. Erneut ist die Koalition – wenn jetzt auch in anderer Zusammensetzung – nicht bereit, den § 44 Abs. 3 des Bundesmeldegesetzes bis zum endgültigen Inkrafttreten desselben im Sächsischen Meldegesetz festzuschreiben. Dieser sieht vor – wie bereits mehrfach ausgeführt –, dass zukünftig der Meldedatenhandel für Werbezwecke nur noch auf Einwilligung des Betroffenen und nicht umgekehrt auf Widerspruch des Betroffenen erfolgt. Sprich: Zukünftig braucht es eine explizite Einwilligung. Die Einwilligung gilt nicht als erteilt, wenn der Betroffene nicht widersprochen hat.

Wir wurden letztes Jahr vertröstet, dass die Regelung dazu im Frühjahr 2015 in Kraft trete und deshalb kein Handlungsdruck bestünde; wir werden heute darauf vertröstet, dass die Regelung zum 1. November 2015 in Kraft trete und deshalb kein Handlungsdruck entstehe. Nun vertraue ich hier dem Bundesgesetzgeber auch nicht vollumfänglich. Er hat das Inkrafttreten schon einmal verschoben, und ob es nun beim 1. November bleibt oder vielleicht doch irgendwann der Sankt-Nimmerleins-Tag ist, weiß man nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das bürokratische Argument, Herr Pallas, kann ich nicht nachvollziehen; denn tatsächlich hätten die sächsischen Meldebehörden darauf vorbereitet sein müssen, dass zum 1. Mai ein Inkrafttreten erfolgt. Von daher dürfte das keine größere technische Umstellung nach sich ziehen. Dieses Argument hat vielleicht letztes Jahr noch gezogen, aber ich glaube in der aktuellen Situation nicht mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Werte Kolleginnen und Kollegen, der Koalition wäre nun wirklich kein Zacken aus der sächsischen Krone gefallen, hätte man die Regelung des Bundesgesetzgebers einfach ein Jahr eher mit einem relativ unkomplizierten Akt der Gesetzgebung in Kraft gesetzt. Sachsen rühmt sich doch sonst so seiner Vorreiterrolle. Hier hätte man sie einmal wahrnehmen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Liebe Koalition, Sie vermeiden mit diesem Gesetzentwurf erneut den effektiven Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Werbeunternehmen. Ich gehe davon aus, dass es im nächsten halben Jahr eine nicht unerhebliche Zahl von Melderegisterauskünften zu Werbezwecken geben wird. Diese hätte man verhindern können, und das geschieht sehenden Auges.

Ich konstatiere erneut: Dieser Koalition ist der Datenschutz egal. Das zeigt sich an den großen Überwachungsprojekten wie der Kennzeichenerfassung oder dem ominösen TKÜ-Zentrum. Aber es zeigt sich eben auch am Beispiel des Meldedatenhandels, bei dem Sie die aktuelle Situation einfach aussitzen und dem Verhökern von Daten weiter seelenruhig zuschauen und sich auf den Bundesgesetzgeber verlassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir probieren es an dieser Stelle einfach noch einmal und stellen erneut unseren Änderungsantrag, der eine taugliche Übergangslösung im sächsischen Recht umsetzt. Stimmen Sie diesem einfach zu. Schon freuen sich erhebliche Teile der sächsischen Bevölkerung, dass wir in Sachsen wirklich einmal Vorreiter beim Thema Datenschutz sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Mir liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Wippel vor.

(Sebastian Wippel, AfD: Ich wollte gar nicht sprechen!)

Sie möchten nicht mehr sprechen. Gibt es noch weitere Wortmeldungen aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Herr Minister, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Kern kann man zu dem Ergebnis kommen – zumindest die allermeisten, die schon in der letzten Legislaturperiode dabei gewesen sind, wissen es –, dass die grundsätzliche Diskussion schon im letzten Jahr, nämlich am 18. Juni 2014, geführt worden ist und vor diesem Hintergrund wenig Neues, wenig Erhellendes in die Debatte eingeführt werden konnte.

Deshalb will ich an dieser Stelle mit einem herzlichen Dankeschön an die Koalitionsfraktionen beginnen, weil sie durch die Einbringung dieses Gesetzentwurfes aus der Mitte des Landtages heraus die Möglichkeit eröffnet haben, dass ein fristgerechtes Inkrafttreten dieses Änderungsgesetzes möglich ist, damit die Verschiebung, die der Bund für sich in Anspruch nimmt, durch landesgesetzliche Regelungen nachvollzogen werden kann.

Vor diesem Hintergrund, Herr Lippmann, ist es einigermaßen müßig, noch darüber zu diskutieren, ob es nicht gescheiter gewesen wäre, doch vor einem halben Jahr diese Regelungen in Sachsen in Kraft treten zu lassen oder nicht.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Jetzt, denke ich, gelten zumindest die gleichen Rahmenbedingungen. Vor diesem Hintergrund sehen wir es in dieser kurzen Zeit auch nicht mehr als zielführend an, dass dieser Änderungsantrag noch beschlossen wird. Ich kann deshalb aus der Perspektive der Staatsregierung nur darum bitten, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen Zustimmung findet. Für den Änderungsantrag der GRÜNEN sehen wir wegen des Zeitablaufs keine Notwendigkeit mehr.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir können damit zur Abstimmung kommen. Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze, Drucksache 6/718. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 6/1045 und beginnen mit dem vorliegenden Änderungsantrag. Möchten Sie den noch einmal einbringen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Diskussionsbedarf zum Änderungsantrag ? – Das scheint auch nicht der Fall zu sein.

Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 6/1123 abstimmen. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, eine Reihe von Stimmen dafür, dennoch ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schlage Ihnen vor, dass wir über das Gesetz artikelweise abstimmen, und beginne mit der Überschrift. Wer

möchte der Überschrift zustimmen? – Die Gegenstimmen, bitte? Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist der Überschrift dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 1 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze. Wer stimmt Artikel 1 zu? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier gibt es eine Reihe von Stimmenthaltungen. Dennoch ist Artikel 1 mit Mehrheit zugestimmt worden.

Artikel 2 Änderung der Sächsischen Meldeverordnung. Wer stimmt zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gibt es eine Reihe von Stimmenthaltungen. Dennoch wurde Artikel 2 mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 3 Bekanntmachungserlaubnis. Wer stimmt zu? – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? –

Auch hier gibt es ein gleiches Abstimmungsverhalten. Dennoch ist Artikel 3 mit Mehrheit zugestimmt.

Wir stimmen noch ab über Artikel 4 Inkrafttreten. Wer möchte zustimmen? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Es gibt keine Gegenstimmen und wieder eine ganze Reihe von Stimmenthaltungen. Dennoch ist Artikel 4 mit Mehrheit zugestimmt worden.

Ich stelle nun den Entwurf Gesetz zur Änderung des Gesetzes des Bundesmeldegesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze als Ganzes zur Abstimmung. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gibt es eine ganze Reihe von Stimmenthaltungen und keine Gegenstimmen. Damit ist der Entwurf als Gesetz beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6