Protocol of the Session on March 14, 2019

(Uwe Wurlitzer, fraktionslos: Das macht sie auch nicht!)

Das ist richtig, ja. – Zunächst etwas zu den grünen Wunschvorstellungen: Sie erinnern sich vielleicht noch an die Jamaika-Sondierungen. Den GRÜNEN wurden Wunschvorstellungen, Fantasien vorgeworfen, weil sie meinten, man könne, um die Regierungsziele im Klimaschutz für 2020 einigermaßen zu schaffen, 7 Gigawatt Überkapazität der Kohlekraftwerke vom Netz nehmen. In der Kohlekommission saßen die Arbeitgeberverbände, der BDEW, und sie wurden beraten von dem Who’s who der deutschen Stromwirtschaft und der Netzbetreiber. Mit Zustimmung dieser Experten hat man jetzt einvernehmlich beschlossen: 12,5 Gigawatt gehen vom Netz. Wenn man alles abzieht, was sowieso abgeschaltet wird, dann bleiben 4 Gigawatt Steinkohle und 3 Gigawatt Braunkohle. Rechnet man es zusammen, sind es genau 7 Gigawatt. Das ist also das, was dort passiert. Es ist keine Umsetzung einer grünen Ideologie, sondern es ist einfach so, weil die damalige Analyse auf denselben Fakten beruhte wie heute.

Das ist also möglich, das kann man machen. Ich höre aus Ihren Worten nur den Wunsch heraus, Revisionsklauseln, die im Beschluss dieser Kommission sind, möglicherweise dann doch zu nutzen und das alles noch irgendwie zu umschiffen, indem man nur ausreichend lange die Umsetzung blockiert, boykottiert etc.

Ich kann davor nur ausdrücklich warnen. Diese Revisionsklauseln sind symmetrisch aufgebaut, denn sonst hätte es niemals eine Zustimmung von allen gegeben. Symmetrisch heißt, dass auch die Klimaschutzziele erreicht werden müssen, die jeweils stehen. Wenn das nicht der Fall ist, werden beide Kapitel – das Energiekapitel und das Strukturwandelkapitel – neu aufgemacht und neu diskutiert. In einer möglicherweise wirtschaftlich viel schwierigeren Situation im Bund wird dann neu geschaut, wie man mit dem Geld die grundlegenden Rahmenanforderungen, nämlich das Klimaschutzziel 2030, schaffen kann.

Man kann wirklich nur warnen, hier die Büchse der Pandora aufzumachen und etwa zu hoffen, man könne das durch eine energiepolitische Blockade aus Sachsen irgendwie umschiffen. Davor kann ich Sie an dieser Stelle nur warnen. Mehr dazu in der nächsten Runde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDU Herr Abg. Rohwer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für diese Debatte, gibt sie uns doch die Möglichkeit, mit dieser Mär ein wenig aufzuräumen, dass wir es irgendwie mit einem Stillstand zu tun hätten.

Erinnern Sie sich an die Debatte, die wir im Januar zum Ergebnis der Kohlekommission geführt haben, die wahrscheinlich damals noch Zukunftsmusik war, aber von der

wir ja wussten, dass sie kommen wird. Damals habe ich zu Ihnen gesagt und insbesondere die GRÜNEN direkt angesprochen: Man muss das Gesamtpacket in Gänze nehmen.

Deswegen halte ich es für richtig, dass wir jetzt zusammen mit unserem Koalitionspartner zu der Entscheidung gekommen sind – und dies war keine leichte Entscheidung –, erst einmal eine Denkpause einzulegen. Es geht nicht darum, irgendetwas zu boykottieren, Herr

Dr. Lippold. Es geht darum: Was wird jetzt wirklich in Gesetze gegossen? Was sind Gesetze, die im Bundestag mehrheitsfähig sind? Deswegen habe ich Sie damals direkt angesprochen. Ich erwarte von den GRÜNEN, dass sie diesem Maßnahmenpaket – nicht nur dem Kohleausstieg, sondern auch den Maßnahmen zur Erleichterung von Planungen – zustimmen, denn nur dann kann das Gesamtkonstrukt funktionieren.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das Zweite ist: Herr Kollege Urban, Sie scheinen immer noch nicht in der Realität angekommen zu sein. Auch deshalb noch einmal die Ansage an Sie: Sie haben gerade wieder eine Wahlkampfrede hier vom Pult aus gehalten. Sie missbrauchen das Pult für Ihre Wahlkampfrede.

(Carsten Hütter, AfD: Hoho! Das sagt der Richtige! – Gelächter von der AfD)

Sie haben davon gesprochen, dass es mit der Kohle einfach immer so weitergehen kann. Auch Sie müssen in die Realität schauen. Allerspätestens im Jahr 2050 ist sowieso Schluss. Es wird kein neuer Tagebau aufgeschlossen und es wird kein neues Kraftwerk gebaut. Also streuen Sie den Leuten nicht Sand in die Augen, damit sie die AfD wählen. Sie müssen sich die Realität anschauen: Wir müssen den Energiemarkt umbauen.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Jörg Urban, AfD: Jetzt bin ich aber platt!)

Wir müssen aber in der Realität auch sehen: Deutschland und die Europäische Union verfolgen eine monokausale, primär CO2-getriebene Klimapolitik. Der Weltklimarat fordert auch eine solche Klimapolitik, aber der Rest der Welt – und das ist der größere Anteil – will ihn nicht nachvollziehen. Der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen steigen seit 1990 weltweit ständig. Diese angestrebte Klimakonstanz durch CO2-Reduktion erweist sich immer mehr als nicht machbar.

Deswegen benötigen wir einen neuen Ansatz. Anstatt des einseitigen Ausbaus von erneuerbaren Energien müssen endlich Gesamtlösungen her. Was ist so eine Gesamtlösung, eine Gesamtlösung, die Sicherheit und Nachhaltigkeit verbindet und eine preiswerte, zuverlässige Energieversorgung gewährleistet? Dazu gehören Energieeinsparung, Energieeffizienz, realistische Kosten-Nutzen

Orientierung und wirksame Maßnahmen zur Absicherung des Klimaschutzes.

Warum spreche ich das einseitige Ausbauen von erneuerbaren Energien noch an und spreche davon, dass sie so

gefährlich sind? Wir hören immer wieder solche Meldungen: Bis zu 40 % des Verbrauches wird aus erneuerbaren Energien geregelt. Das sind tageweise Werte – das ist richtig –, aber im Jahresmittel kommen wir nicht über 25 % hinaus. Das ist auch gut so, weil die jetzigen Netze bei volatilen erneuerbaren Energien mehr als 25 % im Jahresmittel gar nicht schaffen. Insofern ist die 40-%Regelung, dass erneuerbare Energien zu 40 % unseren Stromverbrauch decken, ebenso eine Halbwahrheit, die gefährlich in der Debatte ist. Wir dürfen es nicht tageweise, sondern müssen es in der Gesamtheit anschauen, wie wir unseren Strom verbrauchen.

Hier kommen wir um die Knotenregel der Physik nicht herum. Es muss genauso viel Strom in das Stromsystem hineinfließen, wie am Ende verbraucht wird; denn ansonsten gibt es den berühmten Blackout, den wir nicht wollen.

Um es mit anderen Worten zu verdeutlichen, warum diese Halbwahrheiten so gefährlich sind, möchte ich meine Rede mit einem Spruch beenden, den Sie vielleicht hier und da schon einmal gehört haben. Er wird immer dann verwendet, wenn es darum geht, vor Zahlen zu warnen, um diese statistischen Bewertungen allgemeingültig zu machen. Obwohl die Durchschnittswerte mathematisch exakt ermittelt worden sind, entpuppen sie sich, wenn sie als Mittelwert gesehen werden, bei genauerem Hinsehen als gefährliche Halbwahrheit. Der Satz lautet: Der Dorfteich war im Mittel einen Meter tief, trotzdem ist die Kuh ersoffen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, des Abg. Dirk Panter, SPD, und der Staatsregierung – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, und Jörg Urban, AfD, stehen am Mikrofon.)

Wer war zuerst da? – Dann entscheide ich mich für die Dame.

Das ist ganz lieb, Frau Präsidentin; vielen Dank.

Bitte.

Ich möchte gern eine Kurzintervention vortragen, denn dann habe ich die Chance, aus der Erklärung der Verbände und Initiativen zu zitieren, was ich vorhin aufgrund der Zeit nicht geschafft habe.

„Wer sein politisches Handeln an kurzfristigen Strömungen und Tendenzen der Bürgergunst orientiert oder Technologien fokussiert, deren Lebensdauer absehbar abläuft, handelt auch in demokratischen Strukturen nicht verantwortungsbewusst. Wir fordern daher die Regierungskoalition aus CDU und SPD auf, den Fortschreibungsprozess für das Energie- und Klimaprogramm unverzüglich wieder aufzunehmen, eine Auseinandersetzung mit den Argumenten der unterschiedlichen Akteure fachlich und sachlich zu begleiten und Ziele für die

nachhaltige, ressourcenschonende soziale und wirtschaftliche Entwicklung Sachsens zu formulieren.“

Warum wollte ich dieses Zitat unbedingt vortragen? – Sie haben so lange Zeit an diesem Programm gearbeitet. Wir haben es verfolgt. Sie haben einen Energiebeirat einberufen. Sie haben einen Beteiligungsprozess geführt. Sie haben diese Bürgerbeteiligung ganz hochgehangen.

Dann kommt der Zeitpunkt Januar und Sie stellen diese Arbeit ein. Das ist relativ unglaubwürdig. Dies wird damit begründet: Sie warten auf das Maßnahmengesetz, das erst Ende des Jahres, wenn Ihre Regierung nicht mehr existiert, verabschiedet werden wird. Sie können doch strategisch immer etwas vorlegen, was Sie fortschreiben können. Es verbietet Ihnen doch niemand, wenn man an einer Stelle einen Punkt vielleicht nicht so formuliert hat, wie man es gern anspruchsvoll getan hätte, diesen noch einmal aufzunehmen und zu sagen, dann schreiben wir an dieser Stelle das Energie- und Klimaprogramm fort.

(Lars Rohwer, CDU, steht am Mikrofon.)

Daran hindert Sie doch niemand. Jetzt sind es sieben Jahre, die darüber vergangen sind. Ich weiß gar nicht, was die Regionalplaner momentan überhaupt tun. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln – sie müssen doch einmal wissen, wohin sie sollen. Sie haben über die Landesplanung einen Auftrag bekommen. Jetzt nehmen Sie das wieder zurück, weil – –

Die Redezeit ist beendet, Frau Dr. Pinka.

Ich wollte damit sagen: Sie können immer strategisch arbeiten, wenn Sie das wollen.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Rohwer, bitte.

Punkt 1, Frau Dr. Pinka: Die Regionalplaner arbeiten weiterhin an den Dingen, die sie bereits zuvor getan haben, und sie arbeiten auf der Grundlage des Energie- und Klimaprogramms 2013, das zehn Jahre gilt und nicht nur sieben Jahre, das heißt bis zum Jahr 2023. Sie arbeiten weiter daran, und daran ändert sich gar nichts. Wir bitten ausdrücklich darum, dass wir diesbezüglich zu Ergebnissen kommen; denn wir brauchen die Ausweisung von Windgebieten, um überhaupt in der Sache voranzukommen. Zu diesem ersten Punkt haben Sie etwas Unsicherheit streuen wollen, und ich hoffe, ich habe dies ausgeräumt. Das geht auf jeden Fall so weiter.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Punk 2: Ein Energie- und Klimaprogramm ist nicht nur ein Strategiepapier. Ein Energie- und Klimaprogramm muss auch auf Regierungshandeln ausstrahlen. Das kann man nicht mit einem Parteiprogramm machen, das Sie vielleicht in der Opposition schreiben, und dann einfach

sagen, wir haben uns geirrt oder wir haben noch einmal nachjustiert.

Das ist bei einem EKP eine andere Geschichte. Dabei geht es um eine wirklich fundierte Datenbasis. Es verändern sich momentan so viele Rahmenbedingungen, insbesondere durch das Maßnahmenpaket in der Umsetzung der Kohlekommission, sodass ich es für richtig halte – und ich vertrete das auch gern –, dass wir zunächst erst einmal schauen, mit welchem Ergebnis wir vom Bund zurückkommen, und dort ansetzen.

Natürlich werden Konzepte entwickelt. Wir werden in dem jetzt beginnenden Wahlkampf auch darüber diskutieren. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Es gibt eine Zusage von CDU und SPD – das kann ich hier fürs Protokoll noch einmal bestätigen –, dass wir an einem Energie- und Klimaprogramm in der nächsten Regierung weiterarbeiten werden. Die Arbeit zu unterbrechen bedeutet nicht, dass wir sie eingestellt haben und das Ziel nicht mehr verfolgen, sondern wir wollen auf der Grundlage einer fundierten bundesgesetzlichen Regelung unsere Regelung schaffen.

Herr Urban, Sie wünschen auch eine Kurzintervention.

Herr Rohwer, Sie haben mir vorgeworfen, ich hätte eine Wahlkampfrede gehalten. Ich denke nicht, dass unsere Geschäftsordnung verbietet, dass man hier Wahlkampfreden hält. Das, was Sie hier in der Debatte vorgetragen haben, war ganz bestimmt keine Wahlkampfrede. Aber, bitte, verharren Sie in Ihrer CDUBehäbigkeit – es ist nicht schlimm.

Die CDU sagt: Bis 2050 ist Schluss mit der Kohle. Ich frage Sie: Woher wissen Sie, dass es die CDU im Jahr 2050 noch geben wird? Schauen Sie sich die Christdemokraten in Italien an. Das ist Ihre Zukunft. Im Jahr 2050 werden andere Politiker über die Energiepolitik in Deutschland entscheiden. Das müssen nicht Sie sein.

(Zuruf des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Bitte etwas mehr Bescheidenheit, dann kommen wir vielleicht wieder zur Vernunft zurück!