Dank. Die Gegenstimmen, bitte? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Danke. Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden, meine Damen und Herren.
Ich stelle nun die Drucksache 6/10516, den Ursprungsantrag der AfD-Fraktion, zur Abstimmung. Wer zustimmen
möchte, der zeigt das bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke. Enthaltungen? – Vielen Dank. Auch hier Stimmenthaltungen und Stimmen dafür, aber die große Mehrheit ist dagegen. Der Antrag ist also nicht beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die Einreicherin, die AfD-Fraktion, und für die Fraktion Herr Abg. Barth. Sie haben das Wort, Herr Barth.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir die Sonderregelung für politische Beamte und Staatssekretäre in Sachsen abschaffen.
Politische Beamte sind Lebenszeitbeamte, die bei ihrer Tätigkeit mit den politischen Ansichten und Zielen der Regierung handeln müssen. Daher können sie jederzeit auch in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden und genießen als Beamte eine lebenslange Dauerversorgung. In Sachsen betrifft dies Staatssekretäre, den Präsidenten der Landesdirektion, den Regierungssprecher und auch den Direktor beim Landtag.
Warum wollen wir die Sonderregelung für politische Beamte in Sachsen abschaffen? Es ist einfach: Die meisten Beamten in Sachsen beenden ihre Dienstzeit nämlich erst mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Die Mehrzahl der politischen Beamten dagegen wird im Durchschnitt schon mit 55 Jahren in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
Dies hat auch der Sächsische Rechnungshof bereits in seinem Jahresbericht 2017 festgestellt. Er kritisiert besonders die lebenslange Dauerversorgung der Ruhestandsbeamten. Zuerst bekommen sie ein Übergangsgeld in Höhe von rund 72 % ihrer letzten Dienstbezüge – bei ehemaligen Staatssekretären kostet das unseren Freistaat rund 8 000 Euro pro Monat – zwischen sechs Monaten und drei Jahren, je nachdem wie die vorangegangene Dienstzeit war. Danach bekommt der jeweilige Beamte bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersrente eine Mindestversorgung von 4 000 Euro monatlich. All dies erfolgt aber ohne Arbeitsleistung. Der Freistaat zahlt, hat aber nichts davon, und dies über durchschnittlich fünfeinhalb Jahre.
Aber es kommt noch besser. Die politischen Beamten können nach ihrem Ausscheiden auch eine neue Erwerbstätigkeit ausüben. So erhält einer dieser Beamten nach seinem Ausscheiden ein Monatseinkommen aus einer neu
aufgenommenen Tätigkeit von rund 10 000 Euro monatlich. Daneben bekommt er weiterhin Versorgungsbezüge aus Steuergeldern in Höhe von 4 000 Euro; das Gesamteinkommen lag 30 % höher als im aktiven Dienst. Das kann man auf Seite 124 in dem Jahresbericht genau nachlesen.
Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer in Sachsen bekommt nur etwa 3 200 Euro und muss dafür 40 Stunden pro Woche hart arbeiten. Auf dem Bau oder im Gastgewerbe muss er sich mit vielen Beschwernissen wie mit Regenwetter oder mit missgelaunten Kunden herumärgern. Mit seinen Steuern finanziert er vieles – aber eben auch Staatssekretäre im Ruhestand, die für den Freistaat überhaupt keine Arbeitsleistung mehr erbringen.
Absurd wird es aber, wenn wir die Versorgung der Staatssekretäre mit der Versorgung eines Ministers vergleichen: Der Minister ist Vorgesetzter des Staatssekretärs und wird besser versorgt – könnte man meinen. Ist das aber so? Ein Minister bekommt ebenfalls ein Übergangsgeld von 72 % seiner Dienstbezüge, und zwar ebenfalls für einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu drei Jahren. Hier enden aber die Gemeinsamkeiten mit den verbeamteten Staatssekretären, denn die Ruhegeldansprüche der Minister bestehen erst ab dem 63. Lebensjahr. In der Zwischenzeit muss der Minister sehen, wo er bleibt. Warum soll dann aber ein Staatssekretär in Sachsen besser versorgt werden als ein Minister?
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir eine Gleichbehandlung bei der Versorgung erreichen. Staatssekretäre sollen genau wie die Minister in einem öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnis beschäftigt werden. Dies hätte zur Folge: Nach ihrem Ausscheiden bekommen sie ein befristetes Übergangsgeld, aber keine lebenslange Dauerversorgung mehr. Der Präsident der Landesdirektion oder der Präsident der Landtagsverwaltung sind ebenfalls politische Beamte,
obwohl sie eben nicht zum engsten Beraterkreis der Staatsregierung zählen. Aber dies muss nach unserer Meinung auch nicht sein. Beim Regierungssprecher kann
man sicherlich geteilter Meinung sein; aber wenn man das Amt nicht mit einer utopistischen Besoldungsgruppe vergütet, wird man auch für den Regierungssprecher nach einem Regierungswechsel eine vergleichbare Beschäftigung finden.
Sehr geehrte Abgeordnete, wie wollen Sie den Bürgern erklären, dass Sie jedes Jahr Steuern im Umfang von Millionen für politische Beamte im einstweiligen Ruhestand aufwenden? Mit unserem Vorschlag ist eine lebenslange Dauerversorgung ohne Arbeitsleistung ausgeschlossen. Staatssekretäre sollen wie Minister behandelt werden und bekommen nach ihrem Ausscheiden nur ein zeitlich befristetes Übergangsgeld. Die anderen politischen Beamten bleiben lebenslange Beamte, die Regierung kann sie jedoch nicht mehr in den Ruhestand versetzen, sondern muss ihnen ihre Arbeitsleistung weiterhin abnehmen.
Wir beantragen, unseren Gesetzentwurf federführend an den Verfassungs- und Rechtsausschuss und mitberatend
Meine Damen und Herren, das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Abschaffung des politischen Beamtentums und zur Neuregelung der Rechtsstellung der Staatssekretäre im Freistaat Sachsen an den Verfassungs- und Rechtsausschuss – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Eine Gegenstimme. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.
Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die Einreicherin, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – insgesamt 8 Minuten, wie Sie wissen. Das Wort ergreift Herr Kollege Lippmann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mittlerweile dürfte auch dem Letzten in Sachsen bekannt geworden sein, dass am 1. September Landtagswahlen stattfinden. Die Folge von Landtagswahlen ist in der Regel nicht nur eine Änderung der Zusammensetzung des Parlaments, sondern meist auch eine Änderung in der Zusammensetzung der Staatsregierung. Wenn es nach uns geht, dann dürfte sich auch der eine oder andere CDU-Minister Gedanken über seine künftige Verwendung nach dem Ausscheiden aus dem Amt machen. Das können wir aber mit einem Gesetz nicht regeln, sondern das liegt in der Hand der Wählerinnen und Wähler.
Was wir regeln können, ja, womöglich sogar müssen, ist die Frage, wie es nach dem Ausscheiden aus dem Amt für Ministerinnen und Minister, aber eben auch für Staatssekretäre weitergeht.
In den vergangenen Jahren haben wir vor allem auf Bundesebene immer wieder erlebt, dass bei den anschließenden beruflichen Tätigkeiten von Regierungschefs oder Ministerinnen und Ministern viele Fragen aufgeworfen wurden, Fragen, ob Kontakte aus Regierungszeiten
versilbert werden, und Fragen, ob nicht vor der beruflichen Tätigkeit beispielsweise für einen großen Konzern Gefälligkeiten der Regierenden vorausgegangen sind. Dabei geht es noch nicht einmal um die konkreten Tatsachen, allein der Anschein, dass Regierungs- und Privatinteressen vermischt wurden, ist regelmäßig dazu geeignet, zu berechtigten öffentlichen Diskussionen zu führen.
Uns allen stehen die prominenten Fälle solcher Interessenkonflikte vor Augen. Dabei geht es nicht nur um Fälle, die nur anrüchig sind, wie der Wechsel des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Franz Josef Jung zum Rüstungskonzern Rheinmetall – offenbar waren die Verbindungen auch sieben Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Amt immer noch so groß, dass er die Kontakte nutzen konnte. Uns allen ist auch der vollkommen berechtigte Aufschrei präsent, als seinerzeit publik wurde, dass der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder nur vier Monate nach seiner Niederlage bei der Bundestagswahl Aufsichtsratsvorsitzender einer Gazprom-Tochter wurde. Bei solchen Wechseln liegt der Interessenkonflikt nicht nur auf der Hand, er ist auch evident: Schröder hatte sich als Bundeskanzler für die russische Ostseepipeline eingesetzt.
Im Fall des ehemaligen Staatsministers im Bundeskanzleramt, dem CDU-Mitglied Eckart von Klaeden, der aus seiner Position heraus nach einer erstaunlich kurzen Schamfrist von zwei Monaten in den Daimler-Konzern wechselte, dort in den Bereich Politik und Außenbeziehungen, ermittelte zwischenzeitlich sogar die Staatsan
waltschaft wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsnahme. Auch wenn das Verfahren eingestellt wurde, blieb mehr als ein schaler Beigeschmack, dass von Klaeden sein Amt genutzt haben könnte, um strengere CO2Grenzwerte zu verhindern, und sich dieses Engagement mit einer Beschäftigung in der Wirtschaft anschließend vergolden ließ.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Liste von Seitenwechslern in Politik und Wirtschaft lässt sich um unzählige Beispiele von Regierungsmitgliedern fast aller Parteien erweitern. Es ist ein großes Verdienst von NGOs wie Lobbycontrol, die Lobbyismus in Deutschland regelmäßig dokumentieren, dass dies in die Öffentlichkeit getragen und dass auf solche Fälle regelmäßig verwiesen wird.
Es ist grundsätzlich nichts Unredliches daran, nach einer politischen Karriere in die Wirtschaft zu wechseln. Auch Lobbyismus ist nichts per se Verwerfliches. Allerdings müssen wir uns selbst Mechanismen geben, um zu verhindern, dass in der Öffentlichkeit der Anschein einer unziemlichen Verquickung von Interessen entsteht. Unsere Aufgabe als Politiker und Gesetzgeber ist es, zum Wohle der Menschen im Freistaat Sachsen zu entscheiden.
Besonders kritisch sollten sich die Entscheidungsträgerinnen und -träger an der Spitze von Ministerien mit der Einflussnahme durch Lobbyistinnen und Lobbyisten auseinandersetzen. Es sollte eine Selbstverständlichkeit für jedes Mitglied der Staatsregierung sein, jeden bösen Schein zu vermeiden, dass ihre oder seine spätere Beschäftigung in einem Zusammenhang mit der vorherigen Tätigkeit steht.
Die Hoffnung in die Integrität und Selbstkontrolle reicht uns GRÜNEN nicht; denn die Erfahrungen zeigen, dass es einer verbindlichen und mithin gesetzlichen Regelung bedarf. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, das Ministergesetz um einen Paragrafen zu ergänzen, der eine Regelung zur Tätigkeit der Mitglieder der Staatsregierung nach Beendigung des Amtsverhältnisses einführt. Diese sollen der Staatsregierung künftig anzeigen müssen, wenn sie innerhalb der ersten 36 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Amt eine Erwerbstätigkeit oder eine sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes aufnehmen wollen. Die Staatsregierung kann dann diese Beschäftigung für die ersten 36 Monate nach dem Ausscheiden ganz oder teilweise untersagen, wenn dadurch öffentliche Interessen beeinträchtigt wären. Davon ist zum Beispiel auszugehen, wenn die angestrebte Beschäftigung in jenen Bereichen ausgeübt werden soll, in denen das ehemalige Mitglied der Staatsregierung während seiner Amtszeit tätig war. Öffentliche Interessen sind auch dann berührt, wenn das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität, also die Redlichkeit und Unbestechlichkeit der Staatsregierung beeinträchtigt wäre.
Wir halten es für richtig, dass die amtierende Staatsregierung selbst die Entscheidung über eine Karenzzeit der Vorgängerregierung fällt; denn sie kann am besten beurteilen, was ihr selbst zum Nachteil in der öffentlichen
Wahrnehmung gereichen kann. Am Ende fallen anrüchige Verquickungen von Politik und Wirtschaft regelmäßig auf die Politik als solche zurück.
Gleichwohl setzen wir wie auch der Bund bei der Entscheidung auf eine Beratung durch ein unabhängiges Gremium. Die Mitglieder dieses Gremiums sollen Funktionen an der Spitze staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen wahrgenommen haben. Das Gremium spricht der Staatsregierung eine Empfehlung aus, ob es einem ehemaligen Mitglied die Beschäftigung untersagen soll oder nicht. Damit diese Entscheidung nicht im Verborgenen bleibt, falls die Staatsregierung abweichend davon entscheidet, ist diese Empfehlung auch zu veröffentlichen.