(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten – Zuruf von der SPD: Markenrechtsverstoß! – Hanka Kliese, SPD, steht am Mikrofon.)
Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Dr. Petry hat in ihrer Rede etwas sehr Interessantes gesagt, und zwar einen Satz, den ich für unsere Demokratie tatsächlich als sehr wichtig erachte. Sie hat gesagt, dass die Verächtlichmachung des politischen Gegners schädlich für unsere Demokratie sei. Ich bin seit fast zehn Jahren in diesem Landtag, und ich habe in diesem Hause noch nie einen Menschen erlebt, der mehr mit den Mitteln der Verächtlichmachung gearbeitet hat als Sie, Frau Dr. Petry. Ich habe noch nie jemanden erlebt, der so verachtend und arrogant mit politisch Andersdenkenden umgegangen ist. Ich wünsche mir sehr, dass Sie Ihre Worte für unsere Zusammenarbeit einmal verinnerlichen.
(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, den GRÜNEN und der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)
Das war eine Kurzintervention. Wir können eine zweite Rederunde eröffnen, sofern es Redebedarf gibt. Den Redebedarf gibt es. Damit kommen Sie, Herr Urban, für die einbringende Fraktion zu Wort.
Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Kurzinterventionen sind leider verbraucht, aber ich möchte doch noch ein paar Worte an Sie richten, nachdem sozusagen die gesamte Wut des Plenums auf uns herniedergegangen ist.
Es gibt sicher Extremisten in allen Parteien und es gibt auch Personen in allen Parteien, die Gewalt verherrlichen.
Damit Sie jetzt nicht wieder beginnen, Nein zu schreien, möchte ich auf den Sohn von Herrn Dulig verweisen, der bei der Antifa mitwirkt.
(Widerspruch – Staatsminister Martin Dulig: Das ist eine Lüge. Ich werde rechtliche Schritte einleiten lassen!)
Ich weise auf Frau Nagel hin, die mit Antifa-Demonstranten unterwegs ist oder auch auf Herrn Kasek von den GRÜNEN. Nicht zuletzt möchte ich auch nicht die CDU aus dem Rennen lassen, weil uns regelmäßig Chemnitz vorgehalten wird – eine Demonstration mit 8 000 Teilnehmern –, wo Sie gern möchten, dass wir da für jeden einzelnen Teilnehmer verantwortlich sind.
In Chemnitz hat der Generalsekretär der CDU an einem Konzert mit linksextremistischen, gewaltverherrlichenden Demonstrationen teilgenommen.
Diese Teilnahme an diesem Konzert hat sich Ihr Generalsekretär freiwillig ausgesucht. Es ist nicht zufällig passiert.
(Daniela Kuge, CDU: Herr Urban! Das sagen Sie nur wegen Ihrer Kamera da oben! – Alexander Dierks, CDU, steht am Mikrofon.)
Nein. Ich bin gleich fertig. Deshalb möchte ich noch einmal ganz klar appellieren: Wir können uns immer dahinter verstecken, dass irgendjemand schlechte Dinge sagt,
dass irgendjemand sich so benimmt, wie man sich das eigentlich nicht wünscht. Wir können uns aber einmal auf uns selbst in diesem Plenum besinnen. Da kann jeder heute einzeln für sich eine klare Position gegen politische Gewalt beziehen, ohne sich hinter anderen zu verstecken.
Eine zweite Rederunde ist eröffnet. Vorher sehe ich aber Bedarf an einer Kurzintervention am Mikrofon 5. Bitte, Herr Kollege Dierks.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Urban, ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben und welche Form von Realität Sie wahrnehmen, aber Sie könnten mir gern sagen, an welcher Stelle ich aktiv an linksextremen Konzerten teilgenommen habe. Ich weiß
nicht, ob Sie die Debatte verfolgt haben, auch im Nachgang der Ereignisse von Chemnitz, wo ich mich durchaus ausgewogen und auch kritisch zu den Ereignissen in Chemnitz geäußert habe. Ich weiß, dass Dinge, die nicht in Ihr Weltbild passen, für Sie grundsätzlich nicht stattfinden, und dass Sie in Ihrer Blase dann sehr häufig nur um die Dinge drehen, die in Ihre Sicht der Welt passen. Ich möchte Sie trotzdem bitten, dass Sie bei der Wahrheit bleiben.
Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Dierks, das war wieder einmal ein sauberes Beispiel dafür, wie würdig man mit den Kollegen im Sächsischen Landtag umgeht, indem man ihnen geistige Verwirrtheit vorwirft.
Ich möchte aber noch einmal etwas zu Chemnitz sagen. Herr Dierks, Sie waren bei einem Konzert, bei dem auch linksextremistische Bands aufgetreten sind.
Sie sind freiwillig dort hingegangen und haben sich hinterher beschwert, dass es nicht schön gewesen sei, nachdem offensichtlich wurde, dass es daran Kritik gibt.
Sie haben sich diese Teilnahme freiwillig ausgesucht, im großen Unterschied zu uns, die sich die 8 000 Demonstranten nicht alle aussuchen konnten.
(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Sie waren in der ersten Reihe! – Widerspruch von der AfD – Glocke des Präsidenten – Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)
Wir sind in einer zweiten Rederunde, die die AfD-Fraktion eröffnet hat. Gibt es in dieser zweiten Runde weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Prof. Dr. Roland Wöller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wer sich mit Worten nicht zu helfen weiß und dann zuschlägt, wer Andersdenkende nicht mit Argumenten zu überzeugen, sondern körperlich zu schädigen versucht, wer Gewalt als Mittel demokratischer Partizipation begreift, der hat in unserer Demokratie keinen Platz.
Gewalt, politische Gewalt, gleich welcher Couleur nehmen wir nicht hin. Gewalt ist die Niederlage der Argumentation. Wir alle, das heißt jede Partei, waren und sind davon betroffen. Abgeordnete werden attackiert, Wahlkampfhelfer bedroht und Parteibüros angegriffen. Der sächsischen Polizei sind in den letzten fünf Jahren insgesamt 300 politisch motivierte Straftaten gegen Parteieinrichtungen bekannt geworden. Zwar hat sich die Zahl von 2016 mit 106 Taten auf 50 im letzten Jahr halbiert. Aber klar ist auch, jeder einzelne Angriff ist einer zu viel. Keiner ist davon zu entschuldigen. Nicht zu entschuldigen, so viel gehört zur Wahrheit auch dazu, ist aber auch jene Rhetorik, die zu zunehmender Polarisierung unserer Gesellschaft beiträgt.
Meine Damen und Herren, insofern ist es gut und richtig, dieses Thema heute hier im Hohen Haus zu besprechen, vor allem auch, weil die heiße Phase des Wahlkampfs alsbald beginnt und niemand, der sich ernsthaft als echter Demokrat begreift, ein Interesse an weiterer Eskalation haben kann. Ich kann Ihnen versichern, dass unsere Sicherheitsbehörden wie bislang alles dafür tun werden, die entsprechenden Täter – die meisten kommen aus dem rechts- bzw. linksextremistischen Milieu – schnell dingfest zu machen.
In Auswertung der jüngsten Angriffe haben wir Anfang des Monats die Polizeidirektionen angewiesen, ab sofort Parteieinrichtungen verstärkt zu bestreifen. Außerdem wird das Landeskriminalamt bis Ende Februar ein Lagebild zu politisch motivierten Straftaten gegen Parteieinrichtungen erstellen, auf dessen Basis die Polizei über das weitere Vorgehen beraten wird.
Gleichzeitig bleibt auch das Landesamt für Verfassungsschutz gefordert, zum einen, weil die Täter – wie gesagt – aus extremistischen Kreisen kommen, zum anderen, weil hier in den letzten Jahren enorm viel präventive Erfahrung und Wissen gesammelt wurde. In Vorträgen, öffentlichen Diskussionsrunden sowie mit der Wanderausstellung „In guter Verfassung“ informiert das Landesamt für Verfassungsschutz über Extremismus und dessen Erscheinungsform im Freistaat Sachsen. Vor allem an Schulen und Ausbildungseinrichtungen sind unsere Experten sehr gefragt. Für mich ist das ein sehr wichtiger Ansatz.
Meine Damen und Herren, was wir darüber hinaus vor allem brauchen, ist eine verbale Abrüstung. Gerade Parlamentarier haben hier eine Vorbildfunktion.
Jeder von Ihnen sollte es eigentlich wissen: Worte allein setzen kein Parteibüro in Brand, sie können aber dazu anstacheln und wie Brandbeschleuniger wirken. Ich appelliere daher an alle, in der politische Rhetorik nicht über das Ziel hinauszuschießen und Debatten nicht grundsätzlich anzuheizen. Wer aber, wie Herr Gauland, von der Jagd auf die neue Bundesregierung spricht, wer mit Leuten demonstriert, die „All Cops are bastards“ schreien, tut genau das Gegenteil, und das lehnen wir ab.