Protocol of the Session on January 31, 2019

Eine Abschaffung der Altersgrenzen wäre schön – wir reden immer von lebenslangem Lernen – und Auslandsförderung für ein gesamtes Studium im Bologna-Raum. Grundsätzlich sollte das Teilstudium – das wurde auch mehrfach erwähnt – förderfähig sein und BAföG – jetzt halten Sie sich da drüben etwas fest – sollte natürlich auch für Personen mit Duldung oder Aufenthaltserlaubnis gewährt werden.

(Beifall bei den LINKEN)

Last, but not least wäre eine Angleichung der Förderkonditionen der Berufsausbildungsbeihilfe an das BAföG sinnvoll.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ah!)

Das wäre eine Reform. Das wäre bedarfs- und realitätsorientiert. Das wäre zukunftsfest,

(Zurufe von der CDU)

progressiv und modern, aber so, wie die Sachlage im Moment ist, wird es kein Erfolgsrezept. Sorry, not, sorry.

Ich muss am Ende die pure Arroganz, die aus der fehlenden Einbindung der Studierenden- und Schülerinnen- und Schülervertretungen in Beteiligungsverfahren oder der Beiratsbesetzung spricht, nicht mehr gesondert hervorheben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf von der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht erneut Herr Kollege Dr. Weigand.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! ich hoffe, ich werde es nie erleben, dass die LINKEN in Sachsen regieren, weil ansonsten der Haushalt dahin ist. Liebe CDU, denken Sie genau darüber nach, von wem Sie sich eventuell tolerieren lassen würden, sonst geht das Land den Bach herunter, nachdem man die Rede von Herrn Jalaß gehört hat. Entschuldigung!

(Beifall bei der AfD – Zurufe von der CDU)

Herr Schreiber, regen Sie sich nicht immer gleich auf. Bleiben Sie ganz ruhig.

Herr Mann, ich habe gesagt, dass ich mich gefreut habe, dass mit dem BAföG auch die Mittelschicht erreicht wird. Aber ich habe gleichwohl gesagt, dass ich während meines Studiums die Nebentätigkeit nicht schlecht fand und dass es kein Beinbruch ist. Das war meine persönliche Meinung dazu. Ich habe niemanden, der aus einer Arbeiterfamilie kommt, diskreditiert.

Wenn Sie sagen, Sie wollen Leistungsnachweise abschaffen, dann zeigt mir das, dass Sie sich ein wenig von der Leistungsgesellschaft entfernen. So, wie das BAföG läuft, denke ich, dass diejenigen, die gute Leistungen bringen, die besten Abschlüsse machen und es schnell zurückzahlen, mit Nachlässen berücksichtigt werden sollten. Wir sind eine Leistungsgesellschaft.

Zu den Wohnheimplätzen. Wir sind grundsätzlich dafür, dass wir von den hohen Studentenzahlen wegkommen. Wenn wir wieder auf ein gesundes Maß herunterkommen, dann nimmt das den Druck von den Wohnheimen. Wenn Sie den ÖPNV im ländlichen Raum besser ausbauen würden, dann erreichten Sie den Raum um die Hochschulen und Universitäten dort, wo Wohnungen zur Verfügung stehen und damit Wohnheimplätze genutzt werden könnten.

Wir als AfD haben besonders im Fokus, das BAföG für Familien zu erleichtern. Wer Nachwuchs bekommt, sollte besonders berücksichtigt werden. Wir sind für ein elternunabhängiges BAföG, damit die Eltern nicht zu 100 % in die Betrachtung einbezogen werden. Was auch sehr interessant ist: Da wir als Sachsen das nicht mehr selbst stemmen müssen, bin ich gespannt, was Sie mit den freigewordenen Geldern, mit den Talenten für Sachsen machen. In den Haushaltsverhandlungen wussten Sie nicht, was Sie mit den Geldern anfangen sollen. Wir werden noch einmal nachfragen und nachhaken.

Ich hoffe, dass wir durch das BAföG, weil wir im Vergleich zu Universitätsstädten wie München oder Berlin deutlich geringere Lebensunterhaltskosten haben, weiterhin hohe Studentenzahlen von Sachsen haben, dass wir unsere Sachsen dafür ausbilden. Sie müssen den Rattenschwanz sehen, was der Staat noch dazugibt, damit sich diese hier ansiedeln und wir somit unser Sachsen stärken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Es folgt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Kollegin Dr. Maicher spricht zu uns.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal den Punkt ausführen. Die Novelle hat ein Ziel. Es ist das Ziel, eine Trendwende bei der Ausbildungsförderung zu schaffen. Frau Karliczek, die Bundesbildungsministerin, hat gestern erstmalig Zahlen verlautbaren lassen, was damit erreicht werden soll. Sie hat gesagt, auf der einen Seite ist die Zahl um über 100 000 Geförderte in den letzten Jahren zurückgegangen. Das ist zu der Zahl, die sie uns schriftlich auf Anfrage gegeben hat, statistisch umgerechnet. Aber sei es drum. Als sie gefragt wurde, wie viel man zusätzlich erreichen möchte, sagte die Bundesregierung, sie hoffen, ungefähr 100 000 Geförderte mehr damit zu erreichen. Das ist die Trendumkehr von CDU und SPD.

(Zuruf des Abg. Holger Mann, SPD)

Das ist ein Nullsummenspiel. Damit ändert sich erst einmal gar nichts, was allein die Quantität betrifft.

Wir würden gern umgehend die Fördersätze und Freibeträge steigern und nicht zeitlich verschieben. Wir wollen eine regelmäßige Indexierung, eine automatische Erhöhung. Das würde viel mehr dem entgegenwirken, dass die Kosten automatisch steigen. Wir wollen bei den Wohnkosten eine regionale Staffelung, weil es dringend notwendig ist, die Unterschiede anzuerkennen. Wir wollen aber auch – und das ist eine Aufgabe von uns im Land – den Wohnungsbau für Studierende voranbringen, um damit der Konkurrenz bei Familienwohnungen entgegenzuwirken.

Wir wollen – und das halten wir für die zukünftige Entwicklung für wichtig – eine Reformkommission, die sich grundsätzlich überlegt, wie wir eine andere Studienfinanzierung bekommen, wie wir in eine Stärkung hineinkommen, die eine elternunabhängige Basisförderung ermöglicht, damit wir von diesen Automatismen wegkommen, dass man aus dem BAföG herausfällt, wenn die Eltern etwas mehr verdienen.

Ich würde gern einen Punkt als Anregung einbringen. Das ist die Frage, wie BAföG-Anträge eingereicht werden können. Es gab die Anfrage meines Kollegen, wie viele elektronisch eingereicht werden können. Wir sprechen viel über die Digitalisierung. Es wäre gut, wenn Sie sich bei dem Projekt „BAföG-Antragstellung online“ einsetzten. Zwischen August 2016 und April 2018 sind in Sachsen gerade einmal 23 Anträge digital eingereicht worden. Dort sollten wir uns verbessern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Wir sind mit Frau Kollegin Dr. Maicher am Ende der zweiten Runde angekommen und könnten eine dritte Rederunde eröffnen. Ich sehe bei der CDU keinen Redebedarf. Gibt es eine Fraktion, die in dieser dritten Runde noch Rederecht begehrt? – Das ist nicht der Fall. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Frau Staatsministerin Dr. Stange, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine Aktuelle Debatte, wie sie geradezu im Buche steht; denn gestern hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf beschlossen, und wir diskutieren heute darüber, bevor sich der Bundesrat damit befassen kann. Insofern bin ich gespannt darauf, welche Anträge im Bundesrat aus Berlin, Brandenburg, Thüringen und Baden-Württemberg kommen werden. Daran können wir dann messen, wie ernst es mit den Vorschlägen gemeint ist, die hier von den Oppositionsfraktionen vorgetragen wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit 1971 ist BAföG eine Erfolgsgeschichte. Sie geht zurück auf den Anspruch der Sozialdemokratie, dass jeder, der die Leistungen bringt, die Möglichkeit haben soll, ein Studi

um aufzunehmen. Nur damals, 1971, hatten wir 606 000 Studierende. Im Jahr 2018 hatten wir 2 850 000 Studierende, zehnmal so viele. Fast jeder zweite Jugendliche einer Alterskohorte studiert heute. Damals waren es 44,6 % dieser 606 000 Studierenden, die ein BAföG erhalten haben, übrigens zu Beginn noch eines, das nicht zurückgezahlt werden musste. Erst in der Legislaturperiode, als Schwarz-Gelb an der Regierung war, wurde ein rückzahlbares Darlehen eingeführt, also das heutige BAföG.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! All diejenigen – und ich spreche vor allen Dingen Herrn Jalaß damit an –, die davon träumen, dass sich die Studierenden auf Kosten der Gesellschaft ein lebenslanges Studium finanzieren lassen können – und so verstehe ich Ihre Einlassung –, sollten vielleicht nachts davon träumen, aber nicht am Tag.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Ich glaube noch nicht einmal, dass die jungen Menschen, die studieren, das wollen, sondern sie wollen einen vernünftigen Rahmen haben, dass sie möglichst elternunabhängig oder zumindest so weit finanziert sind, dass sie ihr Leben allein gestalten und das, was sie als Kredit bekommen, zurückfinanzieren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, in diese Richtung müssen wir das BAföG weiterentwickeln. Frau Maicher, ich stimme Ihnen in einem zu, das haben auch Holger Mann und Herr Fritzsche angesprochen: Wir brauchen eine grundlegende Reform des BAföG, die an die veränderten Studienbedingungen nach Bologna angepasst wird; denn das BAföG, wie wir es heute haben, schreibt Regularien fort, die wir vor der Bologna-Reform hatten.

Heute sind unsere Studierenden in der Lage, nach einem Bachelor eine Arbeitsphase einzulegen, um dann wieder in den Master einzusteigen. Nur dann sind sie älter, und der Master hat eine Altersgrenze von 35 Jahren. Sie sind älter, sie haben Familie, sie haben vielleicht auch pflegebedürftige Eltern, und sie können nicht einfach aus dem Job aussteigen und ein Vollzeitstudium aufnehmen. Das heißt, wir brauchen Regularien für ein Teilzeitstudium, und zwar klare Regularien, und wir brauchen Regularien, die es möglich machen, dass auch über das 35. Lebensjahr hinaus BAföG gezahlt werden kann.

Das Thema berufsbegleitende akademische Weiterbildung hat der Wissenschaftsrat gerade in der vergangenen Woche mit sehr umfangreichen Empfehlungen untersetzt. Damit ist vollkommen klar: Wir müssen zukünftig – weil es unsere Gesellschaft braucht – mehr akademische Weiterbildung anbieten, die dazu führt, dass vielleicht jemand, der vorher einen Facharbeiter oder einen Ingenieur in einem ganz anderen Bereich gemacht hat, anschließend die Möglichkeit hat, noch ein Studium aufzunehmen. Das muss zum einen finanziell gestützt werden und zum anderen die Möglichkeit eröffnen, dass unsere zum

Glück studiengebührenfreien Erststudiengänge aufgenommen werden können und dass sie mit BAföG unterstützt werden.

Das sind zwei Dinge, die über das hinausgehen, was wir gestern von der Bundesregierung vorgelegt bekommen haben. Die Anpassungen, die von der Bundesregierung gekommen sind und die hier gerade mehrfach referiert wurden, tragen wir mit. Natürlich hätten wir uns an der einen oder anderen Stelle mehr gewünscht, aber wir müssen auch schauen – ich sage es noch einmal –, wir haben heute 2,85 Millionen Studierende und davon einen nicht unerheblichen Teil, der auf BAföG angewiesen wäre.

Mir ist es wichtig, dass es uns gelingt, mit dem BAföG ein Riesenproblem zu lösen, das uns als Sozialdemokraten umtreibt – und ich denke, auch große Teile der CDU –, dass mehr Menschen, die aus nicht akademischen Elternhäusern kommen, die aus dem sogenannten niedrigen sozialen Niveau kommen, eine Chance bekommen, ein Studium aufzunehmen, wenn sie die Leistungen bringen. In Sachsen sind das gerade einmal 6 %, im Bundesdurchschnitt 12 %.

Von dem, was das BAföG einmal wollte und was es vielleicht auch 1971 bis 1976 geschafft hat, nämlich mehr Kindern aus nicht akademischen Elternhäusern ein Studium zu ermöglichen, sind wir heute meilenweit entfernt. Das müssen wir ändern. Darauf muss die BAföG-Reform heute oder vielleicht in einigen Jahren mit einer strukturellen Reform reagieren können.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ein Punkt: Kollege Piwarz und ich haben in einem Schnellverfahren, muss man sagen, eine Stellungnahme abgegeben, da uns die Bundesregierung nicht viel Zeit für eine Stellungnahme zu ihrem Referentenentwurf gelassen hat. Diese enthält genau das, was ich vorhin gesagt habe, nämlich Teilzeitstudium und Altersgrenze aufheben, und einen Punkt, der die Schülerinnen und Schüler betrifft.

Wir haben in den berufsbildenden Schulen die Situation, dass die Jahrgangsklassen 11 und 12 in den Fachoberschulen – also der einjährige und der zweijährige Bildungsgang – aus demografischen Gründen teilweise zusammengelegt werden müssen. Ich finde das auch richtig, damit diese Bildungsgänge überhaupt zustande kommen. Da aber im BAföG das Ausbildungsstättenprinzip gilt, können Schüler in diesen zusammengelegten gemischten Klassen nicht gefördert werden. Das ist ein Anachronismus, den wir in dem Gesetz unbedingt noch ändern müssen. Ich glaube, das wird auch keine großen Summen kosten und würde uns und wahrscheinlich allen ostdeutschen Ländern in der demografischen Situation sehr helfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich ganz herzlich für die Diskussion und insbesondere für die Anregungen, die noch gekommen sind, die in diese Reform hineinpassen. Ich danke auch für die Anregung,

eine grundlegende BAföG-Reform auf den Weg zu bringen, und kann nur an die appellieren, die heute in Landesregierungen sind, sich dafür einzusetzen, dass eine solche grundlegende Reform auch durchdringt. Ansonsten hoffe ich, dass diese BAföG-Reform möglichst schnell mit Modifikationen auf den Weg gebracht wird, damit die Studierenden, die heute aus finanziellen Gründen nicht studieren können, weil das BAföG für sie nicht möglich ist, ein Studium aufnehmen können. Dass muss unser Ziel sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)