Protocol of the Session on December 14, 2018

Wie soll das konkret ablaufen? Zunächst soll es zu allen Punkten, die die Erschließung betreffen, eine öffentliche Beteiligungspflicht geben, wo und wie häufig ein Bus fährt, welcher Service angeboten wird, ob er barrierefrei ist, wie er ausgestaltet ist und welche Umwelteigenschaften dabei zu berücksichtigen sind. Auch bei kommunalen Nahverkehrsplänen soll diese Beteiligung auftauchen sowie bei der Tarifgestaltung und der Organisation von Schülerverkehr. Dies alles sind Punkte, die berücksichtigt werden sollen.

Der ÖPNV-Aufgabenträger soll dann mögliche Varianten aufzeigen und die Auswirkungen, die Variante A oder B dadurch hat. Vorher müssen die Aufgabenträger aber den Beteiligten Konzepte und Informationen übermitteln. Dazu kommt, dass wir kommunale Fahrgastbeiräte fördern wollen. Es gibt bereits einige, und wir haben in der gestrigen Haushaltsdebatte als Gegenargument zu unserem Haushaltsantrag gehört, dass es bereits kommunale Fahrgastbeiräte gibt. Ja, diese gibt es, allerdings nur sehr, sehr wenige: etwa nur fünf oder sechs in ganz Sachsen, die wirklich aktiv sind. Sie sind bei den kommunalen Verkehrsunternehmen angesiedelt, sind also Teil des Unternehmens, und bekommen dort einen Raum, in dem sie sich einmal in der Woche treffen können und dann mehr oder weniger im Sinne des Unternehmens die Rechte der Fahrgäste vertreten. Dies halten wir für einen Schritt in die richtige Richtung, und wir sind froh, dass es sie gibt. Wir haben uns auch mehrmals mit ihnen in der Fraktion getroffen. Doch eigentlich muss es darum gehen, dass sich diese Fahrgastverbände unabhängig von den jeweiligen Verkehrsunternehmen treffen und agieren können. Deshalb fordern wir bestimmte Rechte für sie ein:

Sie sollen frei und nach eigenem Ermessen tätig werden können. Sie sind ehrenamtlich tätig, sollen aber eine Aufwandspauschale von der Kommune bekommen; und sie können sich jederzeit an die Öffentlichkeit wenden, wenn es zum Beispiel darum geht, dass sie sich bei dem Unternehmen in der Region, für die das Verkehrsunternehmen tätig ist, beschweren wollen. Dafür soll eine

Geschäftsstelle eingerichtet werden, die von der Kommune übernommen wird.

Auf Landkreisebene fordern wir eine kommunale Beteiligungsmanagerin bzw. einen Beteiligungsmanager, der bzw. die in Vollzeit angestellt ist, diese Aufgaben übernimmt und die kommunalen Fahrgastbeiräte, die ja ehrenamtlich tätig sind, unterstützt.

Hinzukommen soll, dass es einen sächsischen Landesnahverkehrsrat gibt, der beim sächsischen Wirtschaftsministerium angesiedelt ist. Auch dieser ist natürlich unabhängig und frei von Weisungen zu betrachten. Er ist bei Gesetzesvorschlägen vom Parlament oder von der Staatsregierung anzuhören. Er soll zu Verordnungen und Verwaltungsvorschriften angehört werden und zu Planungsvorhaben der Aufgabenträger sowie zu Förderungsprogrammen Stellungnahmen abgeben können. Er kann auch eigene Vorschläge einbringen und soll dem Landtag alle zwei Jahre einen Bericht zum Zustand des ÖPNV in Sachsen geben.

Zusammengesetzt sein soll der Landesnahverkehrsrat aus ÖPNV-Beauftragten und kommunalen Fahrgastbeiräten, den Beteiligungsmanagerinnen und -managern auf der Landkreisebene und Vertreter(innen) von Behinderten- bzw. Mobilitätsverbänden sowie weiteren Mitgliedern, die nicht stimmberechtigt sind: Planungsverbände, das Landesamt für Straßenbau und Verkehr oder auch die Verkehrsverbünde selbst.

Wir finden, Mobilität ist ein Grundrecht, und die Teilhabe gehört zum gesellschaftlichen Leben. Wir haben leider in den letzten 28 Jahren erlebt, dass der ÖPNV in Sachsen nicht gerade massiv aufgebaut, sondern eher massiv abgebaut wurde. Wir haben in den letzten 20 Jahren vor allem einen massiven Abbau im Schienenverkehr erleben müssen; Bahnhöfe und Linien wurden geschlossen. Es gab aber gleichzeitig auch drastische Fahrpreissteigerungen in den Großstädten. Wir haben zwar mehr Komfort, aber wir haben nicht mehr überall Bus- oder Straßenbahnverbindungen. In vielen Regionen Sachsens gibt es keinen ÖPNV mehr, den man so nennen kann.

Genau diese Herausforderungen und Probleme können wir nicht nur hier im Landtag regeln, indem wir mehr Geld geben und neue Strukturen schaffen, sondern wir müssen auch die Menschen vor Ort, die es betrifft, besser einbeziehen, damit es dem ÖPNV nicht weiter an den Kragen geht. Dabei sind auch die Herausforderungen des Klimawandels zu berücksichtigen, wobei der Verkehrsbereich ein bedeutender Sektor ist, in dem es CO2 einzusparen gilt. Da wir dies nicht zentral steuern können, sondern vor Ort steuern müssen, brauchen wir auch die Beteiligung der Menschen.

Zusammengefasst: Wir fordern kommunale Fahrgastbeiräte dort, wo ÖPNV stattfindet. Wir fordern Beteiligungsmanagerinnen und -manager auf Landkreisebene. Wir fordern einen Landesfahrgastbeirat, wie es ihn bereits in vielen Bundesländern gibt, und wir fordern einen ÖPNV-Beauftragten im Landtag, der alle zwei Jahre einen Bericht liefert und uns bei der inhaltlichen Gestaltung von

Anträgen und Gesetzen unterstützt. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, wenn wir ihn dann endbehandeln; aber zunächst bitte ich um die Ausschussüberweisung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Böhme. Meine Damen und Herren, das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Verbesserung der

Beteiligung der Bevölkerung an der Planung und Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs im Freistaat Sachsen an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr – federführend – und an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt dem Vorschlag zu? – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Enthaltungen und keinen Gegenstimmen ist dem Vorschlag so entsprochen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Weiterentwicklung der psychiatrischen und psychotherapeutischen

Versorgung von Kindern und Jugendlichen

Drucksache 6/15387, Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: Zuerst die CDU-Fraktion, danach die SPD, DIE LINKE, die AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion spricht mein Namensvetter Kollege Wehner. Bitte sehr, Herr Wehner, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Wir werden jetzt mit diesem Antrag und dem Vorschlag für die Fraktionen etwas für Kinder und Jugendliche tun. Das ist auch die Einladung an die Fraktion DIE LINKE, tatsächlich etwas für Kinder zu tun; denn das hat ja mit dem vorangegangenen Antrag noch nicht geklappt.

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE – Susanne Schaper, DIE LINKE: Diese Arroganz wird Ihnen noch auf die Füße fallen!)

Wir haben laut Situationsbeschreibung von 20 % der Kinder und Jugendlichen im Laufe ihrer Jugend psychische Auffälligkeiten zu betrachten. Es geht zum Beispiel um Bulimie, Depressionen, Zwänge oder ADHS. Die meisten dieser Kinder und Jugendlichen werden im Laufe ihrer Jugend wieder gesund, aber einige sind auf Dauer krank.

Diese Krankheiten haben verschiedene Ursachen. Das kann die Schule sein, Stress im Allgemeinen, Lebensbedingungen, Internetkonsum oder auch das bekannte Mobbing. Die Eltern sind dann oft ratlos. Sie gehen erst zum Kinderarzt, dann zum Psychiater oder zum Psychotherapeuten, und dort haben wir es zum Teil mit langen Wartezeiten zu tun. Das können, wenn man sich das einmal in Dresden anschaut, sechs bis acht Wochen sein. Weitere Termine können dann bis zu sechs Monate Wartezeit mit sich bringen, und ein stationärer Aufenthalt ist meist erst nach über neun Monaten zu erreichen.

Der Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen verschlechtert sich in dieser Zeit natürlich, und die Kosten für die Jugendhilfe werden entsprechend steigen. Dies

alles ist schlecht für die Entwicklung des Kindes, und Sie können sich denken, dass so schnell wie möglich Abhilfe geschaffen werden sollte. Deshalb liegt Ihnen ein Antrag vor: Im ersten Teil ist er ein Berichtsantrag und im zweiten Teil geht es um die konkrete Verbesserung der Zusammenarbeit der Akteure. Die Kinder- und Jugendhilfe zu stärken und sie mit dem kinder- und jugendpsychiatrischen Dienst zu verbinden, das soll das Ziel sein. Die Auffälligkeiten bei den Kindern, also die Krankheitsdiagnose, muss schnell festgestellt werden.

Hierzu können Sie im Antrag lesen, dass die Verwendung und die Etablierung von digitalen Lösungen ein wichtiger und interessanter Baustein in diesem Bereich ist. Das bedeutet, dass das Erstgespräch mit dem Patienten sofort über den Bildschirm oder über das Telefon an den entsprechenden Experten übermittelt wird. Das sorgt dafür, dass die Diagnose sehr schnell gestellt und dem Kind bzw. dem Jugendlichen sehr schnell geholfen werden kann. Diejenigen, die hier besonders im Thema stecken, kennen dieses Netzwerk schon von den Schlaganfallnetzwerken, bei denen das auch funktioniert.

Also: Der Patient rückt näher an den Spezialisten. Der Spezialist ist sofort da. Die Behandlung kann schneller stattfinden. Das wollen wir mit diesem Antrag erreichen. Wir bitten um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und der Staatsministerin Barbara Klepsch)

Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion Frau Abg. Lang. Bitte, Frau Lang, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Abgeordnete! Manchmal hört man: „Na ja, das legt sich schon wieder.“ Oft ist das nicht falsch, aber manchmal auch nicht hilfreich. Kinder probieren anderes Verhalten aus, sie testen Grenzen und treiben damit ihren Eltern Sorgenfalten auf die Stirn. Ob das eigene Kind in einem solchen Fall nur eine kurze Phase seiner Entwicklung

durchmacht oder ein Problem hat, das ärztliche Unterstützung braucht, ist zunächst schwer abschätzbar.

In der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gibt es Höhen und Tiefen. Gerade bei diesen Tiefen brauchen sie Unterstützung. Das kann ich als Mutter eines Kindes mit Asperger-Syndrom bestätigen. An einem bestimmten Punkt wünschen sich Eltern einfach einen Ansprechpartner, der nicht nur aus persönlicher Erfahrung, sondern fachlich fundiert die eigenen Fragen beantwortet und bei Bedarf auch hilft.

Es sollte also ein Ansprechpartner da sein, beispielsweise in Beratungsstellen, in Institutionen der Jugendhilfe, in Arztpraxen oder bei niedergelassenen Therapeuten. Dort sollte dann auch eine Behandlung möglich sein. Gerade im Bereich der sozialemotionalen Störungen, wie zum Beispiel beim Autismus-Spektrum, ist dies besonders dringend notwendig.

In Sachsen haben wir die Verordnung psychisch erkrankter Minderjähriger über den Zweiten Landespsychiatrieplan mit Zielen untersetzt. Dabei können wir betroffenen Kindern, Jugendlichen und Eltern einen möglichst schnellen und unkomplizierten Zugang zur Betreuung bieten. Eine der großen Fragen lautet: Wie wird und wie kann der Landespsychiatrieplan umgesetzt werden? Dazu habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die gute zuerst: Laut einer Studie der Bundespsychotherapeutenkammer haben wir in Sachsen besonders im Vergleich zu den ostdeutschen Bundesländern eine gute Versorgung. Nun die schlechte Nachricht: Die Versorgung scheint trotzdem nicht ausreichend, wenn man die Berichte über Wartezeiten hört und liest.

Demnach müssen Kinder und Jugendliche auf das Erstgespräch oder die nötige Behandlung oft warten. Ein paar Wochen mögen dabei noch gehen. Aber wenn es in diesen Bereichen über Monate oder gar über Jahre geht, können wir wohl kaum mit ruhigem Gewissen zuschauen. Leider fehlen uns in diesem Zusammenhang noch konkrete Zahlen für Sachsen. Deshalb möchten wir diese in unserem ersten Antragspunkt erfragen.

Zu beachten ist unbedingt: Auch bei der Ärzteversorgung haben wir in manchen Regionen Probleme. Die momentane Unterteilung nach Versorgungsgebieten ist nur zum Teil aussagekräftig. So attestiert die Kassenärztliche Vereinigung eine Überversorgung, das heißt mehr als 100 %. Trotzdem warten viele Patienten viel zu lange auf einen Arzttermin.

Das hängt zum Beispiel damit zusammen, dass im ländlichen Raum vermeintlich weniger psychische Erkrankungen auftreten. Aber ist dem wirklich so? Hierbei liegen diese prinzipiell im System. Deshalb sollten wir für Sachsen nach Lösungen suchen. Beachtung finden muss auch, dass man ohne entsprechende Diagnose keine Angebote, zum Beispiel für frühkindliche Förderung, in Anspruch nehmen kann. Auf jeden Fall muss die Zusammenarbeit aller Akteure verbessert werden. Genau das wollen wir mit Punkt 2 unseres Antrags anschieben.

Wie so oft im Sozialbereich, haben wir es mit diversen Finanzquellen zu tun: die Therapie aus dem SGB V, die Unterstützung aus dem SGB VIII. Das macht Übergänge und eine gute Betreuung und Begleitung der jungen Patienten deutlich schwieriger. Die Zusammenarbeit ist dringend verbesserungsbedürftig. Zurzeit, so scheint es, scheitert das Miteinander entweder an Befindlichkeiten wegen Besitzstandswahrungen oder wegen Personalmangel. Eine Verbesserung der Zusammenarbeit muss aber Priorität Nummer eins sein, um auch einer Übertherapierung vorzubeugen und bedarfsgerecht versorgen zu können. Deshalb brauchen wir diese Initiative.

Gestern haben wir hierzu den ersten Schritt getan, denn wir haben das Thema in den Einzelplan des Sozialhaushaltes aufgenommen und im Parlament verabschiedet.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Oliver Wehner, CDU)

Aus diesem Grund bitte ich jetzt um Ihre Zustimmung für die inhaltliche Ausgestaltung in Form dieses Antrages.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Schaper. Frau Schaper, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank für die fachliche Einbringung, Frau Lang. Ich möchte gleich dort anfangen, wo Sie aufgehört haben.

Wenn Sie heutzutage in Chemnitz bei einem Kinder- und Jugendpsychologen anrufen, um einen Termin zu vereinbaren, haben Sie vielleicht Glück, kommen auf eine Warteliste und haben vielleicht in sechs Monaten einen Termin. So sieht die aktuelle Versorgungssituation mit Kinder- und Jugendpsychologen wohl in ganz Sachsen aus.

Deshalb ist es unerlässlich, die psychiatrische und die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen weiterzuentwickeln. Deshalb werden wir Ihrem Antrag heute zustimmen. Denn der Inhalt einer Drucksache ist für uns viel wichtiger, als die Frage, wer diese eingereicht hat. Obwohl es sich leider nur – oder fast nur – um einen Berichtsantrag handelt, erkennen wir an, dass Sie das Thema auf dem Schirm haben, ihm diese Gewichtung geben, es heute im Plenum zu behandeln. Ich denke aber – gestatten Sie mir die Randbemerkung –, dass sich dieser Antrag auch sehr gut für eine öffentliche Anhörung geeignet hätte.

Mit dem Zweiten Sächsischen Landespsychiatrieplan liegt ein umfassender Bericht vor, auf dem Sie in der Tat sehr gut aufbauen können. Deswegen ist das auch die richtige Zeit. Dabei gilt es aber zu beachten, dass dieses Papier aus dem Jahr 2011 stammt und sich seither viele neue Versorgungslücken aufgetan haben. Wie Sie es in der Begründung richtig schreiben, liegt das auch daran, dass

es inzwischen viel mehr Kinder mit psychischen und Verhaltensproblemen gibt.