Protocol of the Session on September 26, 2018

Das Kontrastprogramm der LINKEN für das sächsische Schulsystem ist kurz erklärt: eine Schule für alle, ein Lehrer für alle, ein Abschluss für alle – alles für alle!

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das geht ja schon rechnerisch nicht! – Zurufe von den LINKEN und der SPD )

Das ist dann das Ende aller Chancengerechtigkeit. Dass Lehrer heute schon unter Integrations- und Inklusionsproblemen leiden, ist Ihnen egal; Hauptsache, Sie feiern weiter Ihr realitätsfernes Multikulti-Sachsen, während Schulen und Lehrer zusammenbrechen.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Zur Staatsregierung komme ich dann in der zweiten Runde.

(Beifall bei der AfD – Staatsminister Christian Piwarz: Mit Vorschlägen bitte, Frau Wilke!)

Frau Abg. Zais, bitte, für die GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe an dieser Stelle schon mal ab und zu etwas über meine Enkelin Merle erzählt. In Vorbereitung auf das neue Schuljahr hatte sich Merle, als sie ihren Stundenplan erhalten hatte und die Stunden eintragen wollte, ein sogenanntes Hausaufgabenheft für clevere Faule gewünscht. Sie werden sich vielleicht noch erinnern: Man spart sich das lästige wöchentliche Vortragen, denn der einmal eingetragene Stundenplan bleibt – zumindest in der Regel – das erste Schulhalbjahr gültig. Auch ich hatte solche Hausaufgabenhefte.

Das funktioniert natürlich nicht, wenn Lehrerinnen und Lehrer fehlen, die die Stunden absichern können. Inzwischen ist es tatsächlich so, dass Merle fast wöchentlich ein neues Hausaufgabenheft brauchen würde.

(André Barth, AfD: In welche Klasse geht denn Merle?)

Die Realität an den Schulen ist unverändert. Darüber muss man, liebe Kollegin Friedel, reden, solange es nötig ist. Der Unterricht fällt aus, es gibt fachfremde Vertretungen in Größenordnungen, es gibt Stillbeschäftigungen oder die gleichzeitige Beaufsichtigung mehrerer Klassen durch eine einzige Lehrerin oder einen Lehrer. Das sind übrigens Dinge, die in der offiziellen Ausfallstatistik nur unzureichend abgebildet werden bzw. überhaupt nicht auftauchen.

Das Stichwort „Lehrermangel“ löst mittlerweile keine Panik mehr aus. Auch das muss man konstatieren. Vielmehr drängen sich immer neue Superlative auf, um die dramatische Situation an den Schulen auch nur annähernd beschreiben zu können. Dabei – das muss man auch sagen – hätte das SMK – wohl anders als meine Enkelin – Verwendung für ein Hausaufgabenheft für nicht ganz so Fleißige, denn die Liste der unerledigten Aufgaben – einiges ist jetzt auch angesprochen worden, sowohl von der Kollegin Falken als auch von der Kollegin Friedel – ist die gleiche geblieben; sie ist immer noch lang, auch im neuen Schuljahr.

Fragen nach Bildungsinhalten, nach Bildungsgerechtigkeit – diesbezüglich ist nicht alles rosig in Sachsen, sehr verehrter Herr Kollege Bienst –, die Frage nach individueller Förderung oder moderner Schulausstattung und auch die Frage nach einem solchen Thema, wie zum Beispiel längeres gemeinsames Lernen und das nicht als Zwang, wie es Kollegin Wilke hier angedeutet hat, sind Möglichkeiten, das sächsische Schulsystem auf eine positive Art und Weise weiterzuentwickeln.

Ins Stammbuch sei Ihnen eingeschrieben, Kollegin Wilke: Auch Ihre Wählerschaft – das hat die Umfrage aus dem letzten Jahr ergeben – und ein Großteil der Wählerschaft, zum Beispiel auch von CDU, wünschen sich eine solche Möglichkeit im sächsischen Schulsystem. Es ist wichtig, dass man auf diese Wünsche aus der sächsischen Bevölkerung auch eingeht.

Es geraten – auch das muss man sagen – wichtige Themen aus dem Blick, insbesondere Themen, die sich nicht nur mit den Lehrerinnen und Lehrern oder mit den Eltern beschäftigen, sondern die sich ganz konkret mit den Kindern, mit den Schülerinnen und Schülern beschäftigen, für die bestimmte Probleme – jetzt möchte ich etwas zum Bereich der Förderstunden sagen – tatsächlich ganz besonders wichtig sind.

Ich weiß nicht, ob auch Sie den Brief einer Mutter bekommen haben, die sich zu den Kürzungen der Förderstunden in Sachsen geäußert hat. Sie hat geschrieben, dass ihrem Kind auf dem Papier zweieinhalb Stunden Förderunterricht pro Woche zustehen. Faktisch ist die Situation

jetzt so, dass ihr Kind gemeinsam mit zwei weiteren Kindern künftig nur noch eine Stunde – das auch nur noch alle zwei Wochen – erhält.

Das sind die Probleme, über die wir hier verstärkt reden müssen. Die Mutter schreibt: „Selbst ein Kind, was mit nicht allzu großer Hilfe die Regelschule schaffen könnte, braucht bei einer bestehenden Behinderung ein Mindestmaß an Hilfe, was so nicht gewährleistet werden kann. Der selbst verschuldete Lehrermangel wird auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen.“

Ich finde, diese Position sollten wir bei all den Debatten um den Lehrermangel und um das Elternwahlrecht nicht vergessen. Es geht letztlich vor allem um Kinder und Jugendliche, und es geht um die Schülerinnen und Schüler an Sachsens Schulen. Es geht nicht nur um die sehr guten Schülerinnen und Schüler, sondern auch um die, die Schwierigkeiten im System haben.

Die Liste der unerledigten Aufgaben ist die alte, nur die Strategie hat sich geändert. Auch das haben wir schon gehört. Insbesondere die Kollegen von der CDU rufen das große „mea culpa“ aus und hoffen auf Absolution. Meine Fraktion hofft, dass Ihnen die sächsischen Wählerinnen und Wähler im Jahr 2019 diese Form der Absolution so nicht erteilen werden.

(Zuruf von der AfD: Wir auch nicht!)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN – André Barth, AfD: Ihr werdet aber davon auch nicht profitieren, so wie es aussieht!)

Frau Abg. Kersten, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Anders als in den vorangegangenen Jahren schwingt in diesem Jahr im Titel der Schulstartdebatte der LINKEN etwas Positives mit: „Zukunft braucht gute Schule und neue Wege in der Bildung“.

Was wir bisher von Ihnen, Frau Falken, gehört haben, war absolut nichts Neues, kein neuer Weg, nichts davon haben wir hier gehört. Gleichwohl stimmen wir diesem Teil des Debattentitels zu, denn unser Bildungssystem steht vor großen Herausforderungen. Ich nenne hier nur Stichworte wie Digitalisierung, Migration oder Heterogenität der Schülerschaft.

Um allerdings neue Wege zu gehen, braucht es natürlich die Bereitschaft, alte Wege zu verlassen. Für uns heißt das: Wir müssen Köpfe einbinden, die nicht zu den üblichen Bildungsakteuren gehören und die nicht im allgemeinen Bildungssektor unterwegs sind. Unser Vorschlag ist deshalb ein „Zukunftsrat Bildung“. Dieses Gremium soll sich mit Visionen zur Ressource Bildung beschäftigen und innovative Schul- und Bildungskonzepte entwickeln. Der „Zukunftsrat Bildung“ ist deshalb von externen und unabhängigen Experten aus Wirtschaft und

Wissenschaft oder von sogenannten Denkfabriken zu besetzen.

Wir werden den „Zukunftsrat Bildung“ in die laufenden Haushaltsverhandlungen einbringen und hoffen auf Ihre breite Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Es beginnt wieder die Linksfraktion, Frau Abg. Falken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will ganz kurz auf die Vorredner eingehen. Herr Bienst, ich hätte gern Herrschaftswissen – das ist gar nicht verkehrt –, aber alle Daten und Zahlen, die ich benannt habe, sind aus dem Kultusministerium. Die standen entweder in der Presseerklärung oder sind vom vergangenen Jahr. Das ist alles schon durch den Kultusminister veröffentlicht gewesen.

(Zuruf des Abg. Lothar Bienst, CDU)

Von neuen Zahlen in diesem Jahr habe ich noch gar nicht gesprochen.

(Zuruf des Abg. Lothar Bienst, CDU)

Der Antrag wird kommen und wir werden uns darüber im Ausschuss ausführlich verständigen.

Ich möchte noch kurz etwas zu den Kammern und zur Wirtschaft sagen. Herr Bienst, ich weiß nicht, ob Sie es wissen: Die Wirtschaft hat im Rahmen der Novellierung des Sächsischen Schulgesetzes eine Umfrage in einzelnen Wirtschaftsunternehmen gemacht. Das ist in Chemnitz und Leipzig durchgeführt worden und in Dresden hat man es nur abgeschätzt.

(Beifall des Abg. Volkmar Zschocke, GRÜNE)

Eine richtige Befragung haben sie gemacht. 82 % der Unternehmen sagen: Wir wollen das längere gemeinsame Lernen. Also ich bitte Sie – –

(Lothar Bienst, CDU: Dann ist das neues Denken!)

Ja, das kann sich ja in einem halben Jahr geändert haben, aber wenn ich mit denen rede, kommt dabei immer etwas anderes heraus.

(Patrick Schreiber, CDU: Beim Landesschülerrat hat sich auch einiges geändert!)

Frau Friedel, wenn wir nicht darüber reden, wie die Situation an den sächsischen Schulen ist, wird es auch nicht besser. Deshalb ist es für uns als Opposition ganz wichtig, dass wir natürlich darüber reden, um möglicherweise neue Ideen, Überlegungen und anderes auszusprechen, darüber zu diskutieren auch zu versuchen, es weiterzuentwickeln.

(Sabine Friedel, SPD: Und welche?)

Ich komme noch einmal herum und zeige Ihnen alle unsere Anträge, worin wir schon einmal Vorschläge gemacht haben.

(Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

So viel Zeit habe ich jetzt leider nicht, denn ich möchte – –

(Zuruf des Staatsministers Christian Piwarz)

Ja, natürlich gibt es sehr viele Vorschläge, die wir als Fraktion bereits gemacht haben.

Ich möchte in meinem zweiten Redebeitrag noch einmal auf eine neue Schulkultur und Schulstruktur eingehen. Wir haben es ja schon von Frau Friedel und Frau Zais gehört, dass es wichtig ist, eine neue bzw. andere Schulkultur weiterzuentwickeln und diese in Sachsen eindeutig zu etablieren. Dazu gehört für uns natürlich ganz klar auch eine neue Schulstruktur, und das ist das längere gemeinsame Lernen.