Protocol of the Session on September 26, 2018

Weiter geht es dann: Das FAG führt letztendlich zu einer strukturellen Stärkung der kommunalen Ebene von 183 Millionen Euro pro Jahr. Über diese Zuweisungen hinaus, sozusagen außerhalb des FAG, soll der kommunalen Ebene im Regierungsentwurf – der Ihnen ja nun schon lange vorliegt – zwischen den Jahren 2018 und 2019 ebenfalls eine deutliche Steigerung, nämlich um

334 Millionen Euro – das sind ungefähr 11 % –, zukom

men. In Summe stehen den Kommunen in den Jahren 2019 und 2020 7,2 bzw. 7,5 Milliarden Euro als regelgebundene Finanzausstattung zur Verfügung. Im Jahr 2020 sind das rund 807 Millionen Euro mehr als im Jahr 2017. Das ist letztendlich ein Zuwachs von 13 % innerhalb von drei Jahren.

Angesichts dessen frage ich mich: Was soll dann noch Ihr Entwurf? Es sei denn, Sie machen wieder das Spielchen „Schneller, höher, weiter“. In diesem Spiel können Sie immer noch was obendrauf setzen. Aber da machen wir nicht mit! Wir sind für ein systemkonformes und regelgebundenes FAG, und deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der CDU und der SPD – André Barth, AfD, steht am Mikrofon.)

Herr Barth, Sie wünschen?

Eine Kurzintervention, bezogen auf den Redebeitrag von Herrn Michel.

Das dürfen Sie gern, bitte.

Lieber Herr Michel! Als Sie noch geschlafen haben, als Sie noch die Wunden geleckt haben, haben wir bereits im Oktober eine Enquete-Kommission „Ländlicher Raum“ beantragt. Dann haben wir einen Gesetzentwurf eingereicht, 250 Millionen Euro für die nächsten zwölf Jahre. Über diesen reden wir heute. Weil Sie jetzt zufälligerweise mit einer Hochglanzbroschüre endlich die berechtigten Sorgen der Bürger aufnehmen, lasse ich mir nicht erzählen, dass es dann unseres Gesetzentwurfes nicht mehr bedarf.

Schauen wir uns einmal den Doppelhaushalt an: negativer Finanzierungssaldo. Wir greifen in die Rücklagen hinein, und zwar ziemlich deutlich die nächsten zwei Jahre, so wie Sie das wollen. Sie sind aber erst in der Lage, im Jahr 2020 die 184 Millionen Euro mehr im FAGVerfahren zu verteilen. Das sind für den ländlichen Raum – wenn ich es recht weiß; das sage ich dann alles noch im Änderungsantrag – auch etliche Millionen.

Worum es uns geht: Wir haben zehn Jahre einen konjunkturellen Aufschwung, Sie stellen sich hin und sagen, der ländliche Raum bekomme dauerhaft über das FAG 142 Millionen Euro mehr. Das ist glatt eine falsche Aussage. Wenn wir einen Konjunktureinbruch haben, wenn die Steuereinnahmen zurückgehen, dann gehen auch unter Umständen die Zuweisungen im FAGVerfahren zurück. Das, was wir erreichen wollen, ist eine Verstetigung der Mittel im ländlichen Raum, und –

(Zuruf des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)

Herr Meyer, ganz in Ruhe, ganz in Ruhe!

wir gehen mit unserem Gesetzentwurf ein Stück weiter. Wir sagen, nicht nur neue Bauwerke, sondern auch weiche Förderung –

Bitte zum Schluss kommen.

– beispielsweise von Fußballtrainern. Entweder Sie verstehen das oder Sie verstehen es nicht, oder Sie wollen es nicht verstehen.

(Zuruf von der SPD: Sie verstehen irgendwas nicht!)

Herr Michel, bitte.

Ich möchte noch kurz erwidern, Herr Präsident. Ich will erst einmal zurückweisen, dass wir geschlafen hätten. Ich möchte darauf hinweisen: Sie waren noch gar nicht im Landtag, da haben wir erstmals vor sechs Jahren die Zuweisungen in das gebundene System zugunsten des ländlichen Raums und die Hauptansatzstaffel geändert. Von daher ist das Thema Unterstützung für den ländlichen Raum schon lange auf der Agenda.

Wenn Sie uns vorwerfen, dass wir Geld aus der Rücklage entnehmen, dann bleiben Sie ja für Ihren Fonds völlig schuldig, wie Sie in Ihrem Zwölfjahresplan überhaupt die Finanzierung, wie Sie die Endfinanzierung machen wollen.

(André Barth, AfD: Das werden wir Ihnen mit Einsparungspotenzial noch zeigen!)

Das ist ja noch schlimmer. Wenn Sie jetzt einen Zwischenruf machen und sagen, Sie wollen einsparen, dann wäre es aber ehrlich, wenn Sie uns mal sagen, wo Sie das hernehmen wollen, und was Sie dafür einsparen wollen.

(André Barth, AfD: Das machen wir in den Haushaltsdebatten!)

Dazu warte ich dann mal auf Ihren zweiten Redebeitrag, dass Sie uns erzählen, wie Sie das decken wollen. Es gehört schon dazu, wie Sie das finanzieren wollen.

Meine Damen und Herren, wir setzen in der Aussprache fort. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Tischendorf.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 29 Jahre, nachdem Zentralismus und Fünfjahrespläne in Ostdeutschland überwunden schienen, versucht die AfD das Rad der Geschichte wieder einmal zurückzudrehen.

(Zuruf des Abg. André Barth, AfD)

Na klar, mit Ihrer Fraktion soll das sogar noch getoppt werden. Schauen Sie mal in Ihren Gesetzentwurf!

(André Barth, AfD: Fünfjahrespläne kommen wohl eher von Ihnen!)

Die AfD will mit ihrem Gesetzentwurf zwölf Jahre staatliche Bevormundung mit einem Wust von Verwaltungsbürokratie bisher unbekannten Ausmaßes installieren. Obendrauf will sie dann auch noch ein Beschäfti

gungsprogramm für die Sächsische Aufbaubank schaffen, die den ganzen Mist abwickeln soll. Das steht in Ihrem Gesetz.

Herr Michel hat sich in bewundernswerter Art und Weise inhaltlich so tief mit dem Thema auseinandergesetzt, dass ich mir einiges sparen kann; das wäre mir garantiert nicht so gelungen. Ich bewundere ihn immer wieder, wie er ernst nimmt, was Sie da schreiben. Aber, ich kann Ihnen kurz unsere Eckpunkte zum Gesetzentwurf sagen, das geht dann wesentlich schneller.

Sie wollen also ein weiteres Sondervermögen und wollen dafür sorgen, dass weiter wachsende Intransparenz zum Staatshaushalt erfolgt.

(André Barth, AfD: Überhaupt nicht!)

Sie nehmen aus dem Kernthema Staatshaushalt etwas heraus und wollen es woanders hinschieben mit Ihrem Sondervermögen. Sie wollen die Schwächung des Haushaltsgesetzgebers, also dieses Gremiums, damit erreichen, weil das ja alles in einem Fonds geregelt wird. Sie schaffen – ich habe es schon gesagt – ein bürokratisches Verfahren zur Fördermittelbeantragung. Schauen Sie einmal nach, wer da alles mitarbeiten soll, bis hin zum Sächsischen Städte- und Gemeindetag, der mitreden soll, und die Sächsische Staatskanzlei.

Ich muss Ihnen sagen: Wenn man sich einmal die konkret zu fördernden Bereiche anschaut, die Sie wollen – alles ist denkbar. Es ist immer alles Beliebigkeit. Sie haben gar keine Zielrichtung. Sie schreiben einfach nur hinein, was sowieso alles gefördert wird, und das muss man hineinschreiben.

Es bleibt eigentlich unklar, was die Maßnahmen erreichen wollen, was Sie damit machen wollen. Dann schreiben Sie auch noch frecherweise hinein – ich nehme noch einmal ein Zitat, das Sie gebracht haben, als Sie den Antrag eingebracht haben, dass Sie den ländlichen Raum nach dem Landesplanungsgesetz von 2013 stärken wollen. Sie haben auch noch bei der Einbringungsrede – ich habe noch einmal geschaut – den Oberbürgermeister von Annaberg-Buchholz, Herrn Rolf Schmidt, zitiert, der geklagt hat, dass zu wenig Geld im ländlichen Raum da ist, was auch immer.

(André Barth, AfD: Den habe ich gar nicht zitiert!)

Den haben Sie hier zitiert im Tagesordnungspunkt 7, Erster Entwurf Gesetz zur Stärkung der Kommunen im ländlichen Raum.

(Zurufe von der AfD)

Ich gebe Ihnen dann das Blatt, dann erinnern Sie sich wieder dran, da steht es nämlich drin.

Also, Landesplanungsgesetz von 2013, ich darf es Ihnen hier nicht zeigen. Wissen Sie eigentlich, was ländlicher Raum ist? Annaberg-Buchholz ist es nämlich gar nicht. Und wenn ich nun mal zum Erzgebirgskreis komme, dann kann ich Ihnen Städte nennen: Aue, Grünhain, Beierfeld, Zwönitz, Auerbach, Thalheim usw. usf. Über die Hälfte

im Erzgebirgskreis würde gar nichts von Ihrer Förderung erhalten, weil Sie ja nur den ländlichen Raum fördern wollen. Nun sagen Sie mir einmal, was Sie damit erreichen wollen. Genau die Leute, die sich im letzten Jahr beschwert haben, dass es anders sein soll, grenzen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf aus. In der Stellungnahme zum SSG haben Sie es ja faktisch auf den Punkt gebracht – ich zitiere –: „Finanzkraftverschiebungen in dieser Größenordnung und Dauer müssen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein und daher näher begründet werden.“ Daran fehlt es bislang, aber Sie werden es ja dann begründen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es den Gesetzentwurf gibt, ist eigentlich gut und keinesfalls schlimm. Gut ist der Vorschlag, weil er in entwaffnender Ehrlichkeit das Unvermögen der AfD aufzeigt – trotz jahrelanger Anwesenheit hier in diesem Hohen Hause –, auch nur ansatzweise verstanden zu haben, was eigentlich kommunale Selbstverwaltung ausmacht. Das ist aber auch nicht schlimm. Schlimm ist es deshalb nicht, weil der geschriebene Unsinn, den wir heute vor uns liegen haben, niemals den Weg durch dieses Parlament finden wird. Ich hätte ja nicht gedacht, dass es der AfD doch noch einmal gelingt, ihr eigenes Niveau noch weiter zu unterbieten, aber Irren ist ja menschlich.

Der Ansatz der Fraktion DIE LINKE ist ein anderer: Wir setzen auf die Kraft der kommunalen Selbstverwaltung und Stärkung der Eigenverantwortung. Wir wollen die kommunale Ebene mit der originären Finanzausstattung in den Städten und Gemeinden verbessern. Dazu werden wir im nächsten Doppelhaushalt unsere Vorschläge bringen – wir sind ja gerade in der Diskussion –; es sind garantiert nicht Ihre Vorschläge und wir brauchen auch nicht diesen unausgegorenen Vorschlag von der AfD und keine Belehrung von rechts außen und lehnen diesen Antrag ab.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion; Herr Abg. Pecher; bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass diese Debatte im Wesentlichen die Diskussion aus zwei Ausschüssen widerspiegelt. Wir haben im Finanzausschuss der AfD nahezubringen versucht, warum wir ihren Gesetzentwurf für falsch halten, und auch in einer sehr ausführlichen Debatte im Innenausschuss wurde das versucht. Eigentlich wäre die logische Konsequenz gewesen – wenn man halbwegs auf Argumente hört – zu sagen: Okay, wir setzen das Thema ab. Ich komme gleich dazu, wo man es im Zweifelsfall hätte besser bringen können.

Ich möchte drei Gründe nennen, warum wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Der erste ist ein struktureller Grund. Wir haben in Sachsen mit dem FAG ein gesetzliches, regelgebundenes System, wir haben weitere gesetzliche Regelungen für kommunale Zuschüsse – ich erinne

re nur an das Kulturraumgesetz oder an das Thema ÖPNV, wo wir gesetzliche Zuweisungen haben; wir haben eine ganze Reihe von Fachförderprogrammen, die Sie dankenswerterweise im Themenbereich bei Ihren zehn Punkten auch aufführen, wo Mittel bereitgestellt werden. Wir halten es also strukturell für falsch, was Sie machen, zumal Sie überhaupt nicht erwähnen, wo Sie diese 150 Millionen Euro hernehmen wollen und wie Sie dort konjunkturelle Einbrüche abfedern wollen; wie Sie das weiter speisen wollen. Es ist also strukturell falsch.

Wir halten zeitlich den Ansatz für falsch; denn normalerweise wäre die Notwendigkeit gewesen, es jetzt im Haushaltsverfahren als Änderungsantrag im Haushaltsbegleitgesetz zu bringen und dazu die nötigen Deckungen im Haushaltsverfahren aufzuzeigen und in dieser Debatte zu begründen. Dann hätte man in Abwägung der vorhandenen Systeme schauen können, ob Ihre Vorschläge seriös und finanzierbar sind.