Protocol of the Session on September 26, 2018

Das ist ein erheblicher Kostenfaktor für die Betriebe, den Sie hier schaffen wollen. Sie sprechen zwar von einer Summe von 14 Millionen Euro, die Sie in den Haushalt einstellen wollen, aber nicht davon, welche Pauschalen Sie ausreichen wollen. Das fällt doch hinten und vorn in sich zusammen.

(Widerspruch des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Zudem schließen Sie aus dem Recht auf Bildung gleich auch auf ein Recht auf freigestellte Weiterbildung für jeden Arbeitnehmer. Das widerspricht unserer Meinung nach ganz klar dem Willen des Verfassungsgebers.

(Lachen der Abg. Marion Junge, DIE LINKE)

Sie fordern, ein flächendeckendes Weiterbildungsangebot müsse überall vorhanden sein. Damit greifen Sie doch ganz klar in die Selbstverwaltungshoheit der Kommunen ein. Das wollen wir nicht.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aha!)

Meine Damen und Herren, Ihr Gesetzentwurf verliert schon deswegen jeglichen Bezug zur Realität,

(Lachen der Abg. Marion Junge, DIE LINKE)

weil jedes Thema gefördert werden kann – das sieht man am Schlosser mit dem Häkel-Intensivkurs.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist ja Schwachsinn!)

Wir werden Ihrem Gesetzentwurf deshalb nicht zustimmen und diesen ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Zais. Frau Zais, Sie haben das Wort.

Danke schön, Herr Präsident. – Herr Dr. Weigand, ich weiß nicht, wie viele Schlosser Sie kennen, die Häkel-Intensivkurse besuchen. Ich bin da etwas realistischer. Ich kenne eigentlich keinen,

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und den LINKEN sowie vereinzelt bei der CDU)

aber vielleicht können Sie das dem Hohen Haus noch darstellen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das grundlegende Anliegen, die Weiterbildung im Freistaat Sachsen neu aufzustellen, begrüßen und unterstützen wir natürlich.

Unser eigener Gesetzentwurf ist sowohl von Herrn Pallas als auch von Herrn Bienst schon benannt worden. Wir haben das hier im Sommer diskutiert; die Mehrheit des Parlaments hat diesen Gesetzentwurf abgelehnt. Wie ich bereits in meiner Rede im Juni erwähnte, haben wir mit unserem grünen Gesetzentwurf zu einem Bildungsfreistellungsgesetz eben nur die Bildungsfreistellung geregelt, Kollege Bienst. Sie hätten Gelegenheit gehabt, zuzustimmen. Das haben Sie nicht getan. Insofern finde ich es ein bisschen eigenartig, jetzt den LINKEN vorzuwerfen,

(Lothar Bienst, CDU: Es ist beides drin!)

dass sie beides im Antrag haben. Es hat Ihnen aber auch nicht gefallen, als wir das allein regeln wollten. – So viel dazu.

Klar ist, dass Sachsen neben Bayern das einzige Land ist, das ein solches Gesetz noch nicht hat, dass dieses Recht nicht hat. Ich befürchte – und die Diskussion zeigt es –, dass dies auch nach der heutigen Debatte leider so bleiben wird. Die CDU, das hat sich hier wieder gezeigt, ist eben nicht in der Lage – trotz großen Zuspruchs durch die Sachverständigen, den es, Kollege Bienst, neben aller Kritik ja tatsächlich auch gab –, fortschrittliche Ansätze auf diesem wichtigen Themenfeld aufzugreifen. Stattdessen pflegen Sie weiter Vorurteile und alte Klischees auch gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Wir begrüßen im Gesetzentwurf der LINKEN ausdrücklich die Öffnung des zweiten Bildungswegs für anerkannte Einrichtungen der Weiterbildung und damit – das ist ganz wichtig – die Erweiterung der Möglichkeiten zum Erwerb von Schulabschlüssen.

Wenn Sie in die Fläche schauen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehen Sie, dass wir in Sachsen ganze acht Abendschulen und Kollegs haben, wovon sich nur vier tatsächlich in ländlichen Räumen befinden. Das ist – was mir auch in meiner Praxis immer wieder begegnet – nicht gerade eine ermunternde Struktur für Menschen, die Schulabschlüsse nachholen wollen oder müssen.

Auf der anderen Seite gibt es in Sachsen aber 16 Volkshochschulen mit 47 Standorten – fast ein flächendeckendes Netz, wenn Sie sich auf der Seite des Volkshochschulverbands einmal die Karte anschauen. Da muss man doch eigentlich mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn man dieses Potenzial, diese hervorragende Struktur nicht anerkennt und entsprechend nutzen möchte.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Wir unterstützen auch eine gesetzlich verankerte Grundförderung von anerkannten Einrichtungen der Weiterbildung. Diese Forderung ist sinnvoll. Wie sich am Beispiel des Kulturraumgesetzes zeigt, bringt die gesetzlich verankerte Grundfinanzierung einer gesellschaftlich

wichtigen Aufgabe – in diesem Fall das lebenslange Lernen – deutlich positive Effekte.

Zu den Kritikpunkten zum vorliegenden Gesetzentwurf habe ich mich bereits im Ausschuss geäußert. Kritisch sehe ich nach wie vor – auf dieses Thema ist auch Kollege Bienst eingegangen –, dass nicht alle sinnvollen und wichtigen Regelungen aus dem Weiterbildungsgesetz und der Weiterbildungsförderungsverordnung Eingang in den Gesetzentwurf gefunden haben. Das bezieht sich zum Beispiel auf das Thema Gewinnorientierung von Einrichtungen der Weiterbildung oder auch auf die Formulierung von Mindeststandards. Das erwähnte Kollegin Bochmann von der Volkshochschule Chemnitz, die diesen Gesetzentwurf im Übrigen trotzdem befürwortet hat. Das haben Sie vergessen zu sagen, Herr Kollege Bienst.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Hat er wahrscheinlich überlesen! – Zuruf des Abg. Lothar Bienst, CDU)

Man muss klar sagen: Hier müsste nachgebessert werden. Das leistet in diesem Fall leider auch der vorliegende Änderungsantrag nicht konkret.

Aber diese kleine Kritik in jenem Bereich ändert nichts an unserer grundlegenden Haltung zum Thema: Wir haben mit diesem Gesetzentwurf etwas vorliegen, das nach unserer festen Überzeugung zukunftsorientiert ist, das den anerkannten Trägern der Weiterbildung Sicherheit und Stabilität und den Menschen in Sachsen Strukturen für das von allen propagierte und gesellschaftlich gewünschte lebenslange Lernen bietet.

Wir GRÜNEN stimmen diesem Gesetzentwurf der LINKEN zu.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine zweite Runde? – Jawohl. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. Junge. Bitte sehr, Frau Junge.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich erst einmal für die heutige inhaltliche Aussprache und Debatte, obwohl ich ein wenig enttäuscht bin, weil man sich inhaltlich immer wieder auf dieselbe Ablehnung konzentriert. Die Argumente, die Herr Bienst heute gebracht hat, habe ich leider auch schon im Ausschuss in ähnlicher Art und Weise gehört. Einzelne Argumente konnte man auch der Anhörung entnehmen.

Natürlich gab es Kritik. Deshalb haben wir uns nach der Anhörung Zeit genommen, die Anregungen zu prüfen. Aus meiner Sicht gab es insgesamt 13 verschiedene Anregungen. Letztendlich haben wir die Grundstruktur eines Weiterbildungsgesetzes geschaffen und dabei versucht, diese auch mit europäischen Anforderungen – auch auf dieser Ebene gibt es im Grunde eine entsprechende Gesetzgebung zur Weiterbildung – abzugleichen.

Seitens der Sachverständigen gab es dabei auch Anregungen aus einem anderen Blickwinkel, die zumindest in diese Struktur, die wir innerhalb eines Jahres erarbeitet haben, nicht hineinpassten.

Drei Anregungen haben wir entsprechend eingearbeitet; ich stelle sie im Zusammenhang mit den jeweiligen Änderungsanträgen noch kurz vor. Es ist also nicht so, dass wir das nicht getan hätten. Aber man muss natürlich die Grundstruktur sehen und sich fragen, ob es die Möglichkeit der Nachjustierung gibt. Salopp gesagt, hätte man auch seitens der Koalition entsprechende Änderungsanträge formulieren können.

(Lothar Bienst, CDU: Wir sehen keine Notwendigkeit!)

Wir drehen uns in dieser Diskussion zur Weiterbildung seit zwei Jahren im Kreis. Ich kann nicht erkennen – vielleicht können Sie das noch darstellen, Herr Bienst –, was die Koalition hinsichtlich Weiterbildung und lebenslangem Lernen denn eigentlich perspektivisch entwickeln möchte und kann. Es kann doch nicht sein, dass Sie nur auf dem Weiterbildungsscheck herumreiten.

(Zuruf von den LINKEN)

Eine solche Aussage hätte ich gerne von Ihnen gehabt: Wie geht es aus Ihrer Sicht hier im Freistaat Sachsen mit Weiterbildung und lebenslangem Lernen weiter?

Sie haben gesagt, Sie lehnen unseren Gesetzentwurf ab. Aber dann muss es Ihrerseits natürlich auch einen entsprechenden Vorschlag geben.

Die zweite Aussage, auf die ich noch einmal eingehen möchte, war die von der AfD. Nein, wir wollen keine Beschränkung auf berufliche Weiterbildung, weil wir eben gerade sehen, dass Weiterbildung mehr ist als nur eine berufliche Qualifizierung. Es gehört natürlich auch soziale Kompetenz, es gehört politische Bildung dazu. Deshalb halten wir es auch für dringend erforderlich, Weiterbildung als viel breiteren Bildungsbegriff aufzufassen und auch hier strukturell einzuarbeiten.

Vielleicht noch die letzte Aussage, die Herr Bienst benannt hatte: dass er bei der Volkshochschulmitgliederversammlung war ist und dort vernommen hat, dass man diese Gesetzesinitiative nicht braucht. Gut, ich war an dem zweiten Tag nicht da, ich war am ersten Tag dort. Da habe ich natürlich so gezielt die Frage nicht gestellt. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich in dem Gesetzgebungsprozess den Volkshochschulverband einschließlich der anerkannten Weiterbildungsträger eingebunden habe. Letztendlich habe ich auch in mehreren Runden versucht, mit ihnen dieses Gesetz gemeinsam zu erarbeiten.

Aus meiner Sicht kann ich Ihre Aussage nicht so richtig nachvollziehen, weil das zum Beispiel – damit möchte ich aufhören und nur das Letzte zitieren – in der Anhörung am 01.12.2017 ganz anders klang. Damals sagte Herr Prof. Klemm: „In diesem Sinne habe ich nur einen Schwerpunkt herausgegriffen aus diesen vier Eckpunkten, die wir sehr begrüßen.“ Das bezog sich auf unser Gesetz.

„Uns ist wichtig – und das noch einmal zum Abschluss –, dass wir dringend eine Reform, eine Novellierung des Weiterbildungsgesetzes brauchen.“ Das war am

01.12.2017. Was hat sich seitdem bis heute verändert? Ich werde auf jeden Fall nachfragen, ob das so stattgefunden hat. Wenn ja, würde ich sehr bedauern, dass man diese Entwicklung jetzt nicht mehr sieht.

Das wollte ich zum Schluss noch sagen.

(Beifall bei den LINKEN)