Protocol of the Session on September 6, 2018

Frau Schubert, es ist richtig, es ist alles im Verfahren und wir sollten uns auch einmischen. Dass jetzt ein CSUPolitiker zumindest in der Diskussion ist, EU

Kommissionspräsident zu werden, finde ich, ist ein gutes Zeichen, –

Die Redezeit ist abgelaufen, Herr Kollege.

– weil dann dort jemand mit dieser kritischen Sicht auf die Dinge in entscheidende Position kommen könnte.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD – André Barth, AfD: Noch ein bisschen Wahlkampf dabei!)

Als Nächster spricht wieder Herr Kollege Brünler für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte ja in meinem ersten Redebeitrag schon darauf hingewiesen, dass ich noch auf einen weiteren Aspekt eingehen möchte, nämlich auf die verhängnisvolle Verknüpfung zwischen den nationalen Banken und den Staatsanleihen. Das heißt, dass die nationalen Banken in der Regel Staatsanleihen ihres eigenen Staates haben und wir entsprechend eine fatale Korrelation haben: Wenn es auf der einen Seite in einem Land nach unten geht, geht es auch auf der anderen Seite nach unten. Das wurde von meinen Vorrednern schon in einigen Punkten angesprochen.

Wenn wir an die Diskussion in Italien denken, wo sich im Moment gerade solch eine Situation abzeichnet, dann muss man sich nur vor Augen halten: Italien ist ein EUNettozahler und einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, und ich glaube, man muss schon arg im Nebel stehen, wenn man der Meinung ist, dass ein Kollaps des italienischen Bankensystems an Deutschland oder an Sachsen folgenlos vorbeigehen würde.

Was hat nun SBBS damit zu tun? Die Wertpapiere sollen in unterschiedlichen Tranchen ausgegeben werden – einmal in einer eher risikoarmen Senior-Tranche und zum anderen in einer Junior-Tranche, welche dann zwar mit höheren Renditen versehen ist, aber im Kern auch das komplette Ausfallrisiko tragen soll.

Der Grundgedanke der Senior-Tranche: Sie soll einen neuen, sicheren Vermögenswert auf dem europäischen Kapitalmarkt darstellen mit dem Ziel, dass die nationalen Banken nicht nur in ihre eigenen nationalen Anleihen investieren, sondern ihr Portfolio tatsächlich streuen.

Die Frage, die sich unter dem Strich stellt – das ist das, was ich zu Beginn andeutete und womit Kollege Patt sicher recht hat –, ist: Was passiert dann eigentlich mit der Junior-Tranche? Ist diese ausreichend diversifiziert aufgestellt bzw. reicht die Risikostreuung über die Länder mit mangelnder Kreditfähigkeit aus, dass es Käufer für ebendiese Junior-Tranchen gibt? Oder befinden wir uns irgendwo im Bereich von Subprime-Papieren, bei denen von Anfang an klar ist, dass sich hierfür kein Interessent finden wird.

Nun haben wir noch das interessante Phänomen, dass die Papiere wahrscheinlich trotzdem interessant sein werden,

da sie de facto als Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital seitens der Investoren unterlegt werden müssen. Dort stellt sich dann wieder die Frage: Was passiert hier bei Ausfall, wenn sich eine Bank schlichtweg damit verzockt hat?

Hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, komme ich doch wieder zu meinem Ausgangspunkt zurück. SBBS wird sicherlich in einigen Punkten eine Verbesserung bringen, aber es ist nicht der Königsweg. Nein, und wir stehen als LINKE dazu, dass wir tatsächlich ernsthaft über Eurobonds nachdenken sollten.

Eurobonds ermöglichen nicht das, was hier behauptet wurde: ein gutes Leben auf Kosten des deutschen Steuerzahlers. Nein, auch bei Eurobonds sind Regelungen für eine Binnenhaftung und für Verpflichtungen gegenüber Garantiestellern möglich. Es geht darum, als Europäische Union nach außen gemeinsam und kooperativ aufzutreten. Damit sind wir bei der entscheidenden Frage: Wie verstehen wir Europa? Was wollen wir von Europa? Ist die Europäische Union für uns ein Klub, in dem jeder versucht, für sich das Maximale herauszuholen? Oder ist die Europäische Union tatsächlich eine Gemeinschaft, in der wir versuchen, kooperativ, gemeinsam, zum Nutzen aller nach vorn zu kommen?

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Jetzt spricht erneut Kollege Panter für die SPD-Fraktion zu uns.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz zu zwei, drei inhaltlichen Punkten. – Frau Petry, wir können uns gern sachlich über die Punkte auseinandersetzen. Es wird bei den SBBS, so, wie es vorgesehen ist, keinen Hebel geben; denn es ist kein Einsatz von Derivaten vorgesehen. Ich habe dort nirgendwo Futures, Optionen oder sonst irgendetwas gesehen. Es geht um Staatsanleihen. Zumindest das sollten wir auseinanderhalten.

Kollege von Breitenbuch, was den Aufteilungsschlüssel betrifft, so wird in dem Moment, in dem ein solches Papier strukturiert wird, der Aufteilungsschlüssel der EZB genutzt; danach ist er fix. Zumindest habe ich noch nichts darüber gelesen, dass sich daran etwas ändern werde. Für die Laufzeit ist er fix. Wenn ein neues Papier begeben wird, dann müsste der dann aktuelle Aufteilungsschlüssel verwendet werden.

Das ist aber alles nur Theorie, und es gibt noch andere Probleme, über die man sprechen sollte, jenseits dessen, was Sie gesagt haben. Die grundsätzliche Frage, die man im Zusammenhang mit SBBS stellen muss, ist die nach der Solidarität.

(Carsten Hütter, AfD: „Niemand hat die Absicht …“!)

Da geht es nicht um Vergemeinschaftung, sondern ganz einfach um die Spreads bei den Zinsen zum zehnjährigen

BUND. Die stärkeren Länder – Deutschland, Dänemark, Finnland und andere EU-Länder – würden sich in einen Durchschnittszins hineinbegeben und für ein solches Wertpapier mehr bezahlen als momentan. Heute früh lag die Rendite beim zehnjährigen BUND bei gerade einmal 0,4 %. Wir haben einen Spread von 410 Basispunkten oder 4,1 % zu Griechenland. Zu Italien liegt der Spread bei 250 Basispunkten. In der Spitze waren wir bei Renditen von 50 % auf griechische Staatsanleihen.

Es kann sinnvoll sein, solchen Ländern mit einem Durchschnittszins zu helfen. Wir müssen darüber diskutieren, ob das sinnvoll ist, ob wir das wollen und ob wir das können. Das wäre eine Fachdiskussion, die wir führen müssten.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich Ihnen eines ganz klar sagen, Herr Barth: Sie haben an mich adressiert. Sie haben am Ende von „Klatschaffen“ gesprochen. So etwas lasse ich mir von Ihnen nicht bieten.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN und den GRÜNEN)

Um ganz klar zu werden: Ihre Borniertheit, Ihre Oberflächlichkeit, die Angstmache, die Sie hier immer betreiben – Sie haben überhaupt nicht zur Sache gesprochen.

(André Barth, AfD: Aha!)

Sie haben von Eurobonds gesprochen. Dieses Wort habe ich nur jetzt in den Mund genommen, denn es hat nichts damit zu tun. Fachlich diskutieren, differenziert diskutieren – gern. Aber mich oder irgendjemand anderen hier als „Klatschaffe“ zu bezeichnen, das ist unverschämt.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN und den GRÜNEN)

Als Nächste spricht Frau Kollegin Schubert, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig und notwendig, dass wir den Teufelskreis durchbrechen, den wir im Staaten-Banken-Nexus haben. Das ist unbenommen.

Dazu ist es wichtig – das will ich an dieser Stelle noch einmal sagen –, dass wir die Staatsanleihen aus den Büchern der Banken herausbekommen. Wichtig ist es mir auch, abschließend in dieser Debatte zu sagen, dass die SBBS wirklich nichts mit den Eurobonds, die zu Recht umstritten sind, zu tun haben.

Die EU-Kommission schließt auch in ihrem Vorschlag zu den SBBS Schuldenvergemeinschaftungen explizit aus; das steht dort drin. Dieser Hinweis ist mir deswegen so wichtig, damit die Panikmache hier nicht so durchgetragen wird.

Wir befinden uns noch in einem sehr frühen Verfahrensstadium. Deutschland begleitet das Verfahren kritisch. Auch wir haben es schon kritisch begleitet. Herr Barth, wenn Sie konkrete Vorschläge haben, was Sachsen dort machen kann, dann legen Sie einen Antrag vor. Wir

werden mit Ihnen im Ausschuss sicherlich kritisch darüber diskutieren.

Die Redezeit!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Dirk Panter, SPD)

Mit Frau Kollegin Schubert sind wir am Ende der zweiten Runde angekommen.

Wir könnten jetzt eine dritte Runde eröffnen. – Sie wollen das auch. Bitte, Herr Barth.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ach, Herr Barth! Machen Sie es nicht noch schlimmer! – Dirk Panter, SPD: Vielleicht endlich einmal zum Thema! – Valentin Lippmann, GRÜNE: Jetzt kommt es! Steigerung in der dritten Runde! – Dirk Panter, SPD: Oh! Böse Blicke!)

Herr Panter, Sie waren damit überhaupt nicht gemeint.

(Lachen bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Dass Sie sich angesprochen fühlen, ist sehr interessant.

Mir geht es um etwas anderes: Kennen Sie die beliebtesten Täuschungsmanöver in der Euro-Zone? Ich fasse zusammen: Verharmlosen, Verstecken, Verschieben von Ausfallrisiken. Verharmlost wurden die Risiken einer Währungsunion von Anfang an zwischen ausgabefreudigeren Südeuropäern und sparsamen Nordeuropäern.

Noch kreativer sind das Verharmlosen und das Versteckspiel, das die Bundesregierung mit uns betreibt. Die Auszahlung der Rettungskredite erfolgte über eigens dafür geschaffene Institutionen wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM und den ESFS; ich will das nicht alles wiederholen.

(Dirk Panter, SPD: Was hat das mit dem Thema zu tun?)

Ich habe es vorhin schon gesagt: Dort stehen mehrere Hundert Milliarden Euro deutschen Steuergeldes in einer bürgschaftsähnlichen Verantwortung. Die Bundesregierung hat schon einen Verschiebebahnhof eröffnet. Ich könnte auch sagen: Sie hat einem seichten Schuldenschnitt zugestimmt. Denn im Juni dieses Jahres wurde festgelegt, dass Griechenland seine Kredite nunmehr nicht ab 2023, sondern erst ab 2033 zurückzahlen muss. Herr Panter, das ist ein Schuldenschnitt. Wenn das Jahr 2033 näherrückt, verschieben wir den Tilgungsbeginn womöglich auf 2043, weil Griechenland dann immer noch nicht in der Lage ist, aus der eigenen wirtschaftlichen Kraft heraus alle Verbindlichkeiten am Kapitalmarkt zu anständigen Zinsen zu refinanzieren.