Protocol of the Session on September 6, 2018

Weitere Beispiele, um das nur anzutippen, sind der 2017 erfolgte Anschluss an die Zertifikats- und Verschlüsselungsinfrastruktur der Bundespolizei, die Voraussetzung ist, um Dokumentenprüf- und -lesegeräte zu nutzen, oder das mobile Fingerabdruckidentifizierungsverfahren FastID.

Andere Projekte brauchen einen längeren Atem, um sie wirksam umzusetzen – sei es wegen der Komplexität des Vorhabens oder aufgrund von Umsetzungsproblemen, die sich innerhalb des Verfahrens ergeben. Ein Beispiel für so ein dickes Brett ist – auch wenn ich es mir anders wünschen würde – die reine elektronische Aktenführung. Das ist kein Thema, bei dem Landespolizei oder SMI einen technischen Alleingang machen sollten, es betrifft den gesamten öffentlichen Dienst und damit alle Ressorts. Ich finde es gut, dass das Thema in der sächsischen Polizei bereits im Rahmen des dort eingerichteten Projektes 4 IuK-Anwendungen und im Programm IuK 2020 bearbeitet wird.

Die Antwort der Staatsregierung zeigt aus meiner Sicht eindrucksvoll, dass im Bereich der polizeilichen IT viel passiert. Das ist auch möglich, weil der Sächsische Landtag im Haushalt die nötigen Mittel bereitstellt. In den letzten Jahren sind das durch die Bank weg knapp 60 Millionen Euro pro Jahr gewesen. Ich denke, Sie können nachvollziehen, dass, wenn mehr Bedarfe aus der Regierung angezeigt worden wären, diese durch dieses Hohe Haus erfüllt worden wären.

An einer Stelle Ihres Antrages habe ich mich nur noch wundern können. In Nummer 3 wollen Sie nur Polizeidienststellen mit Bürgerkontakt auf den neuesten Stand der Technik bringen. Das ist völlig absurd, Herr Wippel.

Zuständig für die polizeiliche IT ist hauptsächlich das Polizeiverwaltungsamt. Das hat keinen Bürgerkontakt im Sinne des Antrages, macht aber gute Polizeiarbeit flächendeckend überhaupt erst möglich. Diese Behörde soll nun nach Ihrem Antrag in der Steinzeit bleiben, um dieses schräge Bild noch einmal zu nutzen?

(Sebastian Wippel, AfD: Das müssen Sie einmal richtig lesen!)

Das ergibt überhaupt keinen Sinn, Herr Wippel. Alle Dienststellen müssen doch auf einem modernen technischen Standard sein, der eine effektive polizeiliche Aufgabenerfüllung ermöglicht.

Als Fazit zum Antrag stelle ich noch einmal fest: Die polizeiliche IT und der BOS-Digitalfunk sind auf einem im Augenblick vertretbaren Stand. Aber es ist eine Daueraufgabe, diesen vertretbar zu halten. Das bildet sich in den Finanzmitteln ab, welche dieser Landtag im Haushalt der letzten Jahre bereitstellt. Manchmal braucht es eben einen längeren Atem. Aber steinzeitliche Verhältnisse – das geht an der Realität vorbei.

Ihr Antrag ist sachlich falsch und überzeichnet den Zustand der polizeilichen IT. Wir lehnen ihn ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Das war Herr Kollege Pallas. Jetzt gibt es eine Kurzintervention von Kollegen Wippel auf diesen Beitrag. Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Kollege Pallas, bezüglich des Antragspunktes 3: Es ist mit dem Lesen und Verstehen nicht immer so einfach. Da steht ja nicht, dass wir ausschließlich Dienststellen mit Bürgerkontakt auf einen neuen IT-Stand bringen wollen, sondern es steht, was wir in den Dienststellen mit Bürgerkontakt mindestens haben wollen. Natürlich kann man immer noch mehr machen.

Aber es gibt bestimmte Dinge, die im PVA schlicht und ergreifend sinnlos sind. Im PVA brauche ich keinen Fingerabdruckscanner.

Wir reden hier über die Dinge, die man im täglichen Bürgerkontakt braucht. Das ist an dieser Stelle sinnvoll. Das, was woanders sinnvoll ist, darf und muss gemacht werden, aber darum geht es in diesem Punkt nicht, also nicht ausschließlich, sondern mindestens.

Vielen Dank. Jetzt reagiert Herr Kollege Pallas.

Danke, Herr Präsident! Ich möchte nur kurz reagieren. Bitte ergänzen Sie dann zu meinen eben gemachten Ausführungen zu Ihrem Antrag, dass er auch noch unverständlich ist. – Vielen Dank.

Wir gehen weiter in der Rednerliste. Jetzt spricht für seine Fraktion, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Kollege Lippmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich versuche es kurz zu machen.

Wir GRÜNEN haben die Einführung des Digitalfunks bei den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in Sachsen über Jahre hinweg kritisch begleitet. Unsere Kritik bezog sich damals auf die sehr hohen Kosten, die Intransparenz bei Förderung und Umsetzung, die schleppende Einführung und zuletzt die bestehenden Sicherheitsbedenken durch die fehlende Zertifizierung für die Digitalfunkgeräte bzw. deren Verlust im Falle der Übernahme eines relativ großen Herstellers der Funkgeräte durch einen chinesischen Investor.

Wir GRÜNEN haben gleichwohl ein hohes Interesse an einer flächendeckend vorhandenen und bestmöglichen Funktionsfähigkeit des Digitalfunks. Daran hängt eine gute Arbeit der Polizei, der Feuerwehr, des Rettungsdienstes und damit letztendlich die Sicherheit der sächsischen Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein Mehrwert für die Einsatzkräfte. Das wurde heute schon mehrfach dargestellt.

Nicht zuletzt haben wir ein Interesse daran, dass sich die jahrelangen Investitionen irgendwann einmal amortisieren.

Wir GRÜNEN sehen momentan tatsächlich die Gefahr, dass über den Problemen, die wir gerade mit der Einführung des Digitalfunks in einigen Bereichen und mit den technischen Entwicklungen haben, die technische Weiterentwicklung des Ganzen nicht mehr im Fokus ist, sondern hinter der Frage der bestmöglichen Einführung zurücksteht. Das ist allerdings ein Problem, das wir grundsätzlich bei technischen Großumstellungen im Behördenbereich haben. Es ist das Kernproblem, dass wir froh sein können, wenn wir morgen die Technik von gestern haben.

Nun schlägt die AfD neben den diversen Hilfskrücken, die in diesem Antrag vorgesehen sind, mit der Frage kommerzieller Netze und der Nutzung von Smartphones als Hilfsmittel auch noch das Rundum-sorglos

Technikpaket für die sächsische Polizei vor. Beides halten wir für nicht zu Ende gedacht.

Zum einen begegnet der Einsatz von kommerziellen Netzen und Smartphones im Bereich der staatlichen Hoheitsträger, die über ihre Eigenschaft als primäres Kommunikationsmedium hinausgehen, erheblichen

Sicherheitsbedenken. Sie haben das selbst gesagt. Die Abhängigkeit von Drittanbietern, das bekannte Problem erheblicher Sicherheitslücken in dem Bereich und die Gefahr, dass sich Dritte Zugang zu erheblich schützenswerten Informationen verschaffen können, ist groß. Deswegen sollte damit zurückhaltend agiert werden. Der Digitalfunk sollte unter anderem das Problem mit entsprechenden Verschlüsselungsstandards beheben.

Zum anderen haben Sie bei kommerziellen Netzen das Problem, dass es erhebliche Regionen Sachsens gibt, in denen keine ordentliche Netzabdeckung vorhanden ist. Damit laufen Sie Gefahr, dass das auch nicht funktioniert.

Jetzt komme ich noch kurz zum neuesten Stand der Technik, auf den Sie den Polizeivollzugsdienst nach Vorstellung der AfD bringen wollen. Der blendet in dem, was Sie hier vorschlagen, Datenschutzfragen und Fragen der Informationssicherheit aus.

Die Schaffung von Schnittstellen – wie Sie es formulieren – zu allen verfahrensrelevanten Bereichen setzt beispielsweise konkrete Übermittlungsbefugnisse von mobilen Datenträgern zur elektronischen Akte voraus. Diese müssen entsprechend kodifiziert werden. Sie sind es aber noch nicht, zumindest so lange, wie man das Polizeigesetz nicht in der Art und Weise ändert, dass man die Zweckbindung nahezu vollständig aus dem Gesetz herausnimmt und der Polizei die Hoheit gibt, Daten zu verarbeiten, wie sie will.

Auch das von Ihnen erwähnte Ersetzen des Scannens benötigt nach einhelliger Meinung eine Änderung in den Rechtsgrundlagen. Die Anhörung zur Evaluation des EGovernment-Gesetzes hat gezeigt, dass es noch nicht die Klarheit im E-Government-Gesetz gibt, dass das Ersetzen des Scannens zur Regel werden kann und damit von den Beamtinnen und Beamten so durchgeführt wird, dass es am Ende funktioniert.

Kurzum, das ist zwar ein schöner Wünsch-dir-wasKatalog, aber Sie können sich am Ende mit mehreren Forderungen nicht über die bestehenden gesetzlichen Vorgaben hinwegsetzen und Maßnahmen einführen, für die die Voraussetzungen fehlen. Diese geben schlussendlich den Rahmen vor und nicht Ihr Wünsch-dir-wasKatalog, den Sie aufgeschrieben haben. Von daher ist Ihr Antrag nicht nur sinnlos, sondern an der einen oder anderen Stelle schlicht nicht durchdacht, weswegen wir ihn ablehnen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit Herrn Kollegen Lippmann sind wir am Ende der Rederunde angekommen. Gibt es aus den Fraktionen heraus weiteren Redebedarf? – Den kann ich jetzt nicht sehen. Also hat die Staatsregie

rung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Sebastian Gemkow.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die flächendeckende Bereitstellung des Digitalfunks für alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) war ohne Zweifel eine der größten technischen Modernisierungsleistungen der vergangenen Jahrzehnte. Ich glaube, der Anstand gebietet es, dass wir uns zunächst bei allen bedanken, die an dieser Mammutaufgabe mitgewirkt haben.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Heute verfügen unsere Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz über ein gemeinsames Kommunikationsmittel. Es ist ein Kommunikationsmittel, das hoch verfügbar, unabhängig von kommerziellen Mobilfunknetzen und abhörsicher ist.

Apropos Mobilfunk, über den bereits heftig diskutiert worden ist: Der wichtigste Vorteil des BOS gegenüber kommerziellen Mobilfunkanbietern ist schlicht und ergreifend die umfangreiche Zahl von Funktionen. Dazu zählen, wie bereits angesprochen wurde, Gruppenkommunikation – wichtig in großen Einsatzlagen –, eine sehr kurze Rufaufbauzeit von weniger als einer halben Sekunde und die direkte Kommunikation zwischen Endgeräten auch ohne Netzinfrastruktur.

Klar ist natürlich auch: Wir leben in einer Zeit, in der die Technik von heute morgen bereits veraltet sein kann. Dort dranzubleiben und die Infrastruktur der IT unserer Sicherheitsbehörden fortlaufend zu modernisieren ist und bleibt deshalb eine Daueraufgabe, auch und gerade bei der sächsischen Polizei. Dazu gehören Überlegungen, wie das System auch bundesweit breitbandfähig werden kann, aber auch ganz praktische Dinge, die im Rahmen des Programms IuK 2020 fortwährend umgesetzt werden.

Im März dieses Jahres wurde für die gesamte sächsische Polizei das Rollout von über 13 000 modernen PCs und Notebooks erfolgreich abgeschlossen. Für die Nutzung von Dokumentenprüf- und -lesegeräten in der sächsischen Polizei wurde im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Bundespolizei erfolgreich die Basis geschaffen. Schließlich wurde auch das mobile Fingerabdruckidentifizierungsverfahren Fast-ID für die Dienststellen der sächsischen Polizei eingeführt. Es gestattet eine schnelle und unkomplizierte Identifizierung von Personen durch Abgleich mit dem polizeilichen Informationssystem.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Staatsregierung empfiehlt aus diesen Gründen, den vorliegenden Antrag abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Nachdem wir die Staatsregierung gehört haben, kommen wir zum Schlusswort. Dieses hat die einbringende AfD-Fraktion. Bitte, Herr Kollege Wippel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Zunächst vielen Dank für die weitgehend sachliche Diskussion zu diesem Thema. Natürlich passiert etwas. Es ist ja nicht so, dass überhaupt nichts passiert.

(Albrecht Pallas, SPD: Steinzeit!)

Aber wir dürfen nicht immer über die Dinge sprechen, die man irgendwann einmal in der Vergangenheit eingeführt hat, sondern wir müssen über die Zukunft sprechen, und viele Dinge, die heute im Geschäftsleben schon ganz normal sind, sind für die Polizei nicht denkbar. Wenn der Bürger in die Polizeidienststelle kommt und zum Beispiel Anzeige erstatten will, weil er bei Facebook beleidigt worden ist, und in der Dienststelle gibt es noch nicht einmal einen Rechner, der Facebook starten kann, sodass man nicht einmal etwas ausdrucken kann – Entschuldigung, aber das ist Steinzeit. Ich weiß nicht, wie Sie es nennen würden. Ich nenne es jedenfalls so.

Bundesweit ist ein neuer Personalausweis mit etlichen Funktionen eingeführt worden. Das ist ganz toll. Man wird gefragt: Wollen Sie das haben? Gehe ich auf das Polizeiamt und möchte diese Funktion nutzen, also die Identifizierung über Fingerabdruck, das Auslesen der Adresse oder die Nutzung der Karte als Signaturkarte, so ist das alles nicht möglich. Die Antwort der Staatsregierung lautet: Das wird nicht gemacht, weil der Bürger es nicht nachfragt – aber eine staatliche Stelle hat es eingeführt mit dem Interesse, dass es genutzt wird. Das sind alles Beispiele.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)