Protocol of the Session on June 28, 2018

Auch wenn die Koalition aus CDU und SPD – wie gestern mit dem Abschiebegewahrsam, wie jüngst mit dem bundesrechtlichen Vorstoß zum Thema Straftaten – im Vollrausch oder vielleicht in naher Zukunft mit einem neuen aufgepumpten Polizeigesetz am laufenden Band elementarste Rechtsgrundsätze infrage stellt, müssen Sie nicht hoffen, dass sich in der LINKEN eine gewisse Betriebsblindheit einschleift. Ihr Antrag ist schlicht eine drogenpolitische Kapitulation, nichts weiter als eine Schnapsidee.

(Carsten Hütter, AfD: Herr Kollege, ein Kunststück!)

Nun fällt die AfD ja in Fragen der Jugendpolitik oder des Jugendschutzes grundsätzlich nicht sonderlich positiv auf. Ihre Positionierungen beschränken sich allenfalls auf die Themenkomplexe Strafrecht, Inklusionsfeindlichkeit,

Kampfansagen gegenüber demokratiepädagogischen

Jugendprojekten, oder man fragt nach Möglichkeiten der Sterilisation unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter – ohne dass der Landtagspräsident hier die Unzulässigkeit feststellen möchte.

Sogar gegen die Verankerung von Kinderrechten in der Sächsischen Verfassung haben Sie hier in diesem Haus gestimmt. Der Hammer hinter Ihrem Antrag ist, dass Sie sich einerseits vehement gegen die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre aussprechen. Gegen entsprechende Entscheidungen einer fortschrittlichen und erfolgreichen Landesregierung – wie der in Thüringen –

(Lachen bei der AfD)

geht die AfD sogar mit einem Eilantrag vor dem Verfassungsgerichtshof vor. Übrigens erfolglos!

(Beifall bei den LINKEN – Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Gut so!)

Für Sie sind Minderjährige also absolut ungeeignet, sich demokratisch zu beteiligen, aber alt genug, um für hoheitliche Aufgaben der Gefahrenabwehr eingesetzt zu werden. Das läuft mit uns definitiv nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion ist an der Reihe. Frau Abg. Lang, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mich den Argumenten meines Kollegen Oliver Wehner anschließen und

alle anderen Argumente zu diesem doch relativ dünnen Antrag der AfD-Fraktion, den wir sowieso ablehnen, zu Protokoll geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das kommt jetzt so überraschend; wir können den Wechsel hier noch gar nicht vollziehen.

(Heiterkeit)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Zschocke, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich mache es kurz: Alkohol schadet dem jugendlichen Körper mehr als dem erwachsenen. Die verminderte Zurechnungsfähigkeit und die Suchtrisiken erhöhen die Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen. Jede Schutzstrategie, meine Damen und Herren von der AfD, muss daher in erster Linie Jugendliche stärken und ihre Eigenverantwortung fördern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich ist die Abgabe von Alkohol an Kinder und Jugendliche aus guten Gründen gesetzlich verboten. Verstöße dagegen müssen aufgedeckt und mit Bußgeldern geahndet werden; das ist doch völlig klar.

Sie allerdings bieten für dieses komplexe Problem wieder nur eine ganz eindimensionale Antwort an: Mehr Kontrollen! Höhere Strafen! – Dass Sie damit junge Menschen kaum vor den Gefahren des Alkohols schützen können, nehmen Sie billigend in Kauf. Im Gegenteil, Sie wollen junge Menschen sogar noch als Testkäufer instrumentalisieren, quasi als Gehilfen für Ihre Politik der „harten Hand“.

Aus der Sicht des Jugendschutzes – das ist von einigen Vorrednern schon deutlich gemacht worden – ist der Einsatz von Testkäufern seit Jahren heftig umstritten, weil Kinder und Jugendliche eben nicht zu Lückenbüßern für mangelnde staatliche Jugendschutzkontrolle und für fehlende personelle Kapazitäten bei den Kontrollbehörden gemacht werden dürfen. Wir brauchen auch bei den Kommunen ausreichend Personal, um das Jugendschutzgesetz konsequent umzusetzen. In einem Positionspapier der CDU wird versprochen, dass die Kommunen mit Personalkostenzuschüssen zur Bewältigung dieser Aufgaben unterstützt werden sollen. Das ist ein sinnvoller Ansatz, sofern das kein leeres Versprechen bleibt, meine Damen und Herren.

Wer über die Gefahren des Alkohols redet, darf zum Umgang mit dem Alkohol in unserer Gesellschaft eben nicht schweigen. Der Konsum ist sehr weit verbreitet. In großen Teilen der Gesellschaft ist Alkohol ein völlig akzeptiertes Suchtmittel. Alkohol ist in fast jedem Haushalt vorhanden. Alkoholmissbrauch bei Minderjährigen –

das ist nicht nur das Kaufen an der Tankstelle oder das Komasaufen. Die Suchtberater in Sachsen berichten, dass einige Schulen bereits Drittklässler als auffällig beschreiben. Damit sollten wir uns beschäftigen, nicht aber mit Ihrem eindimensionalen Antrag. Der Suchtbericht Sachsens belegt jedes Jahr aufs Neue, dass Alkohol die Problemdroge Nummer eins ist und dass Kinder und Jugendliche in besonderer Weise betroffen sind.

Wir haben deshalb in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses einen Antrag eingebracht, der das Ziel verfolgt, die Alkoholprävention insgesamt in Sachsen auszubauen. Wir brauchen – das muss ich deutlich sagen – viel mehr und viel konkretere Ansätze, die mehr bewirken können als die umstrittene Idee solcher Testkäufe. Diese schützen nicht vor Alkoholmissbrauch. Dafür ist umfassende Prävention nötig – im Bereich der Verhaltensprävention, auch im Bereich der Verhältnisprävention.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. René Jalaß, DIE LINKE)

Das war Herr Zschocke, Fraktion GRÜNE. Jetzt könnten wir eine weitere Rederunde eröffnen, wenn die einbringende AfD-Fraktion das möchte. – Das ist nicht der Fall. Es gibt auch keinen weiteren Redebedarf aus den Fraktionen.

Dann erteile ich der Staatsregierung das Wort. Bitte, Frau Staatsministerin Klepsch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kinder und Jugendliche sind oft nur der Spiegel, den sie uns Erwachsenen unverblümt vorhalten. Jedes Glas Alkohol, das Kinder und Jugendliche konsumieren, geht zuerst durch die Hand eines Erwachsenen; daran sollten wir immer wieder denken.

Eine ausführliche Stellungnahme von uns ist beigefügt. Auf diese würde ich jetzt verweisen. Ich gebe auch meine Rede zu Protokoll.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Wir können zum Schlusswort kommen. Das Schlusswort hat die einbringende AfD-Fraktion. Bitte, Herr Kollege Wendt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, ich gebe Ihnen Recht – soweit ich es hier vernommen habe; ansonsten lese ich mir die Protokolle durch –, dass Testkäufe von Alkoholika durch Jugendliche ein sensibles Thema sind; dessen sind wir uns durchaus bewusst. Aber im Gegensatz zu Ihnen, Herr Jalaß, machen wir etwas gegen den Alkohol- und Drogenmissbrauch.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Was machen Sie denn?)

Sie wollen illegale Drogen legal gestalten; wir sind dagegen. Wir haben Konzepte, mit denen wir den Missbrauch von Alkohol und Drogen eindämmen wollen.

(René Jalaß, DIE LINKE: Das sehe ich nicht!)

In Abwägung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass es dieses Schrittes bedarf. Eben weil das Vorhaben ein heikles Thema ist, haben wir in unserem Antrag eindeutig klargemacht – wenn Sie ihn durchgelesen hätten, hätten Sie es bemerkt –, dass Testkäufe unter sehr klar definierten Rahmenbedingungen stattfinden müssen. Wir wollen für diese Kontrollen Auszubildende der öffentlichen Verwaltung oder vielleicht sogar der Polizei einsetzen, die sich freiwillig dazu bereit erklären und deren Eltern eingewilligt haben. Zudem soll es Vor- und Nachbereitungszeiten geben. Die Kontrollen sollen stets in Anwesenheit volljähriger Mitarbeiter der Ordnungsbehörden oder der Polizei stattfinden, die dann die gekauften Waren sofort wieder einziehen können.

Bei Beachtung dieser Rahmenbedingungen sind keine rechtlichen Probleme zu erwarten. Ich verstehe deshalb nicht, warum Sie sich so massiv gegen unseren Antrag wehren.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Weil er schwachsinnig ist!)

Wir dürfen uns doch nicht wegducken. Die Zahlen sind alarmierend. Unbedingtes Handeln ist erforderlich. Dass zum Beispiel die CDU erst reagiert, wenn der Karren bereits an die Wand gefahren ist, ist nichts Neues. Ich verweise hier beispielhaft auf die Entwicklung bei Ärzten, Polizisten, Pflegekräften und Lehrern. Deshalb möchte ich insbesondere an Sie appellieren: Fassen Sie sich ein Herz und stimmen Sie unserem Antrag zu, bevor es mal wieder zu spät ist! Es braucht diesen Antrag.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Nein!)

Es braucht Testkäufer.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Nein!)

Es braucht Ihre Zustimmung.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Nein!)

Vielen Dank.