Protocol of the Session on June 28, 2018

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das machen wir nicht mit. Wir legen heute einen Gesetzentwurf für ein zeitgemäßes Hochschulgesetz vor, das nebenbei auch noch die Fehler der Vergangenheit repariert.

Meine Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat diesen Gesetzentwurf nicht im verschlossenen Landtagsbüro erarbeitet. Wir haben unsere Ideen und Vorschläge zuerst an allen Hochschulstandorten mit Hochschulleitungen, Studierenden-, Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitervertretungen und Beauftragten diskutiert und deren Anregungen an vielen Stellen aufgenommen. Das Ergebnis dieses offenen Beteiligungsprozesses ist der vorliegende Gesetzentwurf.

Für uns ist die Hochschulfreiheit keine schöne Floskel, sondern eine Notwendigkeit für wissenschaftlichen Erfolg und herausragende Lehre. Das bedeutet vor allem Freiheit von staatlicher Einmischung. Die Zielvereinbarungen, die der Freistaat mit den Hochschulen schließt, sollen künftig auf Augenhöhe ausgehandelt werden, ohne dass das Ministerium damit drohen kann, bei Widerstand die Vereinbarung allein zu bestimmen, wie es derzeit ist.

Die externe Beratung von Hochschulen halten wir für sinnvoll. Deshalb wollen wir die Hochschulräte als wichtigen Impulsgeber erhalten. Entscheidungen in ihren eigenen Anliegen sollen die Hochschulen künftig aber wieder ausschließlich in ihren demokratisch legitimierten Gremien treffen dürfen.

Damit komme ich zu den Entscheidungsorganen der Hochschule. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass maßgebliche Entscheidungen wie die Mittelverwendung oder die Errichtung von Studiengängen nicht der Mitbestimmung entzogen bleiben dürfen. Das vollziehen wir in unserem Gesetzentwurf nach. Ich bin davon überzeugt, dass Entscheidungen, die auf breiter demokratischer Grundlage getroffen werden, nicht nur ausgewogener sind, sondern auch auf eine größere Akzeptanz in der Hochschule stoßen. Das gilt umso mehr, wenn Hochschullehrende, Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichberechtigt in diesen Gremien vertreten sind. Deshalb wollen wir die Gremien in Zukunft paritätisch besetzen.

In Fragen von Forschung und Lehre – um das gleich vorwegzunehmen – behalten die Hochschullehrerinnen und -lehrer natürlich das letzte Wort, wie es das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit verlangt.

Der wissenschaftliche Nachwuchs wird bessergestellt. Wenn unser Gesetz in Kraft tritt, wird es an jeder Hoch

schule Personalentwicklungskonzepte geben und damit endlich Planbarkeit in die Karrierewege gebracht. Bei den Arbeitsverträgen führen wir Mindestvertragslaufzeiten ein, damit sich die Arbeit in der Wissenschaft und vernünftige Arbeitsbedingungen nicht länger ausschließen. Arbeitsverträge bei Drittmittelprojekten müssen nicht mehr per Gesetz befristet werden. Werden sie doch befristet, haben sie eine Laufzeit bis zum Ende des Projektes. Außerdem wollen wir die oftmals nachteilige Abhängigkeit von Jungwissenschaftlerinnen und Jungwissenschaftlern von den Professuren abbauen. Die Zuordnungen von Mitarbeitern zu einem Hochschullehrer werden bei uns von der Regel zur Ausnahme.

Bei den Lehrbeauftragten wollen wir deren Entlohnung an die Vergütung der angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anpassen und ihnen den Angehörigenstatus verleihen. Damit würde ihnen zum Beispiel auch die Teilnahme an Hochschulwahlen offenstehen.

Selbstverständlich haben wir auch die Studierenden im Blick. Wir beseitigen die Hindernisse, die heute den Erfolg des Studiums gefährden. Die Langzeitstudiengebühren entfallen ersatzlos. Die praktizierte Unart, dass eine normale ärztliche Krankschreibung nicht für einen Prüfungsrücktritt anerkannt wird, beenden wir. Außerdem wird es rechtlichen Anspruch auf Teilzeitstudium geben. Die Beurlaubungsgründe für eine zeitweilige Unterbrechung des Studiums werden ausgeweitet. Die Qualität des Studiums wird durch eine verbindliche Akkreditierungspflicht gesichert.

Wir führen außerdem das Solidarsystem bei der Verfassten Studierendenschaft wieder ein, damit es eine starke und wirksame Interessenvertretung der Studierenden gibt.

Was die Gleichberechtigung von Frauen und Männern angeht, besteht an den Hochschulen noch deutlich Luft nach oben. Das wird, denke ich, niemand bestreiten. Umso wichtiger sind die Gleichstellungsbeauftragten, die

wir in unserem Gesetz stärken wollen. Sie erhalten einen verbindlichen Anspruch auf Freistellung und Mittel für ihre Arbeit. In den Berufungskommissionen und dem Senat erhalten sie eine Stimme.

Auch die neu im Gesetz geschaffenen Beauftragten für Menschen mit Behinderungen sind in allen Gremien vertreten, und zwar mit beratender Stimme und Antragsrecht zu Angelegenheiten, die alle Belange von Menschen mit Behinderungen betreffen.

Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Sachsen haben sich inzwischen zu leistungsfähigen Forschungszentren entwickelt. Es wird Zeit, dass wir diese herausragende Forschungsleistung mit einem eigenen partiellen Promotionsrecht würdigen. Wir sehen vor, dass dieses zunächst zeitlich befristet vergeben wird und nach einer Bewährungspause dann auch verstetigt werden kann. Den Promovierenden an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften werden wir den Zugang zu den Landesstipendien endlich eröffnen und damit eine seit Jahren bestehende Ungerechtigkeit beseitigen.

Auf viele weitere Neuerungen im Gesetz, zum Beispiel für die Promovierendenräte, kann ich jetzt nicht mehr eingehen, ich freue mich aber auf den konstruktiven Austausch im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Reform des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien zu überweisen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit einstimmig beschlossen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 8

Erste Beratung des Entwurfs

Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum im Freistaat

Sachsen (Sächsisches Wohnraumzweckentfremdungsgesetz – SächsWZwEG)

Drucksache 6/13704, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auch hierzu spricht nur die einreichende Fraktion. Herr Günther, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Einerseits freuen wir uns, dass Sachsen in Zeiten des demografischen Wandels nicht mehr nur noch die Richtung kennt: die Bevölkerung geht zurück, sondern unsere Städte, vor allem die Großstädte, wachsen, und dies teilweise in atemberaubendem Tempo. Nur sind solche Veränderungsprozesse auch häufig mit Schmerzen verbunden, und wir

stellen fest, dass wir vor allem in den beiden Großstädten Leipzig und Dresden ein wachsendes Problem mit Wohnungsnot haben. Wir haben darüber auch schon mehrfach hier im Hohen Haus debattiert.

Wohnungsnot trifft vor allem jene, die das wenigste Geld haben – logisch, so ist nun einmal der Markt aufgebaut. Wir als GRÜNE gehen davon aus, dass sich dieses Problem nicht nur mit einer Maßnahme bekämpfen lässt. Gewiss, es gibt die Möglichkeit, dies über Mietpreisbremsen und Kappungsgrenzen zu tun – Instrumente, bei

denen man durchaus noch mehr tun kann. Wir sagen auch: Wir brauchen einen deutlich größeren Anteil von Wohnungseigentümern, die nicht nur ein reines Renditeinteresse haben: Das ist das genossenschaftliche Wohnen, das ist öffentliches Wohnen.

Wir haben bereits mehrfach darüber debattiert, dass man im Bereich der Sozialwohnungen mehr tun muss, damit auch dieser Bereich in Sachsen endlich funktioniert; das möchte ich hier nicht wiederholen. Wir müssen aber auch alternative Wohnformen fördern, bei denen Menschen ihr Geschick selbst in die Hand nehmen, wie Ein-HausGenossenschaften und ähnliche Projekte. Es gibt eine ganze Fülle von Dingen, die man tun kann.

Ein Problem, das es ebenfalls gibt und das langsam immer stärker wird – vor allem in Leipzig, aber auch schon in Dresden; und man kennt es auch in Berlin, wo es sich innerhalb kürzester Zeit zum großen Problem ausgewachsen hat –, ist die Zweckentfremdung von Wohnraum als Ferienwohnung. Wenn Sie dann in einem Viertel sind, wo händeringend Wohnraum gesucht wird, und es stehen Wohnungen leer, teilweise ganze Häuser, die vorher noch in Wohneigentum zerschlagen worden sind und nicht regulär vermietet werden, dann kann es ein Problem geben bzw. wird das Problem verstärkt.

Nun haben wir auch von der kommunalen Seite die Bedarfsanmeldung – da es dies in verschiedenen Bundesländern bereits gibt – für die Möglichkeit, als Kommune darauf zu reagieren und passgenau eine Satzung festzulegen, die diese Zweckentfremdung untersagt.

Was wir nun mit unserem Gesetzentwurf vorschlagen, ist im Prinzip etwas Doppeltes: die kommunale Selbstverwaltungshoheit ernst zu nehmen und zu stärken und zugleich ein Instrument zu schaffen, um diesem Wohnungsmangel zielgerichtet entgegenzuwirken.

Welche Vorstellungen es unsererseits dazu gibt, das haben wir bereits relativ detailliert in unserem Gesetzentwurf beschrieben: wenn beispielsweise eine solche Wohnung über zwölf Wochen im Jahr leer steht. Es sind auch Aussagen zur Umnutzung von Teilen der Wohnung enthalten, wenn es um über 50 % geht. Wir wollen auch darauf achten, dass man Existenzgründungen, die oft in der eigenen Wohnung erfolgen, nicht unmöglich macht. Es soll nicht verhindert werden, dass jemand eine Zweitwohnung hat und diese nicht nutzt, sondern uns geht es wirklich nur um die Wohnungen, die leerstehen, damit sie ab und zu als Ferienwohnung genutzt werden und dadurch eine viel höhere Rendite erzielen als eine normale Wohnung, und das auch nur in den Bezirken, in denen es tatsächlich ein Problem mit der Wohnraumversorgung gibt.

Mit den Begrifflichkeiten lehnen wir uns eng daran an, was wir schon bei den Mietpreisen und der Kappungsgrenze kennen. Es wird also juristisch nichts Neues erfunden, sondern es gäbe die Möglichkeit für die Kommunen, dort zu reagieren. – Damit ist die Einbringung erbracht. Wir beantragen Verweis an den Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den soeben eingebrachten Entwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist die Überweisung erfolgt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Erste Beratung des Entwurfs

Gesetz über die Bevorrechtigung von Carsharing im Freistaat Sachsen

(Sächsisches Carsharinggesetz – SächsCsgG)

Drucksache 6/13747, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auch hierzu spricht nur die einreichende Fraktion. Frau Abg. Meier, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Teilen ist in. Wer durch die Großstädte läuft, kann es leicht erkennen, und in den Großstädten außerhalb Sachsens ist es unübersehbar: An allen Ecken findet man Fahrräder oder auch Elektroroller zum Ausleihen und auf den Straßen immer häufiger Autos von „Car2go“, „DriveNow“, „Flinkster“, „teilAuto“ oder anderen Carsharing-Anbietern. Das passt auch in unsere hoch mobile Gesellschaft, in der die Menschen für ihre Mobilität verschiedene Verkehrsmittel individuell kombi

nieren und auf ihren Reisen einsetzen. Je nach Ziel und Zweck der Reise nutzen sie verschiedene Verkehrsmittel und unterschiedliche Angebote und konkurrieren dabei auch um den immer knapper werdenden Verkehrsraum.

Dieser Flächenkonflikt wird zunehmend zum drängenden Thema und Problem. Das Auto beansprucht dabei mit Abstand die meiste Fläche. Dabei steht ein Auto rund 23 Stunden am Tag einfach nur herum; nur eine Stunde wird es tatsächlich bewegt. Radfahrerinnen und Radfahrer organisieren sich zunehmend und fordern kraftvoll und lautstark mehr Fläche für eine sichere Radverkehrsinfrastruktur. Die Leipzigerinnen und Leipziger hier im Saal haben es vielleicht mitbekommen: In Leipzig ist gerade

eine kraftvolle Petition unterwegs. In wenigen Wochen wurden über 3 500 Unterschriften für einen Radweg auf der Jahnallee gesammelt. Die Radfahrerinnen und Radfahrer, die das unterstützt haben, sowie die vielen Fußgängerinnen und Fußgänger haben es schlichtweg satt, im lebensgefährlichen Dauerkonflikt mit dem Autoverkehr zu stehen und den Konflikt durch den Straßendruck auf die Fußwege zu verlagern.

Zunehmend lauter wird auch von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Großstädte mehr Lebensqualität in den Stadtquartieren eingefordert. Angesichts immer heißerer Sommer und zunehmender Trockenphasen – wir haben es heute Morgen in der Aktuellen Debatte gehört – verlangen sie natürlich auch in den Städten, in den Quartieren mehr Grün, mehr Aufenthaltsqualität und mehr Ruheflächen. Genau hier setzt unser Gesetzentwurf zum Teilen des Autos an. Ein Carsharing-Auto ersetzt laut einer Studie bis zu 20 Privatfahrzeuge und macht damit jede Menge freie Fläche für andere wichtige Dinge möglich, die ich gerade angedeutet habe.