Protocol of the Session on June 27, 2018

Frau Kollegin

Schubert, das ist mir bekannt. Es ist mir auch bekannt, dass sich die Sorben nicht zählen lassen müssen. Ich habe aber in meinem Redebeitrag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich mir wünschen würde, dass die Sorben die Kraft finden, freiwillig eine Volkszählung durchzuführen. Das ist für mich die Motivation. Das möchte ich hier in aller Klarheit äußern.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ja.

Bitte.

Vielen Dank, Frau Kollegin.

Können Sie uns an einem Beispiel deutlich machen, inwiefern es für Sie einen Unterschied macht, ob es 500 Sorben mehr oder weniger sind? An welcher Stelle würde sich da Ihre Politik verändern?

Vielen Dank für die Frage, Frau Friedel.

Da ich gehört habe, dass die letzte Zählung 1988/89 war und es ungefähr 40 000 Sorben waren, deren Zahl danach nur hochgerechnet wurde, ist mir die Ungenauigkeit hier zu groß.

Das hat nichts mit den Sorben zu tun, sondern mit meinem Faible für Mathematik. Das wird sich auch nicht ändern.

(Zurufe von den LINKEN – Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Was ändert das denn?)

Vielen Dank.

(Unruhe – Franziska Schubert, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? Sonst ist nichts angemeldet. – Frau Schubert, Sie möchten noch einmal sprechen. Eine Kurzintervention?

Ich würde gern noch etwas zu dem vorangegangenen Redebeitrag sagen und auch zu der Frage, die ich gestellt habe. Es ist gut, dass es die Bekenntnisfreiheit für die Sorben gibt. Ich halte gar nichts davon, zu sagen: Wir führen hier eine Bekenntnispflicht oder eine freiwillige Volkszählung ein. Frau Friedel hatte völlig recht, als sie angemerkt hat, dass es eigentlich egal ist, ob es 500 mehr oder weniger sind.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen, dass wir als Fraktion sehr klar zur Bekenntnisfreiheit stehen und uns jeglichen Tendenzen entgegenstellen, die in eine andere Richtung gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Frau Dr. Muster, bitte, Sie können darauf reagieren.

Frau Schubert, vielen Dank. – Ich möchte noch einmal meinen Redebeitrag bzw. die Antwort bekräftigen und darauf hinweisen, dass ich über Bekenntnisfreiheit überhaupt nicht gesprochen habe. Natürlich ist die Bekenntnisfreiheit ein hohes Gut, das auch meine Partei wichtig nimmt und anerkennt.

Vielen Dank.

(Heiko Kosel, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Meine Damen und Herren, es gibt noch eine Kurzintervention. Herr Kosel, ist das eine Kurzintervention?

(Heiko Kosel, DIE LINKE: Ja!)

Gut, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich möchte ebenfalls mit dem Mittel der Kurzintervention auf die Rede von Frau Dr. Muster reagieren.

Die Bekenntnisfreiheit hat, wie wohl die meisten in diesem Hohen Hause wissen, ihren historischen Hintergrund darin, dass man schon während der NS-Zeit versucht hat, die Sorben zu erfassen und zu zählen, auch durch rassistische bzw. „rassische“ Untersuchungen. Wir alle wissen, was Heinrich Himmler in seiner Denkschrift über die Behandlung der sogenannten „Fremdvölkischen im Osten“ geschrieben hat. Das Schicksal der Sorben hatte er klar fixiert: Vernichtung durch Arbeit.

Dass vor diesem Hintergrund die Bekenntnisfreiheit und die Nichtnachprüfbarkeit – wie sie auch im Gesetz geregelt ist – ihren Sinn haben, ist, denke ich, allen klar.

Ich habe noch eine Frage an Frau Dr. Muster: Gäbe es eine Volkszählung, die belegen würde, dass es vielleicht 500 oder 1 000 Sorben weniger gibt als bisher, welche Schlüsse würden Sie daraus ziehen?

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Genau!)

Würden Sie sagen: Jetzt gibt es weniger Sorben, dann brauchen wir weniger zu unterstützen? Oder würden Sie den Schluss ziehen: Jetzt gibt es weniger Sorben, also ist die Gefährdungslage für Sprache und Kultur noch größer und wir müssen mehr tun? Das würde mich interessieren.

Frau Dr. Muster, bitte.

Vielen Dank. – Weil Sie sich gerade so echauffieren, möchte ich jetzt doch ganz nüchtern darauf hinweisen, dass es natürlich richtig ist, dass die Sorben geschützt werden. Sie haben verfassungsmäßige Rechte bei uns, aber die Rechte entspringen dem Minderheitenschutz, genau wie bei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein. Über ihre Rechte als Minderheit und das Recht, in dieser Minderheit ihr Bekenntnis auszuüben, habe ich in keiner Weise gesprochen. Wenn Sie mir etwas vorwerfen wollen, dann hätten Sie vielleicht über Minderheitenschutz sprechen müssen. Aber dazu sind Sie beide leider gar nicht gekommen. Von daher lasse ich das einfach so stehen.

Gibt es weiteren Redebedarf? – Das sehe ich nicht. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung. Frau Ministerin Dr. Stange, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gleich einsteigen bei der Äußerung von Herrn Kosel. Im Deut

schen Hygiene-Museum gibt es eine wunderbare Ausstellung mit dem Titel „Rassismus“, in der man zu dem, was Sie erwähnt haben, Entsprechendes nachlesen kann.

Ich halte es für hochproblematisch, wenn wir unter dem Tagesordnungspunkt, der sich mit dem Bericht zur Lage der Sorben beschäftigt, gerade dieses Grundrecht nicht nur in der Sächsischen Verfassung, sondern auch im Grundgesetz hier zumindest in Ansätzen in Zweifel stellen. Frau Dr. Muster, Sie haben mitnichten auf die Frage geantwortet, was sich an der Politik ändern würde, wenn wir genauere Zahlen hätten. Diese Frage ist von Ihnen nicht beantwortet worden. Insofern verweise ich noch einmal auf unsere Ausstellung im Hygiene-Museum.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich möchte nur für meine Person – Sie haben ja ganz abstraktgenerell gesprochen – darauf hinweisen, dass ich – –

Nicht hinweisen, sondern bitte eine Frage stellen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich in meinem Redebeitrag gesagt habe, ich würde mir eine freiwillige Volkszählung der Sorben wünschen.

(Zurufe: Frage!)

Bitte eine Frage stellen.

Haben Sie das akustisch wahrgenommen?

Ich habe das akustisch wahrgenommen. Das ändert nichts an der Tatsache, dass Sie damit eine Zählung möchten und die Bekenntnisfreiheit infrage stellen.

(Beifall bei den LINKEN sowie vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich bei all jenen, die in ihren Beiträgen bereits deutlich gemacht haben, dass wir mit dem Bericht der Sächsischen Staatsregierung zur Lage des sorbischen Volkes neue Wege beschritten haben. Ich bin sehr dankbar, dass es gelungen ist, diesen Bericht in einer öffentlichen Anhörung zur Diskussion zu stellen und damit der Öffentlichkeit vorzustellen.

Es war mir ein persönliches Anliegen, dass dieser Bericht zweisprachig und in einer gedruckten Fassung erscheint.

Damit – das habe ich auch schon in der Anhörung gesagt – ist er natürlich auch eine Art Kompendium für diejenigen, die sich über das sorbische Volk und über die Lage des sorbischen Volkes informieren möchten – aktuell, aber auch insgesamt. Insofern kann ich diesen Bericht zur Weiterreichung empfehlen, nicht nur für den Landtag.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei denjenigen, die nicht nur dem Bericht zugearbeitet haben, sondern die in den vergangenen Jahren intensiv daran mitgewirkt haben, die Rechte des sorbischen Volkes im Freistaat umzusetzen, und die auch immer wieder den Finger dort in die Wunde gelegt haben, wo das vielleicht nicht der Fall war. Ich möchte mich bedanken beim Rat für sorbischen Angelegenheiten, der zeitgleich seinen Bericht vorgelegt hat, bei der Domowina, dem Bund Lausitzer Sorben e. V., bei der Stiftung für das sorbische Volk und auch bei den beiden Büros der evangelischen und der katholischen Kirche in Sachsen, die am Bericht mitgewirkt haben.