Protocol of the Session on June 27, 2018

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Die AfD ist gespalten! – Staatsminister Christian Piwarz: Zerreißprobe! – Carsten Hütter, AfD: Na, na, warten Sie ab!)

ist den Bestandteilen des Gesetzentwurfes mehrheitlich zugestimmt worden. – Es gibt eine Wortmeldung. Herr Urban, Sie möchten eine Erklärung abgeben? Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte eine Erklärung zu meinem abweichenden Abstimmungsverhalten abgeben.

Ich bin nicht der Meinung, dass die Prostitution ein Gewerbe wie jedes andere ist. Ich bin auch nicht der Meinung, dass die Prostitution zur Normalität werden sollte. Ich bin der Auffassung, dass der Steuerzahler weder für die Kosten, die den Anbietern der Prostitution entstehen, noch für die Kosten, die den Konsumenten entstehen, in Haftung genommen werden soll. Deswegen meine Gegenstimme.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Zum Prostituiertenschutz!)

Jetzt haben Sie es richtig gesagt: Sie haben kein abweichendes Stimmverhalten gezeigt, sondern wirklich eine Gegenstimme abgegeben.

Meine Damen und Herren! Ich muss noch zur Schlussabstimmung aufrufen. Wer dem Gesetzentwurf Gesetz zur Ausführung des Prostituiertenschutzgesetzes im Freistaat Sachsen seine Zustimmung geben möchte, der zeigt das nun an. – Wer ist dagegen? – Die Stimmenthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf als Gesetz beschlossen worden.

Dieser Tagesordnungspunkt ist noch nicht beendet. Es gibt noch einen Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 6/13870. Frau Abg. Meier, bitte sehr. Sie bringen diesen jetzt ein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass der Freistaat Sachsen die Themen Prostitution, Sexarbeit, Zwangsprostitution und Menschenhandel eher unter den Teppich kehrt, ist nicht wirklich etwas Neues. Die Farce um das Ausführungsgesetz haben wir hier gerade besprochen.

Sie hätten – das haben Sie leider nicht getan – mit der Kostenfreiheit für die Gesundheitsberatung und Anmeldung sowie für die gesetzlich verankerte Übernahme der

Dolmetscherkosten Schadensbegrenzung betreiben

können. Das haben Sie nicht gemacht. Stattdessen lassen Sie Prostituierte und Kommunen allein und stehlen sich als Land aus der Verantwortung.

Wir geben Ihnen jetzt mit unserem Entschließungsantrag die Möglichkeit, tatsächlich Verantwortung zu übernehmen, indem Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen.

Wir fordern, dass Sie als Staatsregierung konkrete Richtlinien und Hinweise zur korrekten Anwendung des Ausführungsgesetzes sowie des Prostituiertengesetzes auf Bundesebene für die Kommunen erstellen und dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ordnungsämtern Schulungen erhalten. Ich habe es vorhin in meiner Rede ausgeführt. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen in den Gesprächen ergründen, ob möglicherweise eine Zwangslage vorliegt. Das sind Mitarbeiterinnen in den Ordnungsämtern, die vorher mit diesem Gewerbe nichts zu tun hatten. Sie brauchen dringend und zwingend Schulungen.

Zudem braucht es natürlich auch Handlungsempfehlungen für den Fall, dass im Rahmen der Anmeldung eine Zwangslage erkannt wird. Es ist völlig unklar, was dann passiert. Ohne eine solche Unterstützung kann dem Schutzzweck des Prostituiertenschutzgesetzes nicht

Rechnung getragen werden.

Wir müssen auch denjenigen helfen, die in der Prostitution eben nicht freiwillig tätig sind oder sogar mit Gewalt dazu gezwungen werden. Es handelt sich in den meisten Fällen um Straftaten, die der Staat verfolgen muss.

Was es noch braucht, das sind belastbare Zahlen und eine Dunkelfeldstudie zum Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution und dann natürlich auch spezialisierte Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die das Milieu und die Hintergründe von Menschenhändlern kennen und den einzelnen Vorfällen die Personen richtig zuordnen können.

Es gilt aber auch, den selbstbestimmt und freiwillig tätigen Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern faire Arbeitsbedingungen und auch eine bedarfsgerechte Beratungs- und Hilfestruktur zu bieten.

Natürlich – das haben wir gehört – ist Sexarbeit kein Job wie jeder andere. Sowohl für die einen als auch für die anderen braucht es eine Infrastruktur an Anlaufstellen, die fachlich qualifiziert beraten, helfen und entsprechend miteinander vernetzt sind. In Sachsen gibt es bisher nur die Gesundheitsämter, die das machen. Aus der Not heraus sind jetzt in Leipzig und Dresden entsprechende Arbeitskreise gegründet worden. Im allgemeinen Verständnis sind das runde Tische. Wir haben schon mehrfach die Forderung nach einem runden Tisch Prostitution auf Landesebene in den Landtag eingebracht, der dieses Gesetz begleitet. Sie haben das immer wieder abgelehnt. Wie notwendig es ist, sehen Sie an den Beispielen Leipzig und Dresden.

Bitte zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss; mein letzter Satz. – Mit unserem Entschließungsantrag wollen wir Maßnahmen in Sachsen etablieren, weit über das Prostituiertenschutzgesetz hinaus, und damit die Bedürfnisse der betroffenen Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter tatsächlich aufgreifen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. Es gibt hierzu Wortmeldungen. Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Schreiber.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich will nur ganz kurz auf den Entschließungsantrag eingehen. Es ist ein bunter Mix von unterschiedlichen Dingen. Es wird sehr deutlich die unterschiedliche Zuständigkeit zwischen Bundes- und Landesebene miteinander vermischt.

Ich will mich nur gegen zwei Dinge verwahren: Zum einen hat hier niemand irgendetwas verschleppt. Wir haben tatsächlich großen Beratungsbedarf gehabt und auch die Staatsregierung, bis sie den Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hat.

Zum anderen, Frau Kollegin Meier, gehört es zur Wahrheit dazu, dass auch alle anderen Bundesländer nicht sozusagen Vorreiter gewesen sind in dem Sinne, dass sie alle am 1. Juli des letzten Jahres mit ihren Gesetzen so weit gewesen wären. Die letzten Bundesländer haben ihre Gesetze erst vor wenigen Wochen auf den Weg gebracht.

Das ist keine Rechtfertigung für irgendetwas, aber ich glaube, bei so einem auch für die Gesamtgesellschaft sehr

sensiblen Thema sollten wir es uns ersparen, hier über Verschleppung zu sprechen.

Wenn Sie sich viele Punkte in Ihrem Antrag ansehen, dann ist der Adressat ganz klar der Bund. Ich würde Sie bitten, entsprechend die Damen und Herren auf Bundesebene über Ihre Kanäle anzusprechen.

Wir haben in der Beratung gemerkt, wie schwierig es teilweise doch ist, gut gemeinte Bundesgesetze in die Praxis, in die Realität umzusetzen. Wir stehen hier alle vor der gleichen Herausforderung. Wir brauchen uns nicht irgendwie die Wischlappen um die Ohren zu hauen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schreiber. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Ich lasse über die Drucksache 6/13870 abstimmen. Wer zustimmen möchte, der zeigt das bitte an. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dem Entschließungsantrag nicht entsprochen worden.

Meine Damen und Herren! Ich kann den Tagesordnungspunkt noch nicht schließen, weil mir ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung dieses Gesetzes vorliegt. Dem wird entsprochen, wenn der Landtag gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit beschließt. Wenn es keinen Widerspruch gibt, würden wir dem so entsprechen. Gibt es Widerspruch? – Nein. Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so, und jetzt, meine Damen und Herren, ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Regelung des Vollzugs der Abschiebungshaft

und des Ausreisegewahrsams im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/11943, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/13744, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Wir beginnen die Aussprache mit der CDU-Fraktion, danach die Fraktionen DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Abg. Wurlitzer und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt die CDU-Fraktion, wie angekündet. Herr Abg. Hartmann, Sie haben das Wort.

(André Barth, AfD: Jetzt kommt ein schönes Gesetz. Lange hat es gedauert!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit 2014 wurden in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 1,7 Millionen Asylanträge gestellt. Das sind dreimal mehr als im gesamten Zeitraum zwischen 2004 und 2014. Das waren damals 521 000 Asylanträge. Schon dies zeigt, über welche Dimension wir heute reden und weshalb dem Thema Rückführung, welches grundsätzlich auch immer ein unangenehmes Thema ist, in den Nullerjahren keine prioritäre Rolle im gesamten Asylverfahren beigemessen wurde.

Spätestens mit dem Jahr 2015 hat sich jedoch die Lage grundlegend geändert. Denn mit der Zahl der Asylsuchenden stieg auch die Zahl derjenigen, die keinen Anspruch auf Asyl in Deutschland haben und damit ausreisepflichtig sind. Allein in Sachsen haben wir derzeit 11 700 vollziehbar Ausreisepflichtige. 2016 waren es etwas mehr als die Hälfte. Schon diese Zahlen zeigen: Es besteht dringender Handlungsbedarf, bei abgelehnten Asylbewerbern die vollziehbare Ausreisepflicht auch staatlicherseits durchzusetzen. Das bedeutet, dass konsequent jene zurückgeführt werden müssen, die keinen Anspruch auf Asyl in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Hierbei handelt es sich meist um einen langwierigen rechtsstaatlichen Entscheidungsprozess, in dem der Asylsuchende die Möglichkeit hat, alle rechtsstaatlichen Mittel auszuschöpfen. Steht am Ende eines solchen Verfahrens die Ablehnung, dann ist diese Person verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Frist zu verlassen. Dies sollte in der Regel freiwillig erfolgen. Ebenso gibt es das Angebot der Bundesrepublik Deutschland, an einem Programm zur geförderten Ausreise teilzunehmen. Dies muss jedoch vor der Ablehnung erfolgen. Dennoch kommt eine Vielzahl der abgelehnten Asylbewerber ihrer Ausreisepflicht nicht nach oder entzieht sich letztlich der Abschiebung, wie die hohe Zahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen zeigt.

Um hier konsequent handeln zu können, ist die Fertigstellung der baulichen Einrichtung Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam nur folgerichtig. Hierfür haben wir jetzt den Gesetzentwurf zur Regelung des Vollzugs der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams im Freistaat Sachsen, mit dem wir die rechtlichen Grundlagen für die Abschiebehaft und den Ausreisegewahrsam im Freistaat schaffen. Mit dem Gesetz überführen wir eine bundesgesetzliche Regelung des Asylgesetzes in Landesrecht. Ebenso werden europarechtliche Bestimmungen der Dublin-III-Verordnung mit dem Gesetzentwurf umgesetzt.