Protocol of the Session on June 27, 2018

halten, und diese müssen jetzt nachgezahlt werden. Der Sächsische Landtag ist daher zu einem Reparaturbetrieb verkommen: Maßnahmen gegen Lehrermangel, gegen Beamtenmangel bei Justiz und Polizei, gegen marode Gemeinden oder für unterbezahlte Beamte.

Aber, meine Damen und Herren, Sie haben nicht nur an der Zahl Ihrer Landesbeamten gespart, Sie haben auch den verbliebenen Beamten im Jahr 2011 die zusätzliche Arbeitslast dann auch noch mit der Streichung des Weihnachtsgeldes versüßt. Die Folge hiervon ist eine Unterbezahlung der sächsischen Beamten. Diese wurde bereits im Jahr 2015 erstmals vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt; das hat der Landtag 2016 korrigiert. 2017 deckte das Verfassungsgericht erneut Fehler auf. Die zeitlich verzögerte Anpassung der Ostgehälter an das Westniveau in den Jahren 2008 und 2009 wurde für verfassungswidrig erklärt. Die Korrektur dieses Fehlgriffs ist nunmehr auch Gegenstand des vorliegenden Gesetzentwurfes.

Sehr geehrte Staatsregierung, sehr geehrter Herr Michel, die von Ihnen geäußerte Wertschätzung für Ihre sächsischen Beamten sind Schönwetterreden. In Krisenzeiten nämlich missbrauchen Sie Ihre Staatsbediensteten ungeniert als Sparbüchse, und zwar auch über den verfassungsmäßig gebotenen Rahmen hinaus.

Fehler machen ist menschlich. Uns stört jedoch eins daran. Überall dort, wo eine Große Koalition regiert, werden systematisch Fehler gemacht – sei es die EuroRettungspolitik, die Energiewende, die Politik der offenen Grenzen oder auf sächsischer Ebene die Sparpolitik der Staatsregierung. Der schöne Schein der Weltverbesserer und der Gutmenschen in der Bundesregierung hat gewaltige Risse bekommen. In Berlin herrscht jetzt Chaos.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Na prima!)

In Sachsen wird versucht, die Risse der jahrzehntelangen Kaputtsparpolitik kurz vor der Landtagswahl noch notdürftig mit viel Geld zuzukleistern.

(Zurufe von der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Natürlich müssen die Fehler der Vergangenheit korrigiert werden. Wir halten es aber für falsch, Herr Panter, dies erst dann zu tun, wenn der Wähler oder das Bundesverfassungsgericht Ihnen die Pistole auf die Brust gesetzt haben.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Bereits im Juni 2007 hatten wir einen Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Beamtengesetzes in den Landtag eingebracht. Mit diesem Gesetzentwurf hatten wir den Vorschlag unterbreitet, Polizeivollzugsbeamten, die ihren Ruhestand hinausschieben

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das haben wir heute Vormittag diskutiert!)

bei einer Arbeitszeit von 80 %, Herr Lippmann – die vollen Bezüge und bei voller Arbeitszeit einen Zuschlag

von 20 % zu gewähren. An dieser Idee haben Sie nun Gefallen gefunden. Statt unserer 20 % wollen Sie doch nur 10 % mehr zahlen. Das wird wieder nicht funktionieren. Deshalb enthalten wir uns bei Ihrem Antrag und bringen einen eigenen Änderungsantrag ein.

(Jens Michel, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege Barth?

Ich bin leider fertig.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Barth, AfD-Fraktion. Jetzt kommt Kollege Lippmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/GRÜNE zu Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Beamtenrecht gehört gemeinhin nicht zu den Gassenhauern des Parlamentarismus. Das zeigt sich regelmäßig an der Besetzung des Plenums – heute ist es anders, vielleicht liegt es an der guten WLAN-Verbindung oder an der bekannten technokratischen Nüchternheit der Materie. Dabei handelt es sich nicht nur um eine der spannendsten Materien, die wir heute mit dem Gesetzentwurf behandeln, sondern auch um eine sehr bedeutsame. Wir sollten uns immer vor Augen führen, dass wir mit dem Beamtenrecht die Arbeitsbedingungen von Zehntausenden Menschen im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen regeln.

Unter den momentanen Bedingungen eines demnächst wahrscheinlich eher krisenhaften Personalnotstandes in der öffentlichen Verwaltung reden wir heute nicht nur über ein bisschen Technokratie, sondern über die entscheidenden Weichenstellungen für die Zukunft des öffentlichen Dienstes in Sachsen. Da wird deutlich: Das immer wieder von der Koalition hochgehaltene Versprechen eines attraktiven und konkurrenzfähigen öffentlichen Dienstes in Sachsen bricht sich im Angesicht dessen, was wir hier und heute diskutieren.

Dieser Gesetzentwurf ist sicherlich an vielen Stellen nicht falsch. Er geht auch in die richtige Richtung – darüber ist schon viel gesagt worden –, sei es beim Thema Schmerzensgeldansprüche, sei es beim Thema Aufwandsentschädigung für Ortsvorsteher und Bürgermeister. Aber er verschläft die Zukunft des öffentlichen Dienstes.

Ich mache Ihnen das an zwei Punkten deutlich, die wir in unserem Änderungsantrag aufgegriffen haben – der damit als eingebracht gilt, Herr Präsident –, und zwar an Folgendem: Ein moderner öffentlicher Dienst braucht zweifelsohne Verlässlichkeit. Das ist bei einem Beamtendienstverhältnis eine Selbstverständlichkeit. Aber er braucht auch Flexibilität. Hier ist in der Vergangenheit schon viel getan worden, sei es mit dem Altersgeld bei der letzten Dienstrechtsnovelle oder mit flexibleren Aufstiegsmöglichkeiten. Aber hier muss noch mehr kommen, wenn der öffentliche Dienst tatsächlich attraktiv sein will.

Dazu brauchen wir nach Auffassung meiner Fraktion auch eine Flexibilisierung beim Thema Krankenversicherungsregelung. Das Privileg der Beihilfe ist zweifelsohne eines der größten Privilegien, das mit dem Beamtenverhältnis verbunden ist. Wir werden in Anbetracht der anstehenden Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern deutlich merken, dass sich das auch zu einer Bürde entwickeln kann, nämlich für jene Personen, die schon relativ alt sind, wenn sie verbeamtet werden. Für die ist es dann deutlich unattraktiver, in eine private Krankenversicherung zu gehen, als in der GKV zu bleiben. Deshalb braucht es unserer Auffassung nach hier Änderungen. Es soll zudem auch Beamtinnen und Beamte geben, die sich mit dem Solidargedanken der gesetzlichen Krankenversicherung durchaus gut anfreunden können. Deshalb ist auch aus diesen Gründen hier etwas zu tun.

Genau aus diesen Gründen gibt es momentan in den Ländern eine Debatte – auch angestoßen in Hamburg –, es den Beamtinnen und Beamten als Option zu ermöglichen, schadfrei in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln. Das wäre auch ein Ansatz in Sachsen, um eine Flexibilität des öffentlichen Dienstes und des Beamtenverhältnisses zu erreichen.

Ich sage es ganz deutlich: Es gibt eine Gruppe in Sachsen, die schadfrei in die GKV wechseln kann, weil man ihr die Hälfte der entstehenden Kosten ersetzt. Diese Gruppe sitzt hier. Das sind 126 Abgeordnete des Sächsischen Landtages, denen man die Wahl zwischen der Beihilfe und dem Gang in die GKV bei gleichzeitiger Bezuschussung der Hälfte der Kosten ermöglicht. Meine Fraktion und ich finden: Was wir uns als Abgeordnete herausnehmen, sollten wir den Beamtinnen und Beamten des Freistaates nicht verwehren. Deswegen ist das ein Punkt, in dem man das Dienstrecht deutlich nachbessern muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein zweiter Punkt und Dreh- und Angelpunkt eines modernen und attraktiven Dienstrechtes ist und bleibt eine gute Besoldung. Während wir nun zumindest pekuniär die heute schon mehrfach angesprochene Scharte der verfassungswidrigen Streichung des Weihnachtsgeldes ausgewetzt haben und man jetzt an der Untergrenze des verfassungsrechtlich Zulässigen im Freistaat vor sich hin alimentiert, wird allerdings eine himmelschreiende Ungerechtigkeit des Finanzministers fortgesetzt: Sachsen spart sich munter auf dem Rücken der Beamtinnen und Beamten gesund, weil eine erhebliche Anzahl von Beamten insbesondere im Polizeidienst existiert, die mit deutlich niedrigeren Besoldungsgruppen auf einem höherbewerteten Dienstposten ihren Dienst verrichten. Die Differenz spart der Freistaat ein. Das muss ein Ende haben, werte Kolleginnen und Kollegen. Es muss klar sein, dass wir die Beamtinnen und Beamten in Sachsen nach Leistung bezahlen und dass derjenige, der auf dem Dienstposten sitzt, das bekommen soll, was dieser Dienstposten wert ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man es in diesem Land offensichtlich nicht schaffen will, endlich einmal richtig zu befördern, dann muss man das Schmerzensgeld dafür zahlen. Dann wird man nicht darum herumkommen, die 2013 aus ehrenvollen Gründen abgeschaffte Ausgleichzulage wieder einzuführen und zukünftig den Differenzbetrag als Zulage zu gestatten. Andernfalls können Sie sich zukünftig die Sonntagsreden von einem attraktiven öffentlichen Dienst im Freistaat sparen.

Zum Schluss: Wenn man schon nicht viel Gutes tut, dann sollte man zumindest Schlechtes unterlassen. Gängeln Sie doch die Beamtinnen und Beamten der Polizei auch nicht noch mit einer vollkommen sinnfreien Vorsorgeuntersuchung. Sie hat keinerlei erkennbaren Nutzen. Sie frisst nur Zeit und wird am Ende höchstens jene Erkenntnis befördern, die in diesem Haus eine Binsenweisheit ist. Der Gesundheitszustand der Polizeibediensteten wird maßgeblich durch die Überlastung im Dienst determiniert. Für diese Erkenntnis brauche ich keine Vorsorgeuntersuchung.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns gemeinsam für einen attraktiven öffentlichen Dienst einstehen, um auch zukünftig noch den Hauch einer Chance im Kampf um die besten Köpfe mit 15 anderen Bundesländern, dem Bund, den Kommunen und der Wirtschaft zu haben. Mit Zaghaftigkeit gewinnen wir hier keinen Blumentopf und erst recht keine Beamtinnen und Beamten für den Freistaat.

Dieser Gesetzentwurf hat leider die Chance für ein modernes und wirklich attraktives Dienstrecht verpasst. Deswegen hat meine Fraktion nicht nur zentrale Änderungsanliegen, sondern kann sich im Falle von deren Nichtannahme leider nur enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war Herr Kollege Lippmann, der auch gleich den Änderungsantrag seiner Fraktion eingebracht hat.

Wir sind am Ende der Rederunde angekommen. Möchte jemand eine weitere Rederunde eröffnen? – Das ist nicht der Fall. Dann spricht jetzt die Staatsregierung. Herr Staatsminister Haß, Sie haben jetzt das Wort. Das Pult gehört Ihnen.

Vielen Dank, Herr Präsident! Dieses gemeinsame Werk von Innen- und Finanzpolitikern liegt uns heute vor. Ich meine, wir haben mit dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des sächsischen Dienstrechts eine umfassende Reform des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechts konsequent weitergeführt. Das vorliegende Gesetz gibt Antworten auf die aktuellen Herausforderungen für eine moderne und leistungsfähigere Verwaltung in Sachsen.

Hervorzuheben ist natürlich vor allem die Stärkung des Fürsorgegedankens und des kommunalen Ehrenamts. Anders, als ich hier teilweise den Eindruck habe, sollte man sich auch nicht dafür aussprechen, jetzt alle Bürger

meister hauptamtlich tätig werden zu lassen. Ich denke schon, dass das Ehrenamt und die ehrenamtliche Wahrnehmung des Bürgermeisteramts allen Respekt verdient hat, auch in diesem Bereich. Mit der Stärkung der Bezahlung haben wir die Wertschätzung der ehrenamtlichen Bürgermeister überzeugend zum Ausdruck gebracht.

Mit den Reglungen zur Erfüllungsübernahme von Schadenersatzansprüchen stärken wir unseren Beamten den Rücken. Es wird abgesichert, dass Beeinträchtigungen, die sie durch ihre Dienstausübung erleiden – sei es durch Beleidigungen oder gar durch körperliche Übergriffe oder Beschädigungen an Privateigentum –, weitestgehend vom Dienstherrn ausgeglichen werden. Das heißt ganz klar: Niemand soll Nachteile dadurch haben, dass er seinen Job macht.

Für Polizisten und Justizvollzugsbeamte, die bereit sind, über ihre Altersgrenze hinaus Dienst zu leisten, haben wir eine zehnprozentige Zulage eingeführt. Ich will ganz klar sagen: Neben dieser Alterszulage steht auch die Stärkung der Versorgungsleistung durch die Versorgungspunkte, die man als Beamter zusätzlich erwerben kann. Mit jedem Dienstjahr bekommt man Versorgungspunkte hinzu. Das heißt, wir schaffen hier im Grunde einen doppelten Anreiz, und den sollte man nicht kleinreden.

Natürlich kann man immer mehr verlangen. Höher, schneller, weiter – das wurde hier schon von Herrn Michel zitiert. In diesen sportlichen Wettbewerb muss man nicht eintreten. Ich glaube auch, dass wir ganz klar sagen können: Man kann natürlich immer weiter an der Geldschraube drehen, aber das klappt nicht unendlich, denn wir haben nur begrenzte Mittel.

Durch die Erhöhung der Aufwandsentschädigung für die ehrenamtlichen Bürgermeister und Ortsvorsteher haben wir den gestiegenen Anforderungen an diese Ämter Rechnung getragen und zugleich unsere Wertschätzung im Gesetz zum Ausdruck gebracht. Die ehrenamtlichen Bürgermeister sind gerade in kleineren Gemeinden für viele Bürger die ersten Ansprechpartner in zahlreichen Belangen und Lebenslagen. Sie sind es, die vor Ort Politik erklären und damit auch gelebte Demokratie vermitteln. Das herausragende Engagement der Bürgermeister wird hier klar honoriert.

Ein weiterer Aspekt ist angesprochen worden: die Umsetzung des letzten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zur sächsischen Besoldung. Hier muss ich ganz klar sagen: Das ganze Gerede vom „Sparen“ und „Kaputtsparen“ ist Humbug. Es muss einfach einmal festgestellt werden – das werden wir auch in den Haushaltsberatungen ab August sehen –, dass der Stellenplan stark angewachsen ist. Wir haben bei der Stellenzahl inzwischen ein Niveau erreicht, das weit höher ist als im Jahr 2009. Das sind Tatsachen, die hier ein wenig verrutscht sind, aber wir werden das im Rahmen der Haushaltsaufstellung alles transparent machen.

Dann wurde hier der Eindruck erweckt, das Bundesverfassungsgericht habe eine spezifisch sächsische Politik in bestimmter Weise „verrissen“. Auch das ist nicht richtig.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung in den letzten Jahren schon eine gewisse Veränderung vorgenommen, gerade was das Gebot zum Verhältnis zur Angestelltenbezahlung angeht. Das alles sind Aspekte, von denen viele Länder in Deutschland – meines Wissens sogar fast alle – betroffen sind und die von den Ländern nachzuzeichnen sind.

Sachsen liegt diesbezüglich aus meiner Sicht sogar sehr weit vorn. Einem Artikel im Behördenspiegel konnte man vor einigen Wochen entnehmen, dass Sachsen in der Bezahlung der Beamten hinter Baden-Württemberg und Bayern sogar an dritter Stelle liegt. Das alles muss man einmal sehen. Insofern ist dieses ganze Gerede von der Sparerei an dieser Stelle fachlich einfach nicht richtig.

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf wird der mit der Föderalismusreform geschaffene Gestaltungsspielraum genutzt, um den öffentlichen Dienst in Sachsen ein Stück weit attraktiver und zukunftssicherer zu gestalten. Deswegen empfehle ich Ihnen ganz klar, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Weiterentwicklung des Sächsischen Dienstrechts. Wir stimmen ab auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses, Drucksache 6/13759.