Protocol of the Session on May 31, 2018

Wir haben erst vor wenigen Wochen den Zwischenbericht des Felsenweg-Institutes erhalten. Nun wird es an uns sein, diesen zu bewerten. An dieser Stelle werden wir auch ehrlich über die personellen Ressourcen für diesen Bereich sprechen müssen. Unterstützung muss allen Familien in Sachsen zuteilwerden, egal ob kommunal organisiert, ehrenamtlich initiiert, ob in Bildungsstätten, Familienverbänden, in Beratungsstellen, in Elterninitiativen, an Schulen oder in der Kita. Es gilt, das Netz auszubauen und die Bedarfe in diesem Bereich abzudecken. Es gilt, einen immer sensibleren Blick auf die besonderen Bedarfe der Alleinerziehenden zu richten. Dafür haben wir bereits erste Schritte gemacht. Dass da noch weitere folgen müssen, besonders konzeptionell, aber auch in der Umsetzung des Koalitionsvertrages, ist uns klar. Die Aufträge wurden vergeben, zum Teil die Mittel bereitgestellt. Wir werden das SMS sehr gern bei der Umsetzung weiterhin unterstützen.

Liebe LINKE, auch wir werden den Antrag ablehnen. Aber wir nehmen Ihre Mahnung und Erinnerung sehr ernst.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Jan Hippold, CDU, und Antje Feiks, DIE LINKE)

Als Nächste spricht zu uns Frau Kollegin Wilke für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ermahnt die Koalition, ihr selbst gesetzes Vorhaben der Verbesserung der Angebote im Bereich Familienbildung und Familienberatung umzusetzen. Dabei handelt es sich um Angebote der Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Schwangerenberatung, Erziehungsberatung und die

Angebote im Rahmen der frühen Hilfen, aber auch um Familienangebote der Kindertageseinrichtungen. Eine Evaluationsstudie, die vom Sozialministerium in Auftrag gegeben wurde, kommt zu der Einschätzung, dass eine Sicherung und der Ausbau dieser Angebote notwendig sind. Hier stellt sich mir die Frage: Warum brauchen wir überhaupt diese Familienbildungs- und Beratungsangebote?

Das hat wohl mehrere Gründe. Ein Grund sind die zunehmend komplexeren Problemlagen der Familien. Wenn Erkrankungen, finanzielle Sorgen und vielleicht noch die Trennung vom Partner zusammentreffen, wird es mit der Erziehung der Kinder schwierig. Der Beratungs- und Hilfebedarf ist dann enorm.

Ein anderer entscheidender Grund ist aber auch in der gesellschaftlichen Entwicklung und den damit einhergehenden Wandlungstendenzen der Familien zu sehen. Die bürgerliche Kleinfamilie ist doch heute schon fast eine Ausnahme.

(André Barth, AfD: Das stimmt!)

In Sachsen ist nur die Hälfte der Eltern in Familien mit Kindern verheiratet. Ein Viertel der Familien sind Lebensgemeinschaften und ein Viertel ist alleinerziehend.

Der Wandel bezieht sich auf die Organisation des Familienalltags und das familiäre Unterstützungsnetzwerk. Das, was wir heute beobachten können, sind die Auswirkungen der Verfehlungen vergangener Jahrzehnte. Hohe Arbeitslosigkeit und ausbleibende Investitionen in die ländlichen Räume Sachsens führten zu hoher beruflicher Mobilität sowie Abwanderung und große räumliche Distanzen zum Rest der Familie. Damit entfielen auch die Unterstützungsmöglichkeiten der Großeltern, die früher beratend und entlastend zur Seite standen. Statt sich unkompliziert Hilfe und Rat bei der eigenen Familie einzuholen, werden jetzt alle möglichen familiären Probleme mit fremden Personen in der staatlich geförderten und gelenkten Familienbildung und -beratung erörtert.

Mit diesen Angeboten wird versucht, das zu kompensieren, was in den letzten Jahrzehnten schiefgelaufen ist. Eigentlich brauchen wir hauptsächlich eine Förderung des ländlichen Raumes, werte Koalition. Investieren Sie in die ländliche Infrastruktur. Schaffen Sie hier Arbeitsmöglichkeiten. Kurzum, machen Sie den ländlichen Raum lebenswert und erhalten Sie dadurch auch die familiären Strukturen. Damit wäre uns in vielen Bereichen geholfen, nicht zuletzt auch in der Pflege von Angehörigen.

Wir werden die bestehenden gewachsenen gesellschaftlichen Entwicklungen nicht von heute auf morgen umkehren können. Daher sind die Familienberatungsangebote leider noch nötig. Die gibt es bereits, wie uns auch Frau Kuge versichert hat, breit gefächert für die speziellen Zielgruppen im Freistaat Sachsen auf kommunaler, regionaler und überregionaler Ebene auch vonseiten der Familienverbände und der Kirchen. Einen weiteren Ausbau brauchen wir hoffentlich nicht.

Die AfD-Fraktion lehnt den Antrag daher ab.

(Beifall bei der AfD)

Als Nächster spricht Kollege Zschocke für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Familie ist im Wandel wie vieles in unserer Gesellschaft. Familienformen werden immer vielfältiger. Es gibt mehr Alleinerziehende, Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien, aber auch die Anforderungen an Familien verändern sich. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist immer noch sehr schwierig. Armut trifft zunehmend die Familien. Familie bedeutet nicht nur, den Nachwuchs aufzuziehen. Sind die eigenen Kinder aus dem Haus, werden mitunter dann auch schon die eigenen Eltern pflegebedürftig. Ja, Familien sollten die richtige Unterstützung finden, wenn es einmal nicht rundläuft oder die Aufgaben über den Kopf wachsen.

Die Familienbildung ist in solchen Situationen ein ganz, ganz wichtiges Angebot. Da sind wir uns alle einig,

ebenso bei dem Ziel, Familien zu stärken. So steht es im Koalitionsvertrag von CDU und SPD, und so lautet auch die fortwährende Botschaft aus dem Sozialministerium.

Doch was ist bis jetzt konkret passiert?

Die Koalition fördert seit 2015 Eltern-Kind-Zentren. Das ist gut. 2015 haben Sie hier mit einem Antrag beschlossen, die Familienbildung zu stärken. Die Bilanz drei Jahre danach ist eher ernüchternd. Eine Datenbank, die bestehende Angebote aufführt und im besten Fall leichter zugänglich macht, gibt es bis heute nicht, obwohl das hier beschlossen wurde. Eine Machbarkeitsstudie wurde in Auftrag gegeben – die Ergebnisse stehen bis heute aus. Die Angebote der Familienbildung sollten laut Koalitionsvertrag ausgebaut werden. Stattdessen erinnere ich mich, dass das Ministerium im Haushalt 2017/18 massive Kürzungen vorgesehen hatte. Nur die Beratungen im Parlament und die Änderungsanträge von Koalition und Opposition haben dies am Ende verhindert.

Die Stellungnahme zum heute vorliegenden Antrag legt meiner Ansicht nach ein noch größeres dahinter liegendes Problem frei. Der gesellschaftliche Zusammenhalt und die große Bedeutung von Familien werden vom Ministerpräsidenten in allen Reden immer hochgehalten. Aber in Wahrheit weiß diese Staatsregierung noch nicht so konkret, was sie mit Familienpolitik meint und wohin sie damit will. Seit mehr als zwei Jahren wird vom Ministerium ein Gesamtkonzept der sächsischen Familienpolitik angekündigt. In den Haushaltsberatungen 2016 fiel dieser Begriff erstmals. Doch bis heute gibt es da nichts Konkretes. Im zweiten Quartal 2018 soll dazu eine Ausschreibung stattfinden. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir wurde das berichtet. Bis zur Landtagswahl wird da wohl nichts Richtungsweisendes mehr zu erwarten sein. Frau Ministerin, Sie können sich dazu ja noch einmal äußern.

Stattdessen werden allzu oft Allgemeinplätze gepflegt, neuerdings garniert mit einer kräftigen Portion sächsischer Heimattümelei. Ich erinnere an die Pressemitteilung aus dem Ministerium zum Internationalen Tag der Familie am 12. Mai unter dem Titel „Freistaat – Heimat für Familien“. Auch der alljährliche sächsische Familientag im Juni, zu dem das Ministerium einlädt, steht dieses Jahr unter dem sprachlich interessanten Motto „Familien GLÜCK AUF sächsisch“. Es soll der Frage nachgegangen werden, was Familienglück auf sächsisch bedeutet. Dieses sicher gut gemeinte Sachsenmarketing der Staatsregierung kann nicht über die mageren Inhalte im Bereich der Familienbildung hinwegtäuschen.

Die Gründung eines Landesbeirates für Familien, der das Ministerium fachlich beraten soll, hat vier Jahre gedauert. Im Mai war es dann endlich so weit. Es ist positiv anzumerken, Frau Ministerin, dass nun doch vier Familienverbände einen Sitz im Beirat haben und nicht nur wie ursprünglich geplant die Landesarbeitsgemeinschaft. Danke, dass Sie die Anregung aufgenommen haben.

Im Großen und Ganzen greift der Antrag der Linken die wesentlichen Forderungen aus dem Koalitionsvertrag auf.

Er erinnert die Staatsregierung an Beschlüsse, die bereits durch die Koalition gefasst wurden. Die Angebote sollen weiter ausgebaut werden. Die Datenbank soll endlich ans Netz gehen. Außerdem sollen die Familienverbände in ihrer Arbeit durch institutionelle Förderung verlässlich finanziell unterstützt werden. Das wird im Rahmen der Haushaltsberatungen zu klären sein.

Für heute gibt es von uns ganz klar Unterstützung zum Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Als Nächste spricht zu uns Frau Kollegin Kersten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Unterstützung von Familien ist auf allen Ebenen als gesellschaftspolitischer Schwerpunkt zu betrachten; dies nicht nur deshalb, weil Familien die Keimzellen unserer Gesellschaft darstellen und damit für die Generationenfolge, also den Fortbestand unserer Gesellschaft sorgen. Familien sind nämlich noch viel mehr. Und das macht sie so wertvoll. Familien bilden den häuslichen und kleinsten sozialen Rahmen, in dem unsere Kinder aufwachsen und der sie für ihr weiteres Leben maßgeblich prägt. Hier werden Geborgenheit und Sicherheit gelebt, Vertrauen und Bindungsfähigkeit angelegt.

Dass offensichtlich viele Familien Probleme bei der Bewältigung ihres Alltags haben, ist deshalb besonders bedauerlich. Trotz umfangreicher Angebote sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene zur Familienunterstützung scheinen zunehmend mehr Familien nicht in der Lage zu sein, ein harmonisches und stressfreies Klima mit klaren Regeln und Abläufen innerhalb ihrer kleinen Gemeinschaft zu festigen.

Bereits heute Morgen hatte ich erwähnt, dass an deutschen Schulen 87 000 Mädchen und Jungen offiziell Verhaltensauffälligkeiten attestiert sind. Die Dunkelziffer dürfte deutlich darüber liegen. Ursächlich dafür sind natürlich nicht fehlende oder nicht transparent genug aufbereitete Familienangebote. Dass solche Angebote für Familien unterstützend und helfend sein können, dürfte unstrittig sein, wenn sie denn bekannt, zugänglich sowie verständlich aufbereitet sind.

Genau diesen Sachverhalt greift Punkt II des Antrages der LINKEN auf. Das wird von den fraktionslosen Abgeordneten der blauen Partei begrüßt. Dies auch deshalb, weil wir es drei Jahre nach einem von CDU- und SPDFraktionen eingebrachten und hier in diesem Hohen Haus beschlossenen Antrag, nach dem in einer Datenbank alle überregionalen Familienbildungsangebote transparent

zugänglich gemacht werden sollten, mehr als legitim betrachten, die Umsetzung des Antrages anzumahnen.

Der Antrag umfasst allerdings noch zwei weitere Punkte. In diesen geht es um den Ausbau von Angeboten der

Familienbildung und -beratung sowie um eine verlässliche Finanzierung von Interessenverbänden. Ich möchte diese beiden Punkte weder schlechtreden noch an dieser Stelle darüber urteilen, ob diese Forderungen sinnvoll sind. Möglicherweise sind sie es. Meine Befürchtung ist allerdings, dass mit der Umsetzung der aufgemachten Forderungen ein ähnlicher unübersichtlicher Flickenteppich in Sachsen entsteht, wie das auf Bundesebene der Fall ist. Der eine oder andere wird es wissen: Auf Bundesebene gibt es rund 150 familienpolitische Angebote. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht einmal die Bundesfamilienministerin alle kennt. Niemand sieht bei diesen Angeboten mehr durch. Jene, die familiäre Unterstützung benötigen, werden erst recht nicht dazu in der Lage sein.

Wichtiger ist es daher, die in einer Datenbank erfassten Angebote detaillierter auf den Prüfstand zu stellen. Welche Angebote sind sinnvoll? Welche kommen bei der Zielgruppe an und werden genutzt? Wie effizient sind die Angebote? An welchen Stellen ist es sinnvoll, das Angebot einzustellen, zu kürzen oder anders zu definieren? Wie viele Gelder fließen in diese Maßnahmen? Im Prinzip sollten diese Fragestellungen ebenfalls in dem eingangs genannten Eintrag der Regierungskoalition beantwortet werden.

Vielleicht hat das Hohe Haus in dieser Legislaturperiode noch das Glück, dass die Staatsregierung den an sie gestellten Auftrag vollständig umsetzt. Jedenfalls scheint sich etwas in der Sache zu tun. Der Internetseite des Freistaates zum Thema Familienbildung konnte ich entnehmen, dass am 19. Januar in Dresden ein Workshop zu einer sachsenweiten Online-Datenbank für Familien stattgefunden hat. Ziel war es, gemeinsam mit den Zielgruppen der Datenbank zu diskutieren, welche Informationen diese bereithalten und wie die Gestaltung sein sollte.

Bei dieser Formulierung stört mich allerdings, dass mit der Diskussion darüber, welche Informationen in der Datenbank dargestellt werden sollen, gleichzeitig eine Einschränkung der Inhalte erfolgt. Meine Damen und Herren, die Datenbank muss alle Angebote der Familienberatung und -bildung erfassen. Solange dies aber nicht geschehen ist, ist es aus unserer Sicht nicht zielführend, neue Familienangebote zu initiieren oder bestehende auszubauen.

Die Abgeordneten der blauen Partei werden sich daher bei den Punkten I und III enthalten, und ich beantrage eine punktweise Abstimmung.

Vielen Dank.

(Beifall des Abg. Gunter Wild, fraktionslos)

Das war Frau Kersten, die letzte Rednerin in dieser Rednerreihung. Gibt es aus den Fraktionen heraus weiteren Redebedarf – noch nicht zum Schlusswort? – Bitte, Frau Kollegin Lauterbach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Ich hatte eine zweite

Runde angekündigt. Ja, Frau Kuge, was nützt uns der Antrag von 2015 von Herrn Krauß?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Was nützt uns überhaupt Herr Krauß? Den haben wir ja schon weggeschickt!)

Na ja, den haben wir ja nicht mehr.

Frau Pfeil-Zabel hat es gesagt: Es ist nach dem Antrag nicht viel passiert, und wir haben alle Ihrem Antrag zugestimmt – was Sie

(Heiterkeit des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)