Protocol of the Session on May 30, 2018

Hier gibt es keine Schwachwinde. Es lohnt sich also, hier zu investieren und diese Form der erneuerbaren Energien auszubauen. Und dass auch wir da dringend etwas tun müssen, ist nicht nur Verpflichtung, um die von der Bundesregierung geforderten Ausbauquoten für erneuerbare Energien zu erfüllen, sondern auch notwendig, um die Auswirkungen des Klimawandels durch entsprechende CO2-Einsparung zu begrenzen. Wir stecken nämlich mittendrin und spüren schon heute, dass es zu immer mehr Wetterextremereignissen kommt und es längere Kälte- und Wärmeperioden gibt, die unserer Vegetation

und letztendlich uns Menschen das Leben schwer machen. Und das ist erst der Anfang.

Wir waren schon auf dem richtigen Weg. Viele Tausend Windenergieanlagen sind in den letzten Jahren in Deutschland entstanden, doch der Ausbau in Sachsen stockt bzw. ist völlig zum Stillstand gekommen. Dagegen wollen wir etwas tun, und das ist auch dringend nötig.

(Beifall bei den LINKEN)

Dazu kommt ein enormer Frust der Bevölkerung, die in der Vergangenheit nicht ordentlich am Anlagenbau beteiligt wurde und vor allem nichts davon hatte oder hat, wenn ein Windrad in der Nähe gebaut wurde. Um diese beiden Probleme zu lösen, haben wir Ihnen das Gesetz zur Stärkung der Windenergienutzung im Freistaat Sachsen heute zur Abstimmung vorgelegt. Es enthält zwei Artikel, welche jeweils die beiden beschriebenen Probleme, also zu wenig Beteiligung und zu geringer Ausbau der Anlagen, zu lösen versucht.

Zu diesem Gesetz gab es am 6. Dezember 2017 im Wirtschaftsausschuss eine öffentliche Anhörung, die eine sehr intensive Debatte hervorgebracht hat. Wir haben im Anschluss einen Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf vorgelegt, der auch in den Ausschüssen behandelt wurde und heute vorliegt.

Zum Inhalt des Gesetzes an sich: Artikel 1 sieht zusammengefasst vor, dass die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei der Planung von Windenergieanlagen zu verbessern ist und dabei ein neues Instrument zur finanziellen Teilhabe an diesen Anlagen zu schaffen ist, die es erlaubt, dass Kommunen und Bürger Miteigentümer von Windenergieanlagen werden können. Der Wind gehört

schließlich allen und die Energiewende auch in Bürgerhand.

(Beifall bei den LINKEN)

In Artikel 2 geht es um die Bürgerbeteiligung, die wir verbessern wollen. Dazu wollen wir das Landesplanungsgesetz ändern. Es soll eine Ombudsperson Ansprechpartner für die Bürger sein, und zwar bevor ein Planungsentwurf in der jeweiligen Region erstellt wird. Bürgerinnen und Bürger können im Laufe des Verfahrensfortschritts zunehmend nicht mehr über das Ob entscheiden, sondern in der Regel nur noch über das Wie des Vorhabens. Mit zunehmender Konkretisierung der Planung nimmt das Ausmaß der individuellen Einflussmöglichkeiten immer weiter ab, die Betroffenheit steigt aber. Allein das zu ändern, halten wir für elementar. Hinzu kommt, dass die Wissensdichte zwischen planaufstellenden Behörden und den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern sehr unterschiedlich ist, was wir mit einem Bürgerbeauftragten, der Dinge erklären kann, ändern wollen.

Das Ganze soll in drei Schritten geschehen:

Als Erstes soll es eine umfassende Information über ein Vorhaben an die Bevölkerung geben, ähnlich wie es heute schon bei Lärmaktionsplänen der Fall ist. Es soll nicht nur eine Auslegung der Planung geben, sondern einen öffentlichen Termin mit Planungsträgern und auch den Investoren.

Im zweiten Schritt soll es eine Planungszelle, oder nennen Sie es meinetwegen auch Bürgerworkshop, geben. Dabei soll es eine Zufallsstichprobe einer repräsentativen Gruppe der Bevölkerung geben, die zusammen mit dem Bürgerbeauftragten ein Bürgergutachten zur Frage der Eignung der jeweiligen Windenergieanlagen erstellt. Das können Fragen zum Standort sein, damit dort Mindestanforderungen gegeben sind.

Im dritten Schritt soll dieses Bürgergutachten den politischen und demokratisch legitimierten Entscheidungsträgern vorgelegt werden, die dann über das Vorhaben abstimmen. Damit der Bau von Windenergieanlagen endlich für die Bürgerinnen und Bürger transparent wird, können diese Kriterien einfordern, etwa im Vergleich zur Lage zu anderen Standorten oder zu der Frage von Abschaltzeiten, wenn sogenannte Schattenwürfe kommen und das die Bürger stört, oder auch, wenn Tiere zu bestimmten Jahreszeiten gefährdet werden.

All das ist ein Paradigmenwechsel, den wir bei der Planung von Windenergieanlagen dringend brauchen.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir wollen außerdem, dass der Landesentwicklungsplan durch den Landtag beschlossen wird, also mit Zustimmung des Landtages. Wir fordern, dass dieser aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Umsetzung und zur Sicherung der räumlichen Erfordernisse des Klimaschutzes und zur Anpassung an den Klimawandel mit entsprechenden Gesetzen geändert werden kann. Da es die Erfordernisse des Klimaschutzes verlangen, fossile

Energieträger zu reduzieren und erneuerbare Energien auszubauen, wollen wir dafür entsprechende Flächen bereitstellen. Wir fordern daher mindestens 2 % der Landesfläche als Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie, um überhaupt wieder von einem Aufbau von Windenergieanlagen in Sachsen reden zu können. Weiterhin wollen wir die Windenergie als raumbedeutsame Planung in das Landesplanungsgesetz aufnehmen und einen eigenen Absatz einfügen, in dem auf die wirtschaftliche Beteiligung laut dem Sächsischen Windenergiebeteiligungsgesetz eingegangen wird. Auch darauf möchte ich jetzt zu sprechen kommen.

Wir fordern nämlich nicht nur eine bessere Beteiligung bei der Planung und dem Bau von Windenergieanlagen, wir wollen auch, dass die Menschen und die Kommunen vor Ort etwas von diesen Anlagen haben. Kaum ein Anwohner begrüßt es, wenn an den Ortsrand ein Windrad gebaut wird, weil er nichts davon hat. Im Zweifel hat er eher Nachteile davon. Selbst wenn er die Energiewende richtig findet und unterstützt, will er das Windrad nicht vor seiner Haustür haben. Wir alle kennen diese Diskussion. Deswegen wollen wir den Menschen neben der planerischen Beteiligung auch eine finanzielle Beteiligung mitgeben. Allen Menschen in Gemeinden, in denen im Umkreis von zwei Kilometern ein Windrad gebaut wird, soll die Option gewährt werden, sich mit bis zu 10 % am Investitionsvolumen des Windprojektes einzukaufen. Dasselbe soll auch für die Gemeinden gelten.

Herr Präsident, damit bringe ich auch gleich den Änderungsantrag ein, der allen vorliegt. Wir hatten ursprünglich vorgesehen, dass wir einen Fünf-Kilometer-Radius zum Windrad haben. Wir schlagen aber nun nach der Anhörung eine Änderung auf zwei Kilometer vor, weil wir der Meinung sind, nur den wirklich Betroffenen zu helfen; denn am Ende haben die mehr vom Kuchen und ein Mehr vom Gewinn, und das finden wir besser.

Wir wollen auch allen beteiligten Gemeinden die Option auf eine zehnprozentige Beteiligung geben. Sollten sie es nicht können oder sollten sie es nicht wollen, dann können sie immer noch fordern, dass sie einen finanziellen Ausgleich bekommen, in diesem Fall 1 % der jeweils erzielten Erlöse der Windenergieanlage.

Ursprünglich wollten wir 2 %, also mehr Gewinnbeteiligung für die Kommunen zur Verfügung stellen, doch die Anhörung und vor allem die zeitliche Entwicklung seit der Gesetzeserstellung haben gezeigt, dass die Windbauern mittlerweile unter enormem finanziellem Druck stehen.

Das hat nichts mit der Senkung der ErneuerbareEnergien-Umlage zu tun; denn die Anlagen werden ja immer wirtschaftlicher. Nein, die Ausschreibungen sind das Problem, an die sich alle Windenergieanlagenbetreiber heute in Deutschland halten müssen. Diese zwingen die Betreiber, so günstige Angebote wie möglich abzugeben und dabei teilweise nicht wirtschaftliche Preise anzugeben, um überhaupt Anlagen in Deutschland bauen zu können.

Natürlich schaffen wir mit diesem Gesetz einen Wettbewerbsnachteil für Sachsen. Das ist mir völlig klar. Ich gebe Ihnen recht mit Ihrer Kritik. Sachsen wäre das einzige Land neben Mecklenburg-Vorpommern, das solche Gesetze hat. Deswegen wäre es trotzdem das Beste, wenn ein solches Gesetz in ganz Deutschland gelten würde. Wir sind hier aber nun einmal nicht im Bundestag.

Ja, unser Gesetz ist auch nicht unbedingt das freundlichste für die Investoren. Das stimmt. Das ist aber auch nicht das Ziel. Das Ziel dieses Gesetzes ist es, dass die Bürgerinnen und Bürger und die Kommunen in Sachsen das Recht bekommen, aktiv mitreden zu können, wenn Windenergieanlagen gebaut werden.

(Staatsminister Martin Dulig: Ich denke, wir wollen Bürgerwindenergie!)

Aufgrund des Marktdrucks wollen wir den Gemeinden nur noch 1 % Ausgleichsabgabe geben und nicht mehr 2 %.

Unser Gesetz soll natürlich auch für alle neuen Windenergieanlagen gelten. Wir wollen also nicht mehr die sogenannten Bürgerenergieanlagen von der Beteiligungspflicht verschonen, wie es im ursprünglichen Gesetzentwurf stand, sondern diese durch den Änderungsantrag, der Ihnen vorliegt, wieder einbeziehen.

Wir hatten, wie gesagt, ursprünglich vor, diese auszunehmen, aber es ist leider so, dass die Mehrheit der Bürgerenergieanlagen keine richtigen Bürgerenergieanlagen sind. Es hat sich schon seit ein paar Jahren gezeigt, dass oft Konzerne dahinter stehen, die einen gesetzlich nötigen Bruchteil an Bürgerinnen und Bürgern beteiligt haben und sich dann „Bürgerenergieanlage“ nennen dürfen. Daher wollen wir diese wieder in unseren Beteiligungsprozess vor Ort mit einbeziehen und damit allen die gleichen Rechte und Pflichten geben.

Zusammengefasst: Wir sind davon überzeugt, dass trotz der nötigen Aufwendungen, die Investoren durch unser Gesetz leisten müssen – auch ohne unser Gesetz werden auch derzeit schon keine neuen Anlagen gebaut –, in Zukunft wieder Anlagen gebaut werden können, aber eben dann mit den Bürgerinnen gemeinsam und auch so, dass sie finanziell etwas davon haben.

(Staatsminister Martin Dulig: Sie wissen schon, dass es ein Ausschreibungsmodell ist!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Rohwer. Bitte sehr, Herr Rohwer, Sie haben das Wort.

(Staatsminister Martin Dulig: Sie wollen zum dritten Mal die Klatsche!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen der Linksfraktion!

Ihr Gesetzentwurf ist nur ein laues Lüftchen. Ein Windrad dreht sich dadurch nicht, ist meine erste These in dieser Debatte.

Ihr Versuch, liebe Kollegen der Linksfraktion, geht eben wieder einmal voll am Ziel vorbei.

Ich verstehe Ihren Gesetzentwurf so, dass Sie die Akzeptanzprobleme für Windenergie verhindern wollen. Ihr Mittel dafür ist, die Menschen am Ausbau von Windenergie in Sachsen durch wirtschaftliche Beteiligung der Bürger und Gemeinden an Windenergieprojekten vor Ihrer Haustür zu beteiligen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das haben Sie mal richtig verstanden!)

Aber das ist schon der erste Fehler,

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wieso?)

Herr Kollege Gebhardt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach!)

Sie wollen nur Akzeptanzprobleme beheben, aber wirtschaftlich haben Sie nicht gedacht. Das ist eben so bei den LINKEN, Das funktioniert nicht mehr. Das werde ich Ihnen gleich erklären.

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Nicht mehr! – Heiterkeit bei den LINKEN)

Kommen wir noch einmal auf das zurück, was Sie eigentlich vorhaben. Ihr Plan für die Bürgerinnen und Bürger ist ein Ankaufsrecht von 10 % an Windenergieprojekten in ihrer Nähe. Die Kommunen werden ferner mit 2 % am Gewinn aus der Stromerzeugung der Anlage beteiligt. Im gleichen Atemzug wollen Sie 2 % der Landesfläche als Vorranggebiet zur Nutzung der Windenergie festsetzen.

Ich lehne sowohl die wirtschaftliche Beteiligung als auch das 2-%-Ziel ab.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ich sage Ihnen auch, warum diese Punkte nicht zielführend sind bei der Bewältigung der Energietransformation in Deutschland.