Protocol of the Session on April 26, 2018

Schaut man sich einmal das Organigramm des Innenministeriums an, so findet sich die Zentrale Beschwerdestelle der Polizei – so der offizielle Name – als Stabsstelle der Abteilung 3 Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landespolizeipräsidium wieder. Damit ist sie gleichrangig neben der Innenrevision der Polizei und dem SocialMedia-Team der sächsischen Polizei angesiedelt. Niemand würde aber auf die Idee kommen, die Stabstelle Innenrevision Polizei oder das Social-Media-Team als unabhängige Stellen zu betrachten. Selbstverständlich sind sie in die Hierarchie des Innenministeriums eingebunden. Sie unterstehen dem Landespolizeipräsidenten. Es ist auch das Innenministerium, welches über Beförderungen und Versetzungen entscheidet. Während man bei einem falschen Hinweis als Polizist vielleicht auf eine Beförderung länger warten muss, so kann der gleiche Hinweis aber auch dafür sorgen, dass eine Versetzung schneller kommt, als man sie sich vielleicht selbst gewünscht hätte.

Wenn Sie diesen einfachen Zusammenhang verstehen, dann verstehen Sie auch, warum die Beschwerdestelle für berechtigte Anliegen vom Polizisten faktisch nicht genutzt wird. Die bestehende Lösung ist nur eine Scheinlösung nach dem Prinzip „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“

Die Beschwerdestelle soll das Vertrauensverhältnis zwischen Polizei und Bürger stärken. Es soll eine größere Bürgernähe erreicht werden. Hier gilt der alte Grundsatz: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Beides, die Stärkung des Vertrauensverhältnisses zwischen Polizei und Bürgern sowie ein Mehr an Bürgernähe, findet in Zeiten tieferer Eingriffsbefugnisse auch unsere Zustimmung. Indes sollte man nur taugliche Instrumente dafür nutzen. Mit der Einrichtung der Zentralen Beschwerdestelle im Innenministerium hat die Koalition sich leider für ein untaugliches Mittel entschieden.

Unser Polizeibeauftragter steht im völligen Gegensatz zur jetzigen Beschwerdestelle, der das Adjektiv „zentral“ vorangestellt ist. Offenbar war man sich bewusst, dass von Unabhängigkeit keine Rede sein kann. Zentral ist die Stelle in der Tat, und das kann man nicht wirklich bestreiten.

Liebe Kollegen Abgeordnete! Eine wirklich unabhängige Beschwerdestelle, an die sich Bürger und Polizisten vertrauensvoll und unter Wahrung der gebotenen Diskretion wenden können, muss natürlich außerhalb des Staatsministeriums des Innern und seines gesamten Geschäftsbereiches angesiedelt sein. Sie benötigt eine klare gesetzliche Grundlage und an ihrer Spitze eine durch den Sächsischen Landtag demokratisch legitimierte Persönlichkeit, die mit dem Staatsministerium des Innern und allen Stellen des Polizeivollzugsdienstes auf Augenhöhe kommunizieren kann. Nur so wird die Erhöhung des Vertrauens bei Bürgern und Beschäftigten des Polizeivollzugsdienstes gleichermaßen gelingen. Unser Gesetzentwurf zielt deshalb auf die Schaffung der Stelle eines Beauftragten für den Polizeivollzugsdienst, kurz: eines Polizeibeauftragten, ab. Wie das Amt ausgestaltet werden soll, erfahren Sie jetzt.

Der Polizeibeauftragte wird vom Sächsischen Landtag in geheimer Wahl mit der Mehrheit seiner Mitglieder für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Er ist völlig frei und damit auch niemals weisungsgebunden. Seine Abberufung durch den Landtag ist zwar möglich, dafür bedarf es dann aber einer Zweidrittelmehrheit und es müssen Gründe vorliegen, die bei einem Richter auch die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen würden. Der Polizeibeauftragte darf weder der Regierung noch einem Parlament angehören. Er darf neben seinem Amt kein besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben. Er darf selbstredend auch nicht in Aufsichtsräten oder Ähnlichem sitzen. Der Polizeibeauftragte darf kein aktiver Polizist sein. Alle diese Voraussetzungen gewährleisten, dass der Polizeibeauftragte als wirklich unabhängige Beschwerdestelle arbeiten kann.

Lassen Sie mich zum Schluss auf einige wesentliche Aspekte unseres Gesetzentwurfes eingehen. Wir unterscheiden bei der Begrifflichkeit bewusst zwischen Eingaben und Beschwerden. Eingaben beim Polizeibeauftragten finden durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes statt. Mit Beschwerden kann sich hingegen jedermann an den Polizeibeauftragten wenden. Beiden gemeinsam ist, dass sie der Schriftform bedürfen sowie den Namen und die Anschrift des Einreichers erkennen lassen müssen.

Des Weiteren müssen sie eine Begründung enthalten. Anonyme Eingaben und Beschwerden werden nicht bearbeitet. Wer den Polizeibeauftragten als Anlaufstelle zum Abladen von Frust und Ärger missbrauchen will, wird nicht weit kommen. Dieses Gesetz will keine zusätzliche Disziplinarinstanz schaffen.

Die Regeln zur disziplinarischen Verfolgung von Dienstvergehen bleiben unberührt bestehen. Der Polizeibeauftragte wird auch keine Hilfe zur besseren disziplinarichen Verfolgung von Dienstvergehen leisten dürfen. Umgekehrt sind aber Staatsregierung und Behörden dem Beauftragten zur Amtshilfe verpflichtet.

Oberstes Ziel ist aus unserer Sicht die Streitbeilegung und nicht die Streitentscheidung. Der Polizeibeauftragte hat deshalb in jeder Phase des Verfahrens auf eine Einigung hinzuwirken. Nicht jeder, der auf einen Missstand hin

weist, möchte auch gleich die Bestrafung eines Schuldigen. Deshalb ist es uns wichtig, dass der Einreicher einer Eingabe oder Beschwerde immer Herr des Verfahrens bleibt. Ohne seine Zustimmung soll nun keine Disziplinarmaßnahme eingeleitet werden.

Dabei möchte ich es hier belassen, und ich freue mich dann auf eine konstruktive Diskussion in den entsprechenden Gremien.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Die Einreicherin, die AfD-Fraktion, hat gesprochen, Herr Kollege Wippel.

Meine Damen und Herren, das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Einführung eines Beauftragten für den Polizeivollzugsdienst im Freistaat Sachsen an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diesen Ausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 6

Erste Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Einführung des Gedenktages „Tag der

Freiheit und Demokratie (17. Juni)“ im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/13080, Gesetzentwurf der Fraktion AfD

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Geschäftsordnung vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Daher spricht nur die Einreicherin, die AfD-Fraktion, maximal 8 Minuten lang. Bitte, Herr Kollege Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Freiheit und Demokratie sind nicht selbstverständlich. Freiheit und Demokratie müssen täglich geschützt und verteidigt werden. Angriffe auf Freiheit und Demokratie erfolgen heute selten mit offenem Visier. Wir beobachten sie in Form einer schleichenden Aushöhlung einst selbstverständlicher Standards.

Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen einige Beispiele nenne. Viele von uns Abgeordneten hatten schon unter Farbanschlägen und gezielten Beschädigungen unserer Wahlkreisbüros zu leiden. Aber auch vor dem Privateigentum von Abgeordneten machen die Feinde der Demokratie nicht halt. Autos werden angezündet, Häuserwände werden beschmiert.

Demonstrationen Andersdenkender werden nicht etwa toleriert und akzeptiert, nein, man versucht sie massiv zu stören oder niederzubrüllen. Respekt vor dem Standpunkt des Anderen ist für viele selbst ernannte Demokraten zum Fremdwort geworden.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Hört, hört!)

Öffentliche Diskussionen, insbesondere im Fernsehen, dienen vielfach nur noch dem Austausch von Standpunkten. Ein Reflektieren über die vom Gesprächspartner geäußerte Ansicht oder gar ein inhaltliches Eingehen darauf wird immer mehr zur Ausnahme.

Eine amtierende Bundeskanzlerin offenbarte in einer Neujahrsansprache ihr mangelhaftes Demokratieverständnis, indem sie die Menschen zur besten Fernsehsendezeit dazu aufforderte, an ihr unliebsamen Demonstrationen nicht teilzunehmen. Sie missbrauchte damit das ihr anvertraute hohe Amt. Soziale Netzwerke werden unter Androhung von Millionenstrafen genötigt, Beiträge von Nutzern zu löschen, die eventuell Rechtsverstöße beinhalten könnten.

Eine neue Partei wird vom politisch-medialen Komplex nicht als Bereicherung des Diskurses verstanden, sondern vor allem als Bedrohung, die es niederzuhalten gilt.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Mit Freiheit und Demokratie hat das alles nichts zu tun – allenfalls mit ihrem Niedergang. Man könnte meinen, die freiheitlichdemokratische Grundordnung solle nach und nach durch eine gelenkte Demokratie ersetzt werden.

(Andreas Nowak, CDU: Mit gelenkter Demokratie kennt ihr euch ja aus!)

Wir als Fraktion der Alternative für Deutschland möchten, dass der Freistaat Sachsen dagegen ein klares Signal setzt. Was bietet sich dafür mehr an als ein Gedenktag zu Ehren der Frauen und Männer, die in der SED-Diktatur am 17. Juni 1953 mutig für Freiheit und Demokratie eingetreten sind und zum Teil mit ihrem Leben dafür bezahlt haben? Und was bietet sich mehr an, als diesem Gedenktag den Namen „Tag der Freiheit und Demokratie (17. Juni) “ zu geben?

Liebe Kollegen Abgeordnete, der 17. Juni 1953 gehört unzweifelhaft zu den Tagen der deutschen Geschichte, auf die wir sowohl mit Trauer als auch mit Stolz zurückblicken können. In der alten Bundesrepublik Deutschland war der 17. Juni bis zum Jahr 1990 aus gutem Grund als Tag der Deutschen Einheit gesetzlicher Feiertag. Erst nach der Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten am 3. Oktober 1990 wurde ebendieses Datum für den alljährlichen Tag der Deutschen Einheit gewählt. Die Erinnerung an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der damaligen DDR droht darüber aber leider in Vergessenheit zu geraten. Sachsen soll mit dem Gedenktag für Freiheit und Demokratie (17. Juni) dabei vorangehen, dass genau dieses Vergessen nicht geschieht.

Liebe Kollegen Abgeordnete, der 17. Juni 1953 nimmt in der deutschen und sächsischen Geschichte einen ganz besonderen Platz ein. Was damals mithilfe von Panzern im Keim erstickt wurde, vollendete sich mit der friedlichen Revolution im Herbst 1989. Den mutigen Männern und Frauen des Volksaufstandes vom 17. Juni gebühren unsere Anerkennung und unser Respekt. Sie haben unerschrocken ihren Willen bekundet, in einer freien und demokratischen Gesellschaft leben zu wollen. Einige von ihnen haben für ihren Heldenmut während des Aufstandes und nach seiner Niederschlagung mit dem Leben bezahlt. Diese Menschen mit einem eigenen gesetzlichen Gedenktag zu ehren halten wir für geboten. Der Volksaufstand vom 17. Juni ereignete sich in der gesamten DDR. Bedeutende Orte in Sachsen waren Leipzig, Dresden und Görlitz.

An einigen Orten ging es mehr um soziale Forderungen, an anderen wollte man konkrete politische Änderungen herbeiführen. Ein Telegramm der Streikleitung Bitterfeld

an die Regierung der DDR forderte unter anderem den Rücktritt dieser Regierung, die Zulassung sämtlicher großer Parteien Westdeutschlands, freie, geheime und direkte Wahlen und die sofortige Abschaffung der Zonengrenze. Der Wunsch nach Freiheit und Demokratie war mithin ein maßgeblicher Triebfaktor des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953.

Lassen Sie uns also bitte ein Zeichen setzen – sowohl zu Ehren der Männer und Frauen des 17. Juni als auch für den Stellenwert von Freiheit und Demokratie in unserer Gesellschaft. Unterstützen Sie unseren Gesetzentwurf!

Wir beantragen die Überweisung an den Innenausschuss sowie den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Das war für die Einreicherin Kollege Urban.

Meine Damen und Herren, das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf des Gesetzes zur Einführung des Gedenktages „Tag der Freiheit und Demokratie (17. Juni)“ im Freistaat Sachsen an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diesen Ausschuss zustimmen möchte, – –

(Kurze Rücksprache des Präsidenten mit dem Präsidium)

Es gibt jetzt die Möglichkeit, dass wir zunächst an den Innenausschuss überweisen – federführend – und danach die Mitberatung beschließen. – Das können wir so machen, gut.

Ich mache also weiter: Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf – federführend – an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diesen Ausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine.

Meine Damen und Herren, es wird weiterhin vorgeschlagen, den Entwurf des Gesetzes zur Einführung des Gedenktages „Tag der Freiheit und Demokratie (17. Juni)“ im Freistaat Sachsen – mitberatend – an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien zu überweisen. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist die Überweisung so beschlossen.

Meine Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Erste Beratung des Entwurfs