Protocol of the Session on April 25, 2018

Dennoch werden wir dem Antrag aus formellen und inhaltlichen Gründen nicht zustimmen. Schon im ersten Absatz der Nummer 1 beginnen die Bedenken. Dort wird angeregt, die im Laufe des Jahres 2018 zur Verfügung stehenden PMO-Mittel zur Verstärkung des Kapitels 12 05 zu nutzen. Dann folgt die Aufzählung von a) bis d) mit der Nennung dreier konkreter Objekte, denen die PMO-Mittel zufließen sollen. Das wären dann das Kaßberg-Gefängnis in Chemnitz, die Zentrale Hinrichtungsstätte Leipzig

(Katja Meier, GRÜNE: „Beispielsweise“ steht dort!)

und die ehemalige Frauenhaftanstalt Hoheneck. – Zu Ihrem „beispielsweise“ komme ich noch. – Unter d) folgt dann der Rest an Erinnerungs- und Gedenkorten. Warum diese Auswahl erfolgt, ist aus der Begründung nicht ersichtlich. Die Aufzählung jedoch wird eine Besserstellung der genannten Objekte implizieren. Ich glaube, parlaments- und beschlusstechnisch ist das zumindest unglücklich zu nennen. Wenn wir der Verwaltung ein so großes Ermessen einräumen, glaube ich, ist das „beispielsweise“ schwierig und das Anliegen Ihres Antrags damit auch etwas schwieriger. Nebenbei gesagt: Mit „beispielsweise“ kommen Sie trotzdem zu einer Bevorzugung der genannten Objekte.

Sind wir aber das Parlament? Wollen wir, dass diese Objekte letztendlich benannt werden? Wollen wir uns für eine Verwendung einsetzen? Sollen wir das klar benennen? Sie haben gesagt, es ist alles intransparent usw. Es ändert nichts. Auch aus Ihrem Antrag ist nicht ersichtlich, wie Sie die Transparenz erhöhen wollen. Das kommt mir vor wie noch einmal nachgeschoben. Ich glaube, Sie haben noch in einem Punkt etwas beigefügt, was aus dem Wortlaut des Antrags überhaupt nicht erkennbar ist. Fakt ist eines: Ihr „beispielsweise“ bleibt trotzdem eher im Vagen.

Der Finanzminister hat in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage von Kollegin Meier erklärt, dass er über die Verwendung der PMO innerhalb des Haushaltsaufstellungsverfahrens entscheiden will. Das ist doch eigentlich toll. Das hatten wir noch nie. Das ist eine prima Sache.

Damit sind wir als Haushaltsgesetzgeber eingebunden wie selten.

Deshalb verstehe ich auch den Antrag an dieser Stelle und in dieser Art und Weise nicht ganz. Außerhalb der beispielsweisen Aufzählung stellt er auch einen Vorgriff auf die Haushaltsberatungen dar. Das wiederum ist zum jetzigen Zeitpunkt, finde ich, abzulehnen.

Widersprüchlich kommt dann Punkt 2 des Antrags daher. Die immerhin 58 Millionen Euro stellen eine nicht geringe Summe dar. Diese 58 Millionen Euro sollen laut Punkt 1 des Antrags nach der bestehenden Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund verteilt werden. Laut Punkt 2 des Antrags soll dann aber eine neue Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund getroffen werden. Wäre es dann nicht klüger, die 58 Millionen Euro aufzusparen und nach der neu zu verhandelnden Verwaltungsvereinbarung zu verteilen, wenn denn die alte Vereinbarung wirklich so schlecht ist? Hier sehe ich persönlich einen Widerspruch zu dem Antrag.

Nach Punkt 1 wird die Menge verteilt und dann nach dem zukünftigen System sollen eventuell zukünftige Summen später verteilt werden. Wir wissen doch gar nicht, wie viel kommt und wann. Zum Punkt 3 des Antrags, meine Damen und Herren, dem Aufbau eines Entschädigungsfonds für Opfer, fehlt mir dann wiederum jede Bestimmtheit: Welche Opfergruppen sind für die Antragsteller als anspruchsberechtigt aus dem neu zu gründenden Fonds einzustufen? Welche Mängel bestehen ganz konkret am bisherigen System?

(Widerspruch des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

All das muss schon dargelegt werden, finde ich, um überhaupt eine gewisse Antragsreife zu erreichen.

(Widerspruch des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

So bleibt letztendlich der fade Beigeschmack des Abschreibens einer Initiative der GRÜNEN aus Thüringen. Dabei gäbe es meines Erachtens genügend Argumente – hören Sie zu, Herr Lippmann, ich versuche Ihnen zu helfen,

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Nee, Ihnen muss man helfen!)

sich die Verwendung der PMO-Mittel einmal näher anzusehen.

Wenn in der besagten Kleinen Anfrage 6/11493 geantwortet wird, dass im Jahr 2015 ein barrierefreier Umbau von Haltestellen erfolgte, dann ist das – von mir aus – zwar der investive Anteil, aber man kann schon etwas zweifeln. Zumindest werden hier einfach Mittel substanziiert, sodass letztendlich für mich der Bezug zum DDRUnrecht etwas unglücklich hergestellt wird. Da bin ich wieder bei den Antragstellern. Es sollte schon ein Bezug zum DDR-Unrecht herstellbar sein, entweder indem man eine besonders schikanierte Gruppe begünstigt, indem

man aufklärt oder indem man zu DDR-Zeiten benachteiligten Einrichtungen, zum Beispiel Kirchenbauten, beim Aufholen eines Sanierungsstaus hilft.

Aber alle Beispiele, die man jetzt anbringen würde, wären aus meiner Sicht wieder ein Vorgriff auf die Haushaltsberatungen. Letztendlich lehnen wir aus den genannten Gründen den Antrag ab und haben uns auch entschieden, auf einen Änderungsantrag zu verzichten. Trotzdem sehe ich eine gewisse Notwendigkeit, dass wir uns zukünftig Gedanken über eine angepasstere, zweckentsprechendere Verwendung von PMO-Mitteln machen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Fraktion DIE LINKE, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Erinnern, auch an in der DDR begangenes Unrecht, bleibt dauernde Aufgabe einer demokratischen Gesellschaft, bleibt selbstredend auch Aufgabe dieses Landtags. Auch meine Partei und meine Fraktion bekennen sich dazu und wissen sich da mit den Vielen der demokratischen Zivilgesellschaft und der parlamentarischen Vertretungen einig.

Der hier vorliegende Antrag und die Frage der Verwendung der sogenannten PMO-Mittel ist da allerdings nur ein kleiner Baustein, der sich offenbar am Antrag der Fraktion von Rot-Rot-Grün in Thüringen orientiert. Dort heißt es nämlich ganz konkret: Aufarbeitung ist fester Bestandteil der demokratischen Kultur von morgen. Die Regierungskoalition in Thüringen unter einem linken Ministerpräsidenten hat uns hier in Sachsen ins Stammbuch geschrieben, wie vielfältig sich ein Landtag mit dem Thema der Aufarbeitung und Versöhnung beschäftigen kann, und hat seine Landesregierung mehrmals zu Bundesratsinitiativen und Initiativen im Rahmen der OstMinisterpräsidenten-Konferenz auf diesem Gebiet aufgefordert, die leider viel zu häufig an unserer Sächsischen Staatsregierung scheiterten. Darauf komme ich später noch einmal beispielhaft zurück.

Ich kann also erst einmal der Fraktion der GRÜNEN eigentlich dankbar sein, für die hier vorgelegte Initiative, die sich allerdings aufgrund ihrer Wichtigkeit für die regierungstragenden Fraktionen gehört hätte. Die bestehende Verwaltungsvereinbarung zur Abrechnung und Verteilung des PMO-Vermögens, also des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, bietet bereits die Möglichkeit, Gelder in die Pflege der Erinnerungskultur zu stecken, etwa wenn es um Maßnahmen für kulturelle Zwecke geht. Allerdings können diese Mittel nur zu investiven und investitionsfördernden Maßnahmen verwendet werden. Damit werden, und das erkennen die GRÜNEN völlig zu Recht an, Entschädigungsleistungen für noch immer vergessene Opfergruppen unmöglich gemacht. Ebenso wird dadurch nur über Umwege eine Nutzbarmachung der Gelder für die politische Bildung

und wirtschaftliche Stärkung der nachfolgenden Generationen und der wichtigen Frage, welche Lehren wir für die heutige Zeit zur Wahrung unserer Demokratie daraus ziehen, möglich.

Eine im Antrag angemahnte Änderung der Vereinbarung ist also sinnvoll. Es sollte aber nicht bedeuten, dass Maßnahmen der öffentlichen Hand zur Förderung der wirtschaftlichen Umstrukturierung und sozialen Zwecken gar nicht mehr aus diesen Geldern finanziert werden. Es spricht allerdings nichts gegen verstärkte Zuwendungen für Aufarbeitung, Aufklärung und Wiedergutmachung.

Apropos verstärkte Zuwendungen: Es war so berechenbar, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, wenn Sie hier den Vorwurf anbringen, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hätte die Haushaltsverhandlungen für das künftige Geldausgeben abwarten sollen, dann sollten Sie sich einmal an die eigene Nase fassen. So wie die Koalition, aber vor allem die CDUFraktion in letzter Zeit mit Ankündigungen und Versprechen um sich werfen, ist das nicht nur ein Vorgriff auf den kommenden, sondern auf mehrere kommende Haushalte.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Vom Geldausgeben komme ich zur Wiedergutmachung. Ich möchte daran erinnern, dass das geltende Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz nach wie vor wichtiger Verbesserungen bedarf. Ich nenne zunächst nur drei Punkte.

Erstens werden bestimmte Opfergruppen wie etwa Verurteilte wegen asozialen Verhaltens nach § 249 StGB der DDR im Zusammenhang mit den Weltfestspielen der Jugend und Studenten 1973 und Betroffene von Zersetzungsmaßnahmen des Ministeriums für Staatssicherheit nicht erfasst.

Zweitens. Anspruchsberechtigte erhalten auf Antrag Zahlungen, wenn sie in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind. Das heißt, sie erhalten die Unterstützung als Armutslinderung unter Offenlegung ihres Einkommens. Dabei muss es doch völlig unabhängig davon zuallererst um die Würdigung des Engagements der Betroffenen für Freiheit und Bürgerrechte gehen.

Drittens. Anträge können nur bis zum 31.12.2019 gestellt werden. Welchen Grund sollte es für die Befristung geben? Es gibt dazu eine Bundesratsinitiative, die der Bund dann bitte auch umsetzen müsste. Es ist allgemein anerkannt, dass Betroffene oft viel Zeit brauchen, ihre teils traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten. Die Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag hat einen diesbezüglichen Antrag eingebracht, der überraschend keine Mehrheit fand. Es lohnt sich aber, in das Plenarprotokoll zu schauen. Sie werden eine der abstrusesten Begründungen – hier durch den CDU-Abgeordneten Arnold Vaatz – finden und lesen können, um einen Antrag abzulehnen. Vaatz schrieb – denn die Reden sind alle zu Protokoll gegeben worden – auf Seite 7 044 des Plenarprotokolls: „Der wirkliche Hintergrund ihres Antrags scheint auch nicht die Sorge um die SED-Opfer zu sein,

weil sie diesen in allen ihren Verlautbarungen genauso feindselig gegenüber stehen, wie zu SED-Zeiten. Nein, Ihr Antrag ordnet sich in Ihr permanentes Bestreben ein, diesen Staat, in dem die DDR aufgegangen ist, durch Überforderung zu zerstören, um die Genugtuung zu haben, dass nicht nur Ihr Staatsgebilde, sondern die verhasste BRD am Ende scheitert. Dem dient auch Ihre Forderung nach einer Beweislastumkehr.“

Tja, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was soll ich dazu noch sagen? Sie von der CDU. In jedem Fall ist noch eine Menge in Sachen Wiedergutmachung zu tun. Das führt mich an den Beginn meiner Rede zurück. Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow ist bereits vor zwei Jahren auf die anderen Ost-MPs zugegangen und hat dafür geworben, gemeinsam eine Lösung für die Zwangsumgesiedelten in der DDR zu finden, die in der Bundesrepublik erneut unsäglich behandelt wurden. Zwar wurden sie rehabilitiert, das stimmt, aber entschädigt wurden sie nicht. Oftmals wurde ihnen im Zuge der Vermögensklärung für ihre enteigneten Gebäude und landwirtschaftlichen Flächen ein sogenannter Nullbescheid ausgestellt. Ihnen wurde vorgerechnet, dass sie auch aus heutiger Sicht eigentlich sogar draufzahlen müssten und ihnen deshalb kulanterweise die Schulden erlassen wurden.

Bis heute gibt es für diese Opfergruppe keine Entschädigung, bis auf eine sogenannte Insellösung in Thüringen, wo es ein paar Jahre pauschale Entschädigungszahlungen gegeben hat. Das Werben Thüringens, sich gemeinsam auf Bundesebene dieses unsäglichen Zustandes anzunehmen, quittierte Sachsen immer wieder mit der Aussage, das betrifft uns nicht wirklich, deshalb interessiert uns das nicht. Ich finde, die Sächsische Staatsregierung sollte sich hier unbedingt hinterfragen; denn auf die biologische Lösung zu warten ist meiner Meinung nach keine Form von Aufarbeitung.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Ich muss aber noch etwas Grundsätzliches zur Aufarbeitung überhaupt sagen. Mit dem Antrag sollen künftig auszuschüttende Gelder stärker für die Aufarbeitung nutzbar gemacht werden.

Nun sehe ich mir aber die Welt an und stelle mir die Frage, ob der aufgekommene Rechtspopulismus, der Nationalismus, die Ablehnung internationaler Solidarität und sogar grundlegender demokratischer Prinzipien Folgen eines Mangels der Aufarbeitung von DDRUnrecht sind.

Ich frage, ob eine Verstärkung geeignet ist, Vorstellungen von einer offenen, demokratischen Gesellschaft in den Köpfen wachsen zu lassen. Das liegt meines Erachtens auch daran, dass Aufarbeitung vom Wollen und Mittun aller lebt. Das gilt eben auch für die ehemaligen Blockparteien und nicht nur für die SED.

(Beifall bei den LINKEN – Aline Fiedler, CDU: Aber für Sie insbesondere!)

Aufarbeitung bestand und besteht bis heute oft in der Verkürzung auf den Unrechtsstaat und der Gleichsetzung von NS-Diktatur und DDR-Diktatur. Meiner Meinung nach macht das etwas mit den Leuten im Osten, deren Biografien auf Schlagworte reduziert und damit entwertet wurden und deren Erwartungen – wir erinnern uns an das Versprechen der blühenden Landschaften – enttäuscht wurden.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Nein! Draußen blüht es ganz schön!)

Wenn humanistische und demokratische Positionen heute zunehmend unter Druck geraten, dann müssen wir uns eben auch fragen, was in den Neunziger- und 2000erJahren los war. Dabei gibt es auch einiges aufzuarbeiten. Vielleicht kümmern wir uns verstärkt darum, um die Probleme, die heute anstehen, zu lösen.

Wir haben sich die Dinge und Verhältnisse geändert, dass namhafte Vertreterinnen und Vertreter des Aufbruchs im Herbst 1989, als sie für eine offene Gesellschaft und gegen eine geschlossene DDR kämpften, nun unter dieser ominösen gemeinsamen Erklärung 2018 stehen. Darin werden in ganz wenigen Worten rechte Ressentiments geschürt und schlicht Falsches behauptet, und das von zumindest selbsterklärten Intellektuellen. Ich werde heute Abend in Bezug auf eine Petition darauf noch einmal zu sprechen kommen.

Wir müssen uns der Frage stellen, wie es dazu kommen konnte, dass rechtsnationalistisches Denken schick werden konnte, dagegen Versuche, das große Abenteuer Demokratie zu wagen, sich auf dem Rückzug zu befinden scheinen.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine ganze Menge aufzuarbeiten, oder wir blinzeln einfach einmal in Richtung Brandenburg, was dort beschlossen worden ist, und zwar genau was dieses Geld angeht. Sie wollen vor allem den Ausbau des Breitbandnetzes sowie Projekte im Bereich der Erinnerungskultur und Gedenkstätten im Land fördern. Dort können aber auch zahlreiche andere wichtige Vorhaben beispielsweise der Digitalisierung, der Jugendhilfe und der Musikschulen unterstützt werden.

Wir werden uns als Fraktion dementsprechend der Stimme enthalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPD-Fraktion Frau Abg. Kliese, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mit meiner ursprünglich geplanten Rede beginne, möchte ich mich erst einmal für den vorherigen Redebeitrag bedanken. Er war sehr ausführlich. Ich habe Ihnen in weiten Teilen sehr gern und in allen Teilen sehr interessiert zugehört.