Protocol of the Session on February 1, 2018

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin?

Herr Schreiber, weil Sie es sind.

(Heiterkeit)

Gut. Ich war ja auch so nett zu Ihnen.

(Karin Wilke, AfD: Allerdings!)

Frau Wilke, können Sie mir sagen, auf welchem Niveau die Kinder aus Syrien, von denen Sie jetzt gerade sprechen, hier in Deutschland im Vergleich zum deutschen

Niveau unterrichtet werden sollen, sodass sie ihrem Land, nach dem sie wieder zurückgehen, helfen?

Also, nicht alle syrischen Kinder haben wahrscheinlich eine geringe Bleibeperspektive. Im Augenblick ist sie relativ gut, sie kann sich aber ändern und es kann auch Kinder geben, die vielleicht zurück wollen oder Familien, die zurück wollen. Wir unterscheiden natürlich zwischen Jahrgang, Deutschkenntnissen und Vorbildung. Wir haben in unserem Antrag angemerkt, dass wir Schülern, die zu uns kommen und entsprechend vorgebildet sind, auch die Möglichkeit geben wollen, jegliche Vorbereitungsklassen zu überspringen und gleich in den Regelunterricht zu gehen. Das ist überhaupt kein Problem, wenn sie diese Prüfungen, die auch nicht unbedingt besonders schwer sein müssen, schaffen. Es sollten nur keine Multiple-Choice-Fragen sein.

Ich war jetzt bei den GRÜNEN und der Zwangsgermanisierung.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Was?)

Sie waren noch bis zum Jahr plus/minus 2006 gegen jede verpflichtende Teilnahme von Migranten an Deutschkursen. Sie haben jeden Befürworter beschimpft und diskreditiert. Andere von Ihnen verwendete Begriffe waren Germanisierungspolitik und Assimilationszwang. Das war nicht im letzten Jahrhundert, sondern vor gut zehn Jahren.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Wir haben dazugelernt!)

Meine Damen und Herren! Zur Wahrheit gehört es, zu sagen, dass auch die Flüchtlingskrise beigetragen hat –

Die Redezeit ist abgelaufen.

–, dass der Bedarf an Lehrern deutlich gestiegen ist. Die sehr guten Schülerzahlentwicklungen liegen nicht allein an der Steigerung der Geburtenrate.

Frau Kollegin! Sie haben noch einen letzten Satz, bitte.

Ich bin gleich fertig. Sie liegen auch am massiven Zuzug schulpflichtiger Migranten, – –

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Ja, klar!)

deren Zahl sich fast verdoppelt hat.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Genau, gegeneinander ausspielen!)

Es ist legitim, Schwerpunkte zu setzen, wenn der Staat in Not ist. Genau das –

Frau Kollegin!

– wollen wir mit unserem Antrag.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Hallo! – Unruhe – Widerspruch von den LINKEN)

Bitte, das war der letzte Satz.

Die sächsischen Schüler sollen wieder den Unterricht erhalten, den sie verdienen.

(Widerspruch und Unruhe)

Das ist der beste. Dafür müssen unsere Lehrer eingesetzt werden. Meine Damen und Herren! Ich bitte trotzdem um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der AfD)

Das war das Schlusswort der einbringenden Fraktion. Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/12123 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist die Drucksache 6/12123 nicht beschlossen, und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 9

Qualität des Lehrer(innen)berufs sichern –

Erfolg des Seiteneinstiegs nicht dem Zufall überlassen

Drucksache 6/11193, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

eröffnet die Rederunde. Das Wort ergreift Frau Kollegin Zais.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren beschäftigt uns GRÜNE das Thema Seiteneinstieg in den sächsischen Schuldienst. So fragten GRÜNE-Abgeordnete seit 2009 regelmäßig dazu an. Im Jahr 2009 ging es dabei unter anderem um die Voraussetzungen für den Seiteneinstieg in den sächsischen Schuldienst. Kollege Wöller wird sich vielleicht an die von ihm damals erteilte Antwort erinnern. Dort steht: „Grundsätzliche Voraussetzung für eine Einstellung als Lehrkraft in den sächsischen Schuldienst ist der Abschluss der Ersten und Zweiten Staatsprüfung für ein Lehramt mit Lehrbefähigung in mindestens zwei Fächern oder eine vergleichbare Lehrerausbildung. Eine Einstellung ohne einen derartigen Abschluss kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.“ – So weit zum Jahr 2009.

2013 fragte Frau Giegengack zur Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern ohne abgeschlossene Lehrerausbildung und wurde auf die angedachte Einrichtung einer berufsbegleitenden Qualifizierung für den Seiteneinstieg hingewiesen. In der Antwort auf diese Anfrage heißt es: „… insofern die Entstehung eines entsprechend großen Bedarfs angezeigt ist“. Ansonsten war, geht man von der Antwort auf diese Anfrage aus, alles easy.

Aber war es tatsächlich so? Nein, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Da war der damalige Kultusminister Herr Prof. Wöller bereits zurückgetreten, aus den Reihen der CDU-Fraktion wurden Sparzwänge und mangelnde demografische Vorsorge beklagt. Gehandelt wurde meist nur zögerlich. Immer wurden zuerst die größten Lücken geschlossen. Es war keine langfristige Strategie erkennbar. Die Handlungs- und Steuerungsfähigkeit im Bereich der Lehrergewinnung blieb zunehmend auf der Strecke.

In der Antwort auf meine Anfrage zur Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern ohne abgeschlossene Lehrerausbildung zum Schuljahr 2015/2016 änderte sich die Tonlage. Jetzt ist der Seiteneinstieg in den Schuldienst möglich, „wenn ein Einstellungsbedarf besteht, der nicht vollständig mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften abzudecken ist“. Aber was verbirgt sich hinter dieser Formulierung tatsächlich? In den Schuljahren 2005/2006 bis 2019 ist die Zahl der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger nie dreistellig gewesen. Sie lag, in Prozentpunkten an allen Einstellungen gemessen, immer knapp zwischen 5 und 14 %. Von den 475 Einstellungen im Schuljahr 2007/2008, das war genau vor zehn Jahren, hatten nur 22 eingestellte Lehrkräfte keine pädagogische Ausbildung, wobei fast alle entsprechenden Bewerberinnen und Bewerber, nämlich 19, an berufsbildenden Schulen eingesetzt waren. Im Einstellungsverfahren für das aktuelle Schuljahr – Sie kennen alle die Zahlen – gab es 1 400 zu besetzende Stellen. Es gab 3 166 Bewerberinnen und Bewerber, von denen nur 1 160 ein Lehramtsstudium absolviert hatten.

Insgesamt, muss man sagen, ist anhand dieser Zahlen deutlich geworden, dass wir es mit einer Einstellungsquote zu tun haben, die mittlerweile bei über 50 % liegt. Das heißt zum Beispiel mit Blick auf die Region Chemnitz, dass über 50 % der eingestellten Lehrkräfte keine grundständige Ausbildung haben. Damit, werte Kolleginnen und Kollegen, ist die bisherige Ausnahme zur Regel geworden. Und weil das so ist, ist es aus Sicht meiner Fraktion dringend geboten, sich auch parlamentarisch mit diesem Thema zu befassen und dem Seiteneinstieg die dringend gebotene Aufmerksamkeit zu schenken.

Grundsätzlich, und darüber bin ich sehr froh, scheint Einigkeit darüber zu bestehen. So war in der „Freien Presse“ vom 23. Dezember 2017 zu lesen: „Kultusminister Christian Piwarz nannte die Seiteneinsteiger im Moment wichtig, um die Lehrerversorgung zu sichern. Es ist unsere Pflicht, sie, so gut es geht, in das System Schule

hineinzubringen, damit sie möglichst schnell gleichwertige Kollegen sind und auch im Lehrerzimmer keine Unterscheidung mehr vorgenommen wird.“ Wir sind uns also grundsätzlich darüber einig, dass es Handlungsbedarf gibt.

An dieser Stelle möchte ich vorsorglich dem Vorwurf begegnen, der mitunter laut wird, nämlich die Dinge schlechtreden oder die Lehrerschaft spalten zu wollen. Wenn man unseren Antrag aufmerksam liest – ich gehe davon aus, dass Sie das getan haben, werte Kolleginnen und Kollegen –, wird man feststellen, dass das mitnichten der Fall ist. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen nicht spalten, sondern Brücken bauen, Wege aufzeigen und Stolperfallen ausräumen. Nur weil ich Unterschiede etwa in der Qualifikation oder der Bezahlung zwischen grundständig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern und Seiteneinsteigern nicht benenne, heißt das doch nicht, dass diese Unterschiede nicht vorhanden sind.

Es ist wichtig, auch für alle die, die es tatsächlich betrifft, nämlich Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, aber auch Eltern, die Wahrheit über das Thema Seiteneinstieg zu sagen. Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass es tatsächlich weniger Seiteneinsteiger als angenommen gibt, die über eine Vorqualifikation verfügen, aus der sich ein Fach ableiten lässt. Das bedeutet nämlich etwas für den Schulbetrieb. Es bedeutet ganz konkret, dass sich jemand mit einer dreimonatigen Einstiegsqualifizierung und der Pflicht, innerhalb von drei Jahren die Fortbildung an der Hochschule zu beginnen, drei Jahre im System befinden kann, noch nicht angefangen hat, sich zu qualifizieren, aber drei Jahre unterrichtet. Es gibt keinen Anspruch auf diesen Studienplatz. Lesen Sie in den Chats „Lehrer werden in Sachsen“ nach; dort berichten einige Seiteneinsteiger von ihren Erfahrungen.

Es kann noch länger dauern, dass der Kollege, dem noch kein Fach zuzuordnen ist, mit seinen Studium anfängt. Fängt er dann irgendwann an, dann muss er zwei Jahre Fachdidaktik absolvieren und – weil ihm kein Fach zuzuordnen ist – zwei Jahre zum Beispiel ein Studium der Mathematik, der Geografie oder was auch immer. Danach folgt ein Jahr Referendariat. Das alles bei einer E9. Da ist eine monatliche Belastung von 50 Stunden keine Seltenheit.

Das hat Auswirkungen auf das System Schule. Darüber müssen wir reden. Das versuchen wir mit diesem Antrag.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Abwehr in den Lehrerzimmern gegenüber den Seiteneinsteigern war zunächst groß. Das haben wir alle, die im Bereich Bildung unterwegs sind, mehr oder weniger heftig mitbekommen. Insbesondere im Schuljahr 2016/17 wurde viel getan. Hier möchte ich ausdrücklich an die Leistungen der Kultusministerin a. D. Frau Kurth auf diesem Gebiet anknüpfen. Sie hat viel dazu beigetragen, Vorbehalte abzubauen.

Wenn allerdings jetzt die Ausnahme zur Regel wird, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir ein deutliches Signal an die Eltern, die Lehrerinnen und