Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion lehnt das Gesetz ab – aus folgenden Gründen:
Erstens will die AfD die Bologna-Reform rückabwickeln. Da die Akkreditierungsagenturen Teil dieses Systems sind, sind sie ersatzlos abzuschaffen. Bologna – das ist für uns Verschulung des Systems mit Modularisierung und Outputorientierung. Beides zerstört akademische Freiheit und Bildung.
Bologna heißt Qualitätsverlust der Abschlüsse und Überregulierung. Die selbst gesteckten Ziele – bessere internationale Anschlussfähigkeit und Vergleichbarkeit – werden nicht erreicht.
Zweitens. Die Akkreditierungsagenturen verdienen Geld mit der Zulassung neuer Studiengänge. Es wird ihr Bestreben sein, möglichst viele Studiengänge zu zertifizieren und zuzulassen. Dadurch werden die bestehenden Studienabschlüsse relativiert. In Bayern müssen immer noch alle Studien- und Prüfungsordnungen – unabhängig von einer potenziellen Programm- oder Systemakkreditierung – durch das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst genehmigt werden. Das halten wir für gut und richtig.
Drittens. Es kommt zu einer immer größeren und unübersichtlicheren Anzahl von Studiengängen, die dann aber entsprechend an Bedeutung verlieren.
Viertens. Es werden nicht nur Studiengänge staatlicher, sondern auch solche privater Hochschulen sowie von Niederlassungen ausländischer Hochschulen zugelassen. So kommt es zu einer weiteren Ausdehnung und dadurch wiederum zu einer Relativierung der bisher bestehenden Studienabschlüsse.
Fünftens. Ziel dieses Prozesses ist es, nicht nur – wie bisher – den deutschen Arbeitnehmer allgemein einer internationalen Konkurrenzsituation auszusetzen, sondern auch die Akademiker, indem die deutschen akademischen Grade relativiert werden. Das kann nicht im Sinne unserer Wähler sein.
(Beifall bei der AfD – Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Welcher deutsche akademische Grad wird denn relativiert? – Karin Wilke, AfD: Alle! – Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Welche konkret?)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit den Bachelor- und Masterstudiengängen wurde die Akkredi
tierung für Studiengänge eingeführt. Zum ersten Mal sollten Studiengänge nicht mehr eine reine Angelegenheit der Hochschulen sein, die allesamt vom Ministerium abgesegnet werden mussten, sondern externe Sachverständige sollten sie auf ihre Studierbarkeit hin überprüfen. Das war notwendig, um zu vermeiden, dass alte Studiengänge einfach in eine Modulform gepresst und „Bachelor“ oder „Master“ darübergeschrieben wird.
Leider hat das Akkreditierungswesen nicht von Anfang an das geleistet, wofür es da sein sollte. Ich erinnere nur an den Bildungsstreik von 2009, als deutschlandweit Tausende Studierende auf die Straßen gingen, um gegen unstudierbare und völlig überladene Studiengänge zu protestieren. Das lag auch daran, dass die Vorgaben für die Akkreditierung nicht ausgereift waren. Viele Studiengänge wurden zudem gar nicht akkreditiert.
Es gab seitdem Verbesserungen. Dennoch ist noch einiges zu tun. Das zeigt eben auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Akkreditierungswesen. Der Gesetzgeber muss Vorgaben erlassen, wer nach welchen Kriterien wie akkreditiert. Diese Verantwortung kann und darf nicht an dritte Institutionen ausgelagert werden. Deswegen reden wir eben heute hier über diesen Staatsvertrag.
Prinzipiell begrüßen wir GRÜNE, dass es gelungen ist, den Vertrag auszuhandeln und das Akkreditierungswesen – hoffentlich – auf rechtlich sichere Füße zu stellen. Leider wurde auch bei der Erarbeitung dieses Staatsvertrags der Landtag außen vor gelassen. Es wäre doch sinnvoll gewesen, den Landtag schon bei der Erstellung zu involvieren und auch Empfehlungen für die Verhandlungen mitzunehmen. Ob Sie es glauben oder nicht, Frau Staatsministerin – auch Fachpolitiker(innen) haben gute Ideen, die vielleicht hilfreich wären.
Zum Inhalt: Die Stärkung des Akkreditierungsrates bei der Akkreditierungsentscheidung ist richtig. So etwas kann man nicht den Agenturen überlassen. Dafür hängt auch viel zu viel von der Entscheidung ab. Absolventinnen und Absolventen von nicht-akkreditierten Studiengängen können eben bei der Jobsuche benachteiligt sein. Zum Bespiel wird im öffentlichen Dienst bei einer Bewerbung darauf geachtet, ob der vorgelegte Abschluss akkreditiert ist.
Bei der Besetzung des Rates – das wurde schon angesprochen – hätte die Stimme der Studierenden stärkeres Gewicht bekommen müssen. Sie sind es, die von der Qualität eines Studiengangs am direktesten betroffen sind. Acht Hochschullehrenden stehen jetzt zwei Studierende gegenüber, die auch noch von der Hochschulrektorenkonferenz benannt werden. Es wurde schon gesagt: Mit dem studentischen Akkreditierungspool und dem freien Zusammenschluss von Student(innen)schaften hätten etablierte Alternativen zur Benennung zur Verfügung gestanden.
Da wir gerade von Studierenden sprechen: Die Landesstudierendenvertretung KSS hat Ihnen, Frau Staatsministerin, einen Brief mit kritischen Anmerkungen zur Musterrechtsverordnung geschickt. Es würde mich schon heute interessieren, wie Sie mit der Kritik umgehen, etwa zu den Akkreditierungszeiträumen oder zu der Begrenzung von Modulumfängen.
Abschließend möchte ich für meine Fraktion festhalten: Wenn es um Qualitätssicherung geht, ist für uns die wissenschaftsgeleitete externe Überprüfung der Studierbarkeit eines Studiengangs und von dessen Inhalten der beste Weg. Deshalb ist es für uns unverständlich, dass es in Sachsen zwar eine Akkreditierungspflicht für private Hochschulen gibt, die staatlich anerkannt werden wollen, aber eben nicht für staatliche Hochschulen.
Das ist im Hochschulgesetz nicht vorgesehen. Wir bleiben bei unserer Forderung, dass auch in Sachsen die Akkreditierung verbindlich wird. Unabhängig davon werden wir diesem Gesetzentwurf zum Studienakkreditierungsstaatsvertrag zustimmen.
Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Frau Ministerin, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Maicher, natürlich haben Fachpolitikerinnen auch gute Ideen. Das weiß ich. Die Ideen sind beim Staatsvertrag mit eingeflossen, soweit das auf der Ebene der Staatsvertragsparteien möglich gewesen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Staatsvertrag über die Akkreditierung von Studiengängen wird endlich Rechtssicherheit schaffen. Wir haben das hier schon gehört. Diese Rechtssicherheit ist wegen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts Anfang des Jahres 2016 auch notwendig. Wir sind heute – zum Glück, muss man sagen – nach 2009 und den Anfangsproblemen bei der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge, die schon genannt worden sind, so weit, dass wir die Rechtssicherheit herstellen können und die Probleme in den Hochschulen beseitigt sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für diejenigen, die die Beteiligung der Studierenden angemahnt haben: Die Studierenden sind heute laut Sächsischem Hochschulgesetz – und das ist auch in den meisten anderen Hochschulgesetzen so – Teil der Studienkommission. Darauf haben wir Wert gelegt. In der Studienkommission sind sie unmittelbar an der Erstellung der Studien- und Prüfungsordnung beteiligt. Sie sind am Ort des Geschehens, wo die Studiengänge erstellt werden, bevor sie überhaupt in ein Akkreditierungsverfahren gehen. Näher können Studierende gar nicht dran sein. Ich würde mir manchmal wünschen, dass das noch mehr von den Studie
renden wahrgenommen wird; denn wir wissen, dass das durch die Aufgaben, die die Studierenden zu erfüllen haben, nicht immer so wahrgenommen werden kann, wie das wünschenswert ist. Dort sind sie nah dran an der Erstellung der Studiengänge; die Akkreditierung ist letztlich nur das Ende des ganzen Prozesses.
Zurück zum Gesetz zum Staatsvertrag. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar bestätigt, dass die bisherigen inhaltlichen Vorgaben zur Qualitätssicherung von Studienangeboten mit der Wissenschaftsfreiheit vereinbar sind. Das war ein ganz wichtiger Punkt. Mängel wurden jedoch in der rechtlichen Umsetzung gesehen, da die für die Akkreditierung wesentlichen Entscheidungen durch den Gesetzgeber selbst zu treffen sind. Das ist genau diese Verbindung mit der Wissenschaftsfreiheit, die hier herzustellen ist. Der Staatsvertrag behebt jetzt diese Mängel, und mit dem vorliegenden Zustimmungsgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegen, wird der sächsische Gesetzgeber diese Rechtssicherheit auch in sächsisches Recht umsetzen. Das ist der letzte Akt, wenn man so will, um diese Rechtssicherheit herzustellen.
Die Inhalte der bisherigen Akkreditierungsregeln haben sich bewährt, auch das hat das Urteil gezeigt. Sie werden daher auch in dem neuen Gewand des Staatsvertrages bestehen bleiben. Dies sind zum Beispiel die Regeln der Kultusministerkonferenz über die ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Master-Studiengängen. Herr Jalaß, genau hier finden Sie die gemeinsamen Grundlagen, die über alle Bundesländer den Rahmen stellen. Die sind schon seit über zehn Jahren etabliert und im Akkreditierungsverfahren die Grundlage.
Ein zweiter wichtiger Standard sind die Leitlinien für die Qualitätssicherung im europäischen Hochschulraum; denn letztendlich geht es darum, dass die Bachelor- und Master-Studiengänge auch aus Sachsen, aus NordrheinWestfalen oder anderen deutschen Bundesländern im europäischen Hochschulraum anerkannt werden, genauso wie wir die Abschlüsse aus Italien, Frankreich oder England anerkennen.
In verfahrenstechnischer Hinsicht wird künftig der Akkreditierungsrat über die Akkreditierung der Studiengänge selbst entscheiden, nicht mehr die Akkreditierungsagenturen. Hier war also der entscheidende Knackpunkt gewesen. Diese werden aber dem Akkreditierungsrat gutachterlich zuarbeiten, weil das quasi die Fachgremien sind. Ändern werden sich die rechtlichen Grundlagen, diese sind der Staatsvertrag und diesen ausfüllend die noch zu erlassenden Rechtsverordnungen der Länder. Damit wird sichergestellt, dass, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, die wesentlichen Entscheidungen zur Qualitätssicherung auch tatsächlich vom Gesetzgeber selbst getroffen werden. Damit schließt sich die Schleife wieder, indem der Gesetzgeber im Land Sachsen die Rechtsverordnung zu diesen Gesetzen entsprechend erlässt.
Die rechtlichen Grundlagen können zudem rechtzeitig in Kraft treten. Das Bundesverfassungsgericht hat, da die
Antragstellerin eine Hochschule in Nordrhein-Westfalen war, dem Land Nordrhein-Westfalen eine Frist zur rechtlichen Neuregelung bis zum 1. Januar 2018 gesetzt. Die Länder hatten sich daraufhin in der KMK dazu verständigt, aufgrund der Eilbedürftigkeit, also von Anfang 2016, und der notwendigen Einheitlichkeit in Deutschland eine Lösung mittels eines Staatsvertrages zu suchen.
Ich hatte im Ausschuss darüber berichtet, dass es nicht trivial ist, dass sich 16 Bundesländer auf diesen Staatsvertrag geeinigt haben. Wir haben es geschafft und ich bin sehr dankbar, dass der Landtag an diesem Prozess tatkräftig mitgewirkt hat. Nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags durch die Regierungschefs im Juni 2017 konnte dieser Gesetzentwurf im Landtag im verkürzten Verfahren behandelt werden. Der Landtag verzichtete auf die öffentliche Anhörung, auch weil an der Erarbeitung des Staatsvertrages bereits alle in Deutschland davon betroffenen Organisationen beteiligt waren, ebenso wie die Vertreter der studentischen Akkreditierungspools angehört wurden.
Vielleicht noch ein kurzes Wort zu den Studenten auf Bundesebene. Wir haben keine bundesweit einheitliche studentische Vertretung, anders, als das mit der Hochschulrektorenkonferenz, also der Vertretung für die Hochschulrektoren, ist. Das macht es immer wieder schwierig, die Studierenden in diese Prozesse auf Bundesebene einzubeziehen. Ich denke, es ist ein guter Weg gefunden worden, indem bei der Benennung für den Akkreditierungsrat aus dem studentischen Pool, den die Studenten selber füllen, sich die Hochschulrektorenkonferenz zwei Vertreterinnen und Vertreter für den Akkreditierungsrat vorschlagen lässt.
Der Staatsvertrag ermächtigt zum Erlass der Rechtsverordnungen. Es ist schon von Holger Mann angesprochen worden: Wir haben am 7. Dezember, also in der letzten Woche, nach längeren Diskussionen innerhalb der Kultusministerkonferenz eine bundeseinheitliche Musterrechtsverordnung verabschiedet. Das Land MecklenburgVorpommern hat sich aufgrund einer abweichenden eigenen gesetzlichen Regelung der Stimme enthalten, was aber nicht dazu führen muss, dass jetzt die Rechtsverordnungen der Länder grundsätzlich anders aussehen. Hier wäre meine Bitte, da ich im Ausschuss diese Musterrechtsverordnung zur Kenntnis gegeben habe, dass wir im Land selbst darauf achten, wenn jetzt noch weitere Hinweise zu der Rechtsverordnung kommen, dass wir von der Musterrechtsverordnung nicht zu weit abweichen, denn sonst ist die Vergleichbarkeit zwischen den Ländern, die gerade von der Opposition angemahnt wurde, wieder hinfällig. Deswegen diese Musterrechtsverordnung, bevor die Länder ihre eigenen Rechtsverordnungen erlassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden damit zum 1. Januar 2018 das Gesetz in Kraft treten lassen, wenn die Eilverordnung von heute funktioniert und Sie dem Gesetz auch zustimmen. Auch die Rechtsverordnungen, die wir jetzt auf den Weg bringen, könnten rückwirkend zum 1. Januar 2018 in Kraft treten. Der
Staatsvertrag ermächtigt auch zum Erlass einer Gebührenordnung. Hierzu bedarf es einiger Abstimmungen und Gespräche zwischen der KMK, der Hochschulrektorenkonferenz und der Finanzministerkonferenz.
Nach ersten Berechnungen soll es keine höheren Gebühren für die Hochschulen geben. Das war eine Frage, die immer wieder im Raum stand. Ein Grund dafür ist, dass sich die Fristen für die Akkreditierungen nach neuer Rechtslage verlängern werden. Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst wird die Erarbeitung der Gebührenordnung weiter begleiten. Sie können sicher sein, dass wir darauf achten, dass die Gebühren für die Hochschulen nicht höher werden, als das heute der Fall ist und mit den Hochschulen verabredet wurde.
Meine Damen und Herren! Wir kommen wieder zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zum Studienakkreditierungsstaatsvertrag. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien. Es liegen keine Änderungsanträge vor.
Ich fasse die Artikel wieder zusammen. Es geht um die Überschrift und um Artikel 1 – Gesetz zum Studienakkreditierungsstaatsvertrag – und um Artikel 2 – Inkrafttreten. Wer den Artikeln und der Überschrift die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, eine Reihe von Gegenstimmen. Dennoch ist den Artikeln 1 und 2 und der Überschrift zugestimmt worden.
Ich bitte noch einmal um die Gesamtabstimmung zum Gesetzentwurf. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten. Keine Stimmenthaltungen und eine ganze Reihe von Stimmen dagegen. Dennoch ist dem Gesetzentwurf mit Mehrheit zugestimmt worden.
Meine Damen und Herren! Auch hierbei ist Eilausfertigung gewünscht worden. Gibt es dagegen Widerspruch? – Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Dann verfahren wir so.
Wir müssen noch einmal zurück zu Tagesordnungspunkt 7. Dazu ist auch Eilausfertigung gewünscht worden. Ich kann das Gesetz noch einmal kurz aufrufen. Oh, es ist so lang.