Protocol of the Session on November 16, 2017

Ich habe mich nach meinem Amtsantritt mit den noch offenen Vorschlägen befasst. Durch die Ereignisse der letzten Woche und die Diskussionsbeiträge der Veranstaltung mit dem Bundespräsidenten vorgestern in der Dreikönigskirche – auf der jedes zweite Wort „Schule“ war – wurde ich in meiner Entscheidung für eine konkrete Empfehlung bestärkt: Ich lasse derzeit in meinem Haus die Anerkennung der Klassenleitertätigkeit prüfen. So möchte ich zukünftig dafür eine bezahlte Mehrarbeitsstunde ausreichen. Diese Maßnahme darf auf keinen Fall zulasten der Unterrichtsversorgung umgesetzt werden.

Bevor ich weitere Handlungsempfehlungen erläutere, möchte ich grundsätzlich etwas festhalten: Politische Bildung und Demokratieerziehung sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Schule als Teil der Gesellschaft soll und muss in diesem Rahmen ihre Aufgabe erfüllen. Ich werde mich als Kultusminister dafür einsetzen. Wir müssen allerdings vor Augen haben, dass das Elternhaus, der Sportverein, die Kirchen oder andere gesellschaftliche Gruppen dieselbe Aufgabe haben.

Deshalb bin ich nicht der Meinung – wie in letzter Zeit oft in der Öffentlichkeit vorgetragen –, Schule habe bei der Demokratieerziehung den alleinigen Auftrag. Die Empfehlungen des Expertengremiums bilden die Grundlage für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie für Eltern, um Mitwirkungsprozesse im Schulsystem demokratisch mitgestalten zu können. Sie stellen einen verbindlichen Rahmen dar, um die Aktivitäten zu koordinieren und zielgerichtete Entscheidungen zu ermöglichen.

Grundanliegen der Empfehlung ist es, Schülerinnen und Schüler beim Aufbau politischer Urteils- und Handlungsfähigkeit zu unterstützen, hierbei zu fördern und zu fordern, das heißt, ihnen erweiterte Möglichkeiten bei schulischen Entscheidungen vor Ort zu gewähren.

Weitere zur Umsetzung beschlossene Themen sind: erstens, die Schülermitwirkung in schulischen Gremien und die Umsetzung von externen Projekten zu stärken; zweitens, ein Themenportal für Angebote, Projekte, Materialien, Institutionen und Stiftungen einzurichten, das den Schulen helfen soll, die richtigen Experten, Zeitzeugen und außerschulischen Lernorte für ihren speziellen Bedarf zu finden; drittens, die Entwicklung neuer und der Ausbau zahlreicher bestehender Angebote zur Förderung der politischen Bildung und Demokratieerziehung sowie deren Multiplikation.

Bei diesen Angeboten handelt es sich unter anderem um „Schule im Dialog“ – unter Federführung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung –, die Jugendsolidaritätsaktion „Genialsozial – Deine Arbeit gegen Armut“ und Schulbesuche in parlamentarischen Institutionen.

Viertens. Eine weitere Maßnahme stellt die stärkere Betonung geisteswissenschaftlicher Schüler- und Jugendwettbewerbe dar; denn diese regen in besonderem Maße dazu an, sich intensiv und differenziert mit Werten und gesell

schaftlichen Leitbildern auseinanderzusetzen. Benannt sei an dieser Stelle der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten.

Fünftens. Aufgegriffen wurde der Vorschlag, die Ergebnisse aus dem Modellprojekt „Starke Lehrer – Starke Schüler“ möglichst flächendeckend an allen berufsbildenden Schulen zu etablieren. Dieses Projekt wendet sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und

Rechtsextremismus.

Sechstens. Sowohl für angehende Lehrerinnen und Lehrer als auch für Seiteneinsteiger und Sozialarbeiter wird ein obligatorisches Modul „Demokratische Schulkultur“ in die Ausbildung integriert.

Siebentens. Bereits im Schuldienst befindliche Lehrkräfte sollen fachunabhängig zu Ansätzen der Demokratieentwicklung in den Lehrplänen und deren Umsetzung geschult werden.

Achtens. Darüber hinaus werden Werteorientierung und politische Bildung in den Fachentwicklungsberichten der Fachberaterinnen und Fachberater zukünftig verankert.

Natürlich sind diese zahlreichen Maßnahmen nur in enger Verzahnung mit staatlichen und nicht staatlichen Institutionen umsetzbar. Derzeit laufen zahlreiche Sondierungen mit Stiftungen, Vereinen und Verbänden, um Kooperationen anzubahnen. Die Abstimmung mit den betreffenden Ressorts wird ebenfalls rasch erfolgen.

Lassen Sie mich zum Schluss aus dem mehrfach genannten Handlungskonzept noch eine Passage zitieren, der ich mich ohne Einschränkungen anschließe: „Erziehung zur Zivilität und zu einem reflektierenden historisch-politischen Bewusstsein hat mit einer allgemeinen Erziehung zur Demokratie mit unmittelbarem Bezug zur Lebenswelt zu tun. Diese muss an allen sächsischen Bildungseinrichtungen stattfinden. Kinder und Jugendliche sollen von Anfang an die Universalität und Unteilbarkeit der Grund- und Menschenrechte als historisch gewachsene Werte begreifen, die auch ihnen selbst Chancen, Perspektiven und Lebenshilfen eröffnen. Die Achtung der Würde, des Wertes und der Freiheit eines jeden Menschen gehören wie das Streben nach Gerechtigkeit und die Anerkennung der Gleichwertigkeit aller Menschen in einer Welt voller Unterschiede dazu, allerdings auch die Akzeptanz von legitimierter Herrschaft und der Geltung des Rechts.“

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wir kommen zum Schlusswort. Frau Abg. Falken, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines unserer Ziele für heute haben wir schon erreicht. Unser Ziel war es natürlich, über die Fraktionen hinweg über die Thematik „Politische Bildung an sächsischen Schulen“ zu beraten.

Herr Homann, wir sind da ganz bei Ihnen. Natürlich hatten auch wir zu Beginn des Schuljahres 2016/2017 damit gerechnet, dass erste Maßnahmen – nicht alle auf einmal, aber erste Maßnahmen – eingeleitet werden, um damit deutlich zu machen, dass an diesem Thema wirklich gearbeitet wird. Das ist nicht passiert. Es gibt viele weitere Beispiele für Dinge, die nicht passiert sind. Ich erinnere an das Zeitvolumen, das vorausgesagt worden war.

Aber wir sind an dem Punkt angelangt, dass wir ein Papier, ein Handlungskonzept haben, dass man nicht nur umsetzen kann, sondern auch umsetzen muss. Viele Ideen sollen – und müssen – dazukommen. Auch wir als Fraktion DIE LINKE bringen solche Ideen ein, auch mit unserem Antrag. Sie sollten sich diese Ideen anschauen und sie berücksichtigen.

Herr Bienst,

(Lothar Bienst, CDU: Ja?)

ich würde Sie wirklich um etwas bitten: Ich schreibe Ihnen nicht vor, was Sie sagen sollen. Aber wenn Sie gehört haben, dass das, was Sie vortragen wollten, in den Redebeiträgen zuvor hier im Parlament bereits abgehandelt worden ist, dann wäre es gut, wenn Sie diese Passage einfach streichen würden.

(Lothar Bienst, CDU: Was war denn das?)

Aber Sie können es natürlich noch einmal sagen. Ich gehe jetzt nicht erneut darauf ein; denn ich glaube, das bringt gar nichts.

(Lothar Bienst, CDU: Lesen Sie im Protokoll nach!)

Ihre Ausführungen, Herr Bienst, waren sehr deutlich und klar: Wir haben alles in den Lehrplänen verankert. Alles steht drin. Es wird doch schon gemacht. Was wollen wir denn noch tun? – Das ist im Wesentlichen herübergekommen, Herr Bienst.

Ich hoffe, dass nicht nur bei dem Ministerpräsidenten – noch ist er es ja –, sondern auch bei der CDU angekommen ist, dass wir im Bereich der politischen Bildung im Freistaat Sachsen ein Problem haben. Wenn die vielen heroischen Ziele, die in den Lehrplänen stehen, nicht umgesetzt werden können, dann gibt es offensichtlich irgendwelche Probleme. Ich habe es Ihnen vorhin gesagt: 50 Stunden sind einfach viel zu wenig! Streiche ich noch die Ausfallstunden, dann kommen wir vielleicht auf 35. Innerhalb dieses Zeitrahmens kann man das – nur das, was Sie vorgelesen haben – überhaupt nicht realiseren. Das geht gar nicht.

Herr Staatsminister, ich freue mich sehr, dass Sie sich schon mit dem Thema beschäftigt haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie in dem Haus, wo Sie vorher gearbeitet haben, auch schon entsprechende Überlegungen angestellt haben. Das, was Sie soeben vorgetragen haben, sind alles Dinge, die es bereits gibt. Es ist nichts Neues dabeigewesen. Klar, die Expertenkommission hat auch viel aufge

schrieben, was es schon gibt. Das ist legitim. Aber ich möchte gern, dass wir darüber nachdenken, was man über das, was es schon gibt, hinaus umsetzen könnte oder sollte. Wenn wir so weitermachen wie bisher, das nur noch einmal aufschreiben und den Lehrern den Auftrag dafür geben, dann haben wir nichts gekonnt. Das funktioniert doch nicht!

(Beifall bei den LINKEN)

Dann werden wir in zehn Jahren oder später immer noch auf diesem Stand sein. All das, was Sie vorgetragen haben, Herr Staatsminister, sind Dinge, die wir bereits haben. Das ist nicht unser Anliegen.

Daher: Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei den LINKEN)

Das war das Schlusswort der einbringenden Fraktion. – Meine Damen und Herren! Ich stelle nun den Antrag in der Drucksache 6/8876 zur Abstimmung. Es ist punktweise Abstimmung beantragt worden?

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Jawohl!)

Das wollen wir jetzt auch so tun. – Wer Punkt 1 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist Punkt 1 abgelehnt.

Ich stelle Punkt 2 zur Abstimmung. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen; trotzdem ist Punkt 2 abgelehnt worden.

Punkt 3: Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen;

Punkt 3 ist abgelehnt worden.

Ich stelle Punkt 4 zur Abstimmung. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist Punkt 4 abgelehnt worden.

Punkt 5: Bei Zustimmung bitte ich um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen; Punkt 5 ist abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Da alle fünf Punkte abgelehnt worden sind, erübrigt sich eine Gesamtabstimmung.

Der Antrag in der Drucksache 6/8876 ist nicht beschlossen.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 4

Erste Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Stärkung des subjektiven Rechtsschutzes und der

innerparteilichen Demokratie bei Wahlen zum Sächsischen Landtag