Damit sehe ich, dass Sie Ihren Antrag, die Bürgerversicherung, eher durch die Hintertür oder ganz plakativ durchbringen möchten.
Es gibt gute Gründe, gegen die Bürgerversicherung zu sein. Es gibt gute Argumente – ich nenne vier: Aus unserer Sicht ist das zum einen, dass eine Bürgerversicherung eine Vereinheitlichung ist, die den Wettbewerb hemmt und die Qualität senkt. Sie hemmt den Wettbewerb, weil die Wettbewerbsfähigkeit zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung ausgehebelt wird und die private Krankenversicherung heute oftmals als Innovationstreiber im Gesundheitssystem dient. Sie haben viele Versicherte bei der privaten Krankenversicherung – diese geben extra und aktiv mehr Geld dafür aus, damit sie eine höhere oder bessere Gesundheitsleistung erhalten. Damit finanzieren sie auch Geräte und Krankenhäuser für die Allgemeinheit mit.
Zweiter Punkt: Wir hätten mit der Bürgerversicherung mehr Bevormundung im System. Die freie Arztwahl, wie sie heute gegeben ist, wäre damit vorbei.
Drittens – das ist eine ganz praktische Frage: Was passiert mit den Altersrückstellungen der Patienten? Die Beamten haben heute ihre Beihilfen und ihre private Krankenversicherung, sie haben sich aber auch Altersrückstellungen für
Viertens: Die Mischung von Generationenvertrag und Kapitaldeckung wird aufgelöst; denn Sie sprechen zu Recht an, dass es gut ist, einen Generationenvertrag zu haben, nämlich dass die gesunde Generation für die Kranken einsteht. Das finde ich sehr gut. Ich finde auch die GKV gut. Es ist aber auch gut, einen gewissen Teil an Kapital vorzusorgen. Und nur, weil der Prozentsatz heute auf dem Kapitalmarkt nicht so hoch ist, wie das vielleicht vor zehn Jahren noch war, gibt es überhaupt keinen Grund, hier eine Kapitalversorgung ad acta zu legen. Deshalb ist die Mischung aus Generationenvertrag und Kapitaldeckung gut.
Ich kann, wenn ich zum Resümee Ihres Antrages komme, für unsere Fraktion nur die Ablehnung empfehlen.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Mario Beger, AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Die Ausführungen haben wohl bei der CDU keinen großen Zuspruch gefunden, weil der Beifall so verhalten war!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut, aber nicht gerecht finanziert – so kann man unser Versicherungswesen im Gesundheitsbereich beschreiben. Es ist gut, denn fast alle Menschen sind versichert und bekommen – wenn nötig – medizinische oder therapeutische Hilfe. Es ist nicht gerecht finanziert, denn wir haben ein duales System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung, woraus sich Probleme ergeben. Einige der Gerechtigkeitsprobleme sind folgende:
Diese Problemlage lässt sich im bestehenden System nicht lösen. Deshalb ist seit langer Zeit eine Bürgerversicherung unser Ziel als SPD. Das Ziel erreichen wir aber nicht in einem einzigen Schritt; dafür ist das System zu kompliziert, und wir würden wieder vielen Menschen Unrecht tun. Stattdessen sollten wir einen Weg gehen, dessen Schritte und deren Reihenfolge gut abgewogen sind. Für eine Bürgerversicherung braucht es Arbeitgeber, die sich wieder an den Kosten beteiligen.
Die Bürgerversicherung als große Lösung kann man nicht von heute auf morgen bekommen. Vielmehr werden wir auch hier noch Anstrengungen unternehmen müssen. Wir sollten uns in Sachsen dringend über einen Punkt Gedanken machen, den ich am Anfang ansprach: Wir müssen uns um jene Menschen kümmern, die sich eine Krankenversicherung nicht leisten können und deswegen kaum oder gar nicht versichert sind. Dazu gehören beispielsweise Selbstständige. In den sächsischen Kliniken gibt es zunehmend das Problem, dass Menschen aufgenommen werden müssen, die keine Versicherung besitzen. Natürlich behandeln die Ärzte sie dann trotzdem, aber sie bleiben entweder auf den Kosten sitzen oder müssen ihrem Geld lange hinterherlaufen. Hier brauchen wir endlich eine Initiative, die mit allen sächsischen Akteuren gemeinsam nach einer Lösung sucht. Interesse ist durchaus vorhanden, unter anderem bei den Krankenkassen und auch bei den Krankenhausgesellschaften.
Ich habe bisher keinen Widerspruch zum Antrag der LINKEN zum Ausdruck gebracht, weil wir Sozialdemokraten das Anliegen teilen. In einer Bürgerversicherung müssen Beamtinnen und Beamte genauso wie Selbstständige beteiligt sein. Allerdings sollte eine Bürgerversicherung gut überlegte Folgeabschätzungen haben; denn jeder Schritt hat Konsequenzen, gerade bei den Übergängen aus der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung.
Für die Beamten sind vorab wichtige Fragen zu klären, etwa, wie ihre Altersrücklagen mitgenommen werden; denn diese plötzlich zu streichen kann keine Alternative sein. Ungerechtigkeit durch neue Ungerechtigkeit zu ersetzen macht in diesem Falle keinen Sinn. Hierzu fehlen mir noch die konkreten Vorstellungen der LINKEN.
Die Idee einer Bürgerversicherung wurde in den vergangenen Jahren zunehmend unterstützt, aber eine politische Mehrheit hat es bisher dafür noch nicht gegeben. Auch mit der jüngsten Bundestagswahl haben die Menschen in Deutschland mehrheitlich Parteien gewählt, die die Bürgerversicherung nicht in ihrem Programm haben. Das ist sehr schade.
In Sachsen regieren wir zurzeit in einer Koalition, in der man sich über diese Frage nicht einig ist. Aus diesem Grunde werden wir diesen Antrag auch ablehnen. Das sollte aber nicht am Schluss meiner Rede stehen.
Ich glaube, dass die Bürgerversicherung unser Versicherungswesen gerechter machen würde. Wie sie genau aussieht und wie man bis dahin kommt, dazu haben selbst wir, auch wenn wir viele Befürworter haben, noch viele Gespräche nötig. Diese wollen wir Sozialdemokraten gern mit allen Beteiligten in den kommenden Jahren führen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es mit der vorliegenden Drucksache wieder einmal mit einem Antrag aus den Tiefen der linkspopulistischen Schublade zu tun.
Wieder einmal ist der Antrag an Ihrem typischen Schema aufgezogen: Probleme erkennen, sie stark vereinfachen und eine Pseudolösung präsentieren, die gut klingt, aber unser Gesundheitswesen ruinieren würde.
Ich fasse Ihre Forderungen zusammen: Sie wollen die private Krankenversicherung praktisch abschaffen, eine Einheitskrankenkasse etablieren und den bisher nicht in der GKV Versicherten ihre Altersrückstellungen enteignen.
Betrachten wir aber zunächst einmal die Kostenentwicklungen im Gesundheitssystem. Die Ausgabenlast der gesetzlichen Krankenversicherung hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Seit 2009 sind die Ausgaben von 165 Milliarden Euro auf voraussichtlich 269,1 Milliarden Euro im Jahr 2017 gestiegen. Der Zusatzbeitrag blieb nur aufgrund der guten Konjunktur weitgehend stabil.
Sie wollen nun also versuchen, die Ausgaben auf alle Bevölkerungsschichten zu verteilen, da nicht anzunehmen ist, dass der Ausgabenanstieg eingedämmt werden kann.
Diese Ansicht teilen wir zunächst. Die Krankenversicherung kann nur solidarisch sein, wenn sich nicht bestimmte Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Krankheitsrisiko entziehen können. Das sind Beamte, Selbstständige und Freiberufler, wenngleich es nicht wenige Ausnahmen gibt. Es ist wissenschaftlich unbestritten, dass ein hoher sozialökonomischer Status die Gesundheit und das Gesundheitsempfinden positiv beeinflusst. Personen mit niedrigem Status sind deutlich häufiger krank und schätzen ihren Gesundheitszustand doppelt so häufig als schlecht ein wie Personen mit hohem Status.
Wie können wir es nun also schaffen, dass die steigende Ausgabenlast weiter zu stemmen ist? Die einfachste Möglichkeit ist die Wiederherstellung der Beitragsparität, um die Kostensteigerung nicht allein den Arbeitnehmern aufzulasten. Ebenso gilt es, das Leistungsprinzip zu stärken. Dazu muss die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von 53 100 Euro diskutiert werden. Durch Anhebung der Versicherungspflichtgrenze von derzeit
Was Sie aber mit der Etablierung einer Versicherungspflicht für alle vorhaben, ist verfassungswidrig. Da steht Ihnen die konkurrierende Gesetzgebung nach Artikel 74 Grundgesetz im Wege. Das sehen nicht nur wir so, sondern auch das Bundesverfassungsgericht.
Weiter haben Sie nichts zu einer möglichen Übergangsregelung gesagt. Durch eine sofortige Versicherungspflicht würden die gebildeten Altersrückstellungen in Höhe von insgesamt 13,9 Milliarden Euro den in der privaten Krankenversicherung Versicherten verloren gehen. Diese können nicht in die GKV überführt werden. Wollen Sie das wirklich?
Was Sie ebenfalls nicht verstanden haben, ist, dass Wettbewerb auch unter den gesetzlichen Krankenkassen notwendig ist, damit der Markt funktioniert. Sie wollen eine Einheitskrankenkasse ohne Wettbewerb und Wirtschaftlichkeitsanreiz. Ihre Berechnungen und die der Bertelsmann Stiftung zur Beitragsersparnis einer Bürgerversicherung wären für die Tonne.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir GRÜNEN fordern seit Jahren die Einführung einer Bürgerversicherung. Wir wollen eine solidarische Finanzierung mit dem Ziel, alle gut versorgen zu können. Das verbindet uns mit der Antragstellerin.