Protocol of the Session on September 28, 2017

Die medizinischen Fakultäten erhalten vom Land ganz korrekt Landeszuschüsse für Forschung und Lehre und damit natürlich auch für das, was sie als Dienstleistung zu erfüllen haben, sofern es momentan noch nicht durch die Vergütungsordnung erbracht wird. Das heißt konkret – damit bin ich bei Ihrer Frage –, dass nicht bei den zu erbringenden Dienstleistungen zur Unterstützung der Strafverfolgung Abstriche gemacht werden, sondern eher Aufgaben bei der Forschung, zum Beispiel bei den Publikationen, zurückstehen müssen. Die Anhörung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE hat das sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.

Ich erinnere an die Aussagen von Frau Prof. Erfurth vom Rechtsmedizinischen Institut der TU Dresden. Ich habe mit ihr und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Instituts ausführliche Gespräche geführt und sie hat die klare Aussage getroffen: Es gibt keine rechtsmedizinische Untersuchung im Auftrag der ermittelnden Behörden, die nicht zum rechten Zeitpunkt erstellt wird. Es gibt aktuell auch keine kritischen Hinweise vonseiten der Justiz oder der ermittelnden Behörden, dass die Aufgaben des Rechtsmedizinischen Instituts nicht erfüllt werden. Die Prioritäten in dem Institut, einschließlich der Bereitsschafts- und Nachtdienste, sind eindeutig gesetzt und werden nicht durch die Gebühren gedeckt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten deshalb zahlreiche Tätigkeiten außerhalb der regulären Arbeitszeit, zum Beispiel bei der Erstellung der Gutachten oder einer wissenschaftlichen Publikation.

Noch einmal zur Klarstellung, und das sage ich konkret an diejenigen, die versuchen, ein wenig Panik zu machen: Die Ursachen dafür sind nicht die zu geringen staatlichen Zuschüsse für die Aufgaben in Forschung und Lehre, sondern es ist die unzureichende Finanzierung der Dienstleistungen.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE erweckt aber den Eindruck, dass die Erledigung rechtsmedizinischer Leistungen für die Strafverfolgung durch die Polizei und Staatsanwaltschaft gefährdet ist.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Nein!)

Dem widerspreche ich und auch die Leiter der rechtsmedizinischen Institute mit Nachdruck. Dies ist unverantwortliche Panikmache ohne substanzielle Grundlage, wie auch die Anhörung deutlich gemacht hat.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Ich fasse es nicht!)

Dort, wo es notwendig ist, schnell und ohne Verzögerung zu handeln – das hatten Sie, Herr Bartl, gesagt –, setzen die Institute sehr verantwortungsbewusst Prioritäten. Natürlich ließen sich die Bearbeitungszeiten, zum Beispiel für Gutachten, verkürzen, wenn mehr Personal finanziert würde. Allerdings beeinflusst das nicht die Schnelligkeit und die Qualität der Strafverfolgung.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Sie wissen, dass das ein Unterschied ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bemerkenswert: Der Antrag der Fraktion DIE LINKE zitiert die Sachverständigenanhörung im November 2016 zum

Thema „Sicherung einer leistungsfähigen, zukunftssicheren und flächendeckenden Rechtsmedizin in Sachsen“. Aber die wichtige Aussage des früheren Generalstaatsanwalts des Freistaates Sachsen, Herrn Fleischmann, haben Sie offenbar überhört oder bewusst nicht zitiert. So hat der Generalstaatsanwalt dargelegt, dass er mit der rechtsmedizinischen Versorgung im Großen und Ganzen zufrieden sei, er sehe jedoch auch Punkte, die verbesserungswürdig seien.

(Lachen des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Ja, das ist so. – Es ist allerdings eine Entwicklung eingetreten, die sich positiv zeigt. Mein Ministerium hat nämlich gehandelt und seit dem Jahr 2013 nicht geschlafen. Es sind eine Reihe von Maßnahmen getroffen worden, um bekannte Probleme, insbesondere am Standort Chemnitz, die Außenstelle der Rechtsmedizin der Universität Leipzig, zu lösen. Diese gehen zurück auf die auf meine Veranlassung hin eingesetzte Arbeitsgruppe der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig unter Einbeziehung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Um die vom Generalstaatsanwalt genannte positive Entwicklung fortzusetzen,

(Zurufe der Abg. Susanne Schaper und Klaus Bartl, DIE LINKE)

sind mögliche weitere Verbesserungsmaßnahmen bei den rechtsmedizinischen Fakultäten auch weiterhin abschließend zu prüfen, bevor vorschnell die im Antrag genannten Beträge beschlossen werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Ministerin?

Ja, natürlich.

Herr Bartl.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Vielen Dank, Frau Staatsministerin! Geben Sie mir

darin recht, dass 2013 versprochen wurde – aus Ihrem Hause heraus! –, dass in überschaubarer Zeit die dort festgestellten Defizite beseitigt würden und die rechtsmedizinische Kapazität gewährleistet werde? Wenn ja, gibt es heute einen Rechtsmediziner in der Außenstelle Chemnitz? Ist einer da?

Ja, natürlich.

Zu dem Zeitpunkt, wo die Kollegen alle dort gewesen sind, war nämlich noch ein Rechtsmediziner in Chemnitz sesshaft. Auch er ist inzwischen weg; Herr Thiele ist jetzt in Zwickau, im Gesundheitsamt. Die Rechtsmediziner sind also weggegangen.

Also – –

Ist das richtig?

Soll ich antworten?

Sie wissen, dass am Standort Chemnitz noch andere Probleme existierten – das ist Ihnen bekannt – hinsichtlich der Umsetzung der rechtsmedizinischen Aufgaben. Deswegen – das habe ich betont – wurde extra die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einbezogen, eben um die Probleme am Standort Chemnitz zu lösen. In Zusammenarbeit mit der Rechtsmedizin der Universität Leipzig werden gemeinsam mit dem Standort Chemnitz auch die Aufgaben der dortigen Rechtsmedizin umgesetzt. Ich habe hier an keiner Stelle gesagt, dass es nicht notwendig sei, mehr Personal in beiden rechtsmedizinischen Instituten zu haben.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen – dieser Hinweis ist bisher nicht gekommen –, dass für einen Teil der rechtsmedizinischen Leistungen, insbesondere für solche, die über die Gebührenordnung ausreichend finanziert werden können – diese Leistungen gibt es nämlich auch –, Aufträge an externe Dienstleister vergeben werden. Diese müssen allerdings keine Lehre und keine Forschung betreiben und bringen damit weder den wichtigen Nachwuchs noch die wissenschaftliche Erkenntnis voran. Die Rechtsmedizin kann sich aber nur weiterentwickeln, wenn alle drei Bereiche im Sinne der Verbindung von Theorie und Praxis beisammen sind.

Lassen Sie mich einen kleinen Moment dort verbleiben, weil dieser Hinweis, wie gesagt, bisher nicht gekommen ist: Wir haben eine Gebührenordnung, die unterschiedliche Gebühren für unterschiedliche Dienstleistungen vorsieht. Es gibt Dienstleistungen, die sehr wohl durch die Gebührenordnung gedeckt sind. Es gibt aber offenbar – so kann ich es nur feststellen – eine Verpflichtung der entsprechenden Behörden, diese Dienstleistung nach außen zu vergeben und nicht an die rechtsmedizinischen

Institute. Das heißt, bei den rechtsmedizinischen Instituten bleiben nicht lukrative – nämlich nicht ausfinanzierte – Aufgaben hängen, zum Beispiel die Obduktion.

Deshalb ist es notwendig, dass wir uns die Sache genauer anschauen. Das ist auch der Grund für die Marktanalyse. Wir wollen zum einen die einzelnen Dienstleistungen, die einzelnen Aufgaben in der Zusammenschau mit der Gebührenordnung genauer betrachten. Zum anderen – auch das ist in der Diskussion nicht deutlich geworden – wollen wir zwischen den einzelnen Bereichen an den rechtsmedizinischen Instituten, nämlich Forschung, Lehre und Dienstleistung, unterscheiden.

Ich bleibe bei dem Thema Obduktion, könnte aber genauso gut die DNA-Analyse nehmen. Obduktion, DNAAnalyse und andere rechtsmedizinische Gutachten sind gleichzeitig – gleichzeitig! – Bestandteil von Lehre und Forschung. Das war der Grund, warum zum Beispiel an der Universität Dresden in der Rechtsmedizin diese Differenzierung so stark gar nicht vorgenommen wurde – im Gegensatz zu Leipzig.

Das ist der Grund, warum wir beide rechtsmedizinischen Institute beauftragt haben, bis Ende Oktober – spätestens, bevor wir in die Haushaltsberatungen gehen – diese Defizite oder das, was nicht über die Gebührenordnung abgedeckt werden kann, genau zu erfassen und damit auch eine Trennungsrechnung zwischen Forschung, Lehre und rechtsmedizinischen Gutachten herzustellen. Das ist nicht trivial. Der Standort Leipzig hat es bereits gemacht. In Dresden tun wir es derzeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss kommen. Wir sind derzeit – im Interesse der Fortsetzung der bereits spürbaren positiven Entwicklung – dabei, weitere Verbesserungsmaßnahmen bei den rechtsmedizinischen Instituten mit den Instituten gemeinsam umzusetzen. Wir prüfen zusammen mit dem Justizministerium die Bundesratsinitiative zur Erhöhung der Vergütungssätze. Darauf ist hier mehrfach eingegangen worden. Diese Vergütungssätze sind übrigens nicht in den Neunzigerjahren, sondern erst im Jahr 2013 durch ein Bundesgesetz, das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts, festgelegt worden. Das ist also noch nicht so sehr lange her.

Erst wenn das, was ich hier angesprochen habe, geschehen ist, werden wir – rechtzeitig vor Verabschiedung des Doppelhaushalts 2019/2020 – signalisieren, wie die Finanzierung erfolgt, damit Forschung und Lehre – damit bin ich bei Ihrer Frage, Frau Meier – in vollem Umfang ausfinanziert und damit tatsächlich umgesetzt werden können.

Es gibt noch eine Zwischenfrage von Frau Meier.

Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Frau Staatsministerin, ich habe noch eine konkrete Rückfrage: Sie haben ausgeführt, dass Sie sich im Zusammenhang mit den Beratungen zum Doppelhaushalt Gedanken machen wollen. Sie haben auch anerkannt, dass es ein Finanzierungsproblem gibt. Aber die Institute haben ausgeführt, dass ein Loch von 500 000 Euro besteht. Der nächste Doppelhaushalt gilt jedoch erst für die Jahre 2019/2020. Was passiert denn bis dahin konkret?

Noch einmal: Wir haben bisher nur von Leipzig die konkreten Zahlen, was das Defizit bzw. die nicht ausfinanzierten Leistungen anbelangt. Das sind in der Tat ungefähr 500 000 Euro. Dresden hat mitgeteilt, dass es zwischen 400 000 und 600 000 Euro sind; da muss man erst genauer nachschauen.

Diese Leistungen werden derzeit erbracht; das will ich noch einmal sagen. Die Defizite gehen zulasten der Arbeitskapazität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Aufgaben – Gutachten oder entsprechende Forschungsleistungen, zum Beispiel Publikationen – in ihrer Freizeit durchführen, nicht in ihrer Arbeitszeit.

Das ist nicht in Ordnung. Insofern gebe ich Ihnen recht, Frau Meier. Das muss geregelt werden. Aber ich habe deutlich gemacht, dass wir von unserer Seite dabei sind – mittlerweile seit anderthalb Jahren –, dieses Problem auf den Tisch zu legen, klar zu beziffern und zu lösen. Aber erst wenn wir es klar beziffern können, können wir auch sagen, wie es gelöst wird. Ich denke, die Gebührenordnung ist das Wichtigste. Möglich ist zum Beispiel eine Erhöhung der Mittel der Medizinischen Fakultät für die Rechtsmedizin. Das wäre mit dem nächsten Doppelhaushalt möglich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es erfolgt noch das Schlusswort. Herr Abg. Bartl, bitte.

Danke, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Staatsministerin Dr. Stange, Sie haben vorhin gesagt – das ist richtig –, dass es momentan halbwegs funktioniert, weil wir Mittel, die für Forschung, Lehre und sonstige wissenschaftliche Arbeit eingestellt sind, jetzt einsetzen, um hoheitliche Leistungen ergänzend zu finanzieren bzw. aufzustocken, wenn die Vergütungssätze nicht ausreichen. Haben heute Mediziner an der TU Dresden oder an der Universität Leipzig weniger Bedarf an rechtsmedizinischer Ausbildung und Lehre, sodass wir jetzt sagen könnten: „Dann brauchen wir die Rechtsmediziner nicht mehr für Lehre und Forschung. Wir können das anders machen“?

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Bei der Lehre gibt es keine Abstriche!)

Nur bei Publikationen – das ist Ihr Ernst? – Okay.

Kollege Mann sagte: Wer bestellt, der muss bezahlen! – Das ist doch das Elend, Herr Kollege Mann. Wenn in diesem Lande momentan der Staatsanwalt, der Polizist, das Jugendamt – es gibt ja viele Behörden, auch Landesbehörden, wo das überhaupt nicht geklärt ist; Frau Kollegin Meier hat es gesagt – nicht das bezahlen können, was sie brauchen, um ihre Arbeit zu verrichten, dann ist irgendetwas falsch im Staate Dänemark. Das ist das Problem. Das kann man doch nicht noch zwei Jahre oder noch länger aussitzen.

Die Botschaft „Wir prüfen, wir prüfen, wir prüfen“ höre ich seit 2011. Das ist doch meine Not. Das ist die Botschaft seit 2011.