Damals haben wir Ihnen die Rechtslage nach BundesImmissionsschutzgesetz und die daraus resultierende Genehmigungspraxis dargelegt, die im Übrigen für jede Industrieanlage in Deutschland zur Anwendung kommt. Wir haben Ihnen erklärt, wie und an welcher Stelle das geltende Genehmigungsrecht selbstverständlich auch
diesem Umstand Rechnung trägt. Wir haben Ihnen ebenso erklärt, dass eine Erkenntnis in Wissenschaft und Technik nie abschließend sein kann, weshalb es im geltenden Recht sehr wohl möglich ist, neue Erkenntnisse zur Gefährdung in Form von Auflagen oder sogar Genehmigungswiderrufe für bereits genehmigte Anlagen zu berücksichtigen.
Hier und heute diskutieren wir nun über eine Forderung, die eigentlich ganz anders klingt, aber doch mit der damaligen verwandt ist. Sie brauchten eine neue Idee, weil am 24. September Bundestagswahlen anstanden. Dazu mussten Sie am 12. September in Don-QuijoteManier mit Lanze in der Hand und blau glänzender Rüstung den Anti-Windkraft-Bürgerinitiativen einen
brandneuen Tätigkeitsnachweis erbringen. Der Punkt mit den nicht abschließenden Erkenntnissen zu möglichen Gefährdungen war schon verpufft.
Sie wären aber nicht die AfD, wenn Sie zur Sammlung von Volkszorn eine schräge Idee nicht noch schräger machen könnten. Somit kommen Sie nun heute mit der Forderung, nicht zu handeln, solange sich zugrunde liegendes Recht noch in der Fortschreibung befindet. Nun befinden sich Gesetze, Verordnungen und Planungen wieder und wieder in einem Fortschreibungs- und Anpassungsprozess. Schließlich ist die Realität nicht statisch. Mit dieser sich ständig verändernden Welt muss man umgehen. Das fällt dem Einen eben leichter und dem Anderen schwerer. Verallgemeinert bedeutet Ihre Forderung Folgendes: Wir können im Rechtsstaat nur noch abwarten, um nicht übermorgen möglicherweise mit geänderten Regeln zu kollidieren. Die Tatsache, dass künftig andere Richtlinien gelten könnten, macht uns heute doch nicht handlungsunfähig. Wir handeln bis dahin nach den heute geltenden Richtlinien, meine Damen und Herren.
Ich komme zu den Anlagen außerhalb der Vorranggebiete: Es gibt in Sachsen alte Windenergieanlagen aus den 1990er-Jahren. Das war eine Zeit, in der es noch nicht die Regel war, solche Anlagen in Vorranggebieten zu konzentrieren. Das sind Vorranggebiete, die man daraufhin definiert hat, um außerhalb solcher Gebiete keine Anlagen zuzulassen. Diese Altanlagen laufen bis zum Ende ihrer technisch und wirtschaftlich sinnvollen Lebensdauer. Danach werden sie zurückgebaut. Sie werden zurückgebaut, denn dafür haben die Betreiber, im Unterschied zu den Betreibern quadratkilometergroßer Braunkohletagebaue, selbstverständlich Sicherheiten hinterlegen müssen.
An den Stellen, an denen diese Altanlagen betrieben werden, gibt es heute mangels Genehmigungsvoraussetzungen keinerlei Möglichkeiten, ein neues Windenergievorhaben oder ein Repowering genehmigt zu bekommen. Ein Repowering-Vorhaben muss das volle Genehmigungsverfahren nach Bundesemissionsschutzgesetz
Jeder Entwurf eines Regionalplanes beinhaltet eine Untersagungsverfügung. Nur dort, wo in den Entwürfen der Pläne die bisherigen Vorranggebiete wieder auftau
chen, wird genehmigt. Eine Genehmigung außerhalb dieser Vorranggebiete liefe den raumordnerischen Zielen der Landesplanung zuwider. Wieder handelt es sich um Schattenboxen, Runde 2.
De facto besteht mangels genehmigungsfähiger Standorte bis zum Inkrafttreten neuer Regionalpläne eine Art Ausbaustopp in Sachsen. Das ist ein weiterer Punkt, der Ihren Antrag substanzlos macht, meine Damen und Herren von der AfD. Welche Genehmigungen möchten Sie bis zur Inkraftsetzung neuer Regionalpläne verbieten, wenn es doch kaum genehmigungsfähige Standorte gibt? Schon wieder sehen wir Schattenboxen, Runde 3.
Ich möchte noch eine kleine Ergänzung am Ende machen: Sie führen das Scheitern des Regionalplanes Südwestsachsens vor dem Oberverwaltungsgericht zur Bekräftigung Ihrer Forderung an. Doch dieser Plan war rechtswidrig, weil dem Ausbau der Windenergie nicht genügend Raum gegeben worden war. Sie nehmen dies als Begründung, um den Ausbau rechtssicher verbieten zu wollen. Absurder geht es kaum, sollte man meinen.
Doch das hat Methode. Schauen, wo ein Fünkchen glimmt, anfachen, Feuer schreien und dann mit Benzin zum Löschen anrücken. Das ist Ihre Methode in den Konflikten dieser Zeit. Das klappt nicht mit uns, meine Damen und Herren von diesen Fragmenten der Fraktion ganz am rechten Rand dieses Hauses.
(Carsten Hütter, AfD: Schön, dass war sehr sachlich! – Zuruf des Abg. André Barth, AfD – Carsten Hütter, AfD: Ein Träumer!)
Das war Herr Dr. Lippold für die Fraktion GRÜNE. Wir sind am Ende der ersten Runde angekommen. Sie hatten bereits angekündigt, Herr Wild, dass Sie eine zweite Runde eröffnen möchten. Sie haben das Wort, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Herr Viehweg, Sie werfen mir Populismus vor. Was Sie hier gemacht haben, ist nichts anderes als Windkraftpopulismus.
Sie sind zum einen auf meinen Antrag weder sachlich noch inhaltlich oder auch zahlenmäßig eingegangen. Zum anderen sagen Sie, dass wir die Bürgerinitiativen bespielen. Sie sollten es wissen. Die Bürgerinitiativen gegen Windkraft gab es schon lange, bevor die AfD überhaupt gegründet wurde. Sie sind froh, dass sie jetzt jemanden haben, der ihre Interessen vertritt. Das ist eine Tatsache.
Wenn alles so toll ist, wie Sie es in Bezug auf die Planungen und alles andere gesagt haben, dann erklären Sie mir einmal, warum bereits jetzt 324 von 900 Anlagen außerhalb der Windvorranggebiete stehen. Sie haben alle Bestandschutz, weil sie bereits gebaut wurden. Nun gibt es neue Planungen. Wir müssen dem Einhalt gebieten, damit die neuen auch nur dort stehen, wo sie hingehören.
Das Problem, dass Windkraftanlagen außerhalb der vorgesehenen Gebiete gebaut werden, wird uns weiter begleiten. Es wurde bereits angekündigt: Das sächsische Energie- und Klimaprogramm soll angepasst werden. Selbst der Regierung reichen die gesteckten Ausbauziele für erneuerbare Energien nicht mehr aus. Man möchte sich künftig an den Ausbauzielen der Bundesregierung orientieren, ohne die Wirkung auf Mensch, Umwelt und Wirtschaft zu hinterfragen. Damit ist aber auch Folgendes klar: Der Landesentwicklungsplan wird ebenfalls schon bald wieder fortgeschrieben werden müssen, wenn Sie das so möchten. Die Ausbauziele müssen sich in den regionalen Mindestenergiebeiträgen wiederfinden. Das ist gefordert.
Es ist also absehbar, dass die derzeit in Abstimmung befindlichen Regionalpläne nicht mehr lange Bestand haben werden.
Wir arbeiten jetzt an Plänen, bei denen Sie, wenn Sie es umsetzen, wie Sie es wollen, schon wissen, dass diese nur kurz Bestand haben und dann wieder überarbeitet werden müssen. Was für ein Unsinn!
Zitat aus einer Pressemitteilung von Herrn Dulig – er ist leider nicht da – zur Fortschreibung des Energie- und Klimaprogramms Sachsen: „Es ist uns wichtig, in diesem Prozess auch die Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen; denn der Erfolg für die Energiewende hängt auch von der gesellschaftlichen Akzeptanz ab.“
Realität ist, dass selbst Kommunen, die es ablehnen und das nicht haben wollen, gar kein Mitspracherecht haben. Die können eine Stellungnahme abgeben – das ist auch alles, was sie können. Aber mitreden dürfen die bei Ihren Klima- und Windkraftzielen nicht.
Wir haben allein hier in Sachsen über 50 Bürgerinitiativen, die sich gegen einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und der Windkraft im besonderen aussprechen. Sie wollen, dass die Landschaft nicht weiter verschandelt wird, sie wollen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht weiter über kommunale Interessen oder über die Belange des Naturschutzes gestellt wird. Sie wollen endlich einen Mindestabstand von 10 H, damit sie wieder ruhig leben können oder – in den Worten der CDU ausgedrückt – damit sie endlich wieder gut und gerne in diesem Land leben können.
Wird weiter das Wort von den Fraktionen gewünscht? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Herr Minister Ulbig, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion hier im Hohen Hause hat gerade wieder einmal gezeigt: Bei dem Thema Windenergie gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Die einen wollen so viel Windparks wie möglich gebaut sehen, die anderen stört schon der bloße Anblick eines Windrades an der Autobahn.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sächsische Staatsregierung hat sich hier klar positioniert. Windenergie soll ein wichtiger Teil unseres Energiemixes sein, aber eben mit Augenmaß. Wir wollen weder einen windradfreien Freistaat noch den – lapidar formuliert – Spargelwald. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir uns mit gutem Grund im derzeit geltenden Energie- und Klimaplan auf eine realistische Zielgröße von 28 % verständigt. Das war die Grundlage für unseren Landesentwicklungsplan 2013, in dem wir, wie Sie wissen, entsprechende Vorrang- und Eignungsgebiete für Windkraftanlagen festgelegt haben. Dabei war uns wichtig, dass wir keinen Wildwuchs in Sachen Windenergie wollen, wie das gerade diskutiert wurde.
Klar ist aber auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Vorgaben des Landesentwicklungsplanes sollten eigentlich schon längst in den vier Regionalplänen Umsetzung gefunden haben. Deshalb will ich an dieser Stelle noch einmal an unsere Planungsverbände, an die Landkreise appellieren, die Arbeit, die derzeit auf Hochtouren läuft, zügig abzuschließen und die Vorgaben umzusetzen, um die von mir gerade angesprochene Rechtssicherheit zu bekommen.
Dennoch ist es schlichtweg falsch zu behaupten, es gebe zurzeit keine eindeutige Rechtsgrundlage in Bezug auf Neubau oder Modernisierung unserer Anlagen.
Erstens. Bereits genehmigte oder bestehende Standorte werden, auch wenn diese außerhalb unserer festgesetzten Vorrang- und Eignungsgebiete liegen, jetzt ganz sicher nicht abgerissen. Diese Anlagen wurden zum Teil in den Neunzigerjahren errichtet und haben baulichen Bestandsschutz, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie stellen einen Teil der im Antrag genannten 324 Anlagen dar, die außerhalb dieser Vorrang- und Eignungsgebiete liegen. Das ist schlichtweg deshalb so, weil es damals noch keine Regionalpläne im Freistaat Sachsen gab.
Natürlich besteht bei diesen Altanlagen Modernisierungsbedarf, weil sie beispielsweise aufgrund der geringen Höhen von unter 100 Meter nicht wirtschaftlich sind. Sie können im Rahmen des sogenannten Repowerings durch leistungsfähigere Anlagen innerhalb ausgewiesener
Vorrang- und Eignungsgebiete ersetzt werden. Das führt letztlich zu einem Aufräumen in der Landschaft, wenn beispielsweise statt drei alter Anlagen eine neue Anlage entsteht, die dann entsprechend höher und leistungsstärker ist.
Das vorweg. Jetzt meine Frage: Wie wollen Sie – falls Sie das überhaupt wollen – ausschließen, wenn jetzt weiter genehmigt, weiter gebaut wird, dass dann, wenn der Regionalplan gültig ist, ein Teil von den neu errichteten Anlagen nicht wieder außerhalb dieser Gebiete steht und wir genau das fortschreiben, was Sie eben beschrieben haben?
Herr Wild, dass Sie bei dem Thema engagiert sind, haben andere schon vorgetragen. Warten Sie einmal, bis ich zum Ende meiner Ausführungen komme. Ich versuche nämlich, systematisch deutlich zu machen, wie die derzeitige Rechtslage ist und was das im Weiteren bedeutet. Insofern wird durch meinen Vortrag die Antwort auf Ihre Frage gegeben.
Zur Klarstellung: Das kann natürlich nicht staatlich angeordnet werden. Am Ende ist das Bestandteil unternehmerischer Entscheidungen.
Zweitens. In Deutschland wie in Sachsen gilt bei alledem nach wie vor das Prinzip „Geltendes Recht steht vor kommendem Recht.“ Das heißt, bei der Genehmigung von neuen Windkraftanlagen sind zunächst die geltenden Regionalpläne maßgeblich, bevor in Aufstellung befindliche Pläne zu prüfen sind. Liegt also ein beantragter Standort in einem bereits bestehenden Vorrang- und Eignungsgebiet, steht einer Genehmigung aus Sicht der Raumordnung nichts im Wege. Umgekehrt gehört natürlich zur Wahrheit: Außerhalb dieser Gebiete – ob geplant oder feststehend – sollen de facto keine neuen Windenergieanlagen errichtet werden, sofern die Regionalplanung vor Ort konkrete Formen angenommen hat, sofern also die Lage der betreffenden Vorrang- und Eignungsgebiete konkretisiert worden ist. Deshalb appellierte ich vorhin an die Regionalplanungsverbände, damit diese den Druck spüren. Wenn nämlich keine konkretisierte Planung im betreffenden Gebiet vorliegt, liegen keine raumplanerischen Hinderungsgründe vor, und es muss im Rahmen einer Baugenehmigung im Einzelfall entschieden werden. Das ist die Problematik.
Das gilt vor allem im Raum Chemnitz/Südwestsachsen. Während in drei der vier sächsischen Planungsregionen die Regionalpläne gerichtlich bestätigt worden sind,