Sehr geehrter Herr Präsident! Ich denke, es ist auch in meinem vorherigen Redebeitrag deutlich geworden, dass das Thema nicht belanglos ist. Über einige Punkte unter Punkt II kann man sicherlich diskutieren, über andere Punkte aus unserer Sicht eher nicht.
Das Thema mit den Finanzen, Frau Meier, hatten Sie noch einmal angesprochen. Ich hatte mich vorhin, als ich den Antrag las, gewundert, dass die im Vorfeld in der Presse kolportierten 4 Millionen Euro hier nicht vorkamen. Das haben Sie erklärt.
Fakt ist, dass der Entschließungsantrag von uns letztendlich ebenfalls abgelehnt wird. Die Zuständigkeit liegt, wie ich bereits vorhin sagte, bei den Kommunen. Klar ist, dass Unterstützungsangebote und die Informationsbündelung für die kommunale Ebene wichtig sind. Das passiert bereits. Dazu bedarf es letztendlich dieses Antrags nicht.
Ich komme zum letzten Punkt. Sie haben in Ihrem Antrag auch das Thema der Personalaufstockung thematisiert. Das ist natürlich haushaltsrelevant. Sie können dies beim nächsten Doppelhaushalt entsprechend beantragen. Aus unserer Sicht ist es hier fehl am Platze. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
Wir haben gerade wieder gehört, dass die Kommunen dafür zuständig sind. Das wird überall gesagt. Herr Baum hat dies ebenso gerade gesagt. Das sagen die Minister. Bei unserer Großen Anfrage zur Mobilität, in der es um den ÖPNV, den Radweg und Carsharing ging, hieß es auch immer wieder, dass die Kommunen zuständig seien. Das mag richtig sein. Beim Fußverkehr ist es auch so. Das ist auch richtig.
Der Verkehrsminister muss doch aber ein Ziel und einen Plan haben, wie er den Verkehr in Sachsen gestaltet. Er kann doch nicht sagen, dass dafür immer die Kommunen zuständig sind. Man kann auch nicht auf der einen Seite sagen, man möchte den Umweltverband fördern – Rad, Fuß und ÖPNV –, und auf der anderen Seite aber keine konkreten Vorschläge oder Maßnahmen ergreifen.
In diesem Entschließungsantrag sehen wir, was konkrete Vorschläge sein könnten. Deswegen schließen wir uns diesem an, weil wir es richtig finden und es endlich zu konkreten Maßnahmen kommen könnte, was zumindest das Thema des Fußverkehrs anbelangt.
Vielen Dank. Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer der Drucksache 6/10565 seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte jetzt an. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Es gibt keine Stimmenthaltungen, aber Stimmen dafür. Die erforderliche Mehrheit ist dennoch nicht erreicht. Der Entschließungsantrag ist damit abgelehnt. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt.
Meine Damen und Herren! Die Aussprache beginnt für die CDU-Fraktion Herr Abg. Modschiedler. Danach die SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. – Herr Modschiedler, jetzt haben Sie das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Herzlichen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen! BGH – 1992 hat der Bundestag das Ergebnis der Födera
lismuskommission per Beschluss zur Kenntnis genommen und damit die sogenannte Rutschklausel eingeführt. Hervorheben möchte ich, dass die Vorschläge der unabhängigen Föderalismuskommission mit Zweidrittelmehrheit von der Politik beschlossen wurden. Es gab einen breiten Konsens der Gesellschaft darüber, wie die Behörden im wiedervereinigten Deutschland verteilt werden sollten.
Warum jetzt diese Entscheidung der Föderalismuskommission? Das Reichsgericht als Vorläufer des heutigen Bundesgerichtshofs war seit 1879 in Leipzig beheimatet. Leipzig war bis zur Gleichschaltung zweier Diktaturen das Zentrum der unabhängigen Gerichtsbarkeit in Deutschland. Deshalb haben wir bereits kurz nach der Wiedergründung des Freistaates Sachsen die Verlagerung des 1950 gegründeten Bundesgerichtshofs von Karlsruhe wieder zurück nach Leipzig gefordert. Eigentlich eine logische Konsequenz.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt in dieser Debatte, der ebenfalls nicht vernachlässigt werden darf. Hierbei geht es um den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in den neuen deutschen Ländern. Wir standen 1990 vor der ungeheuren Aufgabe, in der Justiz neue rechtsstaatliche Strukturen aufzubauen und gleichsam alles in der Gesellschaft bis hin zur Wirtschaft umzugestalten – eine enorme Aufbauleistung aller hier in Sachsen, alt wie neu. Deshalb war die Präsenz des Bundesgerichtshofs in Leipzig auch eine wichtige Unterstützung in der Bewältigung dieser Aufgabe.
Was besagt nun diese Rutschklausel? Die Forderung aus dem Freistaat Sachsen, den Bundesgerichtshof von Karlsruhe zurück nach Leipzig zu verlagern, wurde aufgegriffen, und es wurde vereinbart, wenn ein neuer Senat am Bundesgerichtshof gegründet wird, rutscht ein Strafsenat nach Leipzig, dem bestehenden Strafsenat des fünften Standortes. Daher kommt das Wort Rutsch, es rutscht oder wird in Leipzig ein neuer Senat gegründet. Das klingt erst einmal einfach und ist eigentlich auch unproblematisch, gerade im Hinblick auf die nun stark gestiegenen Fallzahlen sowohl im Zivilrecht als auch im Strafrecht. Das betrifft auch die gestiegenen Richterstellen.
Ein Senat ist gesetzlich mit fünf Richtern besetzt, fünf Richter inklusive eines Vorsitzenden. Zurzeit sind es durchschnittlich neun Richter in einem Senat, wieder nur inklusive eines Vorsitzenden. So kann kein Gericht effektiv arbeiten. Und 25 Jahre nach dem Beschluss des Deutschen Bundestages wird von der Klausel aber immer noch kein Gebrauch gemacht, und die Senate in Karlsruhe werden weiter und weiter aufgebläht. Die Anforderungen an Ermittlungen und Strafverfahren, die wegen ihrer bundesweiten Bedeutung direkt durch den Generalbundesanwalt und den Bundesgerichtshof zu führen sind – wir haben das in mehreren Verfahren im Freistaat Sachsen gesehen – sind erheblich gestiegen. Dies erfordert eine ressourcenintensive, eine sehr eilige und eine fachlich höchst anspruchsvolle Arbeit. Das müsste sich auch in der Zahl der Senate wiederfinden. Jedoch ist der 5. Strafsenat immer noch der einzige Senat in Leipzig. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Wir, die Koalition, unterstützen die durch den Sächsischen Staatsminister der Justiz, Sebastian Gemkow, artikulierte Forderung der Sächsischen Staatsregierung, die Erweiterung des Bundesgerichtshofs durch die Schaffung der neuen Senate zu gewährleisten. Deshalb fordern
wir, dass wir uns auf Bundesebene für die Rechtsuchenden weiter einsetzen, mindestens einen neuen Senat beim Bundesgerichtshof zu schaffen, sodass in Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages mindestens ein weiterer Strafsenat nach Leipzig wechselt bzw. dann dort auch neu eingerichtet wird. Auch die Generalbundesanwaltschaft muss am Standort Leipzig personell gestärkt werden.
Der Generalbundesanwalt hatte in der Vergangenheit die Länder aufgerufen, die Staatsanwälte an die Generalbundesanwaltschaft abzuordnen. Das ist okay. Es ist aber für viele oft problematisch, da Karlsruhe von der Familie recht weit entfernt ist. Für Leipzig zum Beispiel würde sich ein wesentlich größerer Interessentenkreis finden, zum Beispiel aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen
Anhalt und Thüringen. Hier fänden sich sicher Bedienstete, die sich gern an den Bundesgerichtsstandort nach Leipzig abordnen lassen würden, natürlich inklusive unserer Sachsen.
Meines Erachtens werden keine entscheidenden Mehrkosten entstehen. Vielmehr werden die Vorteile überwiegen. Wir sind nämlich im digitalen Zeitalter angekommen, hoffentlich auch am Bundesgerichtshof. Also kann man Senate an unterschiedlichen Standorten miteinander vernetzen. Man kann einen Austausch der Daten pflegen und entsprechend diese Räumlichkeiten nutzen. Ein großer Unterschied besteht aber für die Verfahrensbeteiligten. Für sie ist es nicht unerheblich, ob sie nach Leipzig oder Karlsruhe fahren müssen. Man überlege: von Mecklenburg-Vorpommern hinunter nach Baden-Württemberg.
Man muss sich vergegenwärtigen, dass der Strafsenat in Leipzig für Strafsachen, die vorher beim Landgericht anhängig waren, die einzige Rechtsmittelinstanz ist. Wer also beim Landgericht verurteilt wird, der hat als Einziges die Revision beim Bundesgerichtshof. Die Verfahrensbeteiligten müssen, sofern nicht im schriftlichen Verfahren entschieden wird, auch tatsächlich nach Karlsruhe fahren. Dabei ist es für die Menschen in Sachsen und in den anderen neuen Bundesländern wie auch in SchleswigHolstein ein Riesenunterschied, ob man nach Leipzig oder Karlsruhe fahren muss.
Das heißt, der Auswärtige Senat in Leipzig reduziert in einer Gesamtbetrachtung die Kosten für alle Beteiligten. Leipzig ist für den 5. Senat des Bundesgerichtshofs nicht nur irgendeine Großstadt, die man in Ostdeutschland ausgewählt hat, um einen politischen Proporz des entsprechenden Standortes zu gewinnen. Leipzig ist der deutsche Rechtsstandort schlechthin. Leipzig ist nicht Hinterwelt, ist nicht Buschzulage. Das haben wir Anfang der Neunziger immer gehört. Sachsen, ja Leipzig hat die besten Voraussetzungen, ein wunderbarer Arbeitsort mit einem attraktiven Freizeitangebot für diese hoch qualifizierten Fachleute zu sein, die die Eignung für eine Tätigkeit am Bundesgerichtshof haben.
Mithin ergibt sich auch ein weiterer Effekt: Die Signalwirkung für die Ansiedlung und Gründung von Großunternehmen an einem solchen Standort wie Sachsen. Bosch, Silicon Saxony sind nur einige Beispiele dafür. Natürlich – das wissen wir – ist es eine Entscheidung des Bundes, des Haushaltsgesetzgebers des Bundes. Auch haben der Bundesjustizminister und die BGH-Präsidentin hier das letzte Wort. Wo aber Richter arbeiten, das wird politisch entschieden. Das ist keine Frage der richterlichen Unabhängigkeit, sondern eine Entscheidung, die beim Parlament des Bundes liegt. Es geht hier um unseren sächsischen Standort. Leipzig muss also wieder in den Fokus des Bundeshaushaltsgesetzgebers gelangen. Wir müssen die Umsetzung des Beschlusses aus dem Jahre 1992 einfordern. Mit diesem Antrag wollen wir genau das tun. Wir haben den Beschluss nicht vergessen. Jetzt ist es höchste Zeit, ihn auch umzusetzen.
Vielen Dank, Herr Modschiedler. Für die SPD-Fraktion Herr BaumannHasske. Herr Baumann-Hasske, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an das anschließen, was Kollege Modschiedler gerade gesagt hat.
Noch einmal ein Blick in die Geschichte. Wie kommt es eigentlich zu einer doch etwas merkwürdig anmutenden Regelung, dass ein Senat des Bundesgerichtshofs in Leipzig ist und wir jetzt den Anspruch stellen, dass da auch noch mehr hin soll? Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass eines der obersten deutschen Bundesgerichte, das in Karlsruhe beheimatet ist, sinnvollerweise insgesamt dort bleibt.
Wie kam es seinerzeit zu dieser Regelung? Berlin, war beschlossen worden, sollte wieder Bundeshauptstadt werden, und Berlin hatte die Standorte des Bundesverwaltungsgerichts und des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs. Schon in Zeiten der alten Bundesrepublik und der deutschen Teilung hatte Berlin diesen Standort auch eines Strafsenats gehabt, weil man damit unterstreichen wollte, dass Westberlin zu Deutschland und zu Westdeutschland gehöre.
Als darüber verhandelt wurde, wie damit umzugehen sei, wenn Berlin wieder Bundeshauptstadt wird, kam natürlich die Frage auf, was man mit dem Strafsenat macht. In den Verhandlungen ging es dann darum, dass eigentlich die ostdeutschen Bundesländer, insbesondere Sachsen, den Anspruch geltend machten, dass am alten Standort des Reichsgerichts auch wieder der Standort des Bundesgerichtshofs eingerichtet werden sollte. Das wurde von interessierter Seite, Baden-Württemberg und den Karlsruher Richtern selbst abgelehnt.
Ein Schritt in Richtung Kompromiss war es dann zu sagen: Wir machen den BGH in Strafsachen in Leipzig. Wir richten das Gericht in Leipzig ein, soweit es Strafsachen betrifft. Auf die Art und Weise hätte man diesen wichtigen, aber auch größeren Teil des Bundesgerichtshofs nach Leipzig verlagern können. Auch da wurde weiter darüber verhandelt. Letztendlich lief es darauf hinaus, dass man in diese Richtung wohl gehen werde, dass man aber wohl erst einmal nur den 5. Strafsenat nach Leipzig verlagern würde, um dann im Wege der eben zitierten Rutschklausel dafür zu sorgen, dass in Leipzig nach und nach, wenn der BGH größer würde und mehr Arbeit hätte, in Leipzig eben auch der Standort des Strafgerichts insgesamt entstehen könnte. Das war die eigentliche Zielrichtung der Verhandlungen. Das ist dann nachher in den Protokollen so nicht mehr deutlich zum Ausdruck gekommen. Aber – ich habe mir das noch einmal angesehen und auch mit Beteiligten gesprochen –, das war die eigentliche Zielrichtung damals. Insofern ist umso stärker die Berechtigung vorhanden, wenn wir heute fordern, dass der BGH endlich dazu übergeht, angemessene Senate in Karlsruhe in angemessener Größe zu bilden und mindestens einen weiteren Strafsenat in Leipzig aufzumachen.
Damit einhergehen muss ein Ausbau der Außenstelle des Generalbundesanwalts. Das entspricht sich einfach. Was wir weiterhin fordern ist auch, dass ein Ermittlungsrichter nach Leipzig verlagert oder dort neu gebildet werden muss. Das ist eine wesentliche Forderung, um die Arbeitsfähigkeit des weiteren Strafsenats in Leipzig zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren, nun haben wir heute zwei mehr oder weniger ähnlich lautende Anträge vorliegen. Ich nehme an, Herr Kollege Bartl wird gleich noch etwas dazu sagen.
Ich finde es erst einmal sehr interessant, dass erneut die Opposition einen Antrag sehr ähnlich lautend stellt, wie wir ihn gestellt haben – oder umgekehrt. Ihrer war zumindest zuerst im Geschäftsgang, das ist völlig zutreffend.
Überraschend ist es natürlich, weil wir mit dem Antrag ja die Absicht verfolgen, dem Justizminister den Rücken zu stärken bei seinen Verhandlungen in dieser Richtung. Ich sage mal, es ist doch eher ungewöhnlich, dass die Opposition das gleiche Ziel verfolgt – aber nun gut.