Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Da heute doch sehr viel Parteipolitik anklang, nehme ich die Gelegenheit zum Schlusswort wahr, um noch einen Satz zu unserem Klimaplan 2050 zu sagen, auf den sich dieses ganze Dilemma bezieht.
Wir haben ganz frisch von einem der renommiertesten Institute der USA, dem MIT, die Kalkulation bekommen, dass die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens in Gänze – also nicht nur des Klimaplans 2050 in Deutschland, sondern in Gänze, wenn alle Länder mitmachen – zum Jahrhundertende einen Einfluss von 0,2 Grad auf das Weltklima haben kann. Wir wissen also, dass das, was wir tun, eigentlich für die Katz ist. Es wird sehr, sehr viel Geld verbrannt. Das ist auch der Grund, warum wir als AfD sagen: Die Energieerzeugung in Deutschland befindet sich leider im Umbruch.
(Marco Böhme, DIE LINKE: Donald Trump lässt grüßen! – Uwe Wurlitzer, AfD: Das haben wir vorher schon gesagt!)
Durch den Anschluss unstetig stromproduzierender Fotovoltaik- und Windenergieanlagen im Verteilernetz wird dieses vor höchste technische Herausforderungen gestellt. Und ja, unsere sächsischen Stadtwerke versuchen sich diesen Herausforderungen zu stellen. Aber wir müssen wissen, ob sie überhaupt in der Lage sind, diese Aufgabe zu bewältigen, und was für Kosten dadurch auf uns zukommen. Wir befürchten weiter sinkende Einnahmen bis hin zu Verlusten bei unseren Stadtwerken. Das bedeutet aber auch eine weitere Belastung der kommunalen Haushalte, die in vielen Kommunen ohnehin angespannt sind.
Eigentlich sind wir uns alle einig, dass zu hohe Stromkosten für unsere Wirtschaft schädlich sind und am Ende jeden einzelnen Bürger treffen. Es ist deshalb nicht verständlich, weshalb ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien und damit der Anschluss weiterer 1 000 Fotovoltaik- und Windenergieanlagen an die Verteilernetze vorangetrieben wird, ohne die Kosten und die Auswirkungen offen zu kommunizieren. Genau das machen die vorliegenden Datenerhebungen eben nicht. Sie müssen sich fragen lassen: Wie lange wollen Sie die Bürger – ohne jegliche Transparenz! – mit schleichenden Strompreiserhöhungen weiter zur Kasse bitten? Eine detaillierte Kalkulation und Simulation der bevorstehenden Kosten ist kein Zauberwerk. Das Bundesland Baden
Württemberg hat es bereits vorgemacht. Schließen wir uns diesem Beispiel aus Baden-Württemberg an und
Ich rufe gleich den Änderungsantrag zu dem Antrag der AfD auf. Möchten Sie den noch einbringen, Herr Urban?
Ja. – Dieser Änderungsantrag korrigiert nur, dass zu den Verteilernetzen auch die Hochspannungsebene gehört.
Zwei Minuten vor dem Beginn der Debatte kam dieser Änderungsantrag auf den Tisch. Ich glaube, er macht einfach nur das deutlich, was wir versucht haben in der Debatte auch der AfD-Fraktion nahezubringen. Sie haben, obwohl viele Fraktionen versucht haben, Sie auf den Fehler hinzuweisen, immer noch nicht verstanden, dass Sie auf dem Holzweg sind. Wenn Sie, Herr Urban, sagen, dass ich sozusagen das Thema verfehlt hätte, dann rate ich Ihnen, dazu meinen Redebeitrag noch einmal in Ruhe zu lesen, wenn das Plenarprotokoll vorliegt. Ich habe versucht, auf Ihren Antrag einzugehen.
Ihr Änderungsantrag entstand offensichtlich deshalb, weil auch Ihr Ghostwriter Ihnen irgendwann den Hinweis gegeben hat, dass Ihr Antrag einen Fehler enthält. Das wollen Sie jetzt noch auf die Schnelle korrigieren. Aber auf diesen Leim gehen wir Ihnen nicht. Wir werden den Antrag und den Änderungsantrag ablehnen – so, wie ich es in meinem Redebeitrag deutlich gemacht habe.
Herr Urban, es tut mir leid! Aber das geht jetzt nicht mehr. Sie haben den Änderungsantrag eingebracht. Es gab eine Gegenrede. Damit ist das erledigt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Sie festgestellt haben, dass Sie mit Ihrer Argumentation im Mittel- und Niederspannungsbereich offensichtlich danebenliegen, versuchen Sie nun, diesen Fehler schnell zu heilen, indem Sie per Änderungsantrag den Hochspannungsbereich auch
noch hineinschreiben wollen. Das macht alles sogar noch viel schlimmer; denn für den Hochspannungsbereich ist die Sächsische Staatsregierung, die ja die Informationen für Sie beschaffen soll, gar nicht zuständig. Zuständig sind vielmehr die Übertragungsnetzbetreiber, und diese berichten direkt an die Bundesnetzagentur. Insofern würde es durch den Änderungsantrag noch grottiger werden. Deshalb ist dieser ebenfalls abzulehnen.
Es ist zwar eine inhaltliche Klarstellung, indem Sie dreimal „hoch“ einfügen wollen. Ihr Antrag bleibt trotzdem überflüssig; wir haben es ja vorhin erklärt. Sie hätten wenigstens noch die Rechtschreibfehler aus der Begründung entfernen können; dann wäre alles sehr schön geworden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der AfD. Wer möchte diesem Änderungsantrag die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, wenige Stimmen dafür. Der Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 6/9764, den Ursprungsantrag. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten: Bei wenigen Stimmen dafür und ohne Stimmenthaltungen ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion, Frau Abg. Zais. Danach folgen die CDU, DIE LINKE, die SPD, die AfD. Der Ausländerbeauftragte hat um das Wort gebeten. Danach erhält die Staatsregierung das Wort, wenn sie es wünscht. Bitte, Frau Zais.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Langjährig geduldete Menschen proaktiv über Bleiberecht beraten und informieren – das ist der Titel unseres Antrags. Über Jahre hinweg forderten genau das NGOs, zum Beispiel Pro Asyl oder die Flüchtlingsräte, aus gutem Grund, denn im Hintergrund steht das Thema Kettenduldung. Dieser Status wird aller zwei, drei oder vier Monate verlängert, und das über Jahre hinweg.
Damit Sie sich ein Bild davon machen können, was es für einen Menschen bedeutet, mit dem Status einer Duldung zu leben, möchte ich einige wenige Auszüge aus Interviews mit Betroffenen zitieren, die unter anderem der Deutschlandfunk veröffentlicht hat: „Gerade für junge Menschen“, heißt es dort, „ist es sehr schambesetzt, mit der Duldung zu leben. Ich habe das oft erlebt, dass sie das gar nicht den Mitschülern sagen, weil sie dann nicht dazugehören.“ Oder ein anderer: „Daneben leiden viele Menschen darunter, sich nicht integrieren zu können. Geduldete erhalten nur sehr schwer eine Arbeitserlaubnis und auch Deutschkurse werden ihnen selten bezahlt, denn sie haben ja kein vollwertiges Aufenthaltsrecht.“ Ein
anderer sagt: „Man kann keine langjährigen Ziele entwickeln, weil man nie weiß: Werde ich bald abgeschoben, wie lange darf ich bleiben? Diese Perspektivlosigkeit, fehlende Möglichkeiten, das zermürbt mich.“ „Mit einer Duldung“, und damit möchte ich die Zitate abschließen, „kann man nicht lernen“, sagt eine junge Frau „und immer wieder verletzt sie das Herz. Man kann nicht gut arbeiten, wenn auf der Arbeit der Gedanke an die Duldung kommt, es passieren Unfälle – ich kann nachts nicht mehr schlafen, weil ich Angst bekomme.“
In den vergangenen 15 Jahren wurden diverse Bundesratsinitiativen gestartet und letztlich auch verschiedene Regelungen auf Bundesebne verabschiedet, die für langjährig geduldete Menschen eine Bleiberechtsperspektive eröffnen sollten. Zumeist waren das Ansätze für sogenannte stichtagsbezogene Altfälle, die eher weniger als mehr erfolgreich im Ergebnis waren. Zu hohe Hürden führten dazu, dass nur wenige Menschen davon profitieren konnten. Die Praxis der Kettenduldung konnte so nicht beendet werden.
Wenn nun, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht aktiv etwas unternommen wird, könnte Gleiches für die am 1. August 2015 in Kraft getretenen Regelungen des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendung drohen. Dieses Gesetz hat die Bleiberechtsregelung – und das ist das Positive – für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende reformiert und erstmalig eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsre
gelung für Erwachsene geschaffen. Bei diesem Punkt möchte ich Sie bitten, das entsprechende Wort im dritten Absatz der Begründung zu ändern: Dort soll es nicht „richtungsabhängig“, sondern „stichtagsunabhängig“
Damit hat der Gesetzgeber erneut das Ziel verfolgt, die Kettenduldung abzuschaffen und langjährig in Deutschland geduldeten Personen eine Aufenthaltsperspektive zu geben. Dieses Ziel, das Phänomen der Kettenduldung zurückzudrängen und einen Beitrag zur Integration in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft zu leisten, der insbesondere Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden sowie ihren Familien zugute kommen sollte, wurde aus unserer Sicht bisher jedoch nicht erreicht. Voraussetzung der Bleiberechtsregelung, der Neuregelung des § 25 b Aufenthaltsgesetz, ist für Erwachsene insbesondere ein Voraufenthalt von acht Jahren in Deutschland, bei familiärer Lebensgemeinschaft mit einem ledigen minderjährigen Kind von sechs Jahren.
Im Freistaat Sachsen leben mit Stand vom Februar 2017 551 Menschen seit mehr als acht Jahren, 646 Menschen seit mehr als sieben Jahren und 810 Menschen seit mehr als sechs Jahren mit einer Duldung. Das sind 2 700 Menschen, die potenzielle Anwärterinnen und Anwärter auf die neuen Regelungen wären. Seit dem Inkrafttreten der neuen Bleiberechtsregelung wurde demgegenüber zum Stichtag 31. Dezember 2016 jedoch nur 53 Menschen eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 b Aufenthaltsgesetz erteilt. Voraussetzung der Bleiberechtsregelung für Jugendliche und Heranwachsende, das sind die Neuregelungen in § 25 a Aufenthaltsgesetz, ist insbesondere ein Voraufenthalt von vier Jahren. Derzeit leben 264 geduldete Jugendliche und Heranwachsende seit mehr als vier Jahren in Sachsen. Demgegenüber wurden lediglich 40 Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 25 a erteilt. Eltern der Begünstigten wurde in acht Fällen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, minderjährigen Kindern der Begünstigten in nur vier Fällen, siehe eine Kleine Anfrage, die die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag gestellt hat. Die Zahl der erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 a und 25 b Aufenthaltsgesetz weist damit zu der Zahl der langjährig Geduldeten eine große Diskrepanz auf.
Woran liegt das? Ich denke, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir als Sächsischer Landtag sollten uns schon fragen, wo die Ursachen für diese klaffende Schere zwischen potenziell Anspruchsberechtigten und tatsächlich erteilten Aufenthaltsgenehmigungen liegt. Zweifelsohne sind die Anforderungen zur Erlangung des Aufenthaltstitels nach wie vor sehr hoch. Einige habe ich bereits genannt. Trotzdem – und das möchte ich an dieser Stelle betonen – sind die neuen Regelungen ein Lichtblick gewesen, weil wir es in den letzten drei Jahren immer mit einer Verschärfung des Asyl- und Aufenthaltsrechts zu tun hatten. Deswegen liegt uns dieser kleine Lichtblick so sehr am Herzen. Ich möchte an dieser Stelle an die Kolleginnen und Kollegen von der SPD hinzufügen: Es ist das
einzige Reformvorhaben von Relevanz, das die SPD in die Koalitionsverhandlungen mit der CDU auf Bundesebene beim Thema Asyl eingebracht hat.
Was ist zu tun? Diese Frage stellen wir rhetorisch, damit mehr langjährig geduldete Menschen von den oben genannten Regelungen profitieren. Die Antwort ist sehr praktisch. Ein Schlüssel ist zuerst die Beratung. Dass es im Freistaat um die Asylberatung nicht allzu gut bestellt ist, hat meine Fraktion oft gesagt und wir haben entsprechende Anträge eingebracht. Leisten können diese Beratung über die Bleiberechtsregelungen und die Erlangung von Erteilungsvoraussetzungen die Migrations- und Jugendmigrationsberatungsstellen, allerdings – und das ist die Krux – gehört die Gruppe der Geduldeten nicht zu den originären Zielgruppen dieser Beratungsdienste.