Protocol of the Session on April 12, 2017

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Das ist aber auch nicht wirklich schlimm!)

Nein. Aber das hat tatsächlich nicht stattgefunden.

Was ich auch nicht teilen kann, ist Ihre Aussage, dass das Projekt „Klassenzimmer der Zukunft“ gescheitert sei. Ich glaube, dass uns das Projekt „Klassenzimmer der Zukunft“ zentrale Punkte gebracht hat für das, was wir gerade machen wollen, nämlich das Thema digitale Bildung in die Breite zu tragen und umzusetzen.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Es hat aber stattgefunden. Sie haben gesagt, dass es gescheitert sei, und das ist schlicht und ergreifend falsch. Sie sollten vielleicht in der zweiten Rederunde nochmals darauf eingehen.

Kollege Wurlitzer, ich weiß nicht, warum Sie so eine Frage stellen: „Was wollen wir eigentlich – Lehrer oder Tablets?“ Das ist doch eine Frage, die man so nicht stellen kann. Das ist auch völliger Blödsinn.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Klar kann man sie stellen, die muss man sogar stellen!)

Natürlich können Sie sie stellen, aber sie ist inhaltlich völlig blödsinnig.

(Beifall bei der CDU)

Letztendlich bringt es uns doch keinen einzigen zusätzlichen Lehrer, wenn wir nicht darüber reden, wie wir die Digitalisierung in die Klassenzimmer bringen. Oder glauben Sie, dass es ein Nullsummenspiel ist, wenn wir keine Tablets anschaffen, dann mehr Lehrer hätten?

(Uwe Wurlitzer, AfD: Vielleicht reden Sie mal über die neuen Lehrer und nicht über die Tablets!)

Na, ja, ich denke, Sie haben wahrgenommen, was wir in den letzten Monaten im Bereich der Lehrerversorgung getan haben. Ich glaube, Sie haben auch wahrgenommen, was in den letzten Jahren, speziell im letzten Jahr, im Bereich der Investitionen im Schulhausbau getan worden ist.

(Zuruf von der AfD: Viel zu wenig!)

Sich jetzt hinzustellen und zu sagen, investieren Sie mal in Schulen, machen Sie mal Breitbandausbau und kümmern Sie sich nicht um solches Chichi wie digitale Bildung, das ist tatsächlich vollkommener Blödsinn.

(Beifall bei der CDU – Uwe Wurlitzer, AfD: Das sagen Sie so!)

Ich glaube, es gibt eine ganze Reihe von Menschen, die das so sehen.

Aber jetzt zum Thema. Ich bin in der Vorbereitung auf diesen Antrag auf einen sehr interessanten Umstand gestoßen bzw. schon im Vorfeld einer Veranstaltung, die wir vergangene Woche hatten. Ich hatte festgestellt, dass der digitale Bildungspreis der Bitkom im Januar dieses Jahres an ein Gymnasium in Würselen verliehen worden ist.

(Zurufe der Abg. Christian Piwarz und Frank Kupfer, CDU)

Diesbezüglich bin ich natürlich hellhörig geworden, weil ich im ersten Moment dachte: Würselen, die inzwischen bekannteste Stadt Deutschlands – Schulz-Effekt! Nein, es hatte inhaltliche Gründe, und ich fand es ganz spannend,

(Zuruf von der CDU)

wie die Bitkom die Auszeichnung dieser Schule begründet hat. Ich denke, das macht vieles von dem deutlich, was gute digitale Bildung an Schulen ausmacht und was es auch an Akteuren braucht, um digitale Bildung an Schulen zu bringen. Es geht bei Weitem nicht nur darum, Konzepte auf Regierungsebene zu schreiben oder den Freistaat in die Pflicht zu nehmen, sondern es sind ganz viele Akteure dafür notwendig.

In der Begründung heißt es: „Das Gymnasium Würselen erhielt den ersten Preis für die erfolgreiche Entwicklung und Anwendung eines digitalen Bildungskonzeptes, das in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen, der Stadt Würselen und dem kommunalen Dienstleister regio IT erarbeitet wurde. Der Einsatz von Tablet-Computern im Unterricht wird durch fach- und klassenstufenspezifische Mediencurricula, die systematische Integration eines

Lernmanagement-Systems und regelmäßige schulinterne Fortbildungsangebote für Lehrer begleitet.“

Nun ist es sicherlich nicht das einzige positive Beispiel, das wir in der Bundesrepublik Deutschland haben, aber es ist eines davon. Wir sind der festen Überzeugung – darin unterscheiden wir uns sehr stark von den Kollegen der AfD –, dass die digitale Revolution, die derzeit alle Lebensbereiche verändert – bei Weitem nicht nur die Bildung – nicht aufzuhalten ist, dass wir mittendrin sind und dass wir diese Revolution natürlich auch im digitalen Bereich gestalten müssen. Wir müssen uns auch die Frage stellen, welche Konsequenzen das für unser Bildungssystem hat,

(Zuruf von der AfD)

wenn wir davon ausgehen, dass Bildung die Grundlage für eine selbstbestimmte und auch mündige Zukunft ist und bestenfalls die Menschen auf das Leben vorbereiten soll.

Welche Kompetenzen sollen junge Menschen in Zukunft in einer Welt haben, die immer digitalisierter wird, einer Welt, in der das Reproduzieren von Ergebnissen immer mehr in den Hintergrund tritt und man langläufig sagen könnte, dass es wichtiger ist zu wissen, wo es steht? Es kommt immer stärker darauf an, Entwicklungen und Fakten einzuordnen, zu verbinden und selbst zu bewerten sowie eigene Lösungswege zu entwickeln.

Ein Teil der Lösungen für diese Fragen ist die digitale Bildung. Deswegen nenne ich vier Aspekte, die mir in diesem Bereich sehr wichtig sind und die in unserem Antrag benannt werden: Digitale Bildung heißt selbstverständlich nicht, den Unterrichtsstoff völlig neu zu definieren, sondern sie bedeutet neue Chancen für die Wissensvermittlung. Sie bedeutet unter anderem, dass die Wiedergabe und Vermittlung von Wissen sich verändern wird, aber dass die Inhalte nicht komplett andere werden. Es geht unter anderem um eine bessere Visualisierung mithilfe von Videos, um virtuelle Experimentierlabore mit Möglichkeiten der Teamarbeit bis hin zu ausgereiften Lernprogrammen. Es ist sehr vieles denkbar.

Digitale Medien haben ein großes Gestaltungspotenzial neuer Lehr- und Lernprozesse, insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Heterogenität der Schülerschaft und Inklusion. Auch hier, Herr Wurlitzer, ist die digitale Bildung nicht unbedingt das Problem, sondern Teil der Lösung. Wenn Sie unterstellen, dass die Schüler, wie Sie sagten, immer schlechter rechnen könnten: Genau dieser Heterogenität und auch dem Bedarf nach individueller Förderung kann digitale Bildung zentral Rechnung tragen.

Lehrer bekommen individuell die Möglichkeit zu erkennen, wo die Schwächen eines Schülers liegen, und können nachvollziehen, warum er möglicherweise beim Lösen einer Aufgabe nicht zum richtigen Ergebnis gekommen ist. Damit können die Lehrer die Schüler zielgerichteter fördern und ihre Neigungen entsprechend beachten.

Digitale Bildung soll selbstverständlich nicht zum Selbstzweck werden. Studien haben gezeigt, dass es gerade eine

gesunde Mischung aus digitaler und analoger Bildung ist, die die größten Lernerfolge zeigt. Digitale Bildung bedeutet nicht zuletzt neue Inhalte. Eine durch alle Lebensbereiche digitalisierte Welt braucht natürlich technische Kompetenzen – sei es im Alltag selbst, an der Uni oder im Beruf –; das heißt, wir müssen den Informatikunterricht stärken und ihn auch mit den MINT-Fächern gleichstellen. Es wird gern gegeneinander ausgespielt. Die einen sagen, wir müssen digitale Bildung machen, die anderen sagen, der Informatikunterricht ist wichtig. Ich glaube, beides ist richtig. Wir leben in einer Welt, in der technische Kompetenzen und auch Kompetenzen im informatischen Bereich eine immer größere Rolle spielen. Deswegen sollten wir auch den Informatikunterricht stärken.

Es geht bei Weitem nicht nur darum, Programmierer und IT-Spezialisten auszubilden; es geht vor allem auch um Medienkompetenz als Teil und Voraussetzung für digitale Bildung, die zukünftig integraler Bestandteil des Bildungsauftrags sein werden. Es geht um den verantwortungsvollen Umgang mit neuen Medien, darum, Fakenews von Realnews zu unterscheiden, zu recherchieren, zu reflektieren und zu bewerten, um individuelle Lernchancen und letzten Endes um das Wesentlichste, den pädagogischen Mehrwert.

Das beschränkt sich – das hat Frau Kollegin Maicher richtigerweise gesagt – natürlich nicht auf ein einziges Unterrichtsfach. Wir wollen kein Unterrichtsfach digitale Bildung, sondern digitale Bildung als Querschnittsaufgabe aller Fachbereiche, die in einer guten Mischung aus analogem und digitalem Lernen in den Lehrplänen verankert werden muss.

Nicht zuletzt geht es natürlich um die Lehramtsausbildung, denn – das hat Kollege Ittershagen richtigerweise angesprochen – die Lehrer werden auch in der digitalisierten Lernwelt den zentralen Unterschied machen, ob Bildung gut oder schlecht ist.

Wir haben bereits in diesem Bereich, auch wenn das häufig vergessen wird, einiges getan bzw. befinden uns nicht völlig am Anfang. Module wir LernSax, MeSax, OPAL und Schulmanagementsoftware sind dort schon wichtige Schritte in die richtige Richtung gewesen. Diese Programme neue Entwicklung der Bildung stellen so unsere Lehrkräfte natürlich auch vor große Herausforderungen. Lehrkräfte müssen in Zukunft digitale Medien in ihrem Fachunterricht professionell und pädagogisch sinnvoll einsetzen und dürfen dabei den Bildungs- und Erziehungsauftrag für die Schüler nicht aus dem Auge verlieren. Darauf müssen wir reagieren und die Lehrer möglichst optimal vorbereiten – in der grundständigen Lehramtsausbildung genauso wie beim Thema Fort- und Weiterbildung.

Dabei geht es nicht zuerst darum, dass die Lehrer mit der Technik umgehen und im Zweifel beispielsweise ein Update selbst ausführen können. Es geht darum, den Schülern die passenden Arbeitsweisen und Verhaltensregeln abzuverlangen, die Kommunikation und Organisati

on zu regeln und die Mediennutzung reflektiert zu betrachten.

So, wie sich der Beruf des Lehrers durch die digitale Revolution ein Stück weit verändert, seine Lehrtätigkeit einerseits vereinfacht und andererseits auch mehr abverlangt wird, so verändert sich in fast jeder Branche die Arbeitswelt nicht nur im technologischen Sektor. Das heißt, digitale Bildung ist nicht zuletzt wesentliche Vorbereitung für das spätere Arbeitsleben. Arbeit wird zunehmend spezialisierter und digitaler. Das betrifft nicht nur die klassischen Branchen, an die man jetzt möglicherweise denken wird, sondern genauso das Handwerk, Produktionshallen, Büroarbeitsplätze. Dienstleistungsberufe, Informationsverarbeitung und -speicherung, der Einsatz technischer Hilfsmittel, virtuelle Team- und Projektarbeit – das ist die Arbeitswelt von heute.

Deswegen halten wir es für ganz zentral, dass diese Elemente jetzt auch in den Schulalltag Eingang finden. Damit ist die digitale Bildung kein isolierter Politikansatz, sondern ein wichtiger Baustein, um diese digitale Revolution, über die wir gerade in den verschiedensten Bereichen diskutieren, erfolgreich gestalten zu können. Ich glaube, dass unser Antrag dafür die richtigen Weichen gestellt, die richtigen Grundlagen gelegt hat.

Wir haben ja in den letzten Monaten auch häufig über das Thema diskutiert, wir hatten schon eine Aktuelle Debatte, wir haben wahrgenommen, dass es auch strukturelle Anpassungen im Kultusministerium in diesem Bereich gab. Deshalb setzen wir als Sächsischer Landtag, als regierungstragende Fraktionen den richtigen Schwerpunkt, den richtigen Akzent, und deswegen wünsche ich mir eine breite Zustimmung zu unserem Antrag.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das war Kollege Dierks, der für die CDU-Fraktion sprach. Jetzt sehe ich eine Kurzintervention. Bitte, Herr Kollege Wurlitzer.

Sehr geehrter Herr Dierks, es hat nichts damit zu tun, dass man schwarz und weiß denkt. Wir haben jede Menge Probleme im Schulwesen und statt dass wir diese erst einmal abarbeiten, legen wir uns die nächsten Probleme hier hin. Wir haben einen Lehrermangel, und den können Sie nicht wegreden. Den hat unter anderem diese Koalition mitverursacht. Bereits 2012 hat der Rechnungshof auf das Problem hingewiesen – 2016 sind Sie auf die Idee gekommen, das Problem tatsächlich anzugehen.

(Sabine Friedel, SPD: 2014!)

Was die Sanierung von Schulgebäuden betrifft – das habe ich gerade in meinem Stadtteil Leipzig-Grünau –, da ist über 25 Jahre so gut wie nichts passiert.

(Zurufe von der CDU)

Jetzt gerade im Zuge der Asylproblematik sind 25 Millionen Euro – – Jetzt halten Sie doch einfach mal die Klappe, das ist meine Kurzintervention, das ist ja nicht zu fassen!

(Weitere Zurufe von der CDU)

Es ist an dieser Stelle meines Erachtens sinnvoll, die vorhandenen Probleme erst einmal abzuarbeiten. Auch die Problematik DSL ist noch lange nicht erledigt. Wenn das abgearbeitet ist, kann man sich dem nächsten Problem zuwenden.